Pfarrkirche Bad Deutsch-Altenburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Südansicht der Pfarr- und Wallfahrtskirche

Die Pfarr- und Wallfahrtskirche Bad Deutsch-Altenburg ist eine ab zirka 1050 in Bad Deutsch-Altenburg in vier Bauphasen errichtete romanisch-gotische dreischiffige Pfeilerbasilika mit gotischem Chor und Westturm. Die römisch-katholische Pfarrkirche hat das Patrozinium Maria Himmelfahrt und gehört zum Dekanat Hainburg der Erzdiözese Wien. Die Kirche steht unter Denkmalschutz und stellt ein bedeutendes Denkmal mittelalterlicher Architektur in Österreich dar.[1]

Die Kirche steht im Nordosten des Ortes, erhöht auf einer Terrasse, die zur Donau steil abfällt. Sie ist von einem Friedhof mit Umfassungsmauer aus Bruchsteinen umgeben. Südöstlich der Kirche, innerhalb des Friedhofes, befindet sich ein romanischer Karner.

Pfarrkirche Bad Deutsch-Altenburg, Aquarell eines unbekannten Malers, 1837

Eine Vorgängerkirche hat wohl König Stephan I. von Ungarn errichten lassen. Diese wurde wahrscheinlich bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Ungarnkönig Andreas I. 1050 zerstört.[2] Im Jahr 1051 plante bzw. erhob urkundlich Kaiser Heinrich III. Deutsch-Altenburg zur Reichspropstei (Kollegiatstift) der Ungarnmark.[1][3] Im Jahr 1058 schenkte der siebenjährige römisch-deutsche König Heinrich, Sohn von Heinrich III. und späterer Kaiser, seiner Mutter Agnes von Poitou die vermutlich neu errichtete dreischiffige Basilika „mit allem, was sein Vater, Kaiser Heinrich (III.), derselben zugedacht hatte, nebst allem Zubehör und allen Einkünften mit dem Recht zu freier Verfügung“.[4] Im Jahr 1213 stifteten die Besitzer der Herrschaft Deutsch-Altenburg, Alban und Johann Doerr (Dörr), einen Priester, veranlassten den Neu- oder Ausbau der Kirche und bestimmten den Kirchenbau als Grablege der Familie.[3][5] Um die Mitte des 14. Jahrhunderts wurde der vorgestellte Westturm mit dem gemauerten oktogonalen Turmhelm errichtet und vermutlich im Anschluss beziehungsweise Ende des 14. Jahrhunderts der Chor mit der nördlich angebauten Sakristei.[1]

Nachdem um 1050 die Verlegung der Burg von Bad Deutsch-Altenburg auf den Hainburger Schlossberg (Heimenburg) erfolgte, dort auf der Hochterrasse die ehemalige Martinskirche errichtet wurde und Hainburg einen aufstrebenden Stadtbildungsprozess hinter sich hatte,[6] wurde um 1260 die Marienkirche in Bad Deutsch-Altenburg eine Filialkirche von Hainburg.[7] Im Jahr 1725 erhielt die Deutsch-Altenburger Kirche den Status einer Pfarrkirche wieder.[1]

In den Jahren 1585 und 1683 beschädigten Brände die Kirche[1] und beim Brand am 15. August 1774 wurden das Maßwerk und die Strebepfeiler großteils zerstört.[8] Um 1862 war der Kirchenbau in einem ruinösen Zustand und in der Folge fand eine tiefgreifende Renovierung statt, die Architekt Richard Jordan von 1897 bis 1900 oder 1906 leitete[9] und im Jahr 1911 abgeschlossen wurde.[1]

Langhaus und Kapelle

Das dreischiffige, basilikale Langhaus ist sechsjochig. Die Seitenmauern des Hauptschiffes werden von zehn massiven, quadratischen Pfeilern getragen und sind zu den Seitenschiffen hin durch Rundbogenarkaden geöffnet. Ursprünglich war die Basilika wohl flachgedeckt. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde ein Kreuzrippengewölbe eingezogen und Ende des 16./17. Jahrhunderts an den vier westlichen Mittelschiffjochen ein Kreuzgratgewölbe.[1] An das südliche Langhaus ist auf einer Länge von zwei Jochen eine romanische Kapelle angebaut, die ursprünglich einen eigenen Westeingang hatte.[10]

Chor und Sakristei

Der hochgotische, zweijochige Chor mit 5/8-Schluss wurde anstelle der romanischen Mittelschiffapsis errichtet und wird dem Meister Michael zugeschrieben.[7] Der Chor wird zumeist gegen oder um 1400 datiert.[11][12] Die Strebepfeiler sind vierzonig und haben oben leere Statuenbaldachine. Zwischen den tiefen Pfeilern befinden sich zwei- (nordseitig) und vierbahnige (südseitig) Maßwerkfenster.[1]

Nordseitig des Chores ist über die Länge der zwei Joche des Chores ein zweigeschossiger Anbau mit zwei polygonalen Treppentürmchen im Westen angebaut. Darin befindet sich im Untergeschoß die Sakristei und im Obergeschoß ein Oratorium.[1]

Turm

Ein weithin sichtbarer hochgotischer Turm, der fast freistehend ist. Im Grundriss außen ein Quadrat mit mehrzonigen, tiefen, hohen Strebepfeilern. Im oberen Bereich freies Oktogon mit Giebelkranz und als Abschluss ein gemauerter oktogonaler Helm.[1]

Portalseitige Ansicht des Karners

Der romanische Karner südöstlich der Pfarrkirche wurde um Anfang/Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet und im 17./18. Jahrhundert dem hl. Leonhard geweiht. Der Rundbau mit Kegeldach hat eine halbkreisförmige Apsis und im Westen einen Portalvorbau mit fünffach gestuftem Trichterportal.[1] Das Untergeschoß des Karners wurde früher als Ossarium genutzt und das Obergeschoß als Kapelle.[13] Seit 1995 ist die Gemeinde Eigentümerin des Karners und nutzt ihn als Aufbahrungshalle.[14]

Commons: Pfarrkirche Bad Deutsch-Altenburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f g h i j k Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs: Niederösterreich südlich der Donau. Teil 1. A bis L. Bundesdenkmalamt (Herausgeber), Verlag Berger, Horn/Wien 2003, ISBN 3-85028-364-X, Seite 114ff.
  2. Johann G. Meyndt: Geschichte der älteren Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn; Leipzig 1870 (Online: [1])
  3. a b Bad Deutsch-Altenburg – Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (~1050 bis ~1400) in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
  4. Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz: 1058 Oktober 18, Regensburg (Memento des Originals vom 24. November 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.regesta-imperii.de; abgerufen am 24. Nov. 2015
  5. Eduard Freiherr von Sacken: Die römische Stadt Carnuntum, ihre Geschichte, Ueberreste und die an ihrer Stelle stehenden Baudenkmale des Mittelalters (Online: [2])
  6. Dehio-Handbuch Die Kunstdenkmäler Österreichs: Niederösterreich südlich der Donau. Teil 1. A bis L. Bundesdenkmalamt (Herausgeber), Verlag Berger, Horn/Wien 2003, ISBN 3-85028-364-X, Seite 676ff.
  7. a b Elisabeth Hassmann: Meister Michael: Baumeister der Herzoge von Österreich; Böhlauverlag, Wien 2002, ISBN 3-205-99354-3 (Online: [3])
  8. Laut Schautafel vor Ort; eingesehen am 18. November 2015
  9. Bis 1900 lt. Richard Jordan. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007.; nach anderen Angaben bis 1906
  10. Mario Schwarz: Die Baukunst des 13. Jahrhunderts in Österreich; Böhlau Verlag, ISBN 978-3-205-78866-9 (Online: Ab Seite 200 (Memento des Originals vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.boehlau-verlag.com)
  11. Alfred Fischeneder-Meiseneder: Die Architektur der Gotik im Osten Österreichs. Studien zum Sakralbau im 14. und 15. Jahrhundert mit dem Schwerpunkt in der Zeit um 1400. Diss. Universität Wien. Wien 2016, S. 100.
  12. Mario Schwarz: Gotische Architektur in Niederösterreich. St. Pölten/Wien 1980, S. 36.
  13. Bad Deutsch-Altenburg – Karner (1217 bis 1250) in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
  14. Bad Deutsch-Altenburg: Sehenswertes; abgerufen am 3. Dezember 2015

Koordinaten: 48° 8′ 15,7″ N, 16° 54′ 29,3″ O