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Metro Brüssel

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Ein Zug der Brüsseler Metro im Bahnhof Merode, Linien 1A/1B

Die Metro Brüssel bildet zusammen mit der Straßenbahn das Rückgrat des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs in der Hauptstadtregion Brüssel, welche neben dem administrativen Stadtgebiet Brüssels 18 weitere selbstständige Gemeinden umfasst, die jedoch ein zusammenhängendes städtisches Siedlungsgebiet bilden. Die einzige Untergrundbahn Belgiens entwickelte sich aus der Untertunnelung von Straßenbahnstrecken, welche stufenweise auf U-Bahn-Betrieb umgestellt wurden. Die Eröffnung der ersten U-Bahnstrecke fand 1976 statt. Betreiber des Systems mit derzeit drei Linien ist die Societé des Transports Intercommunaux des Bruxelles/Maatschappij voor het Intercommunaal Vervoer te Brussel.

Liniennetz

Streckennetz der Metro Brüssel

Das Brüsseler Metrosystem hat eine Länge von 37,5 Kilometern, verfügt über 59 Stationen und ist von 5:00 Uhr bis 1:00 Uhr im Einsatz. Brüssel hat insgesamt drei U-Bahn-Linien. Das Netz ist recht feinmaschig, was sich dadurch erklärt, dass bei der Umstellung vom Straßenbahn- zum U-Bahn-Betrieb oftmals die Lage der Haltestellen beibehalten wurde. Die Züge fahren abhängig von Linie, Wochentag und Tageszeit mit einem Takt zwischen 160 Sekunden und 10 Minuten. Die Linien 1A und 1B befahren zusammen die 6,1 km lange, in Ost-West-Richtung führende Strecke durch die Innenstadt der Stadtregion von Beekkant bis Merode. An beiden Enden dieser dicht befahrenen Strecke teilt sie sich in jeweils zwei Äste auf, die jeweils von einer der beiden Linien befahren wird. Die Linie 2 verkehrt auf dem bisher fertiggestellten Teil des „Kleinen Ringes“, der die Innenstadt in Zukunft umfahren soll. Daneben gibt es unterirdische Straßenbahnstrecken, um die das U-Bahnnetz mittelfristig durch Umbau erweitert werden kann.

Linie Farbe Strecke (französisch / niederländisch) Eröffnung Länge Bahnhöfe
1A Gelb Roi Baudouin–Herrmann-Debroux / Koning Boudewijn–Herrmann-Debroux 1976 17,2 km 27
1B Rot Erasme–Stockel / Erasmus–Stokkel 1976 18,5 km 30
2 Orange Simonis–Delacroix / Simonis–Delacroix 1988 8,1 km 15

Stationen

Von den 59 Metrostationen befindet sich ein Großteil im Untergrund. Ein Teil der Stationen trägt auf Grund der Zweisprachigkeit in der Stadt einen französischen und einen niederländischen Namen, dies gilt naturgemäß nicht für Stationen, welche nach Personen benannt sind. Die Zusätze geographischer Namen wie rue/straat, place/plein (Straße, Platz) usw. entfallen in den Bahnhofsbezeichnungen. Vier Bahnhöfe sind Umsteigestationen innerhalb des Metrosystems, an fünf Stationen gibt es Übergänge zu Eisenbahnlinien der NMBS/SNCB. Daneben gibt es zahlreiche Umsteigebeziehungen zur Straßenbahn, ferner zur unterirdischen Straßenbahn Prémetro.

Zugang zur Station De Brouckére mit blauem Erkennungsschild

Es gibt in Netz sowohl Seitenbahnsteige als auch Mittelbahnsteige, die Bahnsteiglänge beträgt stets 120 m. Die Bahnhöfe der Linie 2 Gare du Midi/Zuidstation und Rogier verfügen über Seitenbahnsteige wie Mittelbahnsteige, sodass es möglich ist, an beiden Türseiten nach der Spanischen Lösung ein- und auszusteigen. Am Haltepunkt Gare du Midi/Zuidstation sind hierbei die Bahnsteige nach Richtung getrennt, sodass am gleichen Bahnsteig zu den Prémetrolinien der Nord-Süd-Achse umgestiegen werden kann. Sämtliche Stationen sind mit Rolltreppen ausgerüstet, neuere und einfach verbaute Haltestellen verfügen gleichwohl über Aufzüge und sind somit für Behinderte zugänglich. Jedoch ist in nahezu allen Stationen der Wagenboden etwas höher als die Bahnsteigkante. Der kürzeste Stationsabstand ist mit 304 m zwischen Hankar und Delta, zwischen Schuman und Merode liegt mit 1.160 m der längste Abstand zwischen zwei Bahnhöfen.

Die Brüsseler Metro ist dafür bekannt, dass sie in ihren Stationen Werke unterschiedlicher Kunstrichtungen der Gegenwartskunst ausstellt. Repräsentiert werden dabei die Malerei, Bildhauerei, Fotografie sowie Glasmalerei, zudem wurden für die Werke verschiedenste Materialien verwendet. Bekanntestes Kunstwerk im Bereich des Metrosystems ist die im Jahre 1976 entstandene überdimensionale Wandmalerei „Notre Temps“ (deutsch: „Unsere Zeit“) von Roger Somville in der Station Hankar der Linie 1A, welche mit ihren Formen und intensiven Farben den Kampf für eine gerechtere Welt im sozialen wie im wirtschaftlichen Sinne thematisiert.

Die Bedeutung dieser Kunstwerke ist so hoch, dass das Ministerium für Öffentliche Dienste im Jahr 1990 die unabhängige Kunstkommission für das öffentliche Verkehrsnetz CAID einsetzte, deren Zuständigkeitsbereich lediglich auf die Empfehlung und Genehmigung von künstlerischen Arbeiten für sämtliche Verkehrsmittel des Großraums Brüssel begrenzt ist. Diese Kommission zensiert dahingehend die Kunst, dass sie lediglich Arbeiten, die dem breiten Wertekonsens der Gesellschaft entsprechen, im öffentlichen Raum ausstellen lässt. [1]

Geschichte

Frühe Planungen

Geplantes Metronetz der Dyle & Bacalan Corporation

Bereits 1892 entstanden die ersten Pläne zum Bau einer Metro in Brüssel. Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden weitere verschiedene Netze entworfen, welche allerdings weder in der Bevölkerung noch in der Stadtverwaltung unterstützt wurden. So stieß beispielsweise 1925 das Flugzeug- und Eisenbahnbauunternehmen Dyle & Bacalan Corporation ein angedachtes Metroprojekt mit drei Linien an.

Die erste Linie sollte das Stadtzentrum in Nord-Süd-Richtung unterhalb der Boulevards erschließen. Dabei sollte die Infrastruktur genutzt werden, die seit der Umleitung des Flusses Senne ungenutzt verblieb. Die originalen Konzeptionen sahen über jede Endstation mögliche Streckenerweiterungen vor. Die zweite Linie sollte die Gebiete östlich und westlich der Innenstadt miteinander verknüpfen und im Stadtzentrum Umsteigemöglichkeiten zur ersten Linie bieten. Die dritte Linie war in den Planungen lediglich als zuküftig beabsichtigte Strecke aufgeführt, wogegen die ersten beiden nach den Plänen unmittelbar gebaut werden sollten.

Bau unterirdischer Straßenbahnstrecken

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kamen Stimmen auf, die Straßenbahnlinien in den Untergrund zu verlegen und damit die Straßen dem fortwährend wachsendem Automobilverkehr zu reservieren. Die Geschwindigkeit der Straßenbahnen ging bedingt durch Verkehrsstaus kontinuierlich zurück, so dass beschlossen wurde, wenn möglich die Trassen auf eigenem Gleiskörper und die Linien in der Innenstadt durch Tunnels zu führen. Dazu wurde 1954 die Societé des Transports Intercommunaux des Bruxelles/Maatschippij voor het Intercommunal Vervoer te Brussel (STIB/MIVB) gegründet, die das Straßenbahn-, Autobus- und das zukünftige U-Bahnnetz in Brüssel betreibt.

1957 wurde daraufhin der erste Tunnel in der Nähe des überbelasteten Place de la Constitution/Grondwetplein zwischen dem Gare du Midi/Zuidstation und der heutigen Station Lemonnier eröffnet, der allerdings noch keine unterirdische Station umfasste. Der Tunnel wurde zeitgleich mit anderen Maßnahmen im Zusammenhang mit der in Brüssel stattfindenden Weltausstellung 1958 ausgeführt. Dieser sogenannte Grondwettunnel wird noch immer als Teil der Nord-Süd-Achse des heutigen Straßenbahnnetzes zwischen Gare du Nord/Noordstation und Albert befahren.

1963 stellte die belgische Regierung Arbeitsgruppen auf, um die Verkehrsprobleme der fünf größten Städte Belgiens Brüssel, Antwerpen, Lüttich, Gent und Charleroi anzugehen. Es wurden finanzielle Mittel zur Durchführung von Projekten bewilligt, wobei die Hälfte des Budgets für die Hauptstadt Brüssel, ein Viertel für die flämischen Städte Antwerpen und Gent sowie ein Viertel für die wallonischen Städte Lüttich und Charleroi zur Verfügung standen. Nach einer Studie aus diesem Jahr, welche die Entwicklung des öffentlichen Verkehr in der Stadtregion zum Gegenstand nahm, würden die Verkehrsprobleme in Zukunft nicht nur das innerstädtische Gebiet, sondern auch die Außenbezirke betreffen. Die hohen Zahlen erwarteter Fahrgäste führten zum Beschluss des Gemeinderates und der belgischen Regierung, ein konventionelles U-Bahnsystem für Brüssel zu entwickeln. Die geplanten Metrolinien sollten die hochfrequentierten Straßenbahnlinien ersetzen. Jedoch reichten die finanziellen Mittel nicht aus, um kurzfristig vollwertige Metrolinien anzulegen. Darüberhinaus schaffte sich die STIB/MIVB einige Jahre zuvor neue Straßenbahnwagen an, um den erwarteten Zustrom von Besuchern für die Expo 1958 zu bewältigen. Daher beschloss man, orientiert an der Notwendigkeit den Bau von Tunneln voranzutreiben und danach Straßenbahnen durch diese unterirdischen Anlagen fahren zu lassen. Diese Tunnelanlagen waren allerdings so konstruiert, sodass es möglich ist, diese später für vollwertige Metrolinien zu nutzen. So sollte es mittelfristig möglich sein, die Tunnelstrecken sukzessive zu ergänzen und diese Anlagen auf U-Bahn-Betrieb umzustellen. Dieses Konzept trägt die Bezeichnung Prémetro, ähnliche Projekte sahen auch zahlreiche Städte der Bundesrepublik Deutschland vor, die unter dem Namen Stadtbahn firmieren.

Das geplante Liniennetz aus dem Jahr 1963 umfassten eine Ost-West-Linie, die sich östlich und westlich der Innenstadt in jeweils zwei nach Norden und Süden führende Äste aufspaltet, eine Nord-Süd-Linie zwischen den Bahnhöfen Gare du Noord/Noordstation und Gare du Midi/Zuidstation, einen sogenannten „Kleinen Ring“ und einen „Großen Ring“.

1965 begannen die Arbeiten am Schuman-Kreisverkehr für den ersten Prémetro-Tunnel, der heute Teil des Metronetzes ist. Bereits am 20. Dezember 1969 wurde dieser Tunnel für die Brüsseler Straßenbahn zwischen den Haltestellen Schuman und De Brouckère eröffnet. Dieser wird heute von den Linien 1A und 1B befahren. Am 20. Dezember 1970 wurde der zweite Straßenbahntunnel zwischen Madou und Porte de Namur/Naamsepoort eröffnet, welcher am 18. August 1974 am nördlichen Ende um zwei weitere Stationen bis Rogier verlängert wurde. Diese Trasse stellt einen Teil des „Kleinen Ringes“ dar und wird nach weiteren Verlängerungen gegenwärtig durch die Metrolinie 2 befahren. Die

Die U-Bahn-Pläne von 1969

1969, als die erste Prémetrostrecke in Betrieb genommen wurde, erschien ein Plan, der den Bau fünf vollwertiger Metrolinien vorsah, welche die der ersten Phase als Prémetrolinien genutzt werden sollten und innerhalb 30 Jahre fertiggestellt sein mussten.

Im Jahr 1969 geplante Metrostrecken

Dabei wurden folgende Trassen vorgestellt: Linie 1 sollte eine Ost-West-Linie sein, welche sich im Osten in zwei Arme aufzweigt. Das westliche Stück der Linie sollte unterhalb der Chaussée de Gand/Gentsesteenweg bis zur Regionsgrenze in der Nähe der Brüsseler Ringautobahn verlaufen. Das östliche und innerstädtische Teilstück wurden später tatsächlich angelegt. In der Station Osseghem/Ossegem befindet sich für diese Linie ein zusätzliches Stockwerk, welches allerdings nie benutzt wurde.

Linie 2 sollte eine halbe Ringlinie um den Osten des Stadtzentrums darstellen, welche im Nordwesten nach Heysel/Heizel und im Südwesten nach Anderlecht weitergeführt würde. Die Strecke nach Heysel/Heizel bedient heute die Linie 1A, die letzten Stationen der Teilstrecke nach Anderlecht sind Bahnhöfe der heutigen Linie 1B. Das geplante Trassenstück zwischen Simonis und Gare du Midi/Zuidstation ist ebenfalls in Betrieb und wird durch die Linie 2 bedient. Dabei existiert heute mit Hôtel des Monnaies/Munthof eine weitere Station, die es in den damaligen Planungen nicht gab. Die Eröffnung des ersten Teilstücks dieser Linie erfolgt bereits 1970, damals noch als Prémetrostrecke.

Linie 3 sollte nach den Plänen eine Nord-Süd-Linie durch das Stadtzentrum werden, welche im Süden nach Uccle/Ukkel und im Norden über Schaarbeek/Schaerbeek nach Evere führen. Das Trassenstück zwischen Gare du Nord/Noordstation und Albert steht heutzutage im Prémetrobetrieb.

Linie 4 sollte eine kurze Linie mit lediglich sechs Stationen werden, die aus dem Südosten von Ixelles/Elsene auf das Stadtzentrum zukommt. Für diese Linie ist außer jeweils einem zusätzlichen, ungenutzten Geschoss in den Umstiegsstationen Parc/Park und Botanique/ Kruidtuin keine Infrastruktur gebaut worden.

Linie 5 sollte den sogenannten „Großen Ring“ von Gare du Nord/Noordstation nach Gare du Midi/Zuidstation über den Osten der Stadt befahren. Ein kleiner Teil dieser Linie ist tatsächlich realisiert worden und ist zwischen Diamant und Boileau im Prémetrobetrieb. Noch bevor die ersten vollwertigen Metrolinien eingeweiht werden, erschien ein neuer Plan, welcher eine große Anzahl von Änderungen vorsah.

Der Prémetrobau schreitet fort

Bis 1976 entstanden noch zwei weitere längere Tunnelstrecken, welche allerdings bis heute noch immer als Straßenbahn/Stadtbahn-Tunnel („Prémetro“) in Betrieb sind. Es handelt sich hierbei um Teile des projektierten „Großen Ringes“ im Osten der Stadt, welche als unterirdische Trasse mit der einzigen Station Diamant am 2. Mai 1975 eingeweiht wurde und mit dem 30. Januar 1975 eine Verlängerung Richtung Süden bis Boileau erfuhr, sowie um die Nord-Süd-Achse. Diese untertunnelt seit der Verlängerung des bahnhofslosen Tunnel Constitution/Grondwettunnels von Lemonnier bis Rogier das gesamte Innenstadtgebiet.

Die U-Bahn-Pläne von 1975

Der zweite Plan aus dem Jahr 1975 präsentierte ein noch ehrgeizigeres Netzwerk, wobei die geplanten Linien bis in die Randgemeinden außerhalb der Stadtgrenzen wie z. B. nach Tervuren, Dilbeek, Linkebeek und zum Flughafen verlaufen sollten. Auch in diesem Plan ging man von einem Prémetrostadium aus; seit Mitte der 80er Jahre sollten sämtliche Linien auf Metrobetrieb umgestellt werden, sodass sie weiter verlängert werden könnten.

Die Planungen führte die heutige Linie 1 ein, welche sich auch im Westen in zwei Ästen aufspaltet. Ergänzend zum Metronetz wurde ein Stadtbahnnetz vorgesehen, um dünner besiedelte Gebiete zu erschließen und Fahrgäste von und zu den Metrostationen zu transportieren. Ein anderer wichtiger Bestandteil des Planes bestand in der Anlegung von P&R-Anlagen am Stadtrand. Die Trassenverläufe außerhalb der Innenstadt wurden lediglich annähernd angegeben, sodass die genauen Strecken später in Übereinstimmung mit der Entwicklung des städtischen Gebiets bestimmt werden konnten.

Um das Jahr 2000 hätte das Netz komplett sein müssen, aber das Gutachten wies auch darauf hin, dass dieser Terminplan von den finanziellen Möglichkeiten stark abhängig ist. Letztendlich lag es vorwiegend an den Finanzen, dass sich das Projekt als zu ehrgeizig herausstellte.

Umstellung auf U-Bahnbetrieb und Netzerweiterungen

Die Strecke zwischen Schuman und De Brouckère wurde zum 20. September 1976 von Prémetro- auf Metrobetrieb umgestellt. Seitdem hat der Großraum Brüssel eine vollwertige U-Bahn. Die Umstellung umfasste im Wesentlichen die Erhöhung des Bahnsteigniveaus über Schienenoberkante von 50 auf 100 cm, die Entfernung der Oberleitungen der unterirdisch geführten Straßenbahnlinien, die Verlängerung der 30 m langen Bahnsteige auf 120 m und die Anbringung von Stromschienen. Da die Tunnelmaße und Bahnsteiglängen bereits beim Bau der Prémetrostrecken den U-Bahn-Standards entsprachen, hielten sich die Umstellungskosten in Grenzen. Während dieser und folgender Umstellungsarbeiten wurde ein Schienenersatzverkehr mit Bussen angeboten. Dieses erste U-Bahnnetz Brüssels umfasste zwei Linien 1A und 1B, die im Y-Netz den Abschnitt zwischen De Brouckère und Merode bedienten. Nach Merode verkehrte die Linie 1A Richtung Südosten nach Beaulieu, die 1B Richtung Nordosten bis Tomberg.

Bahnhof Heysel/Heizel nach dem Umbau 1998

In den darauffolgenden Jahren wurde die U-Bahn stetig verlängert. Dabei wurde auf die Zwischenstufe einer Prémetro verzichtet, da diese bei Netzverlängerung keinen besonderen Nutzen bringt. So erfolgten Verlängerungen auf dem von 1A und 1B gemeinsam bedienten Stamm Richtung Westen 1977 bis Sainte-Catherine und 1981 bis Beekkant. Weitere Verlängerungen auf den östlichen Ästen erfolgten 1977 und 1982 bis Demey bzw. Alma, bis 1982 mit der Eröffnung der Abschnitte von Beekkant nach Saint Guidon und nach Bockstael auch im Westen der Stammlinie zwei Äste bedient werden. Den nach Norden führenden Ast belegte die 1A, wogegen die 1B auf der von Beekkant nach Süden verlaufende Strecke verkehrt. Dabei müssen Züge der Linie 1A bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Beekkant die Richtung wechseln, um auf den Innenstadtstamm bzw. Nordostast zu wechseln. Weitere Verlängerungen der folgten in mehreren Schritten, wobei unter anderem der Bahnhof Bizet bis 1992 zu Teilen unter Wasser auf Grund ungünstiger geologischen Bedingungen errichtet wurde. Die letzte Verlängerung auf der 1A erfolgte 1998, als der ursprünglich als Amandelbomen geplante Bahnhof Roi Baudouin/Koning Boudewijn eingeweiht und gleichzeitig das vorläufige Bahnhofsgebäude der bisherigen Endstation Heysel/Heizel erweitert wurde, um Kapazitätsengpässe bei Großveranstaltungen zu verhindern. 2003 wurde zum letzten Mal die Linie 1B erweitert.

Rohbau des Bahnhofes Delacroix

Unterdessen verblieb der zweite Tunnel zwischen Madou und Porte de Namur zunächst eine Prémetrostrecke. Die 7,5 km lange Strecke wurde erst 1988 auf U-Bahnbetrieb angepasst und als Linie 2 geführt, die das Brüsseler Stadtzentrum Pentagone in einem später zu vollendenden Ring umfahren sollte. Diese U-Bahnlinie wurde bis jetzt nur zweimal verlängert. Beim Bau der Verlängerung des Prémetrotunnels bis 1988 in beide Richtungen bis Gare du Midi und bis zum heutigen Endpunkt Simonis stieß man unter anderem zwischen Munthof und Hallepoort in mehr als 10 Metern Tiefe auf Mauerwerk aus dem 18. Jahrhundert mit drei bis vier Metern Dicke. Mit Einweihung der Netzerweiterung begannen bereits die Arbeiten der Weiterführung der Linie mit einer Station bis Clemenceau in Anderlecht, dessen Schwierigkeit darin lag, auf rund 70 Metern ein Fabrikgebäude unter Zuhilfenahme von stützenden Unterzügen zu unterfahren. 2006 erfolgte die Verlängerung bis Delacroix, seitdem fehlt lediglich das Verbindungsstück zwischen Delacroix und Gare de l’Ouest, bis dann in Ringbetrieb der Linie 2 möglich ist. Diese Linie könnte allerdings in keinem durchgehenden Ringbetrieb geführt werden, da die Gleisanlagen der Station Simonis auf unterschiedlichen Ebenen liegen, sodass die Ringlinie Simonis als Endstation haben wird.

Eröffnungsdaten

Die folgende Tabelle enthält in chronologischer Reihenfolge die Eröffnungsdaten der einzelnen Streckenabschnitte bzw. die Daten, an denen die entsprechenden Prémetrostrecken auf U-Bahn-Betrieb umgestellt wurden.

Datum Linien Strecke (französisch / niederländisch)
20. September 1976 1A/1B De Broukère–Merode / De Broukère–Merode
20. September 1976 1A Merode–Beaulieu / Merode–Beaulieu
20. September 1976 1B Merode–Tomberg / Merode–Tomberg
13. April 1977 1A/1B De Broukère–Sainte-Catherine / De Broukère–Sint-Katelijne
17. Juni 1977 1A Beaulieu–Demey / Beaulieu–Demey
8. Mai 1981 1A/1B Sainte-Catherine–Beekkant / Sint-Katelijne–Beekkant
7. Mai 1982 1B Tomberg–Alma / Tomberg–Alma
6. Oktober 1982 1A Beekkant–Bockstael / Beekkant–Bockstael
6. Oktober 1982 1B Beekkant–Saint-Guidon / Beekkant–Sint-Guido
23. März 1985 1A Demey–Herrmann Debroux / Demey–Herrmann Debroux
10. Mai 1985 1A Bockstael–Heysel / Bockstael–Heizel
5. Juli 1985 1B Saint-Guidon–Veeweyde / Sint-Guido–Veeweide
31. August 1988 1B Alma–Stockel / Alma–Stokkel
2. Oktober 1988 2 Simonis–Gare du Midi / Simonis–Zuidstation
10. Januar 1992 1B Veeweyde–Bizet / Veeweide–Bizet
18. Juni 1993 2 Gare du Midi–Clemenceau / Zuidstation–Clemenceau
25. August 1998 1A Heysel–Roi Baudouin / Heizel–Koning Boudewijn
15. September 2003 1B Bizet–Erasme / Bizet–Erasmus
4. September 2006 2 Clemenceau–Delacroix / Clemenceau–Delacroix

Fahrzeuge

Seit der ersten Umstellung von Prémetro-Strecken auf U-Bahn-Betrieb 1976 sind die vier verschiedenen Fahrzeugserien M90, M70, M32 und Bombardier/Alstom in Einsatz gekommen, die allesamt noch in Betrieb stehen. Die Züge befahren ein Schienennetz mit Normalspur (1435 mm Spurweite) und werden mittels einer an der Unterseite bestrichenen Stromschiene mit Gleichstrom mit einer Spannung von 900 Volt versorgt. Eine fünfte Fahrzeugreihe steht derzeit in Bau.

Stehender Drei-Wagen-Zug im Bahnhof Delacroix

Der Wagenpark bestand mit der Serie M90 ursprünglich im Jahr 1976 aus 90 Fahrzeugen mit einer Länge von je 18 Metern. Davon wurden 60 Wagen von BN und ACEC sowie 30 Wagen von CFC und ACEC ausgeliefert. Diese Fahrzeuge haben einen Fahrerstand, sodass diese Fahrzeuge als Doppeltriebwagen unter der Typenbezeichnung U2 zusammengekuppelt fahren. Jeder einzelne dieser Fahrzeuge hat auf beiden Seiten je vier Türen. Zwischen den Wagen befindet sich lediglich ein mit Fenstern ausgestatteter Betriebsdurchgang, um einen durchgängigen Blick im Zug zu ermöglichen. Mit der Netzerweiterung kamen unter der Bezeichnung der Serie M70 noch weitere 70 von BN/ACEC gefertigte Wagen im Jahr 1980 hinzu, so dass der Wagenpark damals insgesamt 160 Wagen bzw. 80 Doppeltriebwagen umfasste.

Mit Zunahme der Fahrgastzahlen, die in besonderem Maße mit der Eröffnung der Linie 2 im Jahr 1988 einherging, stieß der Fahrzeugpark an seine Kapazitätsgrenzen. Es stellte sich erneut die unvermeidliche Notwendigkeit, die Anzahl der Fahrzeuge zu erhöhen. So ging 1989 die Bestellung von 32 motorisierten Zwischenwagen ohne Führerstand bei BN/ACEC ein, die Auslieferung dieser Züge der Serie M32 erfolgte bis 1993. Mit Hilfe dieser Zwischenwagen konnten durch Zusammenkupplung mit einem Doppeltriebwagen nun Drei-Wagen-Formationen, U3 genannt, gebildet werden. 1999 wurden anschließend noch einmal zehn Zwei-Wagen-Garnituren und zwölf Drei-Wagen-Formationen der Serie Bombardier/Alstom, wodurch insgesamt 102 Zuggarnituren einsetzbar sind. Zwei Doppeltriebwagen können dabei zur Vier-Wagen-Garnitur U4, zugekuppelt werden bzw. jeweils eine Zwei-Wagen- und Drei-Wagen-Formation einen Fünf-Wagen-Zug mit der Bezeichnung U5 bilden, der mit 90 Metern die Maximallänge erreicht hat, welche die Bahnsteiglänge zulässt.

Die meisten Züge sind mit einer automatischen audiovisuellen Bahnhofsansage ausgestattet. In der Mitte der Fahrzeuge befinden sich elektronische Anzeigen, auf denen die nächste Station angekündigt wird, eine Frauenstimme gibt den Namen und mögliche Umsteigemöglichkeiten an.

Im Februar 2004 wurden 15 neue Fahrzeuge bei dem spanischen Umternehmen CAF bestellt, welche zwischen Juni 2006 und Januar 2008 ausgeliefert werden sollen. Die Sechswagenzüge sind vier Meter länger als eine Fünf-Wagen-Garnitur U5 und sind durchgängig über die gesamte Fahrzeuglänge begehbar. Hierdurch haben die Fahrgäste eine höhere Bewegungsfreiheit und gehen keine Passagierkapazitäten durch den Raum zwischen den Zügen verloren. Die Höchstgeschwindigkeit dieses unter der Typennummer B2 oder dem Namen BOA geführten Zuges wird 80 Kilometer pro Stunde betragen. Die an jeder Seite mit 18 Türen ausgestatteten Züge können 774 Fahrgäste befördern, bedeutend mehr als die Kapazität der U5-Formationen von 695 Passagieren.

Betriebsanlagen

Betriebsleitstelle

Die zentrale Betriebsleitstelle des Metronetzes befindet sich an der Station Parc/Park. Diese kontrolliert unter anderem die weitestgehend automatische Betriebsführung mit Signalschaltungen, Weichenstellungen etc. über einen Zentralrechner, die Energieversorgung der Stromschienen durch die zahlreichen Gleisrichterwerke, die Situation in den Bahnhöfen per Kamera, und greift bei Störungen dispositiv in den Betrieb ein. Das Sicherheitskonzept umfasst Sicherungssysteme wie automatische Zugsteuerung und ein Selbstblocksystem mit Lichtsignalanlagen. Die Steuerung der Züge beim Abfahren, Beschleunigen und Abbremsen ist rechnergestützt, wobei die Züge bei der Einfahrt in einen Bahnhof registriert und die Daten an den Zentralrechner übermittelt werden. Der Zentralrechner steuert auf diese Weise die mit ihm verbundenen Zielanzeigen in den Stationen und übermittelt die automatischen Stationsansagen. Die Leitstelle kann den Zugführer per Zugbahnfunk kontaktieren, auch können Informationen seitens des Zugführers oder der Betriebsleitstelle an die Fahrgäste über ein Mikrofon in den Fahrzeugen übermittelt werden.

Betriebshof und Werkstätte

Der Betriebshof Delta mit angegliederter Werkstatt liegt zwischen den Bahnhöfen Delta und Beaulieu der Linie 1A. Die Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Zügen finden in der zweigeschossigen, 15.700 m² großen Werkstatt statt. Die Stromschienen enden kurz vor der Werkstatt, um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Diesel- oder Akkulokomotiven rangieren hierbei die Züge innerhalb der Werkstattanlagen und des Geländes, für das Aus- oder Einrücken von Fahrzeugen stehen, abhängig vom Abstellgleis, eine mobile Stromschiene oder eine flexible Stromleitung zur Verfügung. Die Abstellhalle umfasst eine Fläche von 13.000 m², die Gleisanlagen rund 88.000 m².

Ausbau und Planungen

Das wichtigste Ausbauprojekt der Brüsseler Metro ist der sogenannte „Ringschluss“. Die Linie 2 ist derzeit noch eine beinahe geschlossene Ringlinie und muss am Bahnhof Weststation an die Linie 1B anschließen. Am 4. September 2006 wurde die erste Phase des Projekts, die Verlängerung der Linie 2 mit einer Station von Clemenceau nach Delacroix, abgeschlossen und die Strecke in Dienst gestellt. Nach den Planungen soll der Ring 2008 geschlossen sein.

Geplantes Metronetz 2008 (niederländisch)

Nach dem Ringschluss soll das Brüsseler Metronetz umstrukturiert werden. Die heutige Linie 2 soll als Linie 6 vom Bahnhof Weststation über Beekkant nach Koning Boudewijn führen, unterdessen soll Linie 1A die Route BeekkantErasmus von der Linie 1B übernehmen, die bis Weststation verkürzt wird. Hierdurch soll der zeitraubende Richtungswechsel der Züge der Linie 1A in der Station Beekkant der Vergangenheit angehören. Den neuen Linien sollen andere Liniennummern zugeordnet werden.

Linie 2 soll hiermit die Form eines b bekommen und zweimal die Station Simonis anfahren. Für ungefähr die Hälfte der Züge soll Simonis sowohl Anfangs- als auch Endhaltestelle sein. Ein durchgehender Ringverkehr ist nicht möglich, da sich die verschiedenen Gleise der Station Simonis auf unterschiedlichen Stockwerken kreuzen.

Der Streckenverlauf der neuen Metrolinien soll wie folgt gestaltet werden:

  • Linie 1: Weststation–Stokkel
  • Linie 2: Simonis–Simonis
  • Linie 5: Erasmus–Herrmann-Debroux
  • Linie 6: Simonis–Koning Boudewijn

Weiterführende Informationen

Siehe auch

Commons: Metro Brüssel – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Bennett, Daniel: Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn, Transpress Verlag, Stuttgart 2005, Seite 86, ISBN 3-613-71262-8

Literatur

  • Walter J. Hinkel, Karl Treiber, Gerhard Valenta, Helmut Liebsch: U-Bahnen – gestern-heute-morgen – von 1863 bis 2010. N.J. Schmid Verlagsgesellschaft, Wien 2004, ISBN 3-90-060744-3
  • Bennett, Daniel: Metro. Die Geschichte der Untergrundbahn. Transpress Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-613-71262-8
  • Riechers, Daniel: Metros in Europa. Transpress Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-344-71049-4