Thea Vignau-Wilberg

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Thea Vignau-Wilberg

Thea Vignau-Wilberg (* 1940 in Alkmaar, Niederlande) ist eine niederländisch-deutsche Kunsthistorikerin mit Schwerpunkten in der niederländischen und flämischen Kunst der Frühen Neuzeit, den graphischen Künsten und den Bezügen von Bildender Kunst und Musik. Ein besonderes Interesse Vignau-Wilbergs gilt der Kunst und Kultur um 1600, in München und vor allem am Hof Kaiser Rudolfs II.[1] Vignau-Wilbergs Interesse gilt auch der Kunst- und Kulturgeschichte der sog. kleinen Natur (Joris Hoefnagel). Thea Vignau-Wilberg setzte sich zur Vertiefung der kulturellen Verbindungen zwischen den Niederlanden und Deutschland ein.

Thea Vignau-Wilberg studierte Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Archäologie an der Universität Leiden, der Universität Wien und der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie promovierte an der Universität Leiden mit einer Studie zur Ikonographie der Frühen Neuzeit. Vignau-Wilberg lehrte niederländische Kunst- und Kulturgeschichte an der Universität Kiel und der Universität Regensburg. Sie arbeitete am Hessischen Landesmuseum in Darmstadt, an Projekten zur Kunst des frühen 17. Jahrhunderts freiberuflich in Zürich, den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München und als Kuratorin Niederländischer Zeichnungen und Druckgraphik an der Staatlichen Graphischen Sammlung in München.[2] Forschungsstipendien führten sie unter anderem nach Los Angeles (J. Paul Getty Museum and Center) und Washington D.C. (Center for Advanced Study in the Visual Arts). Internationale Lehr- und Vortragstätigkeit von Vignau-Wilberg erfolgte unter anderem in Amsterdam, Dresden, Florenz, Gdansk, Leiden, Los Angeles, Louvain, Münster, Prag, Warschau, Washington D.C., Yale und Zürich. An der Staatlichen Graphischen Sammlung wurde Vignau-Wilberg im Jahr 2005 pensioniert.

Thea Vignau-Wilberg war verheiratet mit dem Kunsthistoriker Peter Vignau-Wilberg (1935–2023). Das Paar hat zwei Kinder.

Kuratorische und kulturhistorische Tätigkeiten

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Zu Forschungs- und Ausstellungsprojekten der Kunsthistorikerin Thea Vignau-Wilberg zählen Einzelausstellungen an der Staatlichen Graphischen Sammlung München und zahlreiche Buchprojekte, gefördert unter anderem durch die Fritz Thyssen Stiftung, die Nederlandse Organisatie voor Zuiver Wetenschappelijk Onderzoek (ZWO), den Schweizerischen Nationalfond und das J. Paul Getty Museum.[2]

Zu den vielbeachteten Ausstellungen gehörte In Europa zu Hause: Niederländer in München um 1600 (Neue Pinakothek München, 2005). Anita Albus schrieb:

„Einer Niederländerin in München ist es zu verdanken, dass wir das Wunderwerk der Sevilla-Miniatur, das Herbst- und Winterblatt der Jahreszeitenfolge aus dem Louvre und zahlreiche andere Werke des Malers [Joris Hoefnagel] zum ersten Mal in einem ‚bavarischen Musentempel‘ sehen können, in den sie den Raum ihrer Ausstellung in der Neuen Pinakothek verwandelt hat. Als Geistesverwandte ihrer erasmischen Landsleute aus dem sechszehnten Jahrhundert hat sie mit großer Gelehrsamkeit und Begeisterung die in alle Welt zerstreuten Werke des Goldenen Zeitalters der Künste in München aus europäischen Museen und Privatsammlungen wieder zusammengefürt.“[3]

Eine weitere Ausstellung war Rembrandt auf Papier – Werk und Wirkung (Alte Pinakothek München, 2001). Stefan Grohé merkt zum begleitenden Ausstellungskatalog an: „Die Herausgeberin Thea Vignau-Wilberg, Referentin für niederländische Zeichnungen der Staatlichen Graphischen Sammlung, hat zugleich einen Bestandskatalog vorgelegt, der exemplarisch Einblicke in die zeichnerische Praxis in Rembrandts Atelier und in die Rezeption seines Zeichenstils geben kann. Bemerkungen zu den sammlungstechnischen Eigenheiten der Münchner Bestände und ein Verzeichnis der Wasserzeichen – in letzter Zeit eines der zentralen Mittel der Zeichnungsforschung – runden die Publikation ab.“[4]

Thea Vignau-Wilberg wusste in ihrem kuratorischen Wirken oftmals bildende Kunst und Musik zusammenzuführen. So war über die von ihr verantwortete Ausstellung O musica du edle Kunst – Musik und Tanz im 16. Jahrhundert (Neue Pinakothek, 1999) zu lesen: „Allegorie, Mythologie, Repräsentation, Motettenbilder, deren Noten man auch auf einer CD hören kann, geben einen herrlich klingenden Eindruck.“[5] Eine Rezensentin der Ausstellung „Com nu met sang“ – Niederländische Druckgraphik des 16. und 17. Jahrhunderts aus der Sammlung Ton Koopman, Amsterdam, und der Graphischen Sammlung München (Stadtresidenz Landshut, 2012) beschrieb das Zusammenspiel der Künste:

„Mit Dr. Thea Vignau-Wilberg hatte sich eine Kunsthistorikerin gefunden, welche mit viel Gespür, Wissen und Leidenschaft Bildende Kunst und Musik aus derselben Epoche zu vereinen wusste. […] Betrachtet man die Bildmotetten, so kann man über Hörplätze den Tönen lauschen. Instrumente, wie sie damals gespielt wurden, runden die Ausstellung ab.“[6]

In den Jahren 2010 bis 2013 erstellte Vignau-Wilberg das Konzept einer visuellen Vertiefung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach mittels Kunstwerken aus den Münchener Museen für das Bayerische Fernsehen und betreute die Durchführung (Chor des Bayerischen Rundfunks unter Peter Dijkstra). In den Jahren 2012 bis 2013 erfolgte Vignau-Wilbergs Leitung und Beratung bei der Bebilderung und Illustration der Matthäus-Passion von Bach, wiederum für das Bayerische Fernsehen.

Schriften (Auswahl)

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  • Thea und Peter Vignau-Wilberg: Bauzeichnung und Rekonstruktion. Der Bauforscher Wilhelm Wilberg und die Archäologie um 1900. Schnell & Steiner, Regensburg 2022, ISBN 978-3-7954-3771-8.
  • Joris und Jacob Hoefnagel. Kunst und Wissenschaft um 1600. Berlin 2017, ISBN 978-3-7757-4172-9.
  • Niederländische Bildmotetten und Motettenbilder – Multimediale Kunst um 1600. Mit CD und Notenheft (CD Chorsolisten des Bayerischen Rundfunkchores), Altenburg 2013, ISBN 978-3-930550-93-7.
  • Pieter Holsteijn the Younger, Alderhande kruypende en vliegende gedierten / Diverse crawling and flying animals. München 2013.
  • Com nu met sang. Niederländische Druckgraphik des 16. und 17. Jahrhunderts aus der Sammlung Ton Koopman, Amsterdam, und der Staatlichen Graphischen Sammlung München, Landshut 2012.
  • Paul Frankenburger, Paul Ben-Haim: Joram – eine Chronik, München 2009.
  • Das Moller Florilegium. Hans Simon Holtzbeckers Blumenalbum für den Bürgermeister Barthold Moller, ed. Dietrich Roth. München 2007.
  • mit Felix Billeter et al.: Spätklassizismus und Romantik. Vollständiger Katalog, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek. München 2003.
  • In Europa zu Hause: Niederländer in München um 1600 / Citizens of Europe: Dutch and Flemish Artists in Munich c. 1600, Katalog zur Ausstellung der Staatlichen Graphischen Sammlung München, München, Neue Pinakothek, 12. Oktober 2005 – 8. Januar 2006, Hirmer, München 2005, ISBN 3-7774-2825-6.
  • Rembrandt auf Papier – Werk und Wirkung / Rembrandt and his Followers. Drawings from Munich, Katalog zur Ausstellung, Alte Pinakothek München, 2001, und Museum Het Rembradthuis, Amsterdam, 2002, München 2001.
  • O musica du edle Kunst – Musik und Tanz im 16. Jahrhundert / Music for a While – Music and Dance in 16th-Century Prints, Katalog zur Ausstellung, Alte Pinakothek München, München 1999.
  • P. P. Rubens, Das Reiterbildnis des Herzogs von Lerma. Staatliche Graphische Sammlung. München 1999.
  • Archetypa Studiaque Patris Georgii Hoefnagelii 1592. Natur, Dichtung und Wissenschaft in der Kunst um 1600 / Nature, Poetry and Science in Art around 1600. München 1994.
  • Das Land am Meer. Holländische Landschaft im 17. Jahrhundert. München 1993.
  • mit Lee Hendrix: Mira Calligraphiae Monumenta. A Sixteenth Century Calligraphic Manuscript Inscribed by Georg ocskay and Illuminated by Joris Hoefnagel. Malibu 1992, 2. Auflage Berlin 2020.
  • mit Christoph Heilmann und John Sillevis: Die Haager Schule in München. Ausstellungskatalog Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, 1989.
  • mit Christoph Heilmann und Peter Vignau-Wilberg: Deutsche Romantiker. Bildthemen der Zeit von 1800 bis 1850. Ausstellungskatalog Kunsthalle der Hypokulturstiftung, München 1985.
  • Christoph Murer und die „XL Emblemata miscella nova“. Bern 1982.
  • Die emblematischen Elemente im Werke Joris Hoefnagels. 2 Bände, Leiden 1969.

Alte Pinakothek und Neue Pinakothek, München

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  • In Europa zuhause: Niederländer in München um 1600, Ausstellung der Staatlichen Graphischen Sammlung München, Neue Pinakothek, 12. Oktober 2005 bis 8. Januar 2006.
  • Rembrandt auf Papier – Werk und Wirkung, Ausstellung, Alte Pinakothek, München, 2001/2002.
  • O Musica du edle Kunst – Musik und Tanz im 16. Jahrhundert / Music for a While – Music und Dance in 16th Century Prints, Ausstellung, Neue Pinakothek, München, 1999.
  • Durch die Blume. Natursymbolik im 16. Jahrhundert, Ausstellung, Alte Pinakothek, München, und Hessisches Landesmuseum, Darmstadt, 1998.
  • Das Land am Meer. Holländische Landschaft im 17. Jahrhundert, Ausstellung, Alte Pinakothek, München, und Rheinisches Landesmuseum, Bonn, 1993.

Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam

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  • Rembrandt and his Followers. Drawings from Munich, Exhibition, Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam, 2002.

Stadtresidenz, Landshut

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  • „Com nu met sang“ – Niederländische Druckgraphik des 16. und 17. Jahrhunderts aus der Sammlung Ton Koopman, Amsterdam, und der Graphischen Sammlung München, Stadtresidenz Landshut, 2012.

Städtische Galerie im Lenbachhaus, München

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  • Das goldene Jahrhundert / The Golden Century: Dutch Master Drawings from the Fitzwilliam Museum, Cambridge, Ausstellung, München, Städtische Galerie im Lenbachhaus, The Fitzwilliam Museum, Cambridge, Kurpfälzisches Museum, Heidelberg und Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, 1995.

Mitgliedschaften

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  • International Council for Curators of Dutch an Flemish Art
  • Arbeitskreis Niederländische Kunst- und Kulturgeschichte
  • Historians of Netherlandish Art
  • Clusius Project, Universität Leiden
  • Essays in Honor of Thea Vignau-Wilberg. In: Studia Rudolphina 17/18, Prague 2018, mit vollständiger Bibliographie bis 2017 (Bulletin of the Research Center for Visual Arts and Culture in the Age of Rudolf II).

Einzelnachweise

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  1. Vom Kunsthistorischen Department der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Prag wurde ein Band der Studia Rudolphina Thea Vignau-Wilberg als Festschrift gewidmet, siehe Essays in Honor of Thea Vignau-Wilberg, Studia Rudolphina 17/18, Prague 2018 (Bulletin of the Research Center for Visual Arts and Culture in the Age of Rudolf II). Der Band enthält eine vollständige Bibliographie bis 2017.
  2. a b Website von Thea Vignau-Wilberg. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 1. Januar 2022.@1@2Vorlage:Toter Link/www.vignau.eu (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  3. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. November 2005.
  4. Siehe Stefan Grohé: „Rezension von: Thea Vignau-Wilberg: Rembrandt auf Papier. Werk und Wirkung. Rembrandt and his Followers. Drawings from Munich. Mit einem Beitrag von Peter Schatborn. Katalog zur Ausstellung der Staatlichen Graphischen Sammlung München; München Alte Pinakothek 5.12.2001 - 10.2.2002; Amsterdam Museum het Rembrandt, München: Hirmer 2001“, in: sehepunkte 3 (2003), Nr. 6 [15.06.2003], URL:https://www.sehepunkte.de/2003/06/1841.html
  5. In: Die Presse, Wien, 12. August 1999.
  6. Vgl. Elfriede Bauer, Landshuter Zeitung, 24. Mai 2012.