„Niederknien“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Tippfehler entfernt, doppelten Link entfernt
Zwischenüberschrift, unmotiviert entfernten Passus in gekürzter Form wieder aufgenommen, ist hier einschlägig
Zeile 22: Zeile 22:
Bis ins 20.&nbsp;Jahrhundert war das Knien auf einem Holzscheit in Schulen eine Form, Schüler zu bestrafen.<ref>[https://www.zeit.de/2012/35/A-Tatort-Kinderheim-Schwarze-Paedagogik/seite-3 zeit-online 35(2012)]; [https://www.histo-couch.de/angeline-bauer-im-dunklen-tal.html histo-couch.de]</ref>
Bis ins 20.&nbsp;Jahrhundert war das Knien auf einem Holzscheit in Schulen eine Form, Schüler zu bestrafen.<ref>[https://www.zeit.de/2012/35/A-Tatort-Kinderheim-Schwarze-Paedagogik/seite-3 zeit-online 35(2012)]; [https://www.histo-couch.de/angeline-bauer-im-dunklen-tal.html histo-couch.de]</ref>


== Niederknien im religiösen Bereich ==
== Niederknien in den Religionen ==
=== Antike ===
=== Antike ===
Sowohl [[Griechen]] als auch [[Römisches Reich|Römer]] lehnten es ab, vor ihren [[Griechische Mythologie|Göttern]] niederzuknien. Das Knien war eines freien römischen oder antiken Bürgers unwürdig und eine Sache der [[Barbar]]en, der Juden oder Christen, die in diesen Reichen lebten. [[Plutarch]] und [[Theophrastos von Eresos]] charakterisieren das Knien als Ausdruck von [[Aberglaube]]n. [[Aristoteles]] nennt es eine barbarische Verhaltensform.<ref>Josef Ratzinger: ''Der Geist der Liturgie'', Herder-Verlag, Freiburg 2002.</ref>
Sowohl [[Griechen]] als auch [[Römisches Reich|Römer]] lehnten es ab, vor ihren [[Griechische Mythologie|Göttern]] niederzuknien. Das Knien war eines freien römischen oder antiken Bürgers unwürdig und eine Sache der [[Barbar]]en, der Juden oder Christen, die in diesen Reichen lebten. [[Plutarch]] und [[Theophrastos von Eresos]] charakterisieren das Knien als Ausdruck von [[Aberglaube]]n. [[Aristoteles]] nennt es eine barbarische Verhaltensform.<ref>Josef Ratzinger: ''Der Geist der Liturgie'', Herder-Verlag, Freiburg 2002.</ref>
Zeile 65: Zeile 65:
Darüber hinaus kniet man beim Empfang einiger [[Sakrament]]e (etwa des [[Beichte|Bußsakraments]] und des Sakraments der [[Ordination|Weihe]]) und einiger [[Sakramentale|Sakramentalien]] von besonderer Bedeutung, wie dem Brautsegen, der [[Ordensgelübde|Profess]] oder der [[Jungfrauenweihe]] sowie im [[Stundengebet]] bei den Worten des [[Invitatorium]]s „Lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserem Schöpfer!
Darüber hinaus kniet man beim Empfang einiger [[Sakrament]]e (etwa des [[Beichte|Bußsakraments]] und des Sakraments der [[Ordination|Weihe]]) und einiger [[Sakramentale|Sakramentalien]] von besonderer Bedeutung, wie dem Brautsegen, der [[Ordensgelübde|Profess]] oder der [[Jungfrauenweihe]] sowie im [[Stundengebet]] bei den Worten des [[Invitatorium]]s „Lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserem Schöpfer!


===== Kniefall (Venie) =====
===== Kniefall =====
{{Hauptartikel|Venia (Ritus)}}
{{Hauptartikel|Venia (Ritus)}}
Zeile 100: Zeile 100:
[[Datei:Confirmation blessing.jpg|mini|Einsegnung zur Konfirmation]]
[[Datei:Confirmation blessing.jpg|mini|Einsegnung zur Konfirmation]]
In [[Reformierte Kirche|reformierten]] [[Kirche (Bauwerk)|Kirchen]] gibt es in der Regel keine Kniebänke. Nach Calvin und Zwingli sollte der Ritus von dem befreit werden, was nicht ausdrücklich in der Bibel niedergelegt war, so auch das Knien im [[Gottesdienst]], insbesondere beim [[Eucharistie|Abendmahl]]. Das Abendmahl wird von der Gemeinde um einen Tisch stehend empfangen.
In [[Reformierte Kirche|reformierten]] [[Kirche (Bauwerk)|Kirchen]] gibt es in der Regel keine Kniebänke. Nach Calvin und Zwingli sollte der Ritus von dem befreit werden, was nicht ausdrücklich in der Bibel niedergelegt war, so auch das Knien im [[Gottesdienst]], insbesondere beim [[Eucharistie|Abendmahl]]. Das Abendmahl wird von der Gemeinde um einen Tisch stehend empfangen.

==== Knien beim privaten Gebet ====
Allgemein findet man das Knien in den westlichen Kirchen auch für das private Gebet. Insbesondere das Nachtgebet des Einzelnen am Bett wird vielfach im Knien gebetet. Zwar kennen Christen keine vorgeschriebene Gebetsformen für das Gebet des Einzelnen; viele Christen wählen aber dazu die kniende Haltung vor dem Bett. Deswegen ist das auch häufig die Form, in der Kinder das Nachtgebet kennenlernen und diese Form dann beibehalten, wenn sie älter werden.


=== Buddhismus und Hinduismus ===
=== Buddhismus und Hinduismus ===

Version vom 19. Juni 2018, 09:36 Uhr

Der Triumph von Schapur I. (Regierungszeit 240/42–270 n. Chr.) über die römischen Eroberer Valerian und Philippus Arabs
Haremhab (etwa 1319 bis 1292 v. Chr.) kniet vor seinem Gott Atum, Luxor-Museum
Der hl. Joachim bringt in der Wüste ein Brandopfer dar, Fresko von Giotto di Bondone, Beginn des 14. Jahrhunderts

Das Niederknien oder die Kniebeuge ist eine Demutsgeste gegenüber einer überlegenen Person, beispielsweise einem König oder politischen Herrscher. Vielfach wird Niederknien als Ausdruck der religiösen Verehrung einer Göttlichkeit oder eines Fürsprechers ausgeführt. In zahlreichen Religionen wird das Niederknien praktiziert, sowohl als Anbetung als auch als Gebets- und Meditationshaltung. Im profanen Bereich gibt es das Niederknien als symbolische Geste, etwa beim Heiratsversprechen.

Es gibt zahlreiche Formen und Nuancierungen mit unterschiedlichen symbolischen und rituellen Bedeutungen. Die motorischen Bewegungen des Niederkniens reichen von der Andeutungen einer Beugung des Knies (Knicks) bis zur vollständigen Niederwerfung (so in der Prostratio). Die historisch entstandenen Bezeichnungen der Gesten sind nicht immer eindeutig und vom kulturellen oder zeitlichen Kontext abhängig.

Begrifflichkeit

Die lateinische Bezeichnung ist Genuflexio, als Genuflexio simplex die Kniebeuge mit einem Knie, Genuflexio duplex eine Kniebeuge mit beiden Knien (sogenannte doppelte Kniebeuge). Im Mittelalter kam auch der Begriff Venia („Gnade; Vergebung, Verzeihung, Entschuldigung“) im volkstümlichen Sprachgebrauch für den Kniefall vor, eingedeutscht auch Venien.[1]

Die Prostratio (von se prosternere „sich niederwerfen“) ist wie die Venia einiger Ordensriten und die Metanien der orthodoxen Kirchen eine andere Form der Niederwerfung. In den verschiedenen Formen des byzantinischen Ritus wird die Venia auch Metanie genannt.

Niederknien im säkularen Bereich

Politische Demutsgeste

Als uralte politische Demutsgeste - freiwillig oder auch erzwungen - ist das Niederknien in zahlreichen Kunstwerken dargestellt. Der politische Gegner demütigt sich dabei meist vor einer mächtigen, oftmals siegreichen Person (vgl. die Darstellung der Unterwerfung unter Schapur I. im Triumphrelief bei Naqsch-e Rostam). Eine ganz andere Bedeutung hatte dagegen Willy Brandts Kniefall von Warschau am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos im Dezember 1970, eine politische Demutsgeste mit der Bitte um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs.

Zivilgesellschaftlicher Protest gegen Rassismus in den Vereinigten Staaten

Im Sommer 2017 begannen einige Schwarze in American Footballteams aus Protest gegen Diskriminierung und Polizeigewalt während des Hörens der Nationalhymne vor Spielen zu knien, was zu einem öffentlichen Konflikt mit Donald Trump führte, dem sich auch weitere Menschen außerhalb des Football solidarisch anschlossen.[2] Eric Reid beschreibt die Haltung als respektvolle Geste, die an eine aufgrund einer Tragödie auf halbmast gesetzte Flagge erinnern solle.[3]

Strafen

Bis ins 20. Jahrhundert war das Knien auf einem Holzscheit in Schulen eine Form, Schüler zu bestrafen.[4]

Niederknien in den Religionen

Antike

Sowohl Griechen als auch Römer lehnten es ab, vor ihren Göttern niederzuknien. Das Knien war eines freien römischen oder antiken Bürgers unwürdig und eine Sache der Barbaren, der Juden oder Christen, die in diesen Reichen lebten. Plutarch und Theophrastos von Eresos charakterisieren das Knien als Ausdruck von Aberglauben. Aristoteles nennt es eine barbarische Verhaltensform.[5]

Judentum

Beschreibungen des Niederkniens gibt es mehrfach im Tanach, beispielsweise: „Er [Salomo] trat [auf die Tribüne], ließ sich im Angesicht der ganzen Versammlung Israels auf die Knie nieder, breitete seine Hände zum Himmel aus und betete: Herr, Gott Israels, im Himmel und auf der Erde gibt es keinen Gott, der so wie du Bund und Huld seinen Knechten bewahrt, die mit ungeteiltem Herzen vor ihm leben.“ (2 Chr 6,13-14 EU) oder „Kommt, lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserm Schöpfer!“ (Ps 95,6 EU)

Da das Stehen während des Gebets nach jüdischer Tradition ein alter Ausdruck der Ehrfurcht ist, stehen die Menschen häufiger beim Gebet als dass sie knien. Beispiel dafür ist das Achtzehnbittengebet, das auch als Amida („Stehgebet“) bezeichnet wird. Das hebräische Wort berech für Knie ist mit dem Wort Bracha („Segen“) stammverwandt. Die Knie galten für den Hebräer als Sinnbild für Kraft; das Beugen der Knie ist so das Beugen der Kraft vor dem lebendigen, einzigen Gott.

Christentum

Es können in der Bibel drei eng mit dem Wort „knien“ verwandte Haltungen unterschieden werden. Die Prostratio – das Sich-zu-Boden-Strecken vor der überwältigenden Macht Gottes –, das im Neuen Testament vorkommende Zu-Füßen-Fallen und das Knien. Im Einzelnen sind freilich sprachlich die drei Haltungen nicht immer deutlich voneinander trennbar. Das Wort Knien (griech. προσκυνεῖν proskynein) kommt allein im Neuen Testament 59-mal vor, davon 24-mal in der Offenbarung des Johannes. Der griechische Begriff bedeutet eigentlich „Küssen“, wurde jedoch bereits zur Zeit des Neuen Testaments in der Bedeutung „durch Niederwerfen Ehre erweisen“ verwendet. „Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn.“ (Mt 14,33 EU)

Ein weiteres wichtiges Ereignis, in der das Knien im Neuen Testament erwähnt wird, ist die Prostratio Jesu am Ölberg vor seinem Leiden: „Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, daß die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe.“ (Mk 14,35 EU)

Römisch-katholische Kirche

Einfache Kniebeuge
Kniebeuge in der Heiligen Messe

in der Kirche machen Katholiken eine einfache Kniebeuge vor dem im Tabernakel aufbewahrten Allerheiligsten oder in die Richtung des Tabernakels, bevor sie sich in die Kirchenbank begeben, wenn sie vor dem Tabernakel vorübergehen, und wenn sie die Kirche wieder verlassen. Der Ort des Tabernakels wird durch das ewige Licht angezeigt.

Zelebranten, Diakone und die liturgischen Dienste (Ministranten, Lektoren, Kommunionhelfer) beugen beim gemeinsamen Einzug in die Kirche und beim Auszug das Knie vor dem Allerheiligsten und bezeugen so die Ehrfurcht vor der Gegenwart des allmächtigen, dreieinigen Gottes.

„Wir bringen in der Meßliturgie unseren Glauben, daß Christus unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich zugegen ist, unter anderem dadurch zum Ausdruck, daß wir zum Zeichen der Anbetung des Herrn die Knie beugen oder uns tief verneigen. (Katechismus der Katholischen Kirche, 1378)“

In der Grundordnung des römischen Messbuchs (GRM 274) heißt es darüber hinaus:

„Die Kniebeuge, bei der das rechte Knie bis zum Boden gebeugt wird, bringt die Anbetung zum Ausdruck; sie ist deshalb dem allerheiligsten Sakrament vorbehalten sowie dem heiligen Kreuz von der feierlichen Anbetung während der liturgischen Feier des Freitags vom Leiden des Herrn an bis zum Beginn der Ostervigil.“

Doppelte Kniebeuge

Bei der doppelten Kniebeuge (Genuflexio duplex) wird auch das linke Knie gebeugt, und man verneigt sich. Die doppelte Kniebeuge wird vor dem ausgesetzten Allerheiligsten praktiziert, wenn das Allerheiligste vorbeigetragen wird oder beim sakramentaler Segen.

Niederknien
Auguste Bourotte: Betende Frau (1897)
Kirchenbänke in Esenhausen mit gepolsterten Kniebänken

In römisch-katholischen Kirchen befinden sich zusätzlich zu den Sitzbänken meist Kniebänke, die eingerichtet wurden, um Gläubigen eine Erleichterung zu verschaffen, denen das Knien auf dem bloßen Boden zu schwer fallen würde. Gekniet wird gewöhnlich nicht nur an den entsprechenden Stellen in der Liturgie, sondern auch beim stillen Gebet in der Kirche.

In der heiligen Messe werden die eucharistischen Gaben bei der Wandlung zum Leib und Blut Christi (Transsubstantiation), daher sollen die Gläubigen wenigstens bei der Konsekration bis zum Ruf „Deinen Tod …“ knien.[6] Mancherorts ist es üblich, auch vom Agnus Dei bis zur Kommunion zu knien, ebenfalls beim Kommunionempfang an der Kommunionbank.

Immer kniet man, wenn der Diakon, der Zeremoniar oder der Zelebrant dazu förmlich mit „Beuget die Knie“ auffordert, sowie an Weihnachten und am Hochfest der Verkündigung des Herrn bei der Aussage des Glaubensbekenntnisses über die Menschwerdung Christi, am Palmsonntag und Karfreitag während der Passion nach der Stelle, die den Tod Jesu beschreibt, an Pfingsten zum Ruf vor dem Evangelium „Komm Heiliger Geist“.

Eucharistische Anbetung vor dem Tabernakel oder dem ausgesetzten Allerheiligsten geschieht im Knien. Auch zum Sakramentalen Segen, etwa bei eucharistischen Prozessionen, wird möglichst niedergekniet.

Darüber hinaus kniet man beim Empfang einiger Sakramente (etwa des Bußsakraments und des Sakraments der Weihe) und einiger Sakramentalien von besonderer Bedeutung, wie dem Brautsegen, der Profess oder der Jungfrauenweihe sowie im Stundengebet bei den Worten des Invitatoriums „Lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserem Schöpfer!

Kniefall

Beim Kniefall (ebenso bei der speziellen Form des Fußfalls) wird das Niederknien schnell ausgeführt. Peter Dinzelbacher bezeichnet diese Praxis neben anderen als Teil der im Mittelalter weit verbreiteten Askesepraktiken.[7] Der Ausdruck "Venie" (auch mittellat. "Venia") bezeichnet seit dem Mittelalter den Kniefall.[8]

Die Venie als Ausdruck der Anbetung, Verehrung und inständiger Bitte ist Bestandteil einiger ordenseigener Riten und frommer Übungen in der lateinischen Kirche. In den verschiedenen Formen des byzantinischen Ritus wird die Venie auch Metanie genannt.

Andere Formen der Niederwerfung

Eine besondere Form der Niederwerfung ist die Prostratio, das ausgestreckte Sich-Niederwerfen einer Person als Zeichen der Demut, Hingabe und flehentlichen Bitte. Sie hat ihren Platz in der Liturgie zu Beginn der Feier vom Leiden und Sterben Christi am Karfreitag, beim Empfang des Weihesakraments wie auch beim Ablegen der feierlichen Ordensgelübde und der Jungfrauenweihe, in einigen Orden auch im Stundengebet bei der Ankündigung hoher Feste aus dem Martyrologium.

Eine Form des Kniens, eine rutschende Fortbewegung auf den Knien, kommt im kirchlichen Brauchtum als Zeichen der Buße bei Wallfahrten vor, wo die Pilger am Zielort auf Knien die Kirche oder dreimal den Altar umrunden. Die Scala Santa im römischen Lateran darf nur kniend erklommen werden, ebenso nach diesem Vorbild entstandenen „heilige Stiegen“, etwa in Bonn, in Salzburg und in mehreren bayrischen Orten.[9]

Orthodoxe Kirchen

Knien ist in der sonntäglichen Liturgie nicht üblich, wohl aber die Poyasny Poklon (kleine Metanie): die halbe Verbeugung mit Berührung des Bodens und Bekreuzigung. An anderen Wochentagen gibt es in manchen Kirchen Niederwerfungen (Metanien), wie die römisch-katholische Kirche sie als Prostratio kennt. Die orthodoxe Praxis bewahrt bis heute die Bestimmungen des frühen Christentums, wonach das Knien dem Sonntag als dem Festtag der Auferstehung Jesu Christi sowie der gesamten „Pentekoste“ (Zeit von Ostern bis Pfingsten) unangemessen sei; so festgelegt vom Ersten Konzil von Nicäa in seinem can. 20, dem sich die orthodoxen Kirchen verpflichtet fühlen.

Lutherische Kirchen

Kniebeuge

Die Kniebeuge wird in bekenntnislutherischen Kirchen (das sind lutherische Kirchen altkonfessioneller Prägung, wie beispielsweise die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche) im Rahmen der Feier des Heiligen Abendmahls vom Pfarrer vollzogen. Während der Konsekration erfolgt nach dem Brotwort und Kelchwort die Elevation, als Zeigeritus des real gegenwärtigen wahren Leibes und Blutes Christi. Nach der Elevation der Gaben macht der Pfarrer jeweils eine Kniebeuge. Einige Gemeindeglieder praktizieren vor dem Empfang von Christi Leib und Blut im Heiligen Abendmahl ebenfalls eine Kniebeuge, bevor sie am Altar zur Kommunion niederknien.

Knien
Kniende Kommunikanten während einer Lutherischen Abendmahlsfeier
Kommunionbank in der lutherischen Holmens Kirke in Kopenhagen

Das Knien ist in bekenntnislutherischen Kirchen übliche Praxis. Gekniet wird in an entsprechenden Stellen in der lutherischen Liturgie. Wird ein Predigtgottesdienst gefeiert, wird während des Rüstgebetes zu Beginn des Gottesdienstes gekniet. Im Rahmen der allgemeinen Beichte im oder vor dem Lutherischen Abendmahlsgottesdienst kniet die Beichtgemeinde während des Beichtgebetes, den sogenannten Beichtfragen und dann am Altar, um die heilige Absolution durch den Pfarrer unter Handauflegung zu empfangen. In der Regel kniet der Pfarrer während des Liedes vor der Predigt am Altar und bittet um den Heiligen Geist für seinen Predigtdienst.

Im Rahmen der Abendmahlsfeier kniet die Gemeinde in jedem Fall während der Konsekrationsworte. In einigen Gemeinden ist es auch üblich, schon während des Vaterunsers zu knien. Ebenfalls kniet die Gemeinde während des Liedes Christe, du Lamm Gottes aus Ehrfurcht vor dem im Heiligen Abendmahl wirklich gegenwärtigen Leib und Blut Christi. In wenigen Gemeinden kniet die Gemeinde zum Segen am Schluss des Sakramentsgottesdienstes.

Neben diesen beschriebenen Gelegenheiten während des sonntäglichen Gottesdienstes wird in lutherischen Kirchen auch zu besonderen Segenshandlungen gekniet, wie z. B. der kirchlichen Trauung, der Konfirmation, im Rahmen der Taufhandlung (Eltern- oder Muttersegnung), Ordination.

Reformierte Kirchen

Einsegnung zur Konfirmation

In reformierten Kirchen gibt es in der Regel keine Kniebänke. Nach Calvin und Zwingli sollte der Ritus von dem befreit werden, was nicht ausdrücklich in der Bibel niedergelegt war, so auch das Knien im Gottesdienst, insbesondere beim Abendmahl. Das Abendmahl wird von der Gemeinde um einen Tisch stehend empfangen.

Knien beim privaten Gebet

Allgemein findet man das Knien in den westlichen Kirchen auch für das private Gebet. Insbesondere das Nachtgebet des Einzelnen am Bett wird vielfach im Knien gebetet. Zwar kennen Christen keine vorgeschriebene Gebetsformen für das Gebet des Einzelnen; viele Christen wählen aber dazu die kniende Haltung vor dem Bett. Deswegen ist das auch häufig die Form, in der Kinder das Nachtgebet kennenlernen und diese Form dann beibehalten, wenn sie älter werden.

Buddhismus und Hinduismus

Im Buddhismus und Hinduismus wird das Knien als Körperhaltung während der Meditation verstanden.

Islam

Im Islam ist das Knien während des Gebets auf einem Gebetsteppich üblich. Allerdings handelt es sich dabei nicht wie im Christentum um ein Knien mit aufrechter Körperhaltung, sondern eher um ein Aufsitzen auf Knien und Füßen bei der Niederwerfung.

Siehe auch

Literatur

  • Henri de Lubac: Corpus mysticum. L’Eucharistie et l’Église au Moyen âge. Étude historique. 2. édition revue et augmente. Éditions Montaigne, Paris 1949, (Theologie 3).
  • José Antonio Sayés: La presencia real de Cristo en la Eucaristía. Ed. Católica, Madrid 1976, ISBN 84-220-0781-5, (Biblioteca de autores cristianos 386).
  • Michel Sinoir: La prière à genoux dans l’Ecriture Sainte. In: Sedes sapientiae 15, 1997, Fasc. 4, Nr. 62, ISSN 0751-6681, S. 37–72, (Auch Sonderabdruck: Tequi, Paris 1997).
  • Prasanna Vazheeparampil: The Making and Unmaking of Tradition. Towards a theology of the liturgical renewal in the Syro-Malabar church. Mar Thoma Yogam, Rom 1998, (Zugleich: Rom, Pontifical Oriental Inst., Diss., 1998).
  • L. Michael White: Building God’s House in The Roman World. Architectural adaptation among pagans, Jews, and Christians Published for the American Schools of Oriental Research by Johns Hopkins University Press, Baltimore Md. 1990, ISBN 0-8018-3906-8, (ASOR library of biblical and Near Eastern archaeology).
Commons: Niederknien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Niermeyer/van de Kieft: Mediae Latinitatis Lexicon minus. Vol. II. (Nachdruck, zweite überarb. Aufl. 2002) schreibt auf S. 1397: venia = prosternatio "Fußfall, Kniefall" und bringt als Beleg eine Stelle von Petrus Venerabilis, der zufolge die Kniebeugen vor jemandem, der das Allerheiligste trägt, und die Kniebeugen im täglichen Schuldkapitel von Klöstern vulgo veniae, „volkstümlich Venien“, genannt würden.
  2. Hubert Wetzel: American Football: Die neue amerikanische Front im Sport In: Süddeutsche Zeitung, 25. September 2017.
  3. Eric Reid: Opinion | Eric Reid: Why Colin Kaepernick and I Decided to Take a Knee. In: The New York Times. 25. September 2017, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 17. Oktober 2017]).
  4. zeit-online 35(2012); histo-couch.de
  5. Josef Ratzinger: Der Geist der Liturgie, Herder-Verlag, Freiburg 2002.
  6. „Sie [die Gläubigen] haben zu knien während der Konsekration, sofern sie nicht aus gesundheitlichen Gründen, wegen des beengten Raumes, einer größeren Anzahl von Anwesenden oder aus anderen vernünftigen Gründen daran gehindert sind. Wer aber zur Konsekration nicht kniet, hat eine tiefe Verneigung zu machen, während der Priester nach der Konsekration eine Kniebeuge macht. (GRM 43)“.
  7. Peter Dinzelbacher (1994). Christliche Mystik im Abendland. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters. Schöningh, Paderborn, S. 297.
  8. Franz Pfeiffer (Hg.). Deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts: Bd. 1. Leipzig. Göschen'sche Verlagshandlung. 1845. S. 416, Stichwort "venie". Hier wird mit "venie" ausdrücklich auch die Kniebeuge bezeichnet. Matthias Lexer (1992). Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, Stichwort: venja, venige, venge: knieefall zum gebet, kniefälliges gebet (lat: venia). Ernst Hennig (1806). Die Statuten des Deutschen Ordens, S. 307. https://books.google.de/books?id=OK1AAAAAcAAJ.
  9. Eduard Hoffmann-Krayer, Hanns Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch zur deutschen Volkskunde. Abteilung 1. Aberglaube. Berlin/Leipzig 1931/32, S. 1575, Stichwort „knien“. https://books.google.de/books?id=273dX4-VRJAC&pg=PA289&lpg=PA289&dq=kniebeuge+in+der+katholischen+kirche+venie&source=bl&ots=BA26mOKtko&sig=HxzKwhWFW1MRazhYDBriT2ZoL4A&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjn9qbyjcTbAhXDF5oKHZ43DV8Q6AEIRzAD#v=onepage&q=venie&f=false