Diskussion:Taufe/Archiv/2016

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Letzter Kommentar: vor 8 Jahren von Johann Günther Huber in Abschnitt Entwicklung der Taufformel im Neuen Testament
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Entwicklung der Taufformel im Neuen Testament

                              Die christliche Taufformel

Die sog trinitarische Taufformel ("Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes") findet sich im Neuen Testament nur ein einziges Mal, und zwar am Ende des Evangeliums nach Matthäus. Sie ist das Ergebnis einer ca. 30-jährigen Taufpraxis der Urkirche, wobei der Sinn der Taufformel bei Matthäus etwas schwer zu eruieren ist:

                                 Die Taufformel bei Paulus

Die Einheitsübersetzung der Kath. Kirche gibt Röm 6,3 folgendermaßen wieder: "Wisst ihr denn nicht, dass alle, die auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft wurden?" Dies kann ja wohl nicht der Sinn dieser Schriftstelle sein; denn bei der Taufe erhalten wir weder die Namen "Jesus Christus" noch die Namen "Tod Christi". Altgriechisch "baptein" und "baptizein" bedeuten (jemanden) "untertauchen" oder "hinabsenken". Wenn Paulus in Röm 6,3 schreibt "ebaptisthemen eis Christón Jesoun" meint er also, dass wir bei der Taufe zu Jesus ins Grab hinabgesenkt wurden. Paulus bekräftigt im Nachsatz diese Deutung, indem er erklärt: "Durch die Taufe wurden wir mit ihm begraben..." (Röm 6,4 und Kol 2,12). Röm 6,3 ist also sinngemäß folgendermaßen zu übersetzen: "Wißt ihr denn nicht, dass wir alle, die wir zu Christus Jesus hinabgesenkt wurden, in seinen Tod eingetaucht wurden?" Paulus vollendet dann sein Bild damit, dass er in Röm 6,9 (und Kol 2,12) schreibt: "Sind wir nun mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden."

                           Drei Taufformeln in der Apostelgeschichte

Im Laufe der zehn bis zwanzig Jahre nach dem Tod des Apostels Paulus scheint dessen Deutung der hebräischen Taufformel in den Hintergrund getreten zu sein. Die Apostelgeschichte schreibt zwar in 8,16 und 19,5 noch von einer Taufe "eis tò ónoma tou kyríou Jesou", was wörtlich "Hinabsenken zur Person des Herrn Jesus" bedeutet. Aber in Apg 10,48 ist auch von einer Taufe "en to onómati Jesou Christou" die Rede, was aber Taufe "im Auftrag Jesu Christi" bedeutet. Lt. Apg verwandte Petrus die Formel "epì tó onómati Jesou Christou" (Apg 2,38), was sprachlich zwar dem Bild bei Paulus gleich kommt, aber dessen Deutung dem Apostel Petrus möglicherweise nicht bekannt war; denn lt. Apg sprach Petrus (nur) von einer Vergebung der Sünden und dem Empfang des Heiligen Geistes bei der Taufe. Für Petrus hatte die Mikwé, das jüdische Tauchbad, ihren Sitz im Leben. Dort ging es vor allem um die kultische Reinigung. Deshalb wohl stand für Petrus die Vergebung der Sünden im Vordergrund. Außerdem wird man davon ausgehen müssen, dass von Anfang an nicht alle Christen in einem Bach oder Fluss oder sogar in der Mikwé der Juden durch Untertauchen getauft werden konnten. So trat durch das bloße Übergießen mit Wasser in der Symbolik der Taufzeremonie die paulinische Deutung in den Hintergrund.

          Warum konnte es zu unterschiedlicher Deutung der hebräischen Taufformel kommen?

Am Anfang stand wohl die hebr. Formel "l´shem", die von Paulus und Petrus offenbar unterschiedlich gedeutet wurde: Hebr. "l" kann mit griech. "eis" oder "epí" = dt. "zu, in Richtung" als auch mit griech. "en"= dt. "in" übersetzt werden. Ebenso hat auch hebr. "shem" (wie griech. "ónoma") zwei Bedeutungen: Person und Namen. In Ps 124,8 betet der Psalmist: `Unsere Hilfe ist "l´shem Jahwéh"´. Das wird gewöhnlich mit `Unsere Hilfe ist "im Namen des Herrn"´übersetzt. Gemeint ist aber Unsere Hilfe besteht "in der Person, im Wesen Gottes". Andererseits hatte "l´shem" im Talmud, der schon im 1.Jahrhundert nach Christi Geburt kodifiziert wurde, bereits die Bedeutung von "im Auftrag". So kann die Apostelgeschichte hebr. "l´shem" einerseits mit "eis to ónoma" oder "epì tó onómati" = "zur Person" wiedergeben, und dadurch die paulinische Taufformel überliefern, und andererseits mit "en tó onómati" = dt. "im Auftrag" und dadurch die vermutlich petrinische Taufformel weitergeben.

                                 Die sog. trinitarische Taufformel

Im Matthäus-Evangelium kam es dann offenbar zu einer Bedeutungsvermischung: Matthäus benützt zwar durch die Präposition "eis" = "zu" und den Singular von "Namen" die paulinische Taufformel (Ich senke dich hinab zu...), fügt aber zwei weitere Personen hinzu, den Vater und den Heiligen Geist, die jedoch nicht zusammen mit Jesus im Grab waren. Deshalb suchte Martin Luther nach einem Ausweg und übersetzte "Ich taufe dich a u f den Namen des Vaters...", was aber, wie auch die Wiedergabe von Röm 6,3 in der Einheitsübersetzung, einen anderen, einen falschen Sinn ergibt. Um dies zu vermeiden, verwenden heute alle Übersetzungen der Schriftstelle Mt 28,19 die vermutlich petrinische Taufformel "Ich taufe dich im Namen...", was aber so nicht im Matthäus-Evangelium steht.

Johann Günther Huber/ kirchenweg@web.de

(nicht signierter Beitrag von Johann Günther Huber (Diskussion | Beiträge) Diskussion:Taufe/Archiv/2016#c-Johann Günther Huber-2016-02-24T06:55:00.000Z-Entwicklung der Taufformel im Neuen Testament11)