Qualitative Bewusstseinstrübung

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Klassifikation nach ICD-11
MB20.2 Bewusstseinstrübung
ICD-11: EnglischDeutsch (Entwurf)

Die (qualitative) Bewusstseinstrübung oder Bewusstseinseintrübung (englisch clouding of consciousness) ist eine Bewusstseinsstörung. Sie geht mit Störungen von Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Orientierung einher und ist Leitsymptom des Delirs. Betroffene können das Erleben ihres Selbst und ihrer Umwelt nicht korrekt verarbeiten, sie wirken häufig verwirrt, abwesend und nicht klar.

Im neurologischen Bereich wird mit Bewusstseinstrübung auch eine eingeschränkte Wachheit beschrieben, siehe dazu quantitative Bewusstseinsstörungen.[1] Dauerhafte Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit werden als Brain Fog bezeichnet.[2]

Die Bewusstseinstrübung ist charakteristisch für ein Delir, also eine körperlich bedingte Psychose. Es kann auch bei Drogenkonsum, Schädel-Hirn-Verletzungen, Stoffwechsel-Entgleisungen, dem Oneiroid-Syndrom, im Rahmen von Psychosen und anderen Erkrankungen auftreten.[3][4]

Bei Betroffenen ist die Orientierung zu Ort, Zeit und Person eingeschränkt oder nicht mehr vorhanden. Das Verständnis des Selbst und der Umwelt ist beeinträchtigt, Zusammenhänge werden nicht erkannt oder verkannt. Einzelne Teile des Erlebens können nicht mehr miteinander verknüpft werden. Das Gedächtnis ist bei dem Zugriff auf bestehende und der Anlage neuer Erinnerungen gestört.[1][3]

In der Folge kommt es auch zu Änderungen des Verhaltens und der Interaktion mit einer Abwendung von der Außenwelt. Die Ansprechbarkeit und Mitteilungsfähigkeit ist verringert, Betroffene können die Aufmerksamkeit nicht gezielt halten. Sie wirken auf Außenstehende verwirrt und abwesend.[1][3]

Die Diagnose erfolgt durch Fremdbeurteilung. Die neuropsychologische Untersuchung ist durch den Zustand häufig erschwert, beispielsweise bei der Anamneseerhebung.[3]

Die Bewusstseinstrübung war bzw. ist nach DSM-III und ICD-10 ein diagnostisches Kriterium des Delirs. Aufgrund der schwierigen Operationalisierung wurde mit der revidierten Version von DSM-III das Kriterium auf Bewusstseinsstörungen mit gestörter Aufmerksamkeit erweitert.[5]

Einzelnachweise

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  1. a b c Gerd Laux, Hans-Jürgen Möller, Hans-Peter Kapfhammer (Hrsg.): Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie (= Springer Reference Medizin). 5. Auflage. Springer, Berlin 2017, ISBN 978-3-662-49295-6, Kapitel 4.3 Bewusstsein und Orientierung.
  2. Brain Fog. In: Pschyrembel Online. Abgerufen am 25. September 2024.
  3. a b c d Friedel Reischies: Psychopathologie: Merkmale psychischer Krankheitsbilder und klinische Neurowissenschaft. 2. Auflage. Springer, Berlin [Heidelberg] 2024, ISBN 978-3-662-68299-9, S. 169 ff.
  4. Bewusstseinstrübung. In: Pschyrembel Online. Abgerufen am 25. September 2024.
  5. Zoë Tieges, Jonathan J. Evans, Karin J. Neufeld, Alasdair M.J. MacLullich: The neuropsychology of delirium: advancing the science of delirium assessment. In: International Journal of Geriatric Psychiatry. Band 33, Nr. 11, November 2018, ISSN 0885-6230, S. 1501–1511, doi:10.1002/gps.4711, PMID 28393426, PMC 6704364 (freier Volltext).