Benutzer:Teutschenthaler-Heimatforscher/Kriegerdenkmal Köchstedt

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Das Köchstedter Kriegerdenkmal befindet sich am Ortsrand des Teutschenthaler Ortsteils Köchstedt im Saalekreis, ca. 15 Kilometer westlich von Halle/Saale.


Am 21. Oktober 1925 wurden beim Dampfpflügen auf einem Acker nordöstlich von Köchstedt mehrere große Steinblöcke aus dem Boden gerissen. Der archäologische Befund wurde von Dr. N. Niklasson noch am selben Tag untersucht. Seine Beobachtungen und Deutungen hielt der Archäologe in einem Fundbericht (Anhang) fest. Daneben veranschaulicht eine dazugehörige Skizze die Fundsituation (Abb. 5). Acht Jahre nach seiner Fundmeldung entschloss sich Gutsbesitzer Koch die Steinblöcke für ein Kriegerdenkmal wiederzuverwenden. Zur Unterstützung seines Vorhabens wandte er sich an die Landesanstalt für Vorgeschichte in Halle. Aus der daraus resultierenden Korrespondenz gehen weitere Interpretationen hervor, welche Niklasson im persönlichen Gespräch mit Koch geäußert hatte. Ferner werden darin die Ansichten Niklassons seitens der Landesanstalt bestätigt und ergänzt.

Topographie und Beschreibung des Fundgeländes

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Die Fundstelle der Steinböcke befindet sich einen Kilometer nordöstlich der Ortslage Köchstedt, auf einem Acker zwischen Bennstedt und Langenbogen, am Nordostrand eines sanften Höhenplateaus (Abb. 6). Das Fundgelände erstreckt sich über den gesamten nordöstlichen Teil der Hauptterrasse aus Schottersedimenten der Salzke, welche sich infolge des Elster-Saale-Interglazials hier abgelagert hatten. Das erhöhte Areal wird im Westen von der „Neuen Parkstraße“ begrenzt. Nahe dieser westlichen Begrenzung stören einige Senken die sonst recht ebene Fläche. Diese Störungen erscheinen auf einem Luftbild (Abb. 7) als Bewuchsmerkmale und ergeben sich aus Vegetationsanomalien. Sie stehen mit den in diesem Bereich verzeichneten Braunkohlegruben in Zusammenhang und bezeugen den einstigen obertägigen Bergbau im 19. Jahrhundert auf dem Terrain (Abb. 8). Das Plateaugeläuf verjüngt sich in Form einer Geländezunge in westöstlicher Richtung. Dieser Sporn erhebt sich etwa 10 Meter über dem südöstlich vorbeifließenden Würdebach, zu dem er steil abfällt. Auch zur nordöstlichen Seite ist ein deutlicher Höhenunterschied mit einem teilweise steilen Abhang zu verzeichnen. Auf dieser Seite wird das Areal von der Verbindungsstraße L173 zwischen Bennstedt und Langenbogen flankiert. Im Sommer 1993 fertigte der Luftbildarchäologe O. Braasch im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle eine Aufnahme des Spornplateaus an. Neben den ehemaligen Braunkohlegruben zeichnet sich auf dem getreidebewachsenen Feld eine West-Ost verlaufende punktierte Linie ab (Abb. 7). Die Funktion dieser als Pitalignments bezeichneten Grubenreihen ist unklar: Wahrscheinlich dienten sie der Parzellierung von Geländefluren. Eine zeitliche Einordnung dieser prähistorischen Gruppenreihen ist ebenfalls schwierig. Man geht davon aus, dass sie nach 1000 v. Chr. in der Spätbronzezeit oder der frühen Eisenzeit angelegt wurden. Ob die Köchstedter Steinplatten mit dieser Geländeparzellierung im Zusammenhang stehen, muss offen bleiben. Bei mehrmaligen Geländeprospektionen auf dieser Flur im Herbst 2013 konnte kein prähistorischer Lesefund erzielt werden. Es fanden sich lediglich zahlreiche kleinere Scherben, welche dem typischen Scherbenschleier entstammen und somit weder in einem Siedlungs-, noch in einem Bestattungskontext stehen. Vorwiegend handelte es sich bei den gefundenen Keramikstücken um frühneuzeitliche Irdenware und Steinzeug. Einige wenige Fragmente stammen aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Dieser Scherbenschleier gelangte infolge von Mistdünnung auf die Felder. Demnach ist zu vermuten, dass das Terrain bereits weit vor dem Industriezeitalter landwirtschaftlich genutzt wurde. Die Blöcke des mutmaßlichen Steingrabes wurden am nordöstlichen Abhang des Spornplateaus ausgepflügt (Abb. 6). Diese exponierte Stelle zeichnet sich durch ihre Lage am Rand der Anhöhe, hoch über dem Würdebachtal, aus. Von hier aus ist der Blick zwischen den Muschelkalkbergen hindurch in Richtung der Täler von Köllme und Bennstedt möglich. Über die breite flache Talmulde ist zudem die Sicht über Köchstedt bis nach Teutschenthal gegeben. Ein Hügel an dieser Stelle wäre von allen Seiten weithin sichtbar. Ausgehend von den Angaben Niklassons aus seinem Fundbericht und unter Berücksichtigung der Aussagen Dr. W. Röpkes zur Entstehung der Hauptterrasse aus Salzkeschotter, stellt sich das Bodenprofil folgendermaßen dar: Der aus einer 50 Zentimeter starken Humusschicht bestehende A-Horizont bildet den Oberboden. Der B-Horizont besteht aus dem mindestens 80 Zentimeter dicken sandigen Unterboden. Die Schottersedimente der Salzke-Terrasse entsprechen dem C-Horizont. Auf Grund des fruchtbaren Oberbodens wird das Gelände nach wie vor landwirtschaftlich genutzt.

Forschungsstand bis 1933

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Den Fundbericht zu den Steinblöcken verfasste der schwedische Archäologe Nils Niklasson. Während des Ersten Weltkrieges kam dieser als Student auf Grund von Personalmangel als „Arbeitshilfe“ nach Halle (Abb. 9). Bekannt ist er unter anderem durch seine Forschungen zur Baalberger Kultur und den ersten Ausgrabungen in Salzmünde. Zwar konnte Niklasson bei seinem Eintreffen die für ihn offengehaltene Fundstelle inspizieren, jedoch hatte man bereits einige der gefundenen Steinblöcke an den Straßenrand verlagert. Anhand der Angaben des Dampfpflugführers wurde ein vermeintlicher Urzustand rekonstruiert. Dieser wird durch eine Befundskizze veranschaulicht (Abb. 5). Vier kleinere Blöcke stützen einen großen unregelmäßigen Block. Daneben liegt auf gleicher Höhe ein massiver Stein auf dem natürlich gewachsenen sandigen Boden. Von den Darstellungen der Skizze ausgehend, scheinen die tragenden Steine dabei auf den Flachseiten zu liegen. Die beiden massiven Blöcke hatte Niklasson mit etwa 1,5 x 1,5 x 0,70 Meter und 1,5 x 1,00 x 0,70 Meter vermessen. Die Sohle der Anlage gab er mit 1,30 Meter an. Darüber hatte Niklasson eine 0,50 Meter starke Humusschicht gemessen. Das Material der gefunden Komponenten bestimmte er als dichtes Quarzitsandstein. Niklasson betont in seinem Bericht die Ost-West-Ausrichtung der Anlage und die exponierte Lage der Fundstelle am nordöstlichen Abhang des Höhenplateaus. Die Anlage enthielt weder Skelettreste noch andere Beigaben. Außerdem erschien Niklasson der beengte Raum zwischen den stützenden Steinen für eine Bestattung zu klein, so dass er einen Bestattungskontext für die Anlage ausschloss. Erst 1933 wurde durch die Korrespondenz Kochs mit der Landesanstalt für Vorgeschichte die Möglichkeit eines Schein- oder Leergrabs mit einer Art Vorkammer in Erwägung gezogen. Trotz fehlender datierbarer Funde wurde dabei ein Alter von mindestens 4000 Jahren angenommen. Eine Nachnutzung des vermeintlichen Kenotaphs als Richtstätte wurde anhand von zwölf großen im Kreis angeordneten Steinen interpretiert, welche so allerdings im Fundbericht keine Erwähnung finden.

Der Fundbericht Niklassons und die Befundskizze lassen die Akribie moderner archäologischer Beschreibungen vermissen. Die Komplexität der Fundsituation hat, infolge aktueller Forschungsmethode und dem Einsatz modernster Technik, für die Archäologie der Gegenwart einen höheren Stellenwert als am Anfang des letzten Jahrhunderts. Die folgende Quellenkritik soll die alten Forschungsmethoden, Beobachtungen und Deutungen nicht anprangern, sondern vielmehr den Blick schärfen. Eine kritische Betrachtung ist unverzichtbar, um eine umfassende Sicht zu gewährleisten und um eventuelle Lücken bzw. Fehler der Quellen zu berücksichtigen. Bei der Schilderung der Fundstelle fehlen konkrete Entfernungsangaben. Die Erfahrung zeigt, dass die vage Beschreibung am nordöstlichen Rand eines Abhangs und die Markierung auf der Fundstellenkarte für eine gezielte Lokalisierung bzw. Prospektion des Fundplatzes zu unscharf sind (Abb. 8). Nur die beiden größten der gefundenen Steinblöcke werden von Niklasson detaillierter beschrieben. Zu Form, Anzahl und Größe der nur beiläufig erwähnten anderen Blöcke und Steine gibt er keine Hinweise. Aus dem Bericht geht nicht hervor, wie viel sich vom Fund bei Niklassons Eintreffen noch in situ befand. Auch ist unklar welchem Anteil an der Befundrekonstruktion die Angaben des Dampfpflugführers entsprechen. Offen ist ebenfalls, ob bereits alle Steinblöcke an den Feldrand verlagert waren oder nur die beiden beschriebenen großen Blöcke. Niklasson schließt zwar auf Grund des beengten Zwischenraumes die Funktion eines Grabes aus, stellt aber auch keine weiteren Vermutungen zu anderen möglichen Nutzungszwecken der Anlage an. Außerdem bleibt die Frage zur Zeitstellung unbeantwortet. Zwar wird diese Frage acht Jahre später durch Dr. Hülle beantwortet, doch bleibt ungeklärt auf welcher Grundlage er zu dieser Annahme gelangte. Die Deutung als Schein- bzw. Leergrab „zu Ehren eines Fern der Heimat gefallenen Helden“ sowie die Lokalisierung einer Art Vorkammer sind ebenfalls erst aus der nachträglich erfolgten Korrespondenz bekannt. Für diese Darstellungen finden sich weder im Fundbericht noch auf der dazugehörigen Befundskizze entsprechende Hinweise. Dagegen erscheint die Idee einer Nachnutzung der Stätte als Richtplatz möglich. Das Postulat eines Grabhügels stützt diese These. Die Kombination von prähistorischen Grabhügel und mittelalterlicher oder frühneuzeitlicher Richtstätte ist nicht selten und in Mitteldeutschland recht häufig anzutreffen. Ursache ist meist die exponierte Lage der Grabstätten auf natürlichen Anhöhen und an Ausfallstraßen. Diese weithin sichtbaren Standorte sollten die Blutgerichtsbarkeit demonstrieren und eine abschreckende Wirkung auf potentielle Straftäter haben. Meist sind diese Stätten der Gerichtsbarkeit aber auch durch entsprechende Bezeichnungen wie „Galgenberg“ oder „Galgenhügel“ auf Flurkarten teilweise bis in die Gegenwart dokumentiert. So findet sich beispielsweise im benachbarten Teutschenthal ein derartiger Flurname und verweist dort auf die Nachnutzung eines inzwischen eigeebneten prähistorischen Grabhügels als einstigen Richtplatz des Ortes. Auf einem Messtischblatt des Kgl. Preuss. Generalstabe von 1852 erscheint das Fundterrain unter der Bezeichnung „Die Längen“ (Abb. 10). Da der westlich angrenzende Acker auf dieser Karte als „Das kleine Feld“ erscheint, ist diese Bezeichnung wohl als lange Feldflur zu deuten. Natürlich ist aber auch die Deutung des Flurnamens in Bezug auf die Topographie der langgestreckten Geländezunge nicht auszuschließen. Somit liegen für die Köchstedter Fundstelle keine Flurbezeichnungen vor, die auf eine Nutzung als Richtplatz hindeuten. Darüber hinaus weisen auch keine anderen schriftlichen Quellen das Gelände als Ort der Gerichtsbarkeit aus. Auch für die Deutung eines Steinkreises liegen keine Hinweise vor. Die These einer Nachnutzung als Richtstätte kann daher nicht belegt werden.


Das Kriegerdenkmal befindet auf einer kleinen Anhöhe am Köchstedter Ortseingang, direkt an der Straße nach Teutschenthal-Bahnhof (Abb. 22). Die Denkmalsanlage ist west-östlich ausgerichtet. Eine breite, vierstufige Treppe führt an der Ostseite zum Monument, welches rechts und links von 1,55 Meter hohen Stelen flankiert wird (Abb. 23). Beide Stelen sind an der Oberfläche gemuldet (Abb. 24). Mittels einer brennbaren Flüssigkeit dienten diese Pechpfannen zur Inszenierung der Denkmalsanlage. Das fast rechteckig wieder errichtete Steingrab hat eine Länge von 2,50 Meter. Die Breite beträgt 1,30 Meter. Die Höhe entspricht 1,50 Meter. Am Ostende des Denkmals ist eine 0,60 Meter tiefe und 0,50 Meter breite Vorkammer abgeschieden (Abb. 25). Eine Bruchsteinmauer trennt diese vom Rest des Kriegerdenkmals. Zwei eigemauerte metallene Beschläge waren ursprünglich zur Anbringung einer Widmungstafel gedacht (Abb. 26). Das Bauwerk wird von zwei gewaltigen Braunkohlenquarzitblöcken dominiert. Diese werden von vier senkrecht stehenden Tragsteinen des gleichen Materials gestützt. Der größere der beiden deckenden Blöcke überspannt den Ostteil der Anlage bis weit über deren Mitte. Der westliche Bereich des Kriegerdenkmals wird vom kleineren Block abgedeckt. Die Maße der Deckblöcke mit 1,5 x 1,5 x 0,70 Meter und 1,5 x 1,0 x 0,70 Meter bestätigen die Messungen von Niklasson aus dem Jahr 1925. Die Längsseiten des Denkmals werden von je zwei Tragsteinen gebildet. Im Vergleich zu den massigen Deckblöcken wirken die tragenden Steine wie Platten. Jede der beiden Seiten besteht aus einer breiten und einer schmalen Steinplatte. Die Tragsteine der südlichen Längsseite weisen die Maße 1,20 x 0,25 x 1,00 Meter und 0,55 x 0,75 Meter auf (Abb. 27). Parallel dazu weisen die Steinplatten der nördlichen Wandung die Maße 1,20 x 0,30 x 0,95 Meter und 0,50 x 0,80 Meter auf (Abb. 28). Die Stärken der beiden schmalen Platten konnten nicht ermittelt werden, da diese für eine Messung zu sehr im Denkmal verbaut sind. Es ist aber davon auszugehen, dass diese nicht wesentlich von den Stärken der beiden breiten Wandelemente abweichen. Die Lücken zwischen den unbündig abschließenden Steinplatten sind mit kleineren Braunkohlenquarzitbrocken verfüllt. Der westliche Abschluss des Kriegerdenkmals ist vorwiegend aus glazialen Geschieben konstruiert. In der Sockelzone ist hier ein überwiegender Teil mit Beton ergänzt worden (Abb. 29).


Mike Leske: Ein Megalithgrab bei Köchstedt? Neu-Interpretation des Befundes und seine ideologische Verklärung, Teutschenthal 2014.