Benutzer:Sinuhe20/Schloss La Flachère

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Das Schloss La Flachère liegt in der Gemeinde Saint-Vérand im Departement Rhône, auf einem Hügel, der sich am Zusammenfluss von Azergues und Soanan erhebt.

Das Gut La Flachère liegt 25 km nordwestlich von Lyon am rechten Ufer des Azergues-Tals und wird im Osten vom Fluss Azergues, im Süden vom Fluss Soanan, im Westen von einer Gemeindestraße und im Norden teilweise von der Straße nach Saint-Vérand begrenzt.[1]

Die Gebäude konzentrieren sich überwiegend am nördlichen Rand der Domäne, die sich heute noch über eine Fläche von nahezu 270 Hektar in den Gemeinden von Bois d’Oingt, Saint-Vérand und Légny erstreckt. Trotz seiner administrativen Zugehörigkeit zu Saint-Vérand liegt das Anwesen in abgeschiedener Lage, fernab der umliegenden Ortschaften.[1]

Das Schloss wurde in einem leicht hügeligen Gelände auf dem höchsten Punkt einer großen, abschüssigen Wiese erbaut. Von hier aus reicht der Blick bis Les Écharmeaux, nach Oingt und über einen Teil des Azergues-Tals. Die Nebengebäude hingegen wurden in der Nähe des Schlosses auf abgestuften Terrassen errichtet und sind teilweise von kleinen Wäldern verdeckt.[1]

Die architektonische Konzeption des Schlosses folgt den mediävistischen Theorien des 19. Jahrhunderts, während die Gestaltung der Bauernhöfe und Nebengebäude sich an der regionaltypischen Bauweise des Beaujolais orientiert. Eine gestalterische Einheit wird vor allem durch die Verwendung von Materialien wie Backstein und dem charakteristischen goldenen Sandstein erreicht.[1]

Auf das Schloss wurden eine Reihe von Gestaltungsprinzipien umgesetzt, die Viollet-le-Duc in seinem Werk Histoire d’une maison („Geschichte eines Hauses“) formuliert hatte: Die Anordnung des Gebäudes berücksichtigt optimal die Aussicht, die Haupträume wie der Salon sind nach Süden ausgerichtet und ein nahegelegenes Wäldchen schützt die Nordfassade vor Wind. Die Funktionsbereiche sind klar nach Geschossen gegliedert.

Das Untergeschoss ist für die Küche, den Waschplatz, den Heizraum, den Weinkeller, das Esszimmer des Dienstpersonals und den Bügelraum reserviert. Diese Räume sind aus hygienischen Gründen nicht nach Süden, sondern nach Norden ausgerichtet und ebenerdig über einen Lichtgraben zugänglich.[2]

Das Erdgeschoss gliedert sich in mehrere separate Empfangsräume. Dazu zählen ein kleiner Salon, ein kleines Esszimmer, eine Damenbibliothek und ein Arbeitszimmer. Der große Salon, das große Esszimmer und der Billardraum sind zusätzlich über Außentreppen zugänglich. Eine besondere räumliche Anordnung weist der Salon auf: Er befindet sich in der Querachse des Hauses, schließt direkt an die Eingangshalle an, und öffnet sich großzügig nach außen.[2]

In der gesamten Raumaufteilung wurde ein doppeltes Gangsystem für die Schlossherren und das Dienstpersonal beibehalten. Die große Treppe, weitläufig und großzügig gestaltet, führt nicht zum Dachboden, sondern endet im Stockwerk, das von Herrn und Frau de Chaponay bewohnt wird. Es besteht aus etwa zehn übergroßen Zimmern, die bewusst mit Trennwänden versehen wurden, um zusätzliche Räume zum Ankleiden und Baden zu schaffen.[2]

Geschichte der Eigentümer

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Vorgängerbauten

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Bereits im Jahr 1306 wird die Existenz des Ortes Fleschère erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit einer Huldigung, die Gilet de Fleschère der Kirche von Saint-Vérand für das Begräbnisrecht leistete. Ein weiterer Beleg findet sich im Jahr 1412: der in La Flaschière ansässige Schildknappe Antoine d’Arcy äußerte den Wunsch, auf dem Friedhof von Saint-Vérand in seinem Familiengrab beigesetzt zu werden.[1]

Das Schloss ging dann an die Familie de Parange über, deren letzte Erbin, Claudine de Parange, es 1580 François de Chevriers, dem späteren Herrn von Tancy und La Flachère, als Mitgift in die Ehe brachte.[1]

Im 18. Jahrhundert wechselte das Anwesen mehrfach den Besitzer. 1719 erwarb es zunächst der Prinz von Guise, um es nur fünf Jahre später, 1724, an den Stallmeister Dominique Verdier zu veräußern. Nach Verdiers Tod entschied sich seine Witwe Jeanne-Joseph Delaborde 1763, das gesamte Anwesen für 175.000 Livres an Paul Durand zu verkaufen, der als Stallmeister, Berater und Sekretär des Königs diente und den Titel Baron de Châtillon trug. Dieser besaß nun das „Land, Schloss und die Herrschaft von La Flachère… bestehend aus einem Schloss mit vier Türmen mit voller hoher, mittlerer und niederer Gerichtsbarkeit, gelegen in der Gemeinde Saint-Vérand, mit dem Recht auf eine Kapelle in besagter Gemeinde“.[1]

Im Jahr 1796 heiratete Marie-Bonne-Antoinette Durand de Châtillon, die Enkelin von Paul Durand, Pierre-Anne, Marquis de Chaponay, Herr von Beaulieu und Chaponay; auf diese Weise gelangte das Anwesen von La Flachère in den Besitz der Familie Chaponay, einem alten Adelsgeschlecht aus dem Dauphiné, das seinen Namen von der Herrschaft Chaponay im Viennois ableitet.[3]

Der Katasterplan von 1827 zeigt den Zustand des Anwesens mit der Aufteilung der bebauten Fläche. Das Schloss, flankiert von vier Ecktürmen, gruppiert sich um einen rechteckigen Innenhof herum, zu dem ein rechtwinklig angeordneter Flügel an der Nordfassade hinzukommt. Die Westfassade wird vollständig von langgestreckten Nebengebäuden versperrt.[3]

Heutiges Schloss

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Das heutige Schloss wurde zwischen 1863 und 1869 von Eugène Viollet-le-Duc für Antoine-François-Louis, Graf von Chaponay, Sohn von Pierre-Anne de Chaponay und Marie-Bonne Durand de Châtillon, und seine Frau Sophie-Albertine-Cécile Reynaud de Boulogne de Lascours erbaut, die 1849 geheiratet hatten.[3]

Das Schloss wurde von den Chaponays bis Anfang des 20. Jahrhunderts bewohnt und ging dann im Rahmen einer Schenkungsaufteilung an ihren Sohn Pierre über. Pierre de Chaponay, Ehemann von Constance Schneider, vererbte seinerseits das Anwesen um 1940 an seinen Sohn Antoine.[3][4]

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg kaufte Madame de Levis-Mirepoix, geborene Chaponay, das Schloss von ihrem Bruder Antoine zurück. Mit der Gründung der Société Civile Immobilière de La Flachère (Immobiliengesellschaft von Flachère) erhielt Madame de Levis-Mirepoix nahezu alle Anteile, mit Ausnahme des Deville-Hofes und der Verwaltung. Nach ihrem Tod im Jahr 1975 verkaufte diese Gesellschaft, vertreten durch ihre Erben, das Anwesen am 20. Dezember 1978 an die SAFER du Rhône („Gesellschaft für Bodenordnung und ländliche Einrichtung des Rhône-Gebiets“).[4]

Die Umstrukturierung des gesamten Anwesens begann im Jahr 1843. Bereits 1842 wurde der Lyoner Architekt Claude Anthelme Benoit mit Entwürfen für die Ställe beauftragt, von denen die ersten abgelehnt wurden. Der Schlussstein des Eingangsportals auf der Hofseite mit der eingemeißelten Jahreszahl „1843“ lässt jedoch darauf schließen, dass dieses Gebäude schon ein Jahr nach den ersten Entwürfen errichtet wurde. Fünf Jahre später wurde der Schreiner Magat mit der Ausführung der großen Stallboxen beauftragt.[5]

Weitere Nebengebäude wie der Heuboden, der Weinkeller, das Verwaltungsgebäude und das Winzerhaus wurden als homogenes Ensemble errichtet, inspiriert von Lithografien Victor Petits. Die Architektur dieser Nebengebäude bestimmte später auch die Gestaltung des Schlosses.[6]

Im Jahr 1859 fassten Monsieur und Madame de Chaponay den Entschluss, das Schloss La Fiachère neu zu errichten. Für dieses ambitionierte Projekt wandten sie sich an den renommierten 28-jährigen Architekten Louis-Frédéric Benoit aus Lyon, den Sohn von Claude Anthelme Benoit.[7] Benoit war ein ausgezeichneter Schüler der École des Beaux-Arts, der 1852 unter Antoine-Marie Chenavard den Architekturpreis gewonnen hatte.[8][9]

Am 6. Mai 1859 übergab Benoit dem Grafen ein umfangreiches Projektpaket gegen ein Honorar von 3.000 Francs. Dieses Paket umfasste diverse Studien, Pläne und Ansichten für das geplante neue Schloss sowie eine detaillierte Bestandsaufnahme des alten Schlosses und seiner Nebengebäude. Diese Leistung wurde allerdings erst nachträglich am 24. Januar 1868 in Lyon in Rechnung gestellt.[10]

Aus Benoits frühen Konzepten sind ein Grundriss sowie drei unveröffentlichte Entwürfe für die Nord-, West- und Südfassade überliefert. Die ursprünglich strenge und nüchterne Fassadengestaltung erfuhr eine Auflockerung durch den Einsatz dekorativer Elemente. Viollet-le-Duc griff, nachdem er Benoits Entwürfe zunächst abgelehnt hatte, im Jahr 1861 einige dieser ornamentalen Motive wieder auf und integrierte sie in seine eigenen Pläne.[10]

In den Projekten von Benoit lassen sich auch originelle Motive beobachten. Die Verwendung von durchbrochenen Geländern und Handläufen, falschen Maschikulis in den Ecktürmen und überhängenden Türmchen, die von gedrehten Säulen mit Kompositkapitellen getragen werden, sind allesamt Motive, die von Viollet-le-Duc nicht übernommen wurden.[11]

Eine ganze Reihe von Vorentwürfen, zunächst von Benoit, dann von Viollet-le-Duc, wurden verworfen, überarbeitet oder verändert, sowohl für die Südfassade als auch für die anderen Gebäudeteile.[11]

Entwurf von Viollet-le-Duc

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Die Beauftragung Viollet-le-Ducs geht auf die Vermittlung von Prosper Mérimée zurück. Mérimée, ein einflussreicher Förderer des berühmten Architekten, war mit Madame de Chaponay befreundet und pflegte enge Kontakte zu den gehobenen Gesellschaftskreisen, in denen auch das Ehepaar Chaponay verkehrte.[10]

Ungeachtet des Architektenwechsels lässt sich eine bemerkenswerte Kontinuität im Entwurfskonzept des Schlosses feststellen. Die Pläne beider Architekten – Benoits Entwürfe von 1859 und Viollet-le-Ducs Zeichnungen aus den Jahren 1861 bis 1863 – spiegeln durchgängig die Wünsche der Auftraggeber wider. Sie zeigen einen rechteckigen Grundriss mit markanten, von Zeltdächern gekrönten Ecktürmen. Besonders anschaulich wird diese gestalterische Beständigkeit in fünf Studien der Südfassade – einer Zeichnung Benoits sowie vier Aquarellen bzw. Lavierungen von Viollet-le-Duc. Diese Entwürfe für die Südfassade weisen alle folgende Struktur auf: drei Geschosse, davon ein Dachgeschoss mit Giebelgauben auf einem markanten Sockel, ein Mittelrisalit und zwei runde Ecktürme.[12]

Die Gestaltung des Gebäudes zeichnet sich durch eine Kombination verschiedener Materialien und architektonischer Elemente aus. Die Fassade besteht hauptsächlich aus Klinker, Naturstein und Schiefer. Horizontale Bänder dienen der optischen Trennung der Geschosse. Die Fenster sind mit umgedrehten Crossettes profiliert und mit Eckquaderungen eingefasst. Ein Mittelrisalit wird durch eine große Dachgaube mit einem oder zwei Fenstern betont. Im ersten Stock befindet sich ein dreifacher Erker mit niedrigen Bögen. Eine einläufige Hufeisentreppe erschließt das Gebäude.[11]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 239, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  2. a b c Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 246, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  3. a b c d Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 240, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  4. a b Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 241, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  5. Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 244–245, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  6. Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 244, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  7. Louis Frédéric BENOIT. In: Geneanet. Abgerufen am 13. Juli 2024.
  8. Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 241–242, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  9. Martine François, Raymond Ramousse: BENOIT Louis Frédéric. In: Comité des travaux historiques et scientifiques. 21. November 2023, abgerufen am 12. Juli 2024 (französisch).
  10. a b c Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 242, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  11. a b c Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 243, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.
  12. Simone Hartmann-Nussbaum: Le Château de La Flachère, construction de Viollet-le-Duc. In: Bulletin Monumental. Band 139, Nr. 4, 1981, S. 242–243, doi:10.3406/bulmo.1981.6016.

Koordinaten: 45° 54′ 44,2″ N, 4° 33′ 9,4″ O