Benutzer:Zwikki/Vogt

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Der pyknotische Substanz-Begriff

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(Ursprinzip der Verdichtung oder Pyknose). In principiellem Gegensatze zu der herrschenden Vibrations-Lehre oder der kinetischen Substanz-Theorie steht die moderne Densations-Lehre oder die pyknotische Substanz-Theorie. Dieselbe ist am eingehendsten von J. G. Vogt (in Leipzig) begründet, in seinem ideenreichen Werke über "Das Wesen der Electricität und des Magnetismus auf Grund eines einheitlichen Substanz-Begriffes" (1891). Vogt nimmt als die gemeinsame Urkraft des Weltalls, als die universelle Prodynamis, nicht die Schwingung oder Vibration der bewegten Massentheilchen im leeren Raume an, sondern die individuelle Verdichtung oder Densation einer einheitlichen Substanz, welche den ganzen unendlichen Weltraum kontinuirlich, d. h. lückenlos und ununterbrochen, erfüllt; die einzige derselben innewohnende mechanische Wirkungsform (Agens) besteht darin, daß durch das Verdichtungs- oder Kontraktions-Bestreben unendlich kleine Verdichtungs-Centren entstehen, die zwar ihren Dichtegrad und damit ihr Volumen ändern können, aber an und für sich beständig sind. Diese individuellen kleinsten Theilchen der universalen Substanz, die Verdichtungs-Centren, die man Pyknatome nennen könnte, entsprechen im allgemeinen den Uratomen oder letzten diskreten Massentheilchen des kinetischen Substanz-Begriffes; sie unterscheiden sich aber sehr wesentlich dadurch, daß sie Empfindung und Streben (oder Willensbewegung einfachster Art) besitzen, also im gewissen Sinne beseelt sind - ein Anklang an des alten Empedokles Lehre vom "Lieben und Hassen der Elemente". Auch schweben diese "beseelten Atome" nicht im leeren Raume, sondern in der kontinuirlichen, äußerst dünnen Zwischensubstanz, welche den nicht verdichteten Theil der Ursubstanz darstellt. Durch gewisse "Konstellationen", Störungszentren oder Deformirungs-Systeme", treten große Massen von Verdichtungscentren rasch in gewaltiger Ausdehnung zusammen und erlangen ein Uebergewicht über die umlagernden Massen. Dadurch scheidet oder differenzirt sich die Substanz, die im ursprünglichen Ruhezustand überall die gleiche mittlere Dichte besitzt, in zwei Hauptbestandteile: die Störungs-Centren, welche die mittlere Dichte durch Pyknose positiv überschreiten, bilden die wägbaren Massen der Weltkörper (die sogenannte "ponderable Materie"); die dünnere Zwischensubstanz dagegen, welche zwischen ihnen den Raum erfüllt und die mittlere Dichte negativ überschreitet, bildet den Aether (die "imponderable Materie"). Die Folge dieser Scheidung zwischen Masse und Aether ist ein ununterbrochener Kampf dieser beiden antagonistischen Substanz-Theile; und dieser Kampf ist die Ursache aller physikalischen Processe Die positive Masse, der Träger des Lustgefühls, strebt immer mehr, den begonnenen Verdichtungs-Proceß zu vollenden, und sammelt die höchsten Werthe potentieller Energie; der negative Aether umgekehrt sträubt sich in gleichem Maße gegen jede weitere Steigerung seiner Spannung und des damit verknüpften Unlustgefühls; er sammelt die höchsten Werthe aktueller Energie.

Es würde hier viel zu weit führen, wollte ich näher auf die sinnreiche Verdichtungs-Theorie von J. G. Vogt eingehen; der Leser, der sich dafür interessirt, muß die Vorstellungs-Gruppen, deren Schwierigkeit im Gegenstande selbst liegt, in dem klar geschriebenen, populären Auszug aus dem zweiten Bande des citirten Werkes zu erfassen suchen. Ich selbst bin zu wenig mit Physik und Mathematik vertraut, um die Licht- und Schattenseiten derselben kritisch sondern zu können; ich glaube jedoch, daß dieser pyknotische Substanz-Begriff für jeden Biologen, der von der Einheit der Natur überzeugt ist, in mancher Hinsicht annehmbarer erscheint, als der gegenwärtig in der Physik herrschende kinetische Substanz-Begriff. Ein Mißverständniß kann leicht dadurch entstehen, daß Vogt seinen Weltproceß der Verdichtung in principiellen Gegensatz stellt zu dem allgemeinen Vorgang der Bewegung - er meint damit die Schwingung im Sinne der modernen Physik. Auch seine hypothetische "Verdichtung" (Pyknosis) ist ebenso durch Bewegung des Substanz bedingt, wie die hypothetische "Schwingung" (Vibration); nur ist die Art der Bewegung und das Verhalten der bewegten Substanz-Theilchen nach der ersteren Hypothese ganz anders als nach der letzteren. Uebrigens wird durch die Verdichtungslehre keineswegs die gesammte Schwingungslehre beseitigt, sondern nur ein wichtiger Theil derselben.

Die moderne Physik hält gegenwärtig zum größten Theile noch zäh an der älteren Vibrations-Theorie fest, an der Vorstellung der unvermittelten Fernwirkung und der ewigen Schwingung todter Atome im leeren Raume; sie verwirft daher die Pyknose-Theorie. Wenn diese letztere nun auch keineswegs vollendet sein mag; und wenn Vogt«s originelle Spekulationen auch mehrfach irre gehen, so erblicke ich doch ein großes Verdienst dieses Naturphilosophen darin, daß er jene unhaltbaren Principien der kinetischen Substanz-Theorien eliminirt. Für meine eigene Vorstellung, wie für diejenige vieler anderer denkender Naturforscher, muß ich die folgenden, in Vogt«s pyknotischer Substanz-Theorie enthaltenen Grundsätze als unentbehrlich für eine wirklich monistische, das ganze organische und anorganische Naturgebiet umfassende Substanz-Ansicht hinstellen: I. Die beiden Hauptbestandtheile der Substanz, Masse und Aether, sind nicht todt und nur durch äußere Kräfte beweglich, sondern sie besitzen Empfindung und Willen (natürlich niedersten Grades!); sie empfinden Lust bei Verdichtung, Unlust bei Spannung; sie streben nach der ersteren und kämpfen gegen letztere. II. Es giebt keinen leeren Raum; der Theil des unendlichen Raumes, welchen nicht die Massen-Atome einnehmen, ist von Aether erfüllt. III. Es giebt keine unvermittelte Fernwirkung durch den leeren Raum; alle Wirkung der Körpermassen auf einander ist entweder durch unmittelbare Berührung, durch Kontakt der Massen bedingt, oder sie wird durch den Aether vermittelt.