Brennweite
Die Brennweite f eines optischen Abbildungssystems ist der Abstand zwischen Brennpunkt F (Fokus) und zugeordneter Hauptebene H. Im Allgemeinen existieren zwei Brennweiten und zwei Hauptebenen, je eine Brennweite und eine Hauptebene auf der Gegenstandsseite und auf der Bildseite. Beide Brennweiten sind gleich groß, falls der Brechungsindex auf beiden Seiten des Abbildungssystems gleich ist. Bei einer dünnen Linse fallen näherungsweise beide Hauptebenen in einer Ebene zusammen.
Die Brennweite ist ein Konzept der paraxialen Optik. Sie bezieht sich daher nur auf Strahlen, die einen kleinen Winkel und einen kleinen Abstand zur optischen Achse des Abbildungssystems aufweisen.
Betragsmäßig große Brennweiten entstehen durch flache, schwach gekrümmte Oberflächen, kleine durch starke Krümmungen. Speziell bei Linsen wird der Kehrwert der Brennweite Brechkraft oder Brechwert genannt. Bei Sammellinsen und Hohlspiegeln ist die Brennweite als positiver Wert, bei Zerstreuungslinsen und Konvexspiegeln als negativer Wert definiert.
In der Fotografie bestimmt die Brennweite des Objektivs zusammen mit dem Aufnahmeformat den Bildwinkel (siehe auch Formatfaktor), mit der Apertur die Lichtstärke und mit der Gegenstandsweite den Abbildungsmaßstab. Letzteres gilt auch für das Zwischenbild beim Mikroskop. Bei Fernrohren und Ferngläsern bestimmen die Brennweiten von Objektiv und Okular zusammen die Vergrößerung und mit der Apertur die Größe der Austrittspupille.
Brechkraft
Der Kehrwert der Brennweite D = 1/f wird Brechkraft genannt. Mit dieser Größe werden die Formeln der paraxialen Optik – zum Beispiel die Linsengleichung (Abbildungsgleichung)– einfacher schreibbar.
Die Brechkraft einer Linse ist die Summe aus den Kehrwerten von Gegenstands- und Bildweite.
Ihr Wert wird bei Brillengläsern in der abgeleiteten Einheit Dioptrie angegeben.
Messung der Brennweite
Die Abbildungsgleichung zeigt, wie die Brennweite gemessen werden kann:
Wenn der abgebildete Gegenstand sehr weit entfernt ist, wird der Zusammenhang besonders einfach. Die Brennweite ist näherungsweise gleich groß wie die Bildweite und kann direkt aus dem Abstand des Bildes von der Linse abgelesen werden.
Ein Verfahren, das ohne ein weit entferntes Objekt auskommt, ist die Autokollimation. Dabei wird das weit entfernte Objekt durch einen planen Spiegel ersetzt. Das Bessel-Verfahren zur Bestimmung der Brennweite von dünnen Linsen nutzt aus, dass bei festem Abstand zwischen Objekt und Bild zwei Stellungen der Linse eine scharfe Abbildung erzeugen. Aus dem Abstand dieser beiden Positionen und dem Abstand zwischen Objekt und Bild lässt sich dann die Brennweite der Linse berechnen.
Bei dicken Linsen und mehrlinsigen Abbildungssystemen kann der Abstand der Hauptebenen nicht vernachlässigt werden. Dann kann das Abschätzen des Vergrößerungsverhältnisses genauere Ergebnisse liefern. Mit dem Abbe-Verfahren wird ein Satz von Positionen aufgenommen, in denen das Abbildungssystem Objekte scharf abbildet. Diese Punkte erfüllen eine Geradengleichung. Aus den Parametern der Geraden lassen sich die Brennweite und die Lage der Hauptebenen bestimmen.
Brillenoptiker bestimmen die Brennweite asphärischer Gläser und die über die Fläche variierende Brechkraft von Gleitsichtgläsern durch eine Wellenfrontanalyse. Dabei kommt meist ein Hartmann-Shack-Sensor zum Einsatz. Die automatisierten Geräte heißen aus historischen Gründen Scheitelbrechwertmesser.
Berechnung der Brennweite
Brechende Fläche
Als brechende Fläche bezeichnet man die Grenzschicht zwischen zwei optischen Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes. Kommt der Lichtstrahl von links, so sei n der Brechungsindex auf der linken Seite und n' der Brechungsindex auf der rechten Seite der Grenzfläche. Die Krümmung der Grenzfläche wird durch den Krümmungsradius r beschrieben. Liegt der Mittelpunkt des Kreises, der die Grenzfläche beschreibt, auf der vom einfallenden Licht abgewandten Seite, so ist r positiv, andernfalls negativ. Eine nicht gekrümmte Grenzfläche hat den Krümmungsradius .
Die Brennweite der anderen Seite wird durch Vertauschen der Brechungsindices gewonnen, da das Licht nun von rechts kommend aus n' nach n übertritt:
Linse
Die Brechung einer Linse der Dicke d ist aus den Brechungen ihrer beiden sphärischen Grenzflächen berechenbar. Mit den Brennweiten und der beiden Flächen und deren Abstand lautet die Gleichung ergibt sich
für die bildseitige Brennweite der Linse. Mit den obigen Gleichungen der Flächenbrennweiten erhält man mit
die bildseitige Linsenbrennweite in Abhängigkeit von den Krümmungsradien , und den Brechungsindizes n und n'. Wie in nebenstehender Abbildung wird die Brennweite f' von der Hauptebene H' gemessen. Gegenstandsseitige und bildseitige Brennweiten haben die gleiche Größe, wenn die Linse auf beiden Seiten an Medien mit gleichem Brechungsindex n grenzt. Letztere Gleichung wird auch Linsenschleiferformel genannt.
Dünne Linse
Die Näherung ist für erfüllt. Diese Näherung bezeichnet man als dünne Linse, und die Hauptebenen der beiden Grenzflächen fallen zusammen (und zwar zur Mittelebene). Die Gleichung für die Brennweite vereinfacht sich zu
wobei wieder von der Mittelebene weg gemessen wird.
System aus zwei dünnen Linsen
Das System aus zwei dünnen Linsen ist dem System „Linse aus zwei brechenden Flächen“ prinzipiell ähnlich (vgl. nebenstehende Abbildung mit der darüberstehenden). Da die gegenstands- und bildseitigen Brennweiten jeder einzelnen dünnen Linse gleich groß sind, gilt
Es sind also gegenstands- und bildseitige Brennweite des Linsensystems auch gleich:
Zur Abhängigkeit der Brennweiten des Linsensystems aus zwei dünnen Linsen von den Brechungsindizes und Krümmungsradien gelangt man, wenn man für und die oben angegebenen Linsenschleiferformeln für dünne Linsen anwendet.
Eng benachbarte dünne Linsen
Beim Zusammenrücken der dünnen Linsen wird . Der Abstand kann vernachlässigt werden. Die Brennweite eines solchen Systems ist näherungsweise gleich
Diese Gleichung wird zum Beispiel für zwei dünne, zusammengekittete Linsen verwendet. Eine solche Doppellinse besteht in der Regel aus zwei verschiedenen Glassorten, womit geringere Abbildungsfehler als bei einer aus nur einer Glassorte bestehenden Linse mit gleicher Brennweite erreicht werden, wie beispielsweise beim Achromaten.
Literatur
- Max Born: Optik, 1972, ISBN 3-540-05954-7 (2. Kapitel).
- Fritz Hodam: Technische Optik. 1967.