Benutzerin:Monoett/Maria Kraetzinger

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Maria Kraetzinger (* 1880 in Mettenheim; † 1951 im Philippshospital bei Goddelau)[1], war eine deutsche Kunstmalerin und Figurenmalerin. Einige ihrer Bilder-Briefe und Zeichnungen sind Teil der Sammlung Prinzhorn der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg.

Maria Kraetzinger wuchs als Pfarrerstochter in Darmstadt auf und erhielt Zeichenstunden.[1] Nach dem Tod des Vaters zog sie mit der Mutter und ihren Schwestern nach München. Dort wurde sie von dem Maler und Akademieprofessor Ludwig von Herterich,der auch an der Münchner Damenakademie unterrichtete, als Kunstmalerin ausgebildete. Kraetzinger kleidete sich exzentrisch und entwarf sich auch dadurch äußerlich als Ausnahmeerscheinung und als künstlerisch tätige Frau.[2]

Als sie den Universitätsprofessor Gustav Klein, ein "Spezialarzt für Frauenleiden" kennenlernte, verliebte sie sich über alle Maßen in ihn und folgte ihm, wohin immer er ging. Der Arzt fühlte sich von ihr verfolgt und ließ sie 1906 in eine Anstalt einweisen, indem er sie als "gemeingefährlich" beschrieb. Im Dezember 1906 wurde Maria Kraetzinger, "die ledige Kunstmalerin aus Darmstadt [...] wegen Geisteskrankheit entmündigt". Im Entmündigungsverfahren hatte sie keinen Anwalt, der sie vertrat, und alle geladenen Zeugen, ihre Schwestern eingeschlossen, belasteten sie. Im folgenden Jahr wurde sie in der Anstalt Eglfing (Haar) untergebracht, 1907 im Philippshospital in Goddelau in Hessen untergebracht.[1] Maria Kraetzinger ging jedoch weiterhin davon aus, dass Gustav Klein sie bald holen und heiraten werde. Auf ihre Familie, die für ihren Unterhalt aufkam, insbesondere ihre beiden Schwestern, war sie dagegen schlecht zu sprechen.

Im Philippshospital blieb sie bis 1931[1] und von dort schrieb sie mit Zeichnungen verzierte Briefe an ihren Arzt, den sie mit "Süßer König Gustav" anredete, Briefe, die die Anstaltsleitung niemals abschickte. Gustav Klein, der eigentlich der Arzt war, der sie in die Psychiatrie hineingebracht hatte, bat sie darum, sie aus der Gefangenschaft zu befreien. Sie schrieb ihm: "Die Ärzte sind gewiss gute Menschen, aber erbärmliche Psychologen."[1] und „Komme endlich u. führe aus all dieser Brutalität und Dumheit des Staatsanwaltes zu Dir!“[3] Immer wieder ging es in ihren Briefen um Sehnsucht nach einer erfüllten Zweisamkeit.[4]Aber Gustav erfüllte ihr ihren Wunsch nicht, sondern sorgte sogar dafür, dass sie in der Anstalt blieb.[3] Maria Kraetzinger erstellte auch Zeichnungen und Vignetten im Jugendstil. Nach 1931 wurde sie in privaten Familien zur Pflege untergebracht, was ihr in der Zeit der Euthanasie wahrscheinlich das Leben rettete. Immer wieder musste sie die Familien auch wieder verlassen, weil sie "Schwierigkeiten" gemacht hatte und wurde schließlich 1943 zurück nach Goddelau gebracht. Dort blieb sie, zurückgezogen und sich über ihre aussichtslose Lage, ihr "verpfuschtes Leben" beklagend, bis zu ihrem Tod 1951.[1] 1920 wurden ihre Bilder-Briefe und Zeichnungen an die Sammlung Prinzhorn übergeben, darunter ein Selbstporträt, ein Gruppenbild und eine "Muttergottes mit Christuskind".[1]

  • 2004: Ausstellung "Irre ist weiblich" in der Sammlung Prinzhorn[2]
  • 2008: Ausstellung „Künstler in der Irre“ in der Sammlung Prinzhorn[5]
  • 2011: Ausstellung „Vor allen Dingen bitte ich, mich doch ja nicht zu vergessen“ in der Peterskirche Heidelberg[4]
  • Dauerausstellung im Psychiatriemuseum Philippshospital[6]

In dem von Xenia Multmeier für das Theater en face in Müns�ter inszenierte Stück Tobende Ordnung (2013) war Maria Kraetzinger eine Figur, die aus sehnsuchtsvollen, niemals abgeschickten Liebesbriefen vorliest.[7]

  • Hrsg.: Bettina Brand-Claussen Thomas Röske Sammlung Prinzhorn, Künstler in der Irre, 2008. ISBN 978-3-88423-306-1
  • Brigitta Bernet, Bettina Brand-Claussen, Viola Michely, Ausstellung „Irre ist weiblich“ 2. Auflage 2009. Das Wunderhorn, Heidelberg. ISBN 978-3-88423-218-7
  • Karin Tebben: Denn sie wissen nicht, was sie tun? Zur Intentionalität der Texte aus der Sammlung Prinzhorn. In: Friederike Reents (Hrsg.): Surrealismus in der deutschsprachigen Literatur. Berlin 2009, S. 251–294.
  • Hrsg: Bettina Brand-Claussen Thomas Röske Sammlung Prinzhorn, Artists off the Rails, 2008. ISBN: 978-3-88423-307-8

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Brigitta Bernet, Bettina Brand-Claussen, Viola Michely,: Ausstellung: Irre ist weiblich : künstlerische Interventionen von Frauen in der Psychiatrie um 1900 ; [anläßlich der Ausstellung in Heidelberg, Sammlung Prinzhorn, 29.4. - 25.9.2004, Altonaer Museum, Hamburg, 22.2. - 22.5.2005, Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen Juni - Oktober 2005, Kunstmuseum Łódź, Polen, November 2005 - Februar 2006]. 2. Auflage. Das Wunderhorn, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-88423-218-7, S. 190–192, 247, 258.
  2. a b Bettina Brand-Claussen, Klinik für Allgemeine Psychiatrie Sammlung Prinzhorn, Ausstellung Künstler in der Irre Heidelberg: Künstler in der Irre [anlässlich der Ausstellung "Künstler in der Irre", 30.4. - 14.9.2008, Sammlung Prinzhorn, Heidelberg]. Heidelberg 2008, ISBN 978-3-88423-306-1, S. 18.
  3. a b Karin Tebben: Denn sie wissen nicht, was sie tun? Zur Intentionalität der Texte aus der Sammlung Prinzhorn. In: Friederike Reents (Hrsg.): Surrealismus in der deutschsprachigen Literatur. Berlin 2009, S. 251–294.
  4. a b Simona Hurst: "Ich sehne mich halbtot nach Dir!“ In: artefakt - Blog für Kunst und Kritik. 20. Juni 2011, abgerufen am 29. November 2022.
  5. Stadt Heidelberg - Stadtblatt Online. Abgerufen am 27. November 2022.
  6. Psychiatriemuseum – Philippshospital – Besucher Information Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue. Abgerufen am 29. November 2022 (deutsch).
  7. Ingrid von Beyme: Tobende Ordnung Stück für Entrückte, Tänzer und Musik. In: https://theater-en-face.de. Theater en face, 2013, abgerufen am 29. November 2022.