Benutzer:WalSchep/Gute Arbeit

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Gute Arbeit ist inzwischen neben dem gewerkschaftlichen Bereich auch im politischen Raum zu einem viel genutzten Begriffspaar geworden, mit dem der Blick auf die Qualität der Arbeitsbedingungen gerichtet werden soll.

In den 90er Jahren waren Projekte der Humanisierung der Arbeit angesichts eines arbeitspolitischen Rollbacks ins Hintertreffen geraten.

Gute Arbeit nutzte zuerst die IG Metall als Name für ein Projekt (2004 bis 2007), mit dem die Humanisierung der Arbeit erneut zum gewerkschaftlichen Anliegen gemacht wurde. Andere Gewerkschaften folgten. Die Politik griff ebenfalls diesen Begriff auf, um über Qualität der Arbeit zu debattieren.

Was ist Gute Arbeit?

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Eine durch die Initiative neue Qualität der Arbeit (INQA) finanzierte Studie mit dem Titel Was ist Gute Arbeit? Anforderungen aus Sicht von Erwerbstätigen (2006) ermöglichte es, genauer Kriterien und Inhalte von Guter Arbeit zu bestimmen. Die INQA ist eine Gemeinschaftsinitiative aus Bund, Ländern, Sozialpartnern, Sozialversicherungsträgern, Stiftungen und Unternehmen. Sie ist im Jahr 2002 angetreten, um die sozialen Interessen der Beschäftigten an gesunden und gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen mit den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen zu verbinden.

Danach gehören dazu folgende Aspekte: ein festes, verlässliches Einkommen zu erhalten, unbefristet beschäftigt zu sein, kreative Fähigkeiten in die Arbeit einbringen und entwickeln zu können, Sinn in der Arbeit zu erkennen, Anerkennung zu erhalten, soziale Beziehungen zu entwickeln und die Achtung bzw. der Schutz der Gesundheit.

Mit dem seit 2007 entwickelten DGB-Index Gute Arbeit steht ein arbeitswissenschaftlich gestütztes Instrument zur Verfügung, mit dem jährlich aus Sicht der Beschäftigten auf Basis einer repräsentativen Befragung die Qualität der Arbeit beurteilt wird. Danach bewerten 2007 nur 12 Prozent ihre Arbeit als gut, demgegenüber 34 Prozent als schlecht. Für 54 Prozent ist Arbeit im stark differenzierten Mittelfeld zu klassifizieren. (Vgl. zu Ergebnissen im Einzelnen: [1]).

Themen und Erfahrungen

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Die gewerkschaftlichen Initiativen – vor allem der IG Metall – konzentrierten sich auf die drei Themenbereiche: 1. „Der Arbeit ein gesundes Maß geben – Arbeitszeit und Leistung begrenzen“, 2. „alternsgerechte Arbeitsgestaltung“ sowie 3. Eindämmung und Regulierung von prekärer Beschäftigung.

Hierzu wurden zahlreiche betriebspolitische Handlungsinstrumente entwickelt. Die Erfahrungen hierzu werden unter anderem in der Zeitschrift Gute Arbeit aufbereitet. Angesichts von Kurzfristökonomie in den Unternehmen und politisch motivierter Deregulierung erhielten die Initiativen folgende Dimensionen: „Gute Arbeit“ ist unter den gegenwärtigen Handlungskonstellationen zuallererst ein Widerstandskonzept. Es gilt, schlechter Arbeit Grenzen zu setzen und Widerstandslinien aufzubauen, um die Anpassungsspirale von Standards guter Arbeit nach unten zu stoppen. Dies bedeutet in erster Linie, einen Kampf gegen weitere Arbeitszeitverlängerung und die Ausweitung von prekären Jobs zu führen. „Gute Arbeit“ ist darüber hinaus auch eine Interventionschance, um in zentralen Feldern der Gestaltung von Arbeitsbedingungen vor allem betriebspolitisch handlungsfähig zu werden und eigene Konzepte von guter Arbeit in die Auseinandersetzungen einzubringen. „Gute Arbeit“ ist aber auch ein Zukunftskonzept, das in einer Situation der Defensive die Ansprüche und Interessen der Beschäftigten an guter Arbeit und gutes Leben stärkt und ihre soziale Phantasie auch in einer Widerstandssituation freisetzen hilft. Es ist damit auch anschlussfähig für weitergehende Aspekte der Ökologie und Demokratie in der Arbeit.

Da „Gute Arbeit“ von der Bundesregierung und dem EU-Rat für das europäische Sozialmodell beansprucht wird, gerät die sozialpolitische Ausfüllung des Konzepts in die Kontroverse. Die EU-Vorgabe lautet, dass Gute Arbeit im Rahmen des Lissabon-Prozesses nicht nur mehr, sondern auch bessere Arbeitsplätze gewährleisten solle, um Europa zum „wettbewerbsfähigsten … Wirtschaftsraum der Welt“ zu machen. In der deutschen Parteipolitik wird „gute Arbeit“ zu Eigen gemacht, ohne sich allerdings von den weit reichenden arbeitspolitischen Deregulierungen (Hartz-Gesetze) zu distanzieren, deren Ergebnisse allen Kriterien guter Arbeit widersprechen.

Gegenüber einer solchen wettbewerbspolitischen Vereinnahmung muss nach Meinung der IG Metall eine Initiative für eine gute Arbeit als „gegentendenzielles Projekt“ verstanden und praktiziert werden. „Als ein Projekt, das vor allem die gesundheitlichen, sozialen und arbeitsinhaltlichen Interessen der Beschäftigten zur Geltung bringt; und das aus den produktivitäts- und wettbewerbsfördernden Impulsen durchaus Bewegungsenergie bezieht, sie aber nicht zum zentralen Bewertungs- und Rechtfertigungskriterium erhebt.“ (Pickshaus/Urban 2002)

  • Richard Detje, Klaus Pickshaus, Hans-Jürgen Urban (Hrsg.) 2005: Arbeitspolitik kontrovers, VSA-Verlag, Hamburg, ISBN 3-89965-148-0