Hexahydrocannabinol

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Strukturformel
Strukturformel von Hexahydrocannabinol
Allgemeines
Name Hexahydrocannabinol
Andere Namen
  • (6aR,10aR)-6,6,9-Trimethyl-3-pentyl-6a,7,8,9,10,10a-hexahydro-6H-benzo[c]chromen-1-ol (IUPAC)
  • HHC
  • HHM
Summenformel C21H32O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 6692-85-9
PubChem 522237
ChemSpider 13178711
Wikidata Q82973178
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Cannabinoide

Eigenschaften
Molare Masse 316,485 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Hexahydrocannabinol (HHC) ist ein halbsynthetisch hergestelltes psychoaktives Cannabinoid und hydriertes Derivat von Tetrahydrocannabinol (THC), das zudem natürlich in geringen Spuren in Cannabis vorkommt.[2][3]

Synthese

HHC wurde zum ersten Mal erfolgreich 1947 durch Roger Adams aus natürlichem THC synthetisiert.[4] Es kann durch Hydrierung von THC hergestellt werden.[5] Ausgangsstoff ist entweder Cannabis-Extrakt oder halbsynthetisches Δ8-THC und Δ9-THC, das durch säurekatalysierten intramolekularen Ringschluss aus CBD hergestellt wird. Der THC-haltige Ausgangsstoff wird mit Wasserstoff über einen metallenen Katalysator wie Palladium auf Aktivkohle oder dem Adams-Katalysator zur Reaktion gebracht.[6]

Zudem konnten verschiedene Arbeitsgruppen HHC stereoselektiv aus Citronellal[7], Olivetol[8] und anderen verwandten Verbindungen[9] herstellen. Bei der Synthese aus Citronellal wird im ersten Schritt mit 5-Pentyl-1,3-cyclohexandion[10] kondensiert. Anschließend erfolgt eine intramolekularen Diels-Alder-Reaktion. Das Zwischenprodukt wird mit Lithiumdiisopropylamid deprotoniert, mit Phenylselenylchlorid[11] umgesetzt und abschließend mit m-Chlorperbenzoesäure zum HHC oxidiert.[7]

Natürliches Vorkommen

Obwohl ähnliche Verbindungen bereits früher in Cannabis identifiziert wurden,[12] wurde Hexahydrocannabinol nur selten aus Pflanzenmaterial isoliert und galt mitunter als rein synthetisches Cannabinoid[2] bzw. Cannabinoidmimetikum.

2020 entdeckte die De-Las-Heras-Gruppe 43 Cannabinoide in flüssigem Extrakt aus den Samen und Pollen von Cannabis sativa, darunter Hexahydrocannabinol.[3]

Mehrere dem HHC strukturell verwandte Analoga kommen ebenfalls natürlich in Cannabis vor, u. a. Cannabiripsol,[13] 9α-Hydroxyhexahydrocannabinol, 7-oxo-9α-Hydroxyhexa-hydrocannabinol, 10α-Hydroxyhexahydrocannabinol, 10aR-Hydroxyhexahydrocannabinol, 1′S-Hydroxycannabinol,[12] 10α-Hydroxy-Δ(9,11)-Hexahydrocannabinol und 9β,10β-Epoxyhexahydrocannabinol.[14]

Biosynthese in der Pflanze

HHC selbst tritt als Zersetzungsprodukt von Δ8-THC Δ9-THC auf. Die Zersetzungsreaktion von THC in HHC ist eine Reduktion der Kohlenstoff-Doppelbindungen, die in unzersetzten THC-Verbindungen die Delta-Isomer-Position ausmachen.[15][16]

Hierbei werden die Doppelbindungen in den Cyclohexyl-Ringen entfernt und die angrenzenden Kohlenstoffatome mit Wasserstoff abgesättigt.[17][18]

Als Abbauprodukt nach Cannabiskonsum

HHC-Analoga treten wahrscheinlich auch bei der Metabolisierung von THC in der Leber auf. Δ9-THC wird teilweise in 11-Hydroxy-THC, α,10-α-Epoxy-Hexahydrocannabinol und 1,2-Epoxy-Hexahydrocannabinol umgesetzt.[19] Es ist bekannt, dass CBD teilweise in 9α-Hydroxy-HHC 8-Hydroxy-iso-HHC metabolisiert wird. Wird gleichzeitig Alkohol konsumiert, können Methoxy- oder Ethoxy-Analoge wie 9-Methoxy-HHC, 10-Methoxy-HHC, 9-Ethoxy-HHC und 10-Ethoxy-HHC gebildet werden.[20]

Stereochemie

Es existieren zwei Enantiomere, (+)-HHC und (−)-HHC.[7][8]

Von (−)-HHC existieren zwei Diastereomere, die sich an der Methyl-(9)-Position voneinander unterscheiden: 9α-HHC, systematisch (6aR,9S,10aR)-Hexahydrocannabinol, sowie 9β-HHC, systematisch (6aR,9R,10aR)-Hexahydrocannabinol.[6]

Psychotrope Wirkung

Es ist bekannt, dass Strukturanaloga des HHC an den Cannabinoid-Rezeptor 1 binden und psychotrope Effekte erzeugen, wobei 9β-HHC eine erheblich stärkere Wirkung zeigt als 9α-HHC.[21]

Die Affinität und Bindungsstärke von 9β-HHC zum Rezeptor ist dabei schwächer als die von Δ9-THC, in etwa entsprechend der von Δ8-THC, was auf eine vergleichbare berauschende Wirkung hinweist.

Da HHC natürlicherweise in Hanfpflanzen vorkommt, ist es wahrscheinlich, dass beim Genuss von Cannabis kleinere Mengen dieses Cannabinoids mit konsumiert werden.

Rechtslage & Vertrieb

Deutschland

Hexahydrocannabinol unterliegt in Deutschland weder dem Betäubungsmittelgesetz[22], noch dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz.[23]

Zubereitungen mit synthetischen HHC werden seit 2022 in Form von Edibles, Vape-Liquids und -Kartuschen, Ölen und Blüten vertrieben. Bei den Blüten handelt es sich um getrockneten THC-armen Nutzhanf, der mit HHC versetzt wurde. Der Markt ist nicht reguliert, ob seitens Herstellern und Händlern eine entsprechende Qualitätskontrolle stattfindet, ist unbekannt. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Langzeitfolgen von HHC-Konsum liegen nicht vor.[24][25]

Österreich

In Österreich fällt Hexahydrocannabidol als Extrakt aus der Cannabispflanze unter das Suchtmittelgesetz und ist damit illegal. Synthetisch aus THC oder CBD hergestelltes HCC ist hingegen legal und im Handel als Beigabe zu Blüten und anderen Hanfprodukten erhältlich. Dadurch besteht auch die Gefahr, dass unidentifizierte Nebenprodukte der Synthetisierung mitkonsumiert werden.[26]

Generell gilt, dass unter Umständen HHC-Konsum bei THC-Tests falsch positive Ergebnisse liefern kann.[26]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. a b Lumír Ondřej Hanuš, Stefan Martin Meyer, Eduardo Muñoz, Orazio Taglialatela-Scafati, Giovanni Appendino: Phytocannabinoids: a unified critical inventory. In: Natural Product Reports. Band 33, Nr. 12, 2016, S. 1357–1392, doi:10.1039/C6NP00074F.
  3. a b Josep Basas-Jaumandreu, F. Xavier C. de las Heras: GC-MS Metabolite Profile and Identification of Unusual Homologous Cannabinoids in High Potency Cannabis sativa. In: Planta Medica. Band 86, Nr. 05, 2020, S. 338–347, doi:10.1055/a-1110-1045, PMID 32053835.
  4. Patent US2419937: Marihuana active compounds. Veröffentlicht am 6. Mai 1947, Erfinder: Adams R.
  5. Patent US9694040: Hydrogenation of cannabis oil. Veröffentlicht am 10. November 2016, Anmelder: Research Grow Labs, Erfinder: Scialdone MA.
  6. a b RA Sams: Analysis of Hexahydrocannabinols: Eliminating Uncertainty in its Identification. (pdf) KCA Laboratories, Inc., 1. März 2022, S. 1, abgerufen am 5. Oktober 2022 (englisch, License Number: P_0058).
  7. a b c Lutz-F. Tietze, Günter von Kiedrowski, Bernhard Berger: Stereo- and Regioselective Synthesis of Enantiomerically Pure (+)- and (−)-Hexahydrocannabinol by Intramolecular Cycloaddition. In: Angewandte Chemie International Edition. Band 21, Nr. 3, 1982, S. 221–222, doi:10.1002/anie.198202212.
  8. a b Yong Rok Lee, Likai Xia: Efficient one-pot synthetic approaches for cannabinoid analogues and their application to biologically interesting (−)-hexahydrocannabinol and (+)-hexahydrocannabinol. In: Tetrahedron Letters. Band 49, Nr. 20, 2008, S. 3283–3287, doi:10.1016/j.tetlet.2008.03.075.
  9. Vidyasagar Maurya, Chandrakumar Appayee: Enantioselective Total Synthesis of Potent 9β-11-Hydroxyhexahydrocannabinol. In: The Journal of Organic Chemistry. Band 85, Nr. 2, 2020, S. 1291–1297, doi:10.1021/acs.joc.9b02962, PMID 31833372.
  10. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 5-Pentyl-1,3-cyclohexandion: CAS-Nummer: 18456-88-7, PubChem: 15618506, ChemSpider: 11354694, Wikidata: Q82465223.
  11. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Phenylselenylchlorid: CAS-Nummer: 5707-04-0, EG-Nummer: 227-196-2, ECHA-InfoCard: 100.024.724, PubChem: 21928, ChemSpider: 20610, Wikidata: Q83079302.
  12. a b Safwat A. Ahmed, Samir A. Ross, Desmond Slade, Mohamed M. Radwan, Ikhlas A. Khan, Mahmoud A. ElSohly: Minor oxygenated cannabinoids from high potency Cannabis sativa L. In: Phytochemistry. Band 117, 2015, S. 194–199, doi:10.1016/j.phytochem.2015.04.007, PMID 26093324.
  13. E. G. Boeren, M. A. Elsohly, C. E. Turner: Cannabiripsol: A novelCannabis constituent. In: Experientia. Band 35, Nr. 10, 1979, S. 1278–1279, doi:10.1007/BF01963954, PMID 499397.
  14. Mohamed M. Radwan, Mahmoud A. ElSohly, Abir T. El-Alfy, Safwat A. Ahmed, Desmond Slade, Afeef S. Husni, Susan P. Manly, Lisa Wilson, Suzanne Seale, Stephen J. Cutler, Samir A. Ross: Isolation and Pharmacological Evaluation of Minor Cannabinoids from High-Potency Cannabis sativa. In: Journal of Natural Products. Band 78, Nr. 6, 2015, S. 1271–1276, doi:10.1021/acs.jnatprod.5b00065, PMID 26000707.
  15. Carlton E. Turner, Kathy W. Hadley, Patricia S. Fetterman, Norman J. Doorenbos, Maynard W. Quimby, Coy Waller: Constituents of Cannabis sativa L. IV: Stability of Cannabinoids in Stored Plant Material. In: Journal of Pharmaceutical Sciences. Band 62, Nr. 10, 1973, S. 1601–1605, doi:10.1002/jps.2600621005, PMID 4752104.
  16. Edward R. Garrett, Alain J. Gouyette, Hendrik Roseboom: Stability of Tetrahydrocannabinols II. In: Journal of Pharmaceutical Sciences. Band 67, Nr. 1, 1978, S. 27–32, doi:10.1002/jps.2600670108, PMID 22740.
  17. D. J. Harvey, N. K. Brown: In vitro metabolism of the equatorial C11-methyl isomer of hexahydrocannabinol in several mammalian species. In: Drug Metabolism and Disposition: The Biological Fate of Chemicals. Band 19, Nr. 3, 1991, S. 714–716, PMID 1680642.
  18. D. J. Harvey, N. K. Brown: Comparative in vitro metabolism of the cannabinoids. In: Pharmacology Biochemistry and Behavior. Band 40, Nr. 3, 1991, S. 533–540, doi:10.1016/0091-3057(91)90359-A, PMID 1806943.
  19. S. Narimatsu, K. Watanabe, T. Matsunaga, I. Yamamoto, S. Imaoka, Y. Funae, H. Yoshimura: Cytochrome P-450 isozymes involved in the oxidative metabolism of delta 9-tetrahydrocannabinol by liver microsomes of adult female rats. In: Drug Metabolism and Disposition: The Biological Fate of Chemicals. Band 20, Nr. 1, 1992, S. 79–83, PMID 1347001.
  20. Patricia Golombek, Marco Müller, Ines Barthlott, Constanze Sproll, Dirk W. Lachenmeier: Conversion of Cannabidiol (CBD) into Psychotropic Cannabinoids Including Tetrahydrocannabinol (THC): A Controversy in the Scientific Literature. In: Toxics. Band 8, Nr. 2, 2020, S. 41, doi:10.3390/toxics8020041, PMID 32503116, PMC 7357058 (freier Volltext).
  21. Patricia H. Reggio, Kaylar V. Greer, Stephanie M. Cox: The importance of the orientation of the C9 substituent to cannabinoid activity. In: Journal of Medicinal Chemistry. Band 32, Nr. 7, 1989, S. 1630–1635, doi:10.1021/jm00127a038.
  22. Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln - Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
  23. Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG)
  24. Ch Schäfer: HHC – das neue Cannabinoid 2022. In: Hanf Magazin. 27. Juni 2022, abgerufen am 6. Oktober 2022.
  25. M Ortner: Ist HHC das THC 2.0 unter den Cannabinoiden? In: Hanf Magazin. 28. September 2022, abgerufen am 6. Oktober 2022.
  26. a b Muzayen Al-Youssef: Psychoaktives Cannabis HHC im Trend: Legal kiffen mit Rausch. In: derStandard.at. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H., 13. Dezember 2022, abgerufen am 13. Dezember 2022 (österreichisches Deutsch).