Wytowno

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Wytowno
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Wytowno (Polen)
Wytowno (Polen)
Wytowno
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Pommern
Powiat: Słupsk
Gmina: Ustka
Geographische Lage: 54° 35′ N, 17° 0′ OKoordinaten: 54° 35′ 18″ N, 16° 59′ 33″ O
Einwohner:
Telefonvorwahl: (+48) 59
Kfz-Kennzeichen: GSL
Wirtschaft und Verkehr
Nächster int. Flughafen: Danzig



Wytowno (deutsch Weitenhagen, slowinzisch[1] Vȧ̃tɵvnɵ[2]) ist ein Dorf in der Gmina Ustka (Landgemeinde Stolpmünde) im Powiat Słupski (Kreis Stolp) der polnischen Woiwodschaft Pommern.

Geographische Lage

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Das Kirchdorf liegt in Hinterpommern, etwa acht Kilometer nördlich von Stolp, vier Kilometer östlich von Ustka (Stolpmünde) und 111 Kilometer westlich der regionalen Metropole Danzig.

Weitenhagen, Kirchdorf, nördlich der Stadt Stolp (früher Stolpe geschrieben) und östlich von Stolpmünde, zwischen den Flüssen Stolpe und Lupow, auf einer Landkarte von 1794.

Das Dorf hat die historische Dorfform eines Zeilendorfs. Im Jahr 1485 befand sich das Rittergut im Besitz der Familie von Schwawe, danach gehörte es der Familie[3] von Ramel. Die Besitzer wechselten dann etliche Male. 1786 ging Weitenhagen an die Familie Bandemer über. Um 1782 gab es in Weitenhagen bei insgesamt 38 Haushaltungen zwei Vorwerke, einen Prediger, ein Predigerwitwenhaus, zehn Bauern, drei Kossäten, eine Gaststätte, auf der Feldmark am Ausfluss des Baches Freichow in die Ostsee eine Wassermühle und in der Nähe des Ostseestrandes drei Fischerkaten.[4]

Im Jahr 1857 saß Franz Wilhelm Werner von Bandemer auf Weitenhagen.[5] Um 1900 hatte das Rittergut Weitenhagen eine Größe von 1220 ha.[6] Zu diesem Zeitpunkt hatte der Gutsbesitzer Alfred von Bandemer (1821–1891) das Gut bereits seinem ältesten Sohn Wilhelm (1861–1914) vererbt. Dieser hatte sich der Vereinigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer angeschlossen.[7] Letzter Gutsherr bis zur Enteignung 1945 durch die polnische Administration war Rüdiger von Bandemer.[8] Bandemer[9] war ein Urenkel Hindenburgs; er hatte wohl in der schweren Zeit der Wirtschaftskrise versucht, Teile eines ehemaliges Gut der Familie zurückzuerwerben.[10]

Am 1. April 1927 hatte das Gut Weitenhagen eine Flächengröße von 1228 Hektar, und am 16. Juni 1925 hatte der Gutsbezirk 254 Einwohner.[11] Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Weitenhagen in die Landgemeinde Weitenhagen eingegliedert.[12]

Anfang der 1930er Jahre hatte die Landgemeinde Weitenhagen eine Flächengröße von 15,9 km². Innerhalb der Gemeindegrenzen standen insgesamt 58 bewohnte Wohnhäuser an drei verschiedenen Wohnstätten:[13]

  1. Freichow
  2. Vorwerk Heinrichsfelde
  3. Weitenhagen

Um 1935 gab es im Dorf einen Gasthof, eine Niederlassung der Spar- und Darlehnskasse, einen Gemischtwarenladen, eine Mühle sowie eine Schmiede und eine Tischlerei.[14]

Im Jahr 1939 wurden in der Landgemeinde 458 Einwohner gezählt, die in 100 Haushaltungen lebten. In der letzten Ausgabe des Pommerschen Güteradressbuchs von 1939 wird für das Rittergut Weitenhagen eine Flächengröße von 724 ha angegeben. In Weitenhagen wurde Getreide,- Kartoffel- und Saatzuchtwirtschaft betrieben.[15]

Bis 1945 bildete Weitenhagen eine Landgemeinde im Landkreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Weitenhagen war Amtssitz eines gleichnamigen Amtsbezirks.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region am 8. Mai 1945 von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde die Region zusammen mit ganz Hinterpommern seitens der sowjetischen Besatzungsmacht der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Am 1. August 1945 wurde von den Polen ein Gemeindebüro errichtet. Weitenhagen wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Wytowno‘ verwaltet. Es begann die Zuwanderung polnischer Familien. Bis auf vier Familien, die vorerst im Dorf verblieben, wurden die einheimischen Einwohner von der polnischen Administration bis 1947 in Richtung Westen abtransportiert.

Im Jahr 2008 lebten im Ort 360 Einwohner.

Dorfkirche (2023), bis 1945 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Weitenhagen

Das Gebäude der evangelischen Dorfkirche wurde 1945 von der polnischen Administration zugunsten der polnischen katholischen Kirche zwangsenteignet und vom polnischen katholischen Klerus ‚neu geweiht‘.

Die vor 1945 in Weitenhagen lebenden Dorfbewohner waren fast ausschließlich Evangelische (Angehörige der Landeskirche) und gehörten zum evangelischen Kirchspiel Weitenhagen. Der Bestand an Kirchenbüchern reichte bis 1652 zurück.[16]

Das katholische Kirchspiel war in Stolp.

Die seit 1945 und Vertreibung der einheimischen Dorfbewohner anwesende polnische Einwohnerschaft ist überwiegend katholisch.

Persönlichkeiten: Söhne und Töchter des Ortes

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  • Rudolf von Bandemer (1829–1906), deutscher Gutsbesitzer und Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses
  • Wilhelm von Bandemer (1861–1914), deutscher Gutsbesitzer und Mitglied des Preußischen Herrenhauses
  • Weitenhagen, Dorf und Rittergut, Kreis Stolp, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Weitenhagen (meyersgaz.org).
  • Pommersches Güter-Adressbuch, Friedrich Nagel (Paul Niekammer), Stettin 1892, S. 164–165 (Google Books).
  • P. Ellerholz: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche, Band 2: Provinz Pommern, 2. Auflage, Nicolai (Stricker), Berlin 1884, S. 96–97 (Google Books).
  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 1015–1016, Ziffer 154 (Google Books).
  • Karl-Heinz Pagel: Der Landkreis Stolp in Pommern. Lübeck 1989, S. 1012–1017 (Download Ortsbeschreibung Weitenhagen) (PDF; 1,3 MB)
Commons: Wytowno – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Im Jahr 1867 gab es unter den Einwohnern des Kreises Stolp noch 188 Kaschuben in einigen Dörfern in der Nähe der Küstenseen und im Südosten (Groß Rakitt); vergleiche Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 127–128, Ziffer 4 (Google Books).
  2. Eintrag im „Slowinzischen Wörterbuch“ von Friedrich Lorentz. Zum System der Slowinzisch-Lautschrift von Lorentz, vgl. „Slowinzische Grammatik“, S. 13–16 (scan 40–43), anschließend die Lautlehre.
  3. Robert Klempin, Gustav Kratz (Hrsg.): Matrikeln und Verzeichnisse der Pommerschen Ritterschaft vom XIV. bis in das XIX. Jahrhundert. In Commission bei A. Bath (Mittler`s Sortimentsbuchhandlung), Berlin 1863, S. 173–174 (google.de [abgerufen am 2. November 2021]).
  4. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 1015–1016, Ziffer 154 (Google Books).
  5. Alphabetischer Nachweis (Adressbuch) des in den Preussischen Staaten mit Rittergütern angesessenen Adels. In: K. Fr. Rauer (Hrsg.): Vorgänger-Ausgabe der späteren Güter-Adressbücher. Im Selbstverlag des Herausgebers, Berlin 1857, S. 12–13 (google.de [abgerufen am 2. November 2021]).
  6. Niekammer`s Güter-Adressbücher. Band I. Pommersches Güter-Adressbuch. 1905. Verzeichnis sämtlicher Güter mit Angabe der Guts-Eigenschaft, des Grundsteuer-Reinertrages, der Gesamtfläche und des Flächeninhalts der einzelnen Kulturen. In: Handbuch der königlichen Behörden. Nach amtlichen Quellen und auf Grund direkter Angaben bearbeitet (Hrsg.): Standardwerk für Land-und Forstwirtschaft. 2. Auflage. Paul Niekammer GmbH, Stettin 1905, S. 180–181 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 2. November 2021]).
  7. Bericht über die Verhandlungen der XVIII. General-Versammlung der Vereinigung der Steuer= und Wirthschafts=Reformer zu Berlin am 21. Februar 1893. In: Bureau des Ausschusses. Verzeichnis der Mitglieder. Geschlossen am 30. April 1897. Verlag des Bureaus der Steuer=und Wirthschafts=Reformer, Berlin 1893, S. 181–182 (google.de [abgerufen am 2. November 2021]).
  8. Hans Friedrich v. Ehrenkrook, Otto Reichert, Friedrich Wilhelm Freiherr v. Lyncker u. Ehrenkrook, Wilhelm v. Blaschek, Carola v. Ehrenkrook geb. v. Hagen, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser / A (Uradel/ vor 1400 nobilitiert) 1960. In: Deutsches Adelsarchiv (Hrsg.): GHdA von 1951 bis 2014. Band IV, Nr. 22. C. A. Starke Verlag, 1960, ISSN 0435-2408, S. 1–2 (d-nb.info [abgerufen am 2. November 2021]).
  9. DAG (Hrsg.): Jahrbuch der Deutschen Adelsgenossenschaft 1938. Liste des in der Deutschen Adelsgenossenschaft zusammengeschlossenen reinblütigen Deutschen Adels. Landesabteilung Hinterpommern, Abteilung 1. Schlieffen-Verlag, Berlin 1938, S. 160–353 (d-nb.info [abgerufen am 2. November 2021]).
  10. Volker Köhler: Genossen - Freunde - Junker. Die Mikropolitik personaler Beziehungen im politischen Handeln der Weimarer Republik. Mikropolitik im Kontext der Zwischenkriegszeit, Land und Stadt. Wallstein, Göttingen 2018, ISBN 978-3-8353-4212-5, S. 248–249 (google.de [abgerufen am 2. November 2021]).
  11. Kurt Albrecht: Die preußischen Gutsbezirke, in: Zeitschrift des Preussischen Statistischen Landesamts, 67. Jahrgang, Berlin 1927, S. 344–477, insbesondere S. 401 (Google Books).
  12. Amtsbezirk Weitenhagen (Territorial.de)
  13. Die Gemeinde Weitenhagen im ehemaligen Kreis Stolp in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011)
  14. Klockhaus' Kaufmännisches Handels- u. Gewerbe-Adressbuch des Deutschen Reichs, Band 1 A, Berlin 1935, S. 1178 (Google Books).
  15. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern 1939. Verzeichnis von ca. 20000 landwirtschaftlichen Betrieben von 20 ha aufwärts mit Angabe der Besitzer, Pächter und Verwalter, der Gesamtgröße des Betriebes und Flächeninhalt der einzelnen Kulturen; nach amtlichen Quellen. In: H. Seeliger (Hrsg.): Letzte Ausgabe Niekammer. 9. Auflage. Verlag von Niekammer’s Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1939, S. 307 (d-nb.info [abgerufen am 2. November 2021]).
  16. Martin Wehrmann: Die Kirchenbücher in Pommern, in: Baltische Studien, Band 42, Stettin 1892, S. 201–280, insbesondere S. 271 (Google Books).