Eva Faschaunerin

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Eva Kary, geborene Eva Faschauner (* 21. Dezember 1737 in Malta, Kärnten[1]; † 9. November 1773 in Gmünd, Kärnten[2]), bekannt als Eva Faschaunerin, war eine österreichische Bäuerin und verurteilte Mörderin. Sie gilt als das letzte Opfer eines Folterprozesses in Österreich.

Die Bergbauerntochter wurde beschuldigt, ihren erst kurz zuvor geheirateten Ehemann Jakob Kary mit Arsenik im Essen vergiftet zu haben, woran dieser verstarb. In einem dreijährigen Inquisitionsprozess belasteten sie Indizien. Sie gestand den Mord schließlich unter der Folter und wurde durch Enthauptung an der Gmündner Richtstätte Galgenbichl hingerichtet. Das war die letzte Hinrichtung in Gmünd. Ihre Geschichte inspirierte danach immer wieder Menschen, sich künstlerisch oder literarisch damit auseinanderzusetzen. So entstanden ein Roman, Theaterstücke, (musikalische) Aufführungen und ein Film über das Thema.

Leben

Blick vom Maltaberg ins Maltatal Richtung Gmünd

Eva wurde als jüngste Tochter des Bergbauernehepaares Christian Faschauner und Maria, geborene Huber, auf der höchstgelegenen Hube am Maltaberg im Dezember 1737[1] geboren. Der Hof, auf dem Eva aufwuchs, ist gemeinhin als Faschauner- oder auch Schauner-Hube[3][4] bekannt und liegt am Maltaberg unter der Alm In der Faschaun und unterhalb des Berges Faschaunereck. Die Eltern hatten eine weitere, 1727 geborene[5] Tochter Maria, die später Johann Mitterberger vom Krainberg südöstlich des Maltabergs ehelichte.[6][4] Zwei Söhne des Ehepaares starben bereits im Kleinkindalter.[7][8] Evas Mutter starb im Jahr 1749,[3] als Eva 12 Jahre alt war. Der Vater heiratete zwischen 1749 und 1752[Anm. 1] erneut und ehelichte Katharina Gigler,[9] die nur 10 Jahre älter als Eva war. Aus dieser zweiten Ehe stammten zwei Halbschwestern Evas.[10][11]

Brautwerbung

Da es an der väterlichen Hube keine männlichen Nachfolger gab, stellte ihr Vater Eva in Aussicht, dass sie den Hof mit einem etwaigen Ehemann übernehmen könnte. Sie hatte schon mehrere Werbungen ausgeschlagen und wollte ledig bleiben. Zusätzlich schien ihr die Aussicht auf die Übernahme der väterliche Hube zeitlich zu fern und unsicher. Als am Mittwoch nach Neujahr 1770 der Peteregger und der Meisterbauer als Brautwerber des Hörl aus Untermalta[Anm. 2] an der Faschauner-Hube eintrafen, wies sie die Brautwerbung nicht ab. Bereits am darauffolgenden Tag trafen Eva und ihr Vater beim Hörl zur Beschau ein. Die Hube galt als stark verschuldet, daher war der Bauer Jakob Kary (geboren am 6. Juli 1741[12]) auf eine Braut angewiesen, die Geld mit in die Ehe brachte. Als Eva die Zustände beim Hörl kennenlernte, war sie schockiert. Nach dem Zureden eines Einwohners auf der väterlichen Hube und von Verwandten bestand sie allerdings auf der Heirat und bat ihren Vater, die Schulden bei der Herrschaft in Gmünd sowie die Kosten für die Hochzeit zu übernehmen.[13]

Heirat

Pfarrkirche in Malta

Der Vater willigte ein, allerdings wurde er vom zukünftigen Ehemann seiner Tochter bei der Hochzeitsvorbereitung schwer beleidigt, da dieser gegen die althergebrachten Traditionen handelte. Beim Brautkastenführen spannten gewöhnlich die Nachbarn ein. Ohne einen von ihnen zu bitten, erschien der Bräutigam selbst mit seinem Fuhrwerk auf der Faschaunerhube. Die Faschaunerknechte luden die Truhe auf und meldeten dies dem Bauern. Der fühlte sich dadurch in seinem Bauernstolz schwer beleidigt und bedauerte es, dass man die Truhe hinunterfuhr; es hätte eine Kiste genügt. Für die Brautleute war er nicht mehr zu sprechen.[14] Der Vater war nur schwer zu versöhnen. Dies lastete auf der Stimmung Evas am Hochzeitstag. Schließlich wurde das Brautpaar am 7. Februar 1770[15] in der Pfarrkirche Malta vom Ortspfarrer Andreas Prugger getraut. Trauzeugen waren der Taufpate Evas, der Stachusbauer von der Feistritz,[1][13] und der Veidlbauer aus Malta.

Erkrankung und Tod ihres Mannes

Die Eheleute lebten nun beim Hörlbauer. Eva war sehr ernst und besuchte öfters ihren Vater. Eine andere Quelle berichtet, dass Eva manchmal niedergeschlagen in einer Zimmerecke weinte[4] bzw. in Gedanken dasaß und mit der Arbeit nicht vowärtskam.[13] Am 9. März 1770, einem Freitag, gab es zu Mittag als traditionelle Fastenspeise gefüllte Nudeln. Es blieb etwas übrig, und das wurde von Eva als Nachmittagsjause für ihren Ehemann zubereitet. Da er nicht alles aufaß, bot sie den Rest der Stiefmutter ihres Mannes an. Sie selbst aß nichts davon. Später litten ihr Ehemann und seine Stiefmutter an Unwohlsein und Erbrechen. Besonders der Zustand des Ehemanns besserte sich nicht und er verstarb schließlich am Sonntag, dem 11. März 1770. Der Ortspfarrer Andreas Prugger vermerkte im Sterbebuch:[16]

Obiit Sacramentaliter confessus non tamen Ss. Viatico propter continuum vomitum, nec S. Unctiore munitus propter non agnitum mortius periculum Jacobus Kayre rusticus an der Hörlhube in Unterdorf aetatis sub 35 annorum.

„Es starb mit dem Sakrament der Beichte, gleichwohl ohne hochheilige Sterbekommunion wegen ununterbrochenem Erbrechen und [es wurde] auch keine heilige letzte Ölung durchgeführt wegen Nichterkennung der Todesgefahr, Jakob Kayre Bauer an der Hörlhube in Unterdorf im Alter von unter 35 Jahren.“

Die Stiefmutter erholte sich wieder.

Gerüchte

Jakob Kary wurde am Ortsfriedhof begraben, und das Leben auf der Hörlhube ging weiter. Nur das Gerede, dass bei seinem Tode etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, wollte nicht verstummen.[4][17][13] Dazu beigetragen hatten die Beobachtungen am Kranken und während der Totenwache am Leichnam. Seine Lippen und sein Gesicht hatten eine bläuliche Färbung, was auf eine Vergiftung zurückgeführt wurde. Auch wurde der Witwe nachgesagt, dass sie der Tod ihres Mannes nicht tief berührt hätte. Die Herrschaft in Gmünd lud Eva vor und fragte, was mit ihrem Mann geschehen sei. Man erklärte ihr, dass die Leute von einem Vergiftungstod ausgingen. Der Besitz von „Hittrach“ (Arsenik) sei streng verboten und werde schwer bestraft. Eva antwortete, dass im Haus des Hörl kein Arsenik existiere und dass sie es überhaupt nicht kenne.[13]

Gerichtliche Untersuchung

Da dem Landgerichtsdiener[Anm. 3] Matthias Horn weiterhin Verdachtsmomente zugetragen wurden, stellte dieser am 31. März 1770 eine schriftliche Anzeige an das Landgericht Gmünd. Am 1. April 1770 wurde der Landgerichtsdiener mit zwei Knechten zur Hörlhube abgeordnet, um die Bewohner im Auge zu behalten. Am 2. April 1770 machte sich eine Gerichtskommission, bestehend aus dem herrschaftlichen Pfleger und Landrichter Franz Anton Straßer, dem beeideten Chirurgen Anton Karl von Willburg, dem Bader Anton Hinteregger, dem Sattlermeister Leopold Rudiferia als Beisitzer und dem Schreiber Johann Wilhelm auf den Weg nach Malta. Simon Koch genannt Thomanriepl als Dorfrichter von Malta und der Pfarrmesner Bernhard Langsam ergänzten die Kommission als Einheimische.[4][13]

Die Kommission quartierte sich beim Kramerwirt in Malta zum Verhör der Hausbewohner ein. Damit sich diese nicht untereinander verabreden konnten, wurden sie vom Landgerichtsdiener überwacht. Gleichzeitig exhumierte man nach Erlaubnis des Ortspfarrers den Leichnam von Jakob Kary, der im Turmzimmer des Kronegghofes vom Arzt von Willburg obduziert wurde. Unter den Einschränkungen durch die dreiwöchige Bestattungsdauer wurde dabei festgestellt, dass die inneren Organe bis auf Entzündungen im Magen- und Darmtrakt und eine flüssige Absonderung gesund waren. Die auf Glut gegossene Absonderung ergab einen Knoblauchgeruch. Alles deutete auf eine Vergiftung hin, entweder durch eine ätzende Flüssigkeit oder Arsenik. Gleichzeitig wurden die Bewohner des Ortes verhört. Sie sagten aus, dass Arsenik auf der Hörlhube vorhanden war. In der Kachelstube gab es ein kleines Kästchen, genannt „Almerkastl“, mit zwei Fächern. Im oberen befand sich in einem Leinenbeutel ein Arsenik-Brocken, von dem bei Viehkrankheiten oder beim Abkalben ein wenig verwendet wurde.[4][17][13]

Kerker

Die Keichn (Kerker)

Für die Befragung von Eva blieb an diesem Tag keine Zeit mehr, so wurde angeordnet, sie zum Verhör nach Gmünd mitzunehmen, woraufhin sie mit Bestürzung reagierte. Als sie beim Verlassen der Gastwirtschaft ihren Vater erblickte, warf sie sich ihm schreiend zu Füßen und bat, er möge sie um Himmelswillen nicht verlassen. Ihrem Vater wurde für die Dauer des Prozesses die Hörlhube zur Verwaltung übertragen. Da sich Eva äußerst geschickt verteidigte und nichts gestand, vergingen die Jahre 1770 und 1771, in denen sie im Kerker des Landgerichtes Gmünd, im Volksmund genannt „Keichn“ oder „Kotter“[18]) inhaftiert war. Die Wintermonate konnte sie angeblich in der geheizten Stube des Landgerichtsdieners verbringen.[4][13]

Durch folgende Punkte wurde Eva Kary belastet:[17]

  • Der Bauer forderte Eva zweimal zum Mitessen der Jause auf. Sie lehnte allerdings mit der Erklärung ab, dass ihr nicht gut sei.
  • Der Bauer aß die Jause nicht ganz auf, worauf Eva den Rest der Stiefmutter anbot. Die wollte ihn zuerst nicht essen, wurde aber von Eva erneut dazu aufgefordert.
  • Die Stiefmutter und die Magd versicherten bei ihrer Zeugenaussage, dass sie bei der Zubereitung der Jause nicht anwesend waren. Trotzdem gab sie an, dass beide bei der Zubereitung anwesend gewesen wären und gesehen hätten, wenn sie etwas in die Jause getan hätte. Sogar bei der Gegenüberstellung versuchte sie die beiden davon zu überzeugen, ihre Aussage zu ändern.
  • Eva gab im Verhör an, dass sich das Gift im unteren Fach des Kästchens befunden habe, während alle anderen aussagten, dass es im oberen Fach lag.
  • Eva soll sich während der Erkrankung des Bauern nicht besonders bemüht und kein Mitleid gezeigt haben. Besonders ihr gleichgültiges Verhalten am Wochenende, an dem der Bauer verstarb, war auffallend. Sie ging am Samstag zur Abendandacht und Sonntagvormittag zur Sonntagsmesse und kam erst wieder gegen Mittag zurück.
  • Es war ersichtlich, dass vom Giftbrocken ein Stück abgeschlagen worden war.

Bannrichter

Da trotz dieser Indizien Eva nicht gestand, wurde der Fall am 20. Juni 1772 von der Landeshauptmannschaft Kärnten der Zuständigkeit des Landgerichtes Gmünd entzogen und dem Bannrichter Benedict Alphons von Emperger übertragen, der am 30. Juli 1772 in Gmünd seine Erhebungen begann. Eva wurde am 10. und 11. August 1772 von ihm verhört und gab an, dass in der Jause eine verbotene Sache gewesen sein müsse, sie wisse aber nicht, wie diese dort hineingelangt war. Darauf stellte der Bannrichter am 31. August 1772 an die Landeshauptmannschaft den Antrag, die Delinquentin entweder freizulassen oder die peinliche Befragung (die Folter) zu genehmigen. Diese Genehmigung wurde am 11. September 1772 erteilt mit der Auflage, zuerst durch Vorführung des Freimanns und Zeigen der Folterinstrumente ein Geständnis zu erreichen (so genannte Schreckung).[4][17]

Folter

Am 27. Oktober 1772 wurde sie in die Folterkammer (ad locum torturae) geführt und ihr der Freimann in seinem grellroten Mantel mit Goldborten und rotem Barett oder roter Zipfelmütze mit zwei Augenschlitzen vorgestellt,[19] der schrecklich auf Eva wirkte. Sie bat um Entfernung des Freimanns und der einheimischen Beisitzer, sie wolle gestehen. Sie bekannte, dass das Gift durch sie in das Schmalz gekommen sei, in dem die Nudel geröstet wurde. Am Nachmittag wurde sie erneut vernommen und sie schwieg über die Art und Weise, wie das Gift in das Schmalz gekommen war. Auf die Frage, warum sie den Freimann und die Beisitzer entfernen ließ, antwortete sie „weil der Freimann so brinroth ist worden“.[20] Also wurde am 1. Dezember 1772 erneut bei der Landeshauptmannschaft die Genehmigung der Folter beantragt, welche am 15. Januar 1773 erteilt wurde. Am 4. Februar 1773 wurde schließlich die Folter durchgeführt. Unter der Folter gestand sie schließlich, sie habe vom Giftbrocken ein erbsengroßes Stück abgeschlagen, dieses auf dem Herd mit einem Stein zerrieben und dann in das Schmalz gestreut. Sie habe das getan, um von ihrem Mann loszukommen, weil sie dachte, für sie wäre es leichter, alleine zu sein. Die Stiefmutter ihres Mannes habe sie nicht umbringen wollen, sie dachte, das wenige Gift würde ihr nicht schaden.[4][17][13]

Verurteilung

Gerichtsurteil (Kärntner Landesarchiv)
(Die Transkription befindet sich auf der Bildbeschreibungsseite.)

Das Abschlussverhör am 6. Februar 1773 ergab nicht viel Neues. Eva bemerkte noch, dass auch das Gerede von Stiefmutter und Wirtschafterin auf sie verletzend gewirkt und zu der Tat beigetragen habe. Die Aussagen wurden von den Genannten am 8. Februar 1773 bestätigt. Am 15. Februar 1773 wurde der Landeshauptmannschaft Bericht erstattet und um das Urteil gebeten, welches am 16. Februar 1773 erlassen wurde. Am 20. März 1773 um 9 Uhr wurde es Eva Kary verkündet.[4][17] Nach der geltenden Gerichtsordnung wurde sie zum Tode verurteilt:[2]

„[..] durch den landesfürstl. Freymann an der gewöhnlichen Richtstatt durch das Schwerd von Leben zum Todt hingerichtet, die rechte Hand abgeschlagen, Kopf und Hand an das Rad aufgesteket, und der Cörper in loco suplicii [am Ort der Hinrichtung] begraben werden, und dies zu ihrer wohlverdienten Straf, andern aber zu einen Beyspiel.“

Hinrichtung

Geteilte Kirche am Kreuzbichl auf dem Weg zum Galgenbichl

Am 21. März um 8 Uhr stellte sie ein Gnadengesuch an die Kaiserin („Zuflucht ad viam gratio[2]), woraufhin die Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt werden musste. Das Gnadengesuch lehnte das übergeordnete Gericht in Wien ab. Am 9. November 1773 wurde sie auf der Gmündner Richtstätte, genannt Galgenbichl, etwa 2 km nordöstlich der Stadt vom Freimann Martin Jakob durch das Richtschwert hingerichtet. Ihr Körper wurde bei der Richtstätte begraben, ihr abgeschlagener Kopf und ihre rechte Hand wurden dort mahnend zur Schau gestellt.[4][13]

Rechtsgeschichtliches

Bildstock beim Galgenbichl

Das Gerichtsverfahren erfolgte nach der 1769 in Kraft getretenen Constitutio Criminalis Theresiana, der Theresianischen Halsgerichtsordnung, welche noch die Folter im Rahmen des Gerichtsverfahrens vorsah. Diese änderte hinsichtlich der Gerichtsordnung in Kärnten wenig, da das Bannrichteramt dort schon seit 1494 existierte. Als Bannrichteramt bezeichnete man eine Art Wandergericht, welches von den vielen Landgerichten zur Durchführung von Prozessen der Blutgerichtsbarkeit berufen werden musste, außer das betreffende Landgericht war davon befreit. Man unterschied zwischen privilegierten und nichtprivilegierten Landgerichten. Privilegierte Landgerichte durften durch eigene Bannrichter in der Blutgerichtsbarkeit richten. Die Landgerichte im Einflussbereich der Grafen Lodron, Rauchenkatsch, Gmünd und Sommeregg waren alle nichtprivilegierte Landgerichte. Das Bannrichteramt bestand aus einem Bannrichter, einem Ankläger, einem oder mehreren Verteidigern (Prokuratoren oder Malefizredner genannt), einem Gerichtsschreiber und einem Scharfrichter (Freimann). Zusätzlich gab es Beisitzer, die von der Herrschaft bestellt wurden. Der Bannrichter wurde vom Landesfürsten ernannt und unterstand der Landeshauptmannschaft und damit der innerösterreichischen Regierung in Graz. Sitz des Bannrichters und Freimanns war in Kärnten Sankt Veit an der Glan. 1774 wurde der Sitz des Bannrichters nach Klagenfurt verlegt, der Freimann blieb in Sankt Veit.[21]

Im Gegensatz zu den Landrichtern, meist nur angelernte Beamte, waren die Bannrichter fast ausschließlich Doktoren der Rechtswissenschaften, wodurch die Einhaltung gewisser Mindeststandards der Rechtspflege sichergestellt war. Trotzdem hatte der Bannrichter keine großen eigenen Befugnisse, im Zweifel war die Zustimmung des Landesherrn einzuholen. Alle Beteiligten der Bannrichterkommission mussten dem Landeshauptmann schwören, dass sie ihre Tätigkeit nach den geltenden Rechtsnormen durchführten, nur auf Anordnung des Landeshauptmannes hin tätig werden und sich während der Rechtsprechung „alles Rumorens und anderer Leichtfertigkeit sowie des übermäßigen Trinkens“[22] enthielten.[21][23]

Aus dem Prozessverlauf der Faschauerin ist ersichtlich, dass in einem Inquisitionsprozess das Geständnis des Beschuldigten eine große Bedeutung hatte. Um ein Geständnis zu erreichen, wurde auch die Folter eingesetzt. Man war der Ansicht, dass ein Unschuldiger die Folter durchstehen könne ohne zu gestehen. Die Folter wurde in Österreich durch einen Erlass Maria Theresias im Jahr 1776 abgeschafft.[24] Im Josephinischen Strafgesetz von 1787 war sie nicht mehr enthalten.

Die Hinrichtung der Eva Kary war die letzte am Gmündner Galgenbichl.[25] Vor dem Bau der Tauern Autobahn lag der Richtplatz erhöht in einer Straßenkurve der Katschberg Straße,[26] die als „Untere Straße“[27] seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle beim Warenhandel über die Alpen spielte. Beim Bau der Tauern Autobahn wurde die Lieser verlegt und die Straße begradigt, dadurch verschwand der Richtplatz. Heute erinnert ein 1984 errichteter Bildstock daran.[28] Eva Kary war das letzte Opfer eines Folterprozesses in Österreich.

Nachbetrachtungen

Im Pöllatal[29] und in Rotgülden[30] im Umkreis von 20 km um Malta fand Arsenik-Abbau und dessen Aufbereitung statt. Der Besitz von Arsenik war streng verboten, trotzdem hatten es einige Bauern in der Herrschaft Gmünd heimlich im Haus.[13] Aufgrund seiner schweren Nachweisbarkeit kamen Morde und Mordversuche mittels Arsenik nicht selten vor. Erst mit der Marshschen Probe konnte Arsenik von 1836 an sicher nachgewiesen werden. Vorher beurteilte man meist den Geruch von Substanzen, die auf heiße Kohle getropft wurden, wobei Arsenik-Verbindungen nach Knoblauch riechen.[31]

Das Gerichtsverfahren kostete den enormen Betrag von 361 Gulden 47 Kreuzern. Zum Vergleich: Ein gutes Rind kostete 1748 etwa 12 Gulden.[32] Die Kosten musste von der Hörlhube übernommen werden, der Rest von der Faschaunerliegenschaft.[13]

Dieser Kriminalfall führte zur Bildung von Legenden. So wurde erzählt, dass bei der Geburt von Eva der Abschinder, in der damaligen Zeit ein tabuisierter Beruf, an der Faschauner-Hube beruflich anwesend war. Er soll der Neugeborenen im Horoskop prophezeit haben, dass sie für den Scharfrichter bestimmt sei.[4][33] Eine weitere, oft gehörte Legende besagt, dass nach dem Todesurteil von Eva Kary kein Bauer mehr auf der Faschaunerhube gewohnt hat.[34][35] Evas Vater Christian starb im Jahr 1777 ungefähr 3 Jahre nach Eva.[36] Evas Halbschwester Anna heiratete 1777 Andreas Berger, dieser wird im Trauungsbuch als Bauer an der Faschaunerhube bezeichnet.[37] Deren Tochter Maria heiratete 1802 Josef Pacher,[38], deren Sohn Thomas übernahm spätestens 1824[39] die Hube von seinem Vater. Daher waren mindestens 50 Jahre nach Eva Karys Tod noch Verwandte bzw. Nachfahren am Faschaunerhof ansässig.

Künstlerische und literarische Darstellungen, Tourismus

Die Geschichte der Eva Kary inspirierte immer wieder dazu, den Fall literarisch oder künstlerisch zu verarbeiten. So veröffentlichte die 1892 in Eisentratten bei Gmünd geborene Schriftstellerin Maria Steurer[40] 1950 den Roman Eva Faschaunerin, der auf den Gerichtsakten des Falles basiert. Im Jahr 2014 gab es in Gmünd eine Benefizveranstaltung zugunsten des Stadtmuseums Gmünd mit dem Titel Eva Faschaunerin – eine musikalische Erzählung mit Chor und Orchester.[41] 2016 nahm sich eine Theaterproduktion mit dem Namen Der Prozess der Eva Faschauner[42] des Stoffes an. Im April 2017 hatte der Film Das Gift der Freiheit[43] des Filmemachers Herbert Hohensasser mit Laiendarstellern aus der Region in Gmünd Premiere. Die Regie hatte zuerst Adi Peichl, der sie aus gesundheitlichen Gründen später Herbert Hohensasser übergab.

Auch für den Tourismus hat die Geschichte der Eva Faschauner Bedeutung. Die Stadt Gmünd benannte das von 2006 bis 2013 eingerichtete Museum Eva Faschauner-Heimatmuseum und informierte dort unter anderem über das Gerichtsverfahren.[44][45]

Literatur

  • Richard Wanner: Ein Inquisitionsprozeß in Gmünd 1770–1773. In: Carinthia I. 148. Jahrgang, 1958, ISSN 0008-6606, S. 672–677 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]). – der Autor konzentriert sich auf den Prozessverlauf und setzt die damalige Prozessführung in Relation zur Rechtsgeschichte.
  • Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 365–500 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]). – aus den Protokollen der Landgerichte Rauchenkatsch, Gmünd und Sommeregg gibt der Autor einen Einblick in das Zusammenleben im Lieser- und Maltatal vergangener Zeiten, die Geschichte von Eva Kary wird aus volkskundlicher Seite beleuchtet, mit Zeichnungen von Paul Kriwetz.
  • Maria Steurer: Das Schicksal der Eva Faschaunerin. Roman. 2. Auflage. Rosenheimer Verlagshaus, 2015, ISBN 978-3-475-54504-7.
  • Georg Lux, Helmuth Weichselbraun: Vergessen & verdrängt. Dark Places im Alpen-Adria-Raum. Styria Verlag, Wien / Graz / Klagenfurt 2019, ISBN 978-3-222-13636-8, S. 20−29.

Einzelnachweise

  1. a b c Geburtsbuch V. Pfarre Malta, S. 138r, 1. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  2. a b c Kärntner Landesarchiv, Lodron, Lade 75 fol. 209 (online)
  3. a b Sterbbuch II. Pfarre Malta, S. 19v, 3. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  4. a b c d e f g h i j k l Rudolf Waizer: Die letzte Justifizierung zu Gmünd im Jahre 1773. In: Carinthia. 62. Jahrgang, 1872, ZDB-ID 505876-4, S. 124–127 und 141–146 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  5. Geburtsbuch IV. Pfarre Malta, S. 85r, 2. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  6. Geburtsbuch. Pfarre Malta, S. 215r, 3. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  7. Sterbbuch I. Pfarre Malta, S. 166v, 6. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  8. Sterbbuch I. Pfarre Malta, S. 200v, 4. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  9. Geburtsbuch V. Pfarre Malta, S. 63r, 2. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  10. Geburtsbuch V. Pfarre Malta, S. 250v, 3. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  11. Geburtsbuch V. Pfarre Malta, S. 319r, 3. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  12. Geburtsbuch V. Pfarre Malta, S. 165v, 1. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  13. a b c d e f g h i j k l Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 475–483 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  14. Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 476 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  15. Trauungsbuch B. Pfarre Malta, S. 8v, 3. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  16. Sterbbuch II. Pfarre Malta, S. 72r, 9. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  17. a b c d e f Richard Wanner: Ein Inquisitionsprozeß in Gmünd 1770–1773. In: Carinthia I. 148. Jahrgang, 1958, ISSN 0008-6606, S. 672–677 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  18. Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 448 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  19. Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 472 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  20. Zitiert nach Rudolf Waizer: Die letzte Justifizierung zu Gmünd im Jahre 1773. In: Carinthia. 62. Jahrgang, 1872, ZDB-ID 505876-4, S. 143 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  21. a b Martin Wutte: Das kärntische Bannrichteramt. In: Carinthia I. 102. Jahrgang, 1912, ISSN 0008-6606, S. 115–136 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  22. Martin Wutte: Das kärntische Bannrichteramt. In: Carinthia I. 102. Jahrgang, 1912, ISSN 0008-6606, S. 123 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  23. Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 444–449, 470–473 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  24. Jan Zopfs: Die Fürsten schaffen die Folter ab. Zur Beseitigung der Folter in Preußen, Österreich und Bayern (1740−1806). In: Karsten Altenhain, Nicola Willenberg (Hrsg.): Die Geschichte der Folter seit ihrer Abschaffung. V&R unipress, Göttingen 2011, S. 25 (google.at [abgerufen am 14. Januar 2020]).
  25. Karl Lax: Auszug aus der Geschichte von Gmünd in Kärnten. 2., umgearbeitete Auflage. Selbstverlag, Gmünd in Kärnten 1950, DNB 574573291, S. 33.
  26. Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 492 (onb.ac.at [abgerufen am 16. Dezember 2019]).
  27. Armin Hildebrandt: Das kurfürstlich-bayerisch verwaltete Mautoberamt Tarvis: Ein Beitrag zur Zoll-, Handels- und Verkehrsgeschichte Kärntens im 17. Jahrhundert. In: Carinthia I. 160. Jahrgang, 1970, ISSN 0008-6606, S. 448 (onb.ac.at [abgerufen am 16. Dezember 2019]).
  28. Karl Lax: Aus der Chronik von Gmünd in Kärnten. Hrsg.: Ilse Maria Tschepper-Lax. 4. Auflage. Selbstverlag, Gmünd in Kärnten 1987, S. 79.
  29. Alfred Pichler: Bergbau in Westkärnten. Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten, Klagenfurt 2009, ISBN 978-3-85328-051-5, S. 97.
  30. Ulrike Mengeú: Gmünd: Überraschende Entdeckungen in Oberkärntens ältester Stadt. Stadtverein Gmünd, Gmünd in Kärnten 2017, ISBN 978-3-200-05274-1, S. 148–151.
  31. Theodor Weyl: Analytisches Hülfsbuch für die Physiologisch-Chemischen Übungen der Mediciner und Pharmaceuten in Tabellenform. Springer, Berlin / Heidelberg 1882, ISBN 978-3-662-39491-5, S. 2 (google.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  32. Josef Schmid: Aus dem Volksleben im Lieser- und Maltatal. In: Carinthia I. 154. Jahrgang, 1964, ISSN 0008-6606, S. 407 (onb.ac.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  33. Ulrike Mengeú: Gmünd: Überraschende Entdeckungen in Oberkärntens ältester Stadt. Stadtverein Gmünd, Gmünd in Kärnten 2017, ISBN 978-3-200-05274-1, S. 145.
  34. Rudolf Waizer: Die letzte Justifizierung zu Gmünd im Jahre 1773. In: Carinthia. 62. Jahrgang, 1872, ZDB-ID 505876-4, S. 146 (onb.ac.at [abgerufen am 4. August 2019]).
  35. Frido Kordon: Sagen und ihre Stätten im Lieser- und Maltatale Kärntens. In: Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins. Band 68, 1937, ZDB-ID 201034-3, S. 82 (onb.ac.at [abgerufen am 4. August 2019]).
  36. Sterbbuch II. Pfarre Malta, S. 86r, 5. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 4. August 2019]).
  37. Trauungsbuch B. Pfarre Malta, S. 20r, 2. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 4. August 2019]).
  38. Trauungsbuch C. Pfarre Malta, S. 102 (matricula-online.eu [abgerufen am 4. August 2019]).
  39. Trauungsbuch C. Pfarre Malta, S. 163, 1. Eintrag (matricula-online.eu [abgerufen am 4. August 2019]).
  40. Steurer, Maria, AEIOU. In: Austria-Forum, das Wissensnetz. 25. März 2016, abgerufen am 1. Mai 2019.
  41. Benefizveranstaltung „Eva Faschaunerin“. In: Stadtnachrichten Gmünd. Nr. 2 / Juli. Stadtgemeinde Gmünd, Gmünd in Kärnten 2014, S. 16 (stadtgmuend.at [PDF; abgerufen am 1. Mai 2019]).
  42. Anna Salzmann: Der Prozess der Eva Faschauner. In: Meine Woche. 15. Juni 2016, ZDB-ID 2675776-X (meinbezirk.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  43. Verena Niedermüller: "Giftige" Filmpremiere in Gmünd. In: Meine Woche. 4. April 2017, ZDB-ID 2675719-9 (meinbezirk.at [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  44. Ulrike Wiebrecht: Die düstere Geschichte der Eva Faschaunerin. In: Berliner Zeitung. 9. September 2000, ISSN 0947-174X (berliner-zeitung.de [abgerufen am 1. Mai 2019]).
  45. Führungen durch die Künstlerstadt Gmünd. In: Stadtnachrichten Gmünd. Nr. 3 / Dezember. Stadtgemeinde Gmünd, Gmünd in Kärnten 2012, S. 13 (stadtgmuend.at [PDF; abgerufen am 1. Mai 2019]).

Anmerkungen

  1. Das genaue Datum ist unbekannt, da das relevante Trauungsbuch der Pfarre Malta unauffindbar ist.
  2. Früher wurden die beiden Ortsteile von Malta als Malta Unterdorf oder Untermalta und Malta Oberdorf oder Obermalta bezeichnet. Die Teilung erfolgte ungefähr an der Pfarrkirche.
  3. Der Landgerichtsdiener von damals ist mit der Polizei von heute vergleichbar.