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Die False Memory Syndrome Foundation war von 1992 bis 2019 eine Interessengemeinschaft von Personen, die angaben, fälschlicherweise des sexuellen Missbrauchs beschuldigt zu werden.[1] Der Hauptsitz war in Philadelphia.

Die Stiftung wurde 1992 von der promovierten Erziehungswissenschaftlerin Pamela Freyd und dem Mathematiker Peter Freyd ins Leben gerufen. Peter Freyd war zuvor von seiner Tochter, der Psychologin Jennifer Freyd, beschuldigt worden, sie während ihrer Kindheit sexuell missbraucht zu haben.[1] Während einer Therapie, die sie aus anderen Gründen begonnen hatte, habe sie die Erinnerungen daran wiedererlangt.[2]

Zum 31. Dezember 2019 wurde die Auflösung der Foundation bekannt gegeben.[3]

Die FMSF prägte das Schlagwort „False memory syndrome“, das aber kein anerkanntes Syndrom darstellt und wissenschaftlich sehr umstritten ist.

Beschreibung der Standpunkte der Foundation und zentrale Thesen

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Die Stiftung beschrieb ein Phänomen, das infolge falscher Erinnerungen auftrete. Ihrer Meinung nach wurde dieses Phänomen häufig durch eine Psychotherapie verursacht. Allerdings gibt es bis heute keine systematische Beschreibung oder empirische Überprüfung der Thesen. Aus diesem Grund wurde das „False memory syndrome“ von keiner anderen wissenschaftlichen Fachgesellschaft oder bedeutendem Verein anerkannt. Auch hat es deswegen keinen Eingang in die gängigen Diagnosesysteme gefunden.[1]

Geprägt wurde der Begriff ursprünglich von dem Mitbegründer der False Memory Syndrome Foundation Ralf Underwager und seiner Frau Hollida Wakefield. Die Foundation wurde 1992 in Philadelphia gegründet. Im Jahre 1993 gaben die beiden dem niederländischen Pädophilenmagazin „Paedika“ ein Interview. Darin wurde Underwager unter anderem damit zitiert, dass Pädophilie eine verantwortungsvolle Wahl und Sex mit Kindern als Teil von Gottes Wille gesehen werden könne.[4]Hollida Wakefield sagte in dem Interview, es wäre „nett“ (engl. "nice"), eine Langzeitstudie mit 100 elfjährigen Jungen durchzuführen, die eine Liebesbeziehung mit Pädophilen haben.[5]

1994 verklagte Underwager die renommierte amerikanische Kinder- und Jugendpsychologin Anna Salter, die Underwagers Wissenschaftlichkeit und Methodik in einem Zeitschriftenbeitrag kritisiert hatte. Die Klage scheiterte, da das Gericht anerkannte, dass die Hypothesen von Underwager und Wakefield keinen Eingang in die medizinische Wissenschaft gefunden hatten. Underwagers Gutachten, die er in Gerichtsverfahren einbrachte, wurden zunehmend als parteiisch kritisiert und er wurde als Experte in Gerichtsprozessen zurückgewiesen.[5]

Die FMSF hielt für gut belegt, dass[6]

  1. viele Personen während einer Therapie (insbesondere auch unter Hypnose) falsche Erinnerungen entwickeln;
  2. es nicht möglich ist, falsche Erinnerungen von richtigen zu unterscheiden, außer durch externe Belege;
  3. die meisten Menschen, die als Kinder missbraucht wurden, sich daran ihr ganzes Leben erinnern und Verdrängung extrem selten ist, wenn sie überhaupt existiert;
  4. keine Gruppe von Symptomen existiert, deren gemeinsames Vorkommen eindeutig auf sexuellen Missbrauch schließen lässt.

Geschichte der Foundation

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Im Jahre 1990 beschuldigte Jennifer Freyd, unterstützt von ihrer Großmutter und ihrem Onkel, im privaten Rahmen ihren Vater, sie während ihrer Jugend sexuell missbraucht zu haben. Sie berichtete von Erinnerungen, die im Rahmen einer Therapie auftraten.

Peter Freyd, der beschuldigte Vater, stritt dies ab. Laut des Philadelphia Magazine sagte Peter Freyd, dass jemand in seinem Haushalt den Missbrauch hätte bemerken müssen, da der Hund der Familie bei dem Aufruhr, den ein Angriff auslösen würde, gebellt hätte.[7]

In einem Brief an PBS Frontline, der als Reaktion auf eine Dokumentation über Inzestbeschuldigung verfasst wurde, berichteten Peter Freyds Bruder William und damit Jennifer Freyds Onkel, dass Peter Freyd und seine Frau Pamela als Stiefgeschwister aufgewachsen waren. [8] Er fügte hinzu, dass "die False Memory Syndrome Foundation dafür geschaffen wurde, eine Realität zu negieren, der zu entfliehen Peter und Pam die meiste Zeit ihres Lebens versuchten." (engl.: "The False Memory Syndrome Foundation is designed to deny a reality that Peter and Pam have spent most of their lives trying to escape."). Der Onkel sei sich sicher, dass der Missbrauch an seiner Nichte stattgefunden habe.

1991 veröffentlichte Pamela Fred einen anonymen Bericht in einem Magazin, dass sich auf falsche Vorwürfe zum Thema sexuellem Missbrauch von Kindern spezialisierte.[9] Der Artikel wurde weit verbreitet, er erreichte auch die psychologische Abteilung an der Universität von Oregon, wo Jennifer Freyd unterrichtete. Diese berichtete später, dass es mehrere Unstimmigkeiten im Artikel gab, unter anderem wurden die Umstände ihrer originalen Erinnerungen des Missbrauchs und ihr persönliches Leben nicht richtig dargestellt.

Die False Memory Syndrome Foundation (FMSF) wurde ein Jahr später von Pamela und Peter Freyd gegründet. Die Therapeuten Hollida Wakefield und Ralph Underwager waren erste Unterstützer. Zunächst bestanden die Mitglieder und auch die beratenden Gremien aus Eltern, die beschuldigt wurden, ihre nun erwachsenen Kinder sexuell missbraucht zu haben. Schnell wurden jedoch auch Menschen, die im Bereich der Erinnerungsforschung arbeiteten, auf die Foundation aufmerksam.[10]

1993 berichtete die FMSF von 2000 Mitgliedern.[11]

Ralph Underwager war 1993 ein Mitglied des wissenschaftlichen Rates der Stiftung, als seine Kommentare in einem Artikel von 1991 in Paidika: The Journal of Paedophilia bekannt wurden. Der Artikel enthielt Aussagen, die als Unterstützung von Pädophilie verstanden werden könnten.[12][13][14] In der darauffolgenden Kontroverse trat Underwager als Mitglied des Rates zurück. Er gab später an, dass die Zitate aus dem Artikel in Paidika aus dem Zusammenhang gerissen waren, die dazu benutzt wurden, seine Fähigkeit, vor Gericht auszusagen, unglaubwürdig machen sollten. Zudem solle der Ruf der FSMF damit ruiniert werden.[15]

Die Gründer der FMSF beschäftigten sich damit, dass von angeblich zurückgeholte (recovered) Erinnerungen erst nach der Anwendung kontroverser Therapietechniken berichtet wurde. Diese Techniken waren unter anderem Hypnose, Entspannungstechniken, Katathym Imaginative Psychotherapie, Gespräche unter Medikamenteneinfluss, Körpergedächtnis, bildliche Interpretation von Träumen und Tagebuch führen. Der FMSF nach gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, dass die Verwendung dieser bewusstseinsbeeinflussenden Methoden tatsächliche Fakten zu vergessenen und verdrängten Erinnerungen, einschließlich sexuellem Missbrauch, hervorbringen können.[16]

Die False Memory Syndrome Foundation äußerte sich wie folgt: "Die Kontroverse ist nicht, ob Kinder missbraucht wurden. Kindesmissbrauch ist ein ernstes gesellschaftliches Problem, das unserer Aufmerksamkeit bedarf. Es geht auch nicht darum, ob Menschen sich an vergangenen Missbrauch erinnern können. Es gibt viele Gründe, warum Menschen sich an etwas nicht erinnern können: Infantile Amnesie, körperliche Schäden, Medikamente oder ein natürlicher Verfall von erinnerter Information. Die Kontroverse beschäftigt sich mit der Exaktheit der sogenannten wiedererlangten "unterdrückten" Erinnerungen des Missbrauchs. Die Konsequenzen haben schwerwiegende Auswirkungen auf Gesetze, die Art, wie Therapien durchgeführt werden, Familien und das Leben einzelner Familien."[17]

Mitglieder des FMSF- Wissenschaftsrates waren häufig auch Mitglieder der National Academy of Sciences und der National Academy of Medicine. Hier sind unter anderem Aaron T. Beck, Rochel Gelman, Lila Gleitnam, Ernest Hilgard, Philip S. Holzman, Elizabeth Loftus, Paul R. McHugh oder Ulric Neisser zu nennen. Der Wissenschaftsrat war sowohl aus Forschern als auch aus praktisch arbeitenden Psychologen und Medizinern aufgebaut.

Finanziert wurde die FMSF durch Spenden. Sie hatte keine Verbindungen zu kommerziellen Unternehmen.

Die Stiftung löste sich am 31. Dezember 2019 auf. [18]

Unterstützende Wissenschaftler

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Prominente Mitglieder des Scientific Advisory Boards der Stiftung sind Aaron T. Beck, Rochel Gelman, Leila Gleitman, Ernest Hilgard, Philip S. Holzman, Elizabeth Loftus, Paul McHugh und Ulric Neisser.

Mike Stanton gab in einem Interview in der Columbia Journalism Review an, dass die FMSF einen großen Einfluss auf die Berichterstattung hatte. Laut ihm zeigte eine Studie, die 1991 vor der Gründung der Gruppe durchgeführt wurde, dass mehr als 80 % der Berichte im Sinne der Überlebenden geschrieben waren, sodass wiedererangte Erinnerungen als gegeben hingenommen wurden. Drei Jahre später konzentrierten sich laut Stanton die Berichterstattungen auf falsche Anschuldigungen, die häufig Erinnerungsverfälschung beinhalteten. Die Autorin der Studie, Katherine Beckett, schrieb diese Veränderungen FMSF zu.[19]

Die FMSF wurde als Instanz kritisiert, die Fortschritte des Feminismus und der Opfer sexuellen Missbrauchs zum Thema Aufklärung über inzestuösen sexuellen Missbrauch an Kindern zunichte gemacht habe.[20] Es wurde ebenfalls bemängelt, dass die FMSF sich als wissenschaftliche Organisation darstellen würde, während sie parteipolitisch und gesellschaftlich aktiv wurde.[21]

Die Behauptungen der FMSF für das Auftreten und die Verbreitung von verfälschten Erinnerungen wurden als mangelnd an Beweisen und als eine Instanz, die angeblich falsche Statistiken über das Problem verbreitete kritisiert. [21]

Obwohl die Stiftung anbot, wissenschaftliche Beweise für die Existenz des "False Memory Syndrome" anzubieten, hatte die FMSF keine formalen Kriterien für eine der vorherrschenden Merkmale des Syndroms: Wie man feststellen konnte, ob die Beschuldigungen wahr oder falsch waren. Die meisten Berichte der FMSF waren anekdotisch. Die zitierten Studien, die die Behauptung, dass Erinnerungsverfälschung einfach erschaffen werden kann, unterstützen sollten, beruhten häufig auf Experimenten, die wenig mit Erinnerungen an sexuellen Missbrauch gemein hatten. Obwohl die FMSF erklärte, dass falsche Erinnerungen aufgrund von dubiosen Therapien auftraten, konnte die Organisation auch keine Daten zu diesen therapeutischen Praktiken präsentieren. [20]

Unter den Anekdoten, die die FMSF verwendete, um ihre Behauptungen zu untermauen, befanden sich auch Beispiele von Menschen, die ihre Erinnerungen außerhalb von Therapien wiedererlangt hatten.[1]

Der Astrophysiker und Astrobiologe Carl Sagan zitierte für sein letztes Buch The Demon- Haunted World: Science as a Candle in the Dark aus einem 1995 erschienen Beitrag des FMSF Newsletters. Er verwendete Textpassagen, um seine Kritik an angeblich wiedererlangten Erinnerungen von Opfern der Entführung durch Außerirdische und der rituellen Gewalt durch satanistische Sekten, die beide einen Verschwörungsmythos darstellen, zu untermauern.[22]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Stephanie J. Dallam (2001): Crisis or Creation: A Systematic Examination of “False Memory Syndrome”. Journal of Child Sexual Abuse (Haworth Press) Vol 9; No. 3/4, S. 9–36. Zusammenfassung online
  2. Peter Bloomberg: One family’s tragedy spawns national group, The Baltimore Sun, 12. September 1994
  3. Renee Fabian: Survivors Celebrate the End of the False Memory Syndrome Foundation After 27 Years, The Mighty, 30. Dezember 2019. Abgerufen am 2. Januar 2020 (englisch). 
  4. dieser Ausschnitt aus dem Interview wird zum Beispiel wiedergegeben in: Jennifer J. Freyd: Betrayal Trauma. The Logic of Forgetting Childhood Abuse. Harvard University Press, Cambridge 1996, ISBN 0-674-06806-8, S. 38. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  5. a b Valerie Sinason: Memory in dispute. Karnc Books, London 1998 (online [abgerufen am 12. September 2012]).
  6. Homepage der Foundation, Stand vom 27. Oktober 2009
  7. Fried, Stephen: War of Remembrance. In: Philadelphia Magazine. Volume 85, Number 1, 1. Januar 1994.
  8. Whitfield, C.: Memory and abuse: Remembering and healing the effects of trauma. Health Communications, Inc. Deerfield Beach , FL 1995.
  9. Doe, J: How could this happen? Coping with a false accusation of incest and rape. 3. Auflage. Issues in Child Abuse Accusations, Nr. 3, 1991, S. 154–165.
  10. Dallam, SJ: Crisis or Creation: A Systematic Examination of 'False Memory Syndrome. 3/4 Auflage. Journal of Child Sexual Abuse, Nr. 9. Haworth Press, 2001, S. 9–36.
  11. Calof, DL: A Conversation With Pamela Freyd, Ph.D. Co-Founder And Executive Director, False Memory Syndrome Foundation, Inc. In: Treating Abuse Today. Band 3, Nr. 3, 1993.
  12. Lightfoot, Liz: "Child abuse expert says paedophilia part of 'God's will'". The Sunday Times. London 19. Dezember 1993.
  13. Wakefield, H; Underwager R: Interview with Hollida Wakefield and Ralph Underwager. In: Paidika. Band 3, Nr. 1, 1993, S. 3–12.
  14. Lightfoot, Liz: "Child Abuse Expert Says Paedophillia Part of "God's will"". In: Sunday Times. 19. September 1993.
  15. Underwager, R; Wakefield H.: Misinterpretation of a Primary Prevention Effort. In: Issues in Child Abuse Accusations. Band 6, Nr. 2, 1994, S. 96–107.
  16. False Memory Syndrome Foundation.: "Frequently Asked Questions – What therapy practices cause concern?" 11. Januar 2010.
  17. False Memory Syndrome Foundation: Welcome To Memory and Reality: Website of the False Memory Syndrome Foundation FMS Foundation website. 16. September 2009.
  18. Survivors Celebrate the End of the False Memory Syndrome Foundation. Abgerufen am 18. April 2020 (amerikanisches Englisch).
  19. Mike Stanton.: "U-Turn on Memory Lane". In: Columbia Journalism Review. 1997.
  20. a b Walker, JA: Trauma cinema: documenting incest and the Holocaust. University of California Press, Berkeley 2005, S. 64–5.
  21. a b Stephanie J. Dallam: Crisis or Creation? A Systematic Examination of False Memory Syndrome. In: Journal of Child Sexual Abuse. Band 9, Nr. 3-4, 11. März 2001, ISSN 1053-8712, S. 9–36, doi:10.1300/J070v09n03_02 (tandfonline.com [abgerufen am 18. April 2020]).
  22. Sagan, Carl: The Demon-Haunted world: Science as a Candle in the Dark. Hrsg.: Ballantine Books. New York 1996, S. 166.

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