„Grabmal Kaiser Friedrichs II.“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Tippfehler entfernt, Halbgeviertstrich, deutsch, Kleinkram
Zeile 42: Zeile 42:


Diese Form der Sarkophage war bis anhin weder in der [[Antike]] noch im Mittelalter bekannt. Einzig in [[Rom]] gibt es Grabmale mit antiken Vorbildern, und nur dort wurden Prunkmuldensarkophage aus Porphyr gefertigt. Diese dortigen, antiken Reminissenzen hatten jedoch keine sepulchrale, also eine in irgendeiner Form an [[Totenkult]] erinnernde Funktion.
Diese Form der Sarkophage war bis anhin weder in der [[Antike]] noch im Mittelalter bekannt. Einzig in [[Rom]] gibt es Grabmale mit antiken Vorbildern, und nur dort wurden Prunkmuldensarkophage aus Porphyr gefertigt. Diese dortigen, antiken Reminissenzen hatten jedoch keine sepulchrale, also eine in irgendeiner Form an [[Totenkult]] erinnernde Funktion.

== Quellenkritik ==
Mit dem 2011 erschienenen Buch ''Regum Monumenta'' versucht [[Joachim Poeschke]], die Geschichte umzudeuten und Versäumnisse bei Deér aufzuzeigen. Nach Thomas Dittelbach sei Poeschke eine „dubiose Quelle“ in die Hände gefallen, das Werk des italienischen Theologen und Historikers auf dem Gebiet Siziliens [[Agostino Inveges]] (1595–1677), in der ein auf 1215 datierter [[Regest]] enthalten sei, und die wiederum in [[Alphonse Huillard-Bréholles]]’ Quellenedition der ''Historica diplomatica'' verwendet worden wäre. Demnach stellt Poeschke die Sarkophagenrochade Friedrichs II. infrage, indem er insbesondere negiert, dass die für Friedrich II. benutzten Sarkophage diejenigen seien, die Roger II. für sich habe fertigen lassen. Eine reputable, authentische Quelle gäbe es erst aus dem Jahr 1329, also zwei Generationen nach Friedrichs II. Tod. „In der von Inveges verwendeten Quelle war das Datum 1215 eingefügt, jedoch erst am Ende der Passage, die sich auf den Abtransport der Sarkophage durch Friedrich II. bezog.“ Die Indizienkette Poeschkes insistiert, dass diese Jahreszahl aber auf den folgenden Satz bezogen sei und somit zu dem vorgenannten Sachverhalt keinerlei Bezug habe. Dies ist im Wesentlichen die Hypothese, auf der Poeschkes Argumente fußen. Dittelbach kann in dieser seitenlangen [[Exegese]] allerdings keine schlüssige Beweiskraft finden.

Nach Dittelbach bemerkenswert sei der Ansatz Poeschkes, Friedrich II. als eigentlichen Initiator „des gesamten Gräber-Ensembles zu erheben“. Diese visionäre, neue Erkenntnis um kulturelle Errungenschaften wird aber durch die langatmige Datumsdiskussion relativiert und für den Leser marginalisiert.<ref>Thomas Dittelbach: [https://www.jstor.org/stable/43598702 ''Review zu: Regum Monumenta'', Joachim Poeschke.] In: ''Zeitschrifft für Kunstgeschichte.'' Band 76, Heft 1, 2013, S. 122–128.</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
Zeile 66: Zeile 61:
[[Kategorie:Erbaut im 12. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Erbaut im 12. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Grabmal in Italien]]
[[Kategorie:Grabmal in Italien]]
[[Kategorie:Palermo]]
[[Kategorie:Sakralbau in Palermo]]
[[Kategorie:Friedrich II. (HRR)]]
[[Kategorie:Friedrich II. (HRR)]]
[[Kategorie:Bauwerk aus Stein]]

Version vom 30. Dezember 2020, 20:24 Uhr

Grabmal Friedrichs II., vorn, dahinter das von Konstanze I., links der weiße Sarkophag von Wilhelm II. von Sizilien

Das Grabmal Friedrichs II. von Hohenstaufen in der Kathedrale von Palermo ist die letzte Ruhestätte für den am 13. Dezember 1250 verstorbenen Friedrich II., Kaiser des römisch-deutschen Reichs. Das aus rötlichem, cefalùaner Porphyr gefertigte, prunkvolle Muldengrab mit Baldachin war zusammen mit einem typusgleichen auf Veranlassung seines Großvaters, Roger II., für diesen selbst hergestellt worden, doch wurde dessen Wunsch einer Beisetzung darin nie erfüllt.

Dieses Grabmal kann nur im Zusammenhang mit den anderen Gräbern dieser Zeitepoche in dieser Region betrachtet werden. Weder die historischen Überlieferungen, noch archäologisch-kunstgeschichtliche Indizien dürften, so Josef Deér, dabei vernachlässigt werden.[1] Ursprünglich war der Sarkophag im Chorbereich der Maria Santissima Assunta in Palermo aufgestellt worden, wurde aber im 18. Jahrhundert in die neu gebauten Seitenkapelle transloziert.[2]

Noch zwei weitere Körper liegen in demselben Tumba auf dem Leichnam Friedrichs. Es handelt sich offenbar um Pedro el Católico und um eine 18 bis 25 Jahre alte Person, die bei der eingehenden Untersuchung der Grabstätte 1998 nicht weiter zu bestimmen war, da beide – entgegen des Leichnams Friedrichs –, hohe Verwesungsspuren aufwiesen. Der Sarkophag wurde zuvor bereits zwei Mal geöffnet. Zuerst war es im Zusammenhang mit der Erweiterung der Kathedrale im Jahr 1781 oder 1782, dann wieder 1994. In beiden Fällen wurden Zeichnungen bzw. Fotos gemacht, die sich deutlich voneinander unterschieden. Darum entschied man sich wenige Jahre später, unter Zuhilfenahme neuster wissenschaftlicher Kenntnisse, für eine erneute Öffnung.

Neben der Funktion als Leichenbehältnis besitzt das Grabmal auch einen hohen kulturhistorischen Wert, der sich in zahlreichen Kunstwerken zeigt, denen dieser Sarkophag als Vorbild diente.[3]

Historisches Umfeld

Roger II. bestimmte das Bistum Cefalù und damit die Kathedrale von Cefalù zur Grablegung der Dynastien der Hautevilles und der Staufer. In der Urkunde vom April 1145 heißt es:

„Sarcophagos vero duos porphyreticos ad decessus mei signum perpetuum conspicuos in praefata ecclesia stabilimus fore permansuros, in quorum altero iuxta canonicorum psallentium chorum post diei mei obitum conditus requiescam, alterum vero tarn ad insignem memoriam mei nominis, quam ad ipsius ecclesiae gloriam stabilimus.“

Hierin widerspiegelt sich Rogers Wunsch, die nordsizilianische Küste zum Mittelpunkt seines Reiches zu machen. Die Frage, warum er zwei Särge hat anfertigen lassen, wo er für die Bettung seiner selbst doch selbst nur einen benötigte, bleibt unklar, auch wenn dem Dokument zu entnehmen ist, „der eine solle den irdischen Resten des Reichsgründers dienen, der andere sei gut für das vorzügliche Andenken seines Namens wie auch zum Ruhm derselben Kirche“. Nach dieser änigmatischen Schrift war der zweite Sarkophag eben nicht einer konkreten Person, also einem nachfolgenden Herrscher oder einer dessen Ehefrauen zugedacht, sondern sollte leer bleiben.[4]

Zeichnung der mumifi­zierten Leiche Friedrichs II. im Jahr 1781

Er selbst hatte die Sarkophage bereits 1215 von Cefalú nach Palermo schaffen lassen. Nun ließ er die Gebeine seines Vaters Heinrich VI. in einen der beiden kostbaren Särge legen und bestimmte den anderen – den, der ursprünglich Roger II. für sich auserwählt hatte – für sich selbst. In den frei gewordenen Sarg Heinrichs VI. wurde jetzt seine Mutter, Konstanze bestattet und für Roger II blieben nur die Porphyrplatten, die zu einem Sarkophag zusammengebaut wurden.[5] Auf diese Weise erhielt bei dieser Rochade der Auftraggeber der Sarkophage das wertloseste der fünf Modelle.

Über den Tod Friedrichs II. bildeten sich immer wieder Legenden, er sei vergiftet worden. Da er im Alter von nur 55 Jahren bei ansonsten guter Gesundheit und offensichtlich ohne fremde Hand starb, wurde ein natürlicher Tod immer wieder ausgeschlossen. Lange Zeit galten eine Blutvergiftung, Typhus oder ähnliches als wahrscheinlich[6], doch heute wird „Morbo lupe“, also ein kolorektales Karzinom, als sichere Todesursache angenommen.[7] Die Grabstättenuntersuchung von 1998 förderte keinerlei Hinweise auf Arsen oder ähnliche Stoffe zutage. Zwischen dem Todestag Friedrichs II. am 13. Dezember 1250 in Castel Fiorentino und seiner Beisetzung am 25. Februar vergingen mehr als zwei Monate. Die Überführung des balsamierten Leichnams fand entsprechend dem Wunsch des Kaisers in einer schlichten Zisterziensermönchskutte statt. Bei seiner Besetzung trug er dann wieder seine kaiserlichen Gewänder samt Prunkschwert. Krone und Reichsapfel lagen neben ihm. Mit dem heute unverständlichen Beifügen der zwei weiteren Leichen im 14. Jahrhundert – wohl 1338 und 1342[8] – entehrte man die Herrschergruft. Trotzdem fand man Friedrich II. unversehrt vor, als das Grab erstmals im ausgehenden 18. Jahrhundert erneut geöffnet wurde.[3]

Der Kupferstich, der vom Inneren des Sarkophags von Francesco Danieli angefertigt und mit einer ausführlichen Beschreibung versehe im Buch "I regali Sepolcri del Duomo di Palermo" 1784 in Neapel veröffentlicht worden war, zeigt den mumifizierten Friedrich II. mit seinem Schwert an seiner Seite. Keine äußere Veränderung gegenüber seiner Grablegung ist sichtbar. Der gute Erhaltungszustand wird nicht nur der Behandlung unmittelbar nach seinem Tod, sondern auch dem mehr als 500-jährigem Ruhen in dem hermetisch geschlossenen Korpus ohne jegliche Luftzufuhr zugeschrieben.[8]

Kathedrale von Palermo um 1900

Bei seiner erneuten Öffnung 1994 bot sich ein völlig anderes Bild: Im Sarg herrschte Chaos, eine Zerstörung war nicht zu übersehen. Das Schwert fehlte. Es war zunächst unklar, woher Stroh, Stofffetzen und anderes Material hergekommen waren. Neben einer anfangenden Zersetzung muss auch Grabschändung angenommen werden, stand die Urne doch während der Umbauarbeiten im 18. Jahrhundert mehrere Jahre nur mit Brettern abgedeckt im Kirchengebäude. 1998 wurde mit Unterstützung der Svevi, wie die Schwaben in Italien genannt werden, unter hochwissenschaftlichen Auflagen und Leitung von Rosalia Varoli-Piazza, das Grab erneut geöffnet. Das auf Reinraumtechnik spezialisierte Unternehmen Exyte, damals noch unter dem Namen M+W Zander, aus Stuttgart war beauftragt, den Grabraum zu untersuchen. Nur 35 cm durfte der Deckel gehoben werden, um die Totenruhe nicht zu stören, so die Auflage der Kirche. Nach dieser Bestandsaufnahme wurde deutlich, dass die beiden nachträglich gebetteten Leichen bei der jahrelangen, unprofessionellen Graböffnung entnommen gewesen waren. Außer dem Schwert fehlten auch Edelsteine, mit denen das Prunkgewand Friedrichs II. geschmückt gewesen sein.[8]

Beschreibung

Das Kunstwerk wirkt heute – auch in Bezug auf vergleichbare Zeugnisse der damaligen Zeit – als „zu monumental, zu sehr antikisierend und imperial“[9] und dies gerade in Hinblick auf seinen Initiator Roger II. Doch darf man dabei nicht vergessen, dass Roger II. sehr an Wissenschaft und Kunst interessiert war.

Einer der beiden Füße von Friedrichs II. Sarkophag.
Krönungsmantel von 1233, wie er in Meyers Konversations-Lexikon von 1893 dargestellt wurde.

Die Urne ist einer von insgesamt vier Tumbas gleicher Größe, selben Materials und gleichen Bauart. Dies sind neben der von Kaiser Friedrich II., die seines Vaters Heinrich VI. und dessen Ehefrau, Kaiserin Konstanze von Sizilien, die sich alle in der Kathedrale in Palermo befinden, auch die von Wilhelm I. in der Kathedrale von Monreale.[10] Der unten gerundete, massiv gefertigte Sarkophag ruht auf zwei quer stehenden Trägern, die der Wölbung der Urne genau angepasst sind. Der Urnendeckel mit Giebel schließt an der breitesten, mit Gesimsstreifen verzierten Stelle. Der Giebel ist mit einer stilisierten, doppelbogigen Krone verziert und offensichtlich das Zeichen, dass dieser Sarkophag ursprünglich Roger II. zugedacht war.[11] Den Deckel zieren der Pantokrator und ein Marienbildnis sowie symbolhafte Tiergestalten der drei Evangelisten Markus, Johannes und Lukas.

Interessant ist auch ein Vergleich mit dem Krönungsmantel, der heute in der Schatzkammer der Hofburg in Wien aufbewahrt wird, der aber in der gleichen Zeit und ebenfalls im Auftrag Roger II. angefertigt worden war. Er zeigt auf seiner Schauseite ein Löwenpaar, das nach Josef Deér rücklings zusammensitzt und die geschlungenen Schwänze zueinander richtet, ganz so, wie es auch mit den beiden Sockeln am Grabmal dargestellt ist. Auch wenn die Schwänze beim Krönungsmantel nicht verschlungen sind, ist die Ähnlich kein schon frappierend, beginnend mit der rötlichen Farbgebung.

Diese Form der Sarkophage war bis anhin weder in der Antike noch im Mittelalter bekannt. Einzig in Rom gibt es Grabmale mit antiken Vorbildern, und nur dort wurden Prunkmuldensarkophage aus Porphyr gefertigt. Diese dortigen, antiken Reminissenzen hatten jedoch keine sepulchrale, also eine in irgendeiner Form an Totenkult erinnernde Funktion.

Literatur

  • Josef Deér: Das Grab Friedrichs II. In: Josef Fleckenstein (Hrsg.): Probleme um Friedrich II. (= Vorträge und Forschungen. Band 16). Thorbecke, Sigmaringen 1974, ISBN 3-7995-6616-3, S. 361–383 (Digitalisat).
  • Joachim Poeschke: Regum monumenta. Kaiser Friedrich II. und die Grabmäler der normannisch-staufischen Könige von Sizilien im Dom von Palermo (= Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana. Band 35). Hirmer, München 2011, ISBN 978-3-7774-3221-2.
  • Olaf B. Rader: Die Kraft des Porphyrs: Das Grabmal Kaiser Friedrichs II. in Palermo als Fokus europäischer Erinnerungen. In: Kristin Buchinger, Claire Gantet, Jakob Vogel (Hrsg.): Europäische Erinnerungsräume. Campus Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2009, ISBN 3-593-38865-0, S. 33–46
Commons: Grabmal Kaiser Friedrichs II. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Josef Deér: Das Grab Friedrichs II. In: Josef Fleckenstein (Hrsg.): Probleme um Friedrich II. S. 361 (online)
  2. Olaf B. Rader: Von Lorch bis Palermo. Die Grablegen der Staufer als Erinnerungsorte. In: Karl-Heinz Rueß (Hrsg.): Von Palermo zum Kyffhäuser. Staufische Erinnerungen und Staufermythos (= Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst. Band 21). Göppingen 2012, ISBN 978-3-406-60485-0, S. 46–63, hier: S. 55.
  3. a b Heinrich M. Schwarz: Sizilien. Kunst, Kultur, Landschaft. 2. Auflage. Anton Schroll, Wien 1945, S. 26–27.
  4. Josef Deér: Das Grab Friedrichs II. In: Josef Fleckenstein (Hrsg.): Probleme um Friedrich II. S. 362–363 (online)
  5. Kirstin Buchinger, Claire Gantet, Jakob Vogel: Europäische Erinnerungsräume. Campus, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-5933-8865-6, S. 41.
  6. Hubert Houben: Kaiser Friedrich II. (1194–1250). Herrscher, Mensch, Mythos. Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-17-018683-5, S. 95.
  7. Rose-Marie Borngässer: Friedrich II. von Hohenstaufen. Des Kaisers Geheimnis. Die Welt, 4. November 1998
  8. a b c Federico, Friedrich II. der Stulpor Mundi. Das Dunkle Geheimnis. Wegelnburg.info, ohne Jahresangabe
  9. Josef Deér: Das Grab Friedrichs II. In: Josef Fleckenstein (Hrsg.): Probleme um Friedrich II. S. 382 (online)
  10. Peter Koblank: Staufergräber auf www.stauferstelen.net, 2014
  11. Josef Deér: Das Grab Friedrichs II. In: Josef Fleckenstein (Hrsg.): Probleme um Friedrich II. S. 379 (online)

Koordinaten: 38° 6′ 52″ N, 13° 21′ 22″ O