Benutzer Diskussion:H.Andreae-Berlin/Abraham von Willemer

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Abraham Ludwig Heinrich Jacob Willemer, genannt Brami, seit 1816 von Willemer (* 24. Mai 1794 in Frankfurt am Main; † 19. Juni 1818 in Wulkow bei Neuruppin) war ein Frankfurter Hauptmann und Teilnehmer an der Schlacht von Waterloo. Seine Mutter verstarb frühzeitig und er wuchs ohne die notwendige Herzenswärme auf. Seine Leben bekam eine Wende, als sein Vater Johann Jacob v. Willemer die junge Schauspielerin Marianne Jung in sein Haus aufnahm. Marianne entflamme Abrahams Herz, wie das seines Vaters und später Johann Wolfgang v. Goethe. Die Tragik begann, als sein Vater Marianne ehelichte. Abraham v. Willemer litt stark darunter. Seine Niedergeschlagenheit führte letztendlich dazu, dass er 1818 einen Streit provozierte der in einem Duell endete. Ziel Willemers war es, diesem Leben ein Ende zu setzen. Sein Gegner erhielt entgegen der damals üblichen Regel keine Todesstrafe, sondern 20 Jahre verschärfte Festungshaft. Schon ein Jahr später zeigte Vater Willemer die Größe, sich bei König Friedrich Wilhelm III. für die Begnadigung des Duellanten einzusetzen, dem einige Monate später stattgegeben wurde. Die Geschichte fand Einzug in die Literaturgeschichte unter anderem in Theodor Fontanes Wanderung durch die Mark Brandenburg und in den Briefwechsel von Goethe.

Abraham v. Willemer, genannt Brami, war der Sohn des Frankfurter Bankiers Johann Jacob v. Willemer und seiner zweiten Ehefrau Jeannette Chiron. Willemer war das 7. von acht Kindern seines Vaters aus insgesamt drei Ehen. Von den acht Kindern verstarben bereits drei Kinder im frühen Kindesalter. Auch seine Mutter verstarb drei Wochen nach der Geburt ihres zweiten Kindes 1796. Somit war Brami v. Willemer der einzige männliche Nachkomme, der das Kindesalter überlebte und der lang ersehnte Stammhalter seines Vaters. Auch wenn die Beziehung zwischen Vater und Sohn belastet war, so ließ er seinem Sohn die beste Erziehung zukommen. Unter anderem wurde er von dem bekannten Pädagogen Mieg erzogen und war einige Jahre auf der Schule von Pestalozzi in Yverdun (Schweiz). Sein ehemaliger Lehrer Mieg schrieb über ihn an Pestalozzi am 16. Juli 1815:

„Sie würden sich über Ihren Schüler freuen, wenn Sie ihn sähen: denn er ist außerordentlich ernsthaft und gesetzt geworden und er ist gar nichts von dem windbeutligen Brami übrig und dabei ist er sehr moralisch.“[1]

Wenn der Pädagoge Mieg von einem "windbeutligen Brami" schreibt, dann lässt das auf einen jungen Mann schließen, der sehr emotional regagieren konnte. Wir wissen aber auch, das er sehr sensibel war. Beides Eigenschaften, die das spätere Duell begünstigten.

Trotz seiner anhaltenden tiefen Verbundenheit mit Marianne v. Willemer, verlobte er sich im Frühjahr 1818 mit Dorothee Baronin von Geist, einer Großgrundbesitzerin aus Großbeeren bei Berlin [2]

Marianne von Willemer

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Vater Willemer war nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau in die Oberdirektion des Frankfurter Theaters gewählt worden. In dieser Funktion erkannte er das Talent der jungen Schauspielerin Marianne Jung. Er wollte sie fördern und nahm sie in sein Haus auf. Sie hatte den Status einer Pflegetochter, wo sie gemeinsam mit seinen Kindern eine musische und sprachliche Ausbildung genoss. Dem Haus Willemer tat ihre lebensfrohes Naturell gut. Auch Brami v. Willemers Herz wurde von ihr erwärmt und der junge Mann entwickelte eine tiefe Zuneigung zu ihr, die zu seinem Glück von ihr erwidert wurde. Die Tragik nahm ihrem Lauf, als sein Vater auf anraten von Johann Wolfgang v. Goethe, Marianne 1814 ehelichte.[1] Sie sollte als Marianne v. Willemer seine dritte und letzte Ehefrau werden und als Goethes Sulaika in die Literaturgeschichte eingehen. Die Ehe war keine Liebesehe auf Gegenseitigkeit, sie war eher davon geprägt, den Ruf von Marianne v. Willemer in der Frankfurter Gesellschaft zu schützen.

Nach der Hochzeit wurden die Kontakte von Abraham v. Willemer mit der Familie seltener, der Schmerz saß zu tief. Im Jahre 1816 bat ihn Marianne, um einen Beitrag für ihr Stammbuch. Im Blatt 26 ist zu lesen:[3]

„Dich sah ich oft, und immer anders, als Kind, als Jüngling und als Mann, du warst dir immer gleich wenn schon im Äußern Du Dich geändert hattest so bleibe auch, dem Vater mache die Erde zum Himmel, das Leben schön und froh, so bin ich durch Dich auch glücklich und sehen wir uns hier nicht wieder je nun so ist es dort, und dort, Freundin, Mutter sind wir alle glücklich, und ich werde bis dahin und dort auch noch Dein Brami seyn.
Frankfurt, den 11. Februar 1816
Brami
Prm. Capt Ritt“

Man erkennt an diesen Zeilen, wie sehr Brami v. Willemer Marianne verehrte und seine charakterliche Größe, das er dem Vater wünschte, “...das sie ihm die Erde zum Himmel mache...". Er war bereit, seine eigenen Gefühle zurückzustellen. Wie sehr sich auch Marianne mit Brami verbunden fühlte und wie dankbar sie war, das er der Heirat mit seinem Vater den Segen gab, kann man an ihrer Notiz erkennen, die sie unter seiner Eintragung vornahm.

„Das Herz ist Dir geblieben, den 7. Oktober 1816“[3]

Nach seinem Tod fügte sie der Eintragung ein kleines Kreuz hinzu.

Seine Militärzeit

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Willemer wurde 1814 als preußischer Offizier zum Oberleutnant befördert. 1815 wurde er Hauptmann. Nach Teilnahme als Adjutant einer Brigade am deutsch-französischen Feldzug 1815, der mit der Schlacht von Waterloo endete, wurde er 1816 in Köln stationiert. 1816 erhielt er die Kommandierung an die Kriegsschule zu Berlin. Zu diesem Zeitpunkt war Brami bereits Kapitän bei dem 7ten Linien-Infanterieregiment.[3]

Ihm wurde das Eisernen Kreuzes als Teilnehmer in der Schlacht von Waterloo verliehen.[1]

Der provozierte Streit

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Über den Streit zwischen Brami v. Willemer und Theodor v. Bockum-Dolffs wird wie folgt berichtet:

Von Bockum-Dolffs pflegte vor Beginn der Vorlesung in der Kriegsschule seinen Reitunterricht zu absolvieren. Dadurch verspätete er sich regelmäßig. Das veranlasste Willemer dazu, den festzugewiesenen Platz von Theodor Bockum-Dolffs einzunehmen. Dieser forderte ihn, als er den Lehrraum betrat, mehrfach auf, seinen Platz freizugeben. Er verweigerte dies. Daraus entstand vor den versammelten Offizieren der Kriegsschule ein handfester Streit. Nachdem v. Bockum-Dolffs mit sanfter Gewalt seinen Stuhl neben ihm einzwängte, verließ Willemer das Vorlesungszimmer. Er kehrte aber nach kurzer Zeit zurück und nahm den ihm eigentlich zugewiesen richtigen Platz ein.

Brami v. Willemer meldete den Vorgang der Direktion der Kriegsschule. Dadurch kam wiederum v. Borkum-Dolffs in Zugzwang. Nach mehreren Versuchen, auch durch Einschaltung Dritter, den Streit beizulegen, endete mit der Aufforderung durch Brami v. Willemer zum Duell auf Pistole. Somit nahm das Schicksal seinen Lauf. [4]

Das Duell und seinen Verlauf kann man nicht nur aus der Sicht des reinen Streits bewerten. Abraham v. Willemer litt zu tiefst unter der Beziehung zu seinem Vater und dessen Ehe mit Marianne v. Willemer. Sein Leben hatte an Sinn verloren. Brami v. Willemer hat das Duell gezielt provoziert und seinen Tod bewußt einkalkuliert. [1]

Abschiedsbrief an seinen Vater

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Wie zerrissen von Willemer mit sich, dem Duell und der Beziehung zu seinem Vater war, läßt sich aus dem Abschiedsbrief an ihn herauslesen:

„Wenn Du diesen Brief erhältst, bin ich nicht mehr; meine Ehre erfordert es, mich mit einem jungen Offizier zu schießen; ich bin, solange ich konnte, dem Duell ausgewichen; indes es ging nicht. Tröste dich mein lieber guter alter Freund; ich verlasse eine Welt, in der mein Sehnen schon lange nicht mehr war; du verlierst den Körper eines sehr geliebten Sohnes, doch sein Geist bliebt bei dir und seine Ehre ist unbefleckt; ich bin preußischer Offizier, und dem darf die Wahl zwischen Tod oder Schande nicht schwer fallen; freilich würde ich lieber im Dienste meines geliebten Königs fallen, von Feindes Händen, doch es soll vielleicht nicht so sein; wie Gott will! In seine Hände befehle ich meine Seele. ..... Nun lebe wohl, mein edler Vater! Falle ich, dann sehe ich meine Mutter und werde ihr sagen, wie du mich geliebt und für mich gesorgt hast; vergessen ist alles Unangenehme der letzten Zeit. .... Lebe wohl, lebe wohl! Morgen um 4Uhr ists entschieden. Brami“[5]

Mit dem Brief wollte er den Frieden mit seinem Vater wieder herstellen. Er stellte seine Ehre in den Vordergrund des Duells und hoffte auf ein Wiedersehen mit seiner Mutter, die er im Alter von zwei Jahren verloren hatte.

Am 18./19. Juni 1818 verließen die Duellanten mit ihren Sekundanten Berlin. Man traf sich in einem entlegenen Heidegebiet in der Nähe des Dorfes Wulkow östlich von Neuruppin. Im Morgengrauen des 19. Juni, kurz nach 5 Uhr, fand das Duell statt. Anwesend war noch ein Wundarzt, Willemers Sekundant von Thiellau und Bockum-Dolffs Sekundant von Gaffron. Vereinbart war ein Pistolenduell auf Barriere zu 20 Schritten. Beide Kontrahenten bezogen ihre Stellung und legten wohl fünf Minuten aufeinander an, ohne zu schiessen. Das war schon ein Zeichen dafür, das beide sich des sinnlosen und verhängnisvollen Handels bewusst waren. Brami v. Willemer forderte schließlich – ungewöhnlich, da er der eigentliche Herausforderer war, von Borkum-Dolffs zum ersten Schuss auf. Er erhoffte offensichtlich seine tödliche Niederlage.[1] Dieser zögerte aber weiter. Erst sein Sekundant wies ihn darauf hin, da der Gegner nichts unternehme, bleibt ihm keine andere Wahl als selber zu schießen, seine Ehre stünde auf dem Spiel. Gleich der erste Schuss traf den seitlich stehenden Willemer tödlich durch das Herz und beide Lungenflügel. Als von Borkum-Dolffs sich entfernen wollte, raffte sich Brami v. Willemer noch einmal auf, und schoss seinerseits. Er traf ihn an der rechten Schulter. Willemer brach erneut zusammen, die Pistole in der rechten – und die Miniatur seiner Verlobten Baronin v. Geist in der linken Hand fest umklammert. Vom Wundarzt noch versorgt, starb er zwei Stunden später in ruhiger Verfassung an gleicher Stelle.[4]

Theodor von Borkum-Dolffs, floh anschließend über die preußische Grenze nach Mecklenburg auf ein Familiengut bei Parchim[4]

Von Borkum-Dolffs wurde noch im gleichen Jahr, entgegen dem Plädoyer das mäßige Haft forderte, zu scharfer 20 jährigen Festungshaft verurteilt. Von der damals noch üblichen Todesstrafe wurde allerdings abgesehen.[4]

Bramis v. Willemers Leichnam wurde zurück nach Großbeeren gebracht und dort beigesetzt. Seine Grabstelle vor der Schinkelkirche, ist noch heute vorhanden und wurde 2019 instand gesetzt.

Im Frühjahr 1819 reiste Johann Jacob v. Willemer nach Berlin, und bat in einer Audienz König Friedrich Wilhelm III. um Begnadigung für den inhaftierten Theodor v. Borkum-Dolffs. Auf der Weiterreise verweilte er vermutlich am Grab seines Sohnes und besuchte anschließend am 10. April 1819 den Inhaftierten auf der Festung Magdeburg. Die Begnadigung wurde am 25. Februar 1820 ausgesprochen. [4]

Wie sehr die Familie unter dem tragischen Tod von Brami v. Willemer litt, ist durch erhaltene Briefe unter anderem an Wolfgang v. Goethe überliefert. Auch Marianne v. Willemer hatte ein Stück Lebensmut verloren.[1]

Im Andenken an Brami v. Willemer und seinem viel zu frühen Tod versprachen seine trauernden Schwestern dem Vater und Marianne v. Willemer, den nächst geborenen Sohn nach ihm zu benennen. Der erste Namensträger wurde ein Jahr später Abraham Andreae. Seine Patin wurde Marianne v. Willemer. [1] Diese Tradition wird bis heute aufrechterhalten.

Auch Theodor Fontane berichtet in seinen bekannten "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" über das Duell und das Grab von Abraham von Willemer in Großbeeren.[6]

Manfred Michael (Hrsg.), Großbeeren 1813 - 2013 - Von Siegesfest zu Siegesfest, 1. Auflage Juni 2013, Eigenverlag, Seite 20ff, (keine ISBN Nr. )

Der Historische Pfad in Großbeeren - die Geschichte des Brami v. Willemer

Instandsetzung der Grabstelle in Großbeeren

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Dagmar von Gersdorf: Marianne von Willemer und Goethe. Geschichte einer Liebe. Insel-Verlag, Berlin 2011 ISBN 3-458-17176-2, Seite 59, 76,77, 186, 187, 228
  2. Dagmar Ulrich, Manfred Michael (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte von Großbeeren Teil 14/2 - Großbeerener Geistesgrößen, 2009, (keine ISBN Nr.)
  3. a b c Kurt Andreae (Hrsg.): Das Stammbuch der Marianne von Willemer, Leipzig 2006,ISBN 978-3458173236, Seite 82 - 85
  4. a b c d e Horst Conrad: „Morgen um 4 ists entschieden“. Der Duelltod des Abraham von Willemer und die Familie von Bockum-Dolffs zu Sassendorf. Vereinigte Westfälische Adelsarchive, Münster 2005, S. 4ff.
  5. "Alt-Frankfurt" Geschichtliche Zeitschrift für Frankfurt am Main und seine Umgebung, Frankonia Verlag, Frankfurt am Main, August 1992, 2. Jahrgang, Nr. 8, Seite 103 - 106
  6. Theodor Fontane, Wanderung durch die Mark Brandenburg, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg, 1952, Seite 520