Benutzer:Selbsthilfegruppe Mobbing Graz/Mobbingsyndrom

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Krankheitsbild Mobbingsyndrom bezeichnet die (körperliche und psychische) Erkrankung eines Menschen, der durch Mobbing geschädigt wurde.

Die Diagnose Mobbingsyndrom wurde von Argeo Bämayr (Deutschland), Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie eingeführt (erstmals erfolgte die Begriffsdefinition Mobbingsyndrom vom Bundesverband Deutscher Nervenärzte, Deutscher Neurologen und Deutscher Psychiater - Heft 11/2006).

Mobbing und psychische Gewalt

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Körperliche und/oder psychische (seelische, emotionale) Gewalt hat ein massives Zerstörungspotential. Das Fatale daran ist, dass psychische Gewalt sehr schwer von Außenstehenden erkannt, identifiziert und nachgewiesen werden kann, da MobbingtäterInnen, die diese - oft systematisch und über einen langen Zeitraum - ausüben, sehr subtil vorgehen. Hier lässt sich auch sagen: Je aufmerksamer die Umgebung, desto subtiler die psychische Gewaltausübung.

Das Mobbingopfer selbst kann bei (subtiler) psychischer Gewalt oft selbst erst nach einem längeren Zeitraum wirklich fassen, dass die unterschwellige Aggression des Mobbingtäters tatsächlich zielgerichtet, systematisch und mit der Absicht der kompletten Destabilisierung erfolgt. Denn für emotional gesunde Menschen ist es kaum fassbar, dass Menschen (oft jahrelange KollegInnen etc.) tatsächlich so ugs. abgrundtief gemein handeln können. Der Prozess des Erkennens dieser Situationslage kann oft mehrere Wochen und auch Monate dauern.

Wenn Menschen sich gegen Menschen richten, zielgerichtet, mit System, über einen längeren Zeitraum, unter Deckung und Duldung der Verantwortlichen, oder sogar mit deren Zustimmung oder Forcierung, ist dies ein für das Mobbingopfer ein äußerst traumatisches Erlebnis, das zur schweren Erkrankung Mobbingsyndrom führen kann.

Primärdiagnose versus Symptomdiagnose

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Primärdiagnose Mobbingsyndrom erfasst die Krankheitsursache (traumatisierende psychische Gewalt) in vollem Ausmaß.
Die einzelnen Symptomdiagnosen, die von Diagnostikern immer wieder gefällt werden, im Versuch, den Gesundheits- bzw. Erkrankungszustand eines Mobbingopfers zu "klassifizieren", erweisen sich als höchst unzureichend, bzw. sind - aufgrund der Außerachtlassung der stattgefundenen Traumatisierung durch psychische Gewalt - fehlbezogen auf die vorliegende Gesamtsituation. Somit werden die Verhaltensänderungen bzw. -auffälligkeiten des Patienten isoliert betrachtet bzw. gänzlich falsch interpretiert, was naturgemäß eine Fehldiagnose nach sich zieht.

Fehldiagnostik und Stigmatisierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Leymann ist die Fehldiagnostik im Mobbingprozess eher die Regel (als die Ausnahme), weshalb im 5-phasigen Mobbingablauf nach Leymann dieser Problematik ein eigener Punkt (4. ärztliche und therapeutische Fehldiagnosen) eingeräumt werden musste. Untermauert wird dies bereits 2001 von Bämayr im fachärztlichen Artikel im Ärzteblatt "Hilflose Helfer in Diagnostik und Therapie", Deutsches Ärzteblatt 2001; 98(27): A-1811 / B-1556 / C-1442.

Stadien des Mobbingsyndroms

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Diagnose Mobbingsyndrom - vier Stadien (nach Bämayr)
Stadium 1: akute Belastungsreaktion (ICD 10 F43.0) - Vorstufe des Mobbingsyndroms
Stadium 2: "kumulative" (sich häufende, ansteigende) traumatische Belastungsstörung (ICD 10 F43.9)
Stadium 3: posttraumatische Belastungsstörung - PTBS (ICD 10 F43.1)
Stadium 4: andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD 10 F62.0)

Stadium 1:
beschreibt die akute Belastungsreaktion von kurzer Dauer, und ist als Vorstufe oder auch "Auftakt" anzusehen.
Stadium 2:
beschreibt die kumulative traumatische Belastungsstörung (KTBS), der Zustand nach Aneinanderreihen von akuten Belastungsreaktionen, das Stadium 2 ist definitiv der Anfang des Mobbingsyndroms.
Stadium 3:
beschreibt die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), die sich nach länger andauernder Exposition von psychischer Gewalteinwirkung bzw. "Psychoterror" entwickelt, diese ist einem schweren Trauma gleichzusetzen. In diesem Stadium hat sich das Krankheitsbild manifestiert.
Stadium 4:
beschreibt die andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung, sozusagen der "Super-GAU" des Mobbingsyndroms. Eine Heilung bzw. eine erfolgreiche Besserung ist nicht mehr realistisch. Die massiv einwirkende (körperliche und/oder psychische) Gewalt hat irreversible Schäden verursacht. Oft stellt sich auch eine massive Abwehr gegen jede Form von Bestimmung durch andere Personen, die Ausmaße einer Phobie annehmen kann. Diese extremistische, kompromisslose Haltung verkompliziert den Kontakt mit anderen bzw. macht diesen oft kaum mehr möglich, woraufhin sich der schwer traumatisierte Mensch sich schließlich abkapselt und Kontakte (gänzlich) vermeidet. Gegenüber Therapieversuchen besteht oft eine massive Abwehr.

Retraumatisierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Nichtanerkennen und/oder Verniedlichung der Krankheitsursache Mobbing/psychische Gewalt kommt es unweigerlich zu neuerlichen Retraumatisierungen, da die Außerachtlassung der erlebten psychischen Gewalt automatisch zur Folge hat, dass das Mobbingopfer (sozusagen im Umkehrschluss) selbst die Schuld an seiner Erkrankung trägt bzw. diese in der Persönlichkeit des Mobbingopfers begründet sei. Ein Mensch, der massiv traumatisierenden Unrechtserlebnissen ausgesetzt war, infolge der geschickten psychischen Gewaltausübung des Mobbingtäters, wird dadurch - fatalerweise - im Bemühen, im Außen Hilfe zu erlangen, neuerlich nicht verstanden, nicht situativ wahrgenommen, beschuldigt, herabsetzt und neuerlich stigmatisiert.

Dieser teuflische Kreislauf, der bei der (oft aussichtslosen) Suche nach Hilfe immer wieder vorkommt, führt einerseits zur signifikanten Befindensverschlechterung, zum Auslösen für Suizidgedanken (schlimmstenfalls zum Suizid), andererseits wird die verzweifelte Suche nach adäquater Hilfe vom Erkrankten (nachvollziehbarer Weise) eingestellt, da dieser nicht mehr in der Lage ist, sich neuerlich zu exponieren und sich der Gefahr einer neuerlichen Retraumatisierung auszusetzen. In der Folge bleiben Personen, die am Mobbingsyndrom schwer erkrankt sind, ohne ärztliche und/oder psychotherapeutische Betreuung, was eine weitere Heilung bzw. Besserung schier unmöglich macht.
Dass psychisch schwer erkrankte Personen ohne ärztliche/psychotherapeutische Betreuung ein immenses Suizidrisiko haben, ist allseits bekannt.

Es sei darauf hingewiesen, dass die von erkrankten Personen sehr gefürchtete Retraumatisierung keiner "großen Worte" bedarf. Es genügen schon kleine Bemerkungen, die ersehen lassen, dass die Situation des Mobbingopfers in keiner Weise adäquat erfasst wurde (vergleichbar mit Befragung eines Opfers, das sexuellen Missbrauch erleben musste: Wenn ein vergewaltigter Mensch gefragt wird: "Warum nimmst du dir das so zu Herzen", entspricht dies ebenfalls einer kompletten Negierung der erlittenen Gewalterfahrung, und führt zur Retraumatisierung durch indirekte Opferbeschuldigung).


In der Kommunikation mit Personen, die "eigentlich" zur Hilfestellung und Unterstützung aufgesucht werden (Familie, FreundInnen, KollegInnen, Vorgesetzte, BetriebsrätInnen, Ärzte/-innen, PsychologInnen, TherapeutInnen, JuristInnen etc.) kommt es häufig zu Aussagen, die die Verniedlichung des Erlebten inkludieren:

Zur besseren Verständlichkeit hier einige Beispiele, die opferbeschuldigend sind und Retraumatisierungswirkung haben (können):

"Das war doch sicher nicht so gemeint"

"Das haben Sie sicher falsch aufgefasst."

"Da haben Sie aber schon einiges hineininterpretiert."

"Sie sind halt eher sehr sensibel"

"Beziehen Sie sonst auch alles auf sich?"

"Warum nehmen Sie sich das so zu Herzen?"

"Warum wehren Sie sich nicht?"

"Warum arbeiten Sie nicht einfach, und ignorieren Ihren Kollegen?"

"Haben Sie sonst auch öfter das Gefühl, dass Leute Sie hinter Ihrem Rücken Sie ausrichten?"

"Langsam kriegst du wirklich eine Paranoia."

"Das ist doch lächerlich, dass sich zwei erwachsene Menschen nicht einigen können."

"Zum Streiten gehören zwei!"

"Wenn du Dich von Anfang an gewehrt hättest, wäre dir das nie passiert!"

"Dann kündige eben. Es ist ja nur ein Job."

Codierung ICD-10

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im ICD-10 Code findet sich derzeit keine Entsprechung zur Diagnose Mobbingsyndrom. In den beiden Fachbüchern: Dr. Peter Teuschel (Mobbing) und Dr. Argeo Bämayr (Das Mobbingsyndrom) wird auf diese Thematik im Bereich der Diagnostik und Codierung bereits eindrücklich hingewiesen. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass dies die einzigen Werke von Fachärzten zu diesem Thema sind (!), was neuerlich eindrücklich zeigt, wie sehr Mobbing und psychische Gewalt offensichtlich gesellschaftlich und politisch sowie nicht zuletzt auch ärztlicherseits/therapeutischerseits tabuisiert bzw. konsequent ignoriert wird.

Derzeitige Möglichkeiten, das Mobbingsyndrom eindeutig mit ICD-10 zu klassifizieren, gibt es noch nicht.

Versuche, das Mobbingsyndrom mittels Codierung "einzufangen", sind derzeit nur im Kleinstansatz möglich (siehe Bämayr: Das Mobbingsyndrom), zB:

F43.9 - "Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet" mit
Z56.4 - "Unstimmigkeit mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen"

Daraus ist ersichtlich, wie unzulänglich diese Diagnosestellung ist, die in keiner Weise ausreichend die Erkrankung Mobbingsyndrom wiedergibt. Die "nicht näher bezeichnete Reaktion auf schwere Belastung" ist keine realistische Entsprechung der schweren Traumatisierung nach langer psychischer Gewalterfahrung. Ebensowenig ist Mobbing vergleichbar mit "Unstimmigkeit mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen", denn die Definition von Mobbing ist eine vorliegende Täter-Opfer-Konstellation, wo der/die TäterInnen die Vernichtung (Destabilisierung, Ausschluss aus dem System) des Mobbingopfers zum Ziel hat. Eine solche Diagnoseklassifizierung entstellt und verniedlicht die Primärerkrankung Mobbingsyndrom.

Eine Aufnahme in das internationale Diagnose-Klassifikationssystem der WHO wäre essenziell, um die Primärerkrankung Mobbingsyndrom eindeutig festzulegen.

Spezielle Anforderungen an DiagnostikerInnen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn man mit Mobbingopfern arbeitet, bzw. diese begutachtet, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass sie sehr oft selbstgefährdet sind (hohe Suizidrate bekannt).

Mobbingsyndrom-Erkrankte (ebenso wie psychisch Kranke) haben ein sehr gutes Gespür und sind aufgrund ihrer Vorgeschichte schon oft beschuldigt worden, selbst für ihrer Erkankung (allein-)verantwortlich zu sein. Wenn ein Arzt nicht "glauben" kann, dass Mobbing bzw. psychische Gewalt Menschen ' so krank machen kann ', bzw. ein Arzt es vermeintlich ' besser weiß ', nämlich, dass die prämorbide Persönlichkeit sicherlich der Hauptgrund für den jetzigen Krankheitszustand ist, dann wäre es - als verantwortungsvoller Arzt/Ärztin und Mensch - essenziell, diese mobbingbetroffene Person nicht weiter zu behandeln, sondern diese Patienten an einen Facharzt/-ärztin zu überweisen. Wird das nicht gemacht, wird der Patient mit größter Wahrscheinlichkeit neuerlich bewusst und/oder unbewusst retraumatisiert werden, was unweigerlich eine Befindensverschlechterung nach sich zieht. Zudem könnte sein, dass der Patient nach solch einer Behandlung sich in Zukunft gänzlich der ärztlichen Hilfe verschließt.

Spezielle Anforderungen an TherapeutInnen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist unerlässlich, die Krankheitsursache des Mobbingsyndrom-Erkrankten (Mobbing, psychische Gewalt) explizit anzuerkennen (siehe auch spezielle Anforderungen an Ärzte). In der Therapie mit Mobbingopfern ist es immens wichtig, das Trauma durch psychische Gewalteinwirkung wahrzunehmen und diesem Raum zu geben. Erst, wenn dieses traumatische Erleben gemeinsam sorgsam bearbeitet bzw. aufgearbeitet wurde (was laut Teuschel nicht selten 1-2 Jahre dauern kann), ist daran zu denken, die ursprüngliche Konfliktsituation, die zum Mobbing geführt hat, bzw. die eigene Beteiligung an diesem Konflikt anzusehen.
Sollte der Fehler gemacht werden, dass die "Eigenanteil"-Suche in den Vordergrund gerät, oder schon am Anfang der Therapie als Hauptgrund für das Mobbing transportiert wird, kommt es neuerlich zu einer Retraumatisierung des Patienten. Wahrscheinlich erfährt dieser dadurch wieder eine Befindensverschlechterung, wonach oft die Therapie abgebrochen wird, oder nur mehr 'pseudohalber' abgesessen wird. Oder der Patient gibt an, das 'Mobbing' ist jetzt erledigt, und lenkt auf andere Themen über (da die erlebte Retraumatisierung ein viel zu großes Gefahrenpotenzial für ihn birgt, das unter jeden Umständen neuerlich vermieden werden muss). In all diesen Fällen wird die Heilungschance massiv minimiert und die Suizidgefährdung vergrößert.

Berufsbedingte Gesundheitsgefährdung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mobbing am Arbeitsplatz gefährdet und schädigt Millionen Menschen. Da man der Arbeitssituation nicht ausweichen kann (schließlich muss man täglich zur Arbeit gehen), wird der bestehende Dauerkonflikt, dem man mangels Einschreiten der Führung ausgesetzt ist, langfristig zu Krankheit führen. Mobbing findet nur in Betrieben statt, die dies decken, dulden, fördern oder sogar aktiv forcieren.

Beendigung der Traumasituation

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die bestehende, oft täglich traumatisierende Berufssituation muss beendet werden, somit bleibt in ca. 80 % der Mobbingfälle nur die Möglichkeit, zu gehen (einvernehmliche Auflösung, Selbstkündigung, Pensionierung). Die für den Gesundheitsverlauf essenzielle Beendigung der psychischen Belastung durch Mobbing geht nun einher mit Jobverlust, Arbeitslosigkeit oder Pensionsbezug (oft mit Armutsgefährdung). Zu dieser Verschlechterung der existenziellen Lage muss der Betroffene sich mit dem großen Unrecht abfinden, dass der Mobbingtäter sein Ziel erreicht hat.

Psychiatrische Behandlung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wesentlich für die Besserung oder Heilung des Mobbingsyndroms ist eine engmaschige Begleitung durch den Facharzt/ärztin für Psychiatrie. Jedem Arzt, der Mobbingopfer behandelt, sollte bewusst sein, dass Mobbingopfer Traumapatienten sind, die häufig suizidale Gedanken haben, bzw. selbstgefährdet sein könnten. Deshalb ist es unabdingbar, sehr darauf zu achten, dass ärztlicherseits keine Retraumatisierung erfolgt.

Da es sich beim Mobbingsyndrom um eine sehr schwere psychische Erkrankung handelt, ist eine Psychopharmaka-Therapie unbedingt indiziert, unter fachärztlicher Anpassung und Kontrolle.

Psychotherapeutische Maßnahmen sind unbedingt indiziert, wobei zuallererst darauf geachtet werden muss, ob der/die TherapeutIn betreffend Mobbing versiert ist, und/oder Traumatherapeutin ist. Diesbezügliche Rückfragen können im Vorfeld ev. beim behandelnden Psychiater oder bei Selbsthilfegruppen für Mobbingopfer erfragt werden. Bei Erstkontaktierung des Therapeuten kann man telefonisch erfragen, ob dieser schon mit Mobbingopfern gearbeitet hat, bzw. wie seine Einstellung dazu ist, um ein Bild zu bekommen, ob man hier "an der richtigen Adresse" ist.

Selbsthilfegruppe

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Selbsthilfegruppen für Mobbingbetroffene sind sehr gut zur Thematik informiert, sind sehr geeignet, um betroffene Menschen aufzufangen, und oft der erste Ort, wo einem Mobbingopfer wirklich geglaubt wird und es gut verstanden wird. Es gibt vertrauensvollen Austausch, respektvolle Atmosphäre an einem geschützten Ort, Stärkung und Unterstützung durch Erfahrensaustausch und gegenseitige Hilfe und Verständnis, Inputs zur Perspektivenfindung und Know-How für Bewältigungsstrategien. Wenn es eine Gruppe in örtlicher Nähe gibt, ist das sehr gut, aber auch bei weiteren Distanzen wird oft Telefonhilfe von Gruppen angeboten, es empfiehlt sich, beim Dachverband der Selbsthilfegruppen im jeweiligen Bundesland nachzufragen bzw. unter www.selbsthilfe.at bzw. netdoktor.at/selbsthilfegruppen.

Heilungschancen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Bämayr sind bis auf das Stadium 4 des Mobbingsyndroms alle Stadien besserbar bzw. heilbar, wobei die Dauer des Genesungsprozesses sicherlich von vielen Faktoren abhängig ist (Schwere des erlittenen Traumas, Vorerkrankungen, Qualität der ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung, existenzielle Situation, soziales Umfeld und Netz etc.). Nicht selten führt ein Mobbingprozess auch zur Beeinträchtigung oder zum Verlust von (Ehe-) Partnern oder anderen Bezugspersonen, was als sekundäre Mobbingfolge leider nicht selten vorkommt.

Bei fortgeschrittenem Mobbingsyndrom können gesundheitliche Dauerbeeinträchtigungen bleiben (Depression, Erschöpfung, verminderte Belastbarkeit etc.).

Existenzielle Dauerfolgen sind an der Tagesordnung, abhängig vom Gesundungszustand-Heilungserfolg, Alter und vorheriger Existenzbeschaffenheit, möglicherweise kann in manchen Fällen die finanzielle u. existenzielle Situation wieder kompensiert werden. Sekundäre Langzeitfolgen(zB Beziehungsverlust, verminderte Betreuungsfähigkeit der Kinder, durch Rückzugsneigung Verlust der Sozialkontakte etc.) sind wahrscheinlich.

Heilung durch systemische Zurechtrückung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerichtsbarkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die schwere Erkrankung Mobbingsyndrom ist ursächlich durch die psychische Gewalteinwirkung entstanden, der ein Mobbingopfer lange Zeit ausgesetzt war, wobei das Wegschauen und Zuschauen der Umgebung für das Mobbingopfer zusätzlich massiv traumatisierend einwirkt. Das Zitat von Peter Tille "Wer ein Unrecht einfach hinnimmt, fügt ein weiteres hinzu" drückt sehr gut aus, wie die Zusatztraumatisierungen des nicht handelnden Außen krankheitsverstärkend wirken.

Der Heilungsprozess im Sinne von - nachträglich stattfindender - Enttraumatisierung kann durch eine Gerichtsklärung und Rechtssprechung für den Erkrankten, die die Krankheitsursache der psychischen Gewalt konstatiert und Schadenersatz zuspricht, sehr fördern.

1. durch das Urteil, das nach Außen für alle sichtbar feststellt, was das Mobbingopfer erleiden musste, und die Krankheitsursache "Mobbing" bestätigt.

2. durch die Schadenersatzregelung, wodurch einerseits die Verantwortung der Verursacher bzw. Dulder klar sichtbar wird, mit Verpflichtung, durch Schadenersatz eine Wiedergutmachung (zumindest der finanziellen Situation) zu leisten.

3. kommt es durch den finanziellen Ausgleich zur Verbesserung der existenziellen Situation bzw. zur Verhinderung von Abrutschen in die Armut, von der viele am Mobbingsyndrom erkrankten Personen betroffen sind.


Psychische Gewaltausübung ist schwer bis kaum fassbar bzw. noch schlechter beweisbar. Das spiegelt sich auch in der aktuellen Gesetzeslage wider, diese hat derzeit relativ wenig Möglichkeiten, psychische Gewalt zu judizieren, wodurch die ausübenden TäterInnen geschützt werden. Hieraus ist ersichtlich, dass die derzeitige Gesetzeslage die Ausübung psychischer Gewalt - mangels Sanktionierbarkeit - begünstigt.
Trotz bereits jahrelang bekannter, hoher Suizidraten von am Mobbingsyndrom erkrankten Menschen (ca. jeder 4. - 5. Betroffene bzw. ca. 20 - 25 % der Erkrankten) hat die Gesetzgebung noch keine wesentliche Änderung der Judikatur im Bereich der psychischen Gewaltausübung unternommen. Mobbingopfer können jedoch beim Versuch, diese Zurechtrückung vor Gericht zu erlangen, seitens der Umgebung neuerlich herabgewertet und zusatztraumatisiert werden ("der ist psychisch im Eck, und will Geld auch noch dafür" etc.).
Es ist jedem Menschen ans Herz gelegt, sich bewusst zu machen, dass es vor Gericht lediglich um Schadenersatz der finanziellen Einbußen (Arzt- u. Therapiekosten, Selbstbehalt Klinikaufenthalte, Verdienstentgang) geht, teilweise wird ein (geringes) Schmerzensgeld (meist zwischen EUR 2.000, - bis 10.000,- üblicherweise bestimmt). Im Vergleich dazu steht oft jahrelang erlittene Ungerechtigkeit, psychische und soziale Destabilisierung, Verlust der (körperlichen und) psychischen Gesundheit, Armutsgefahr, Arbeitslosigkeit (sehr oft für den Rest des Lebens, da Mobbingopfer oft über 40-45 Jahre alt sind), sowie die Aussicht, ca. 10 Jahre früher zu versterben (statistisch gesehen sind BezieherInnen von Pensionen aus Krankheitsfall von einer ca. 10 Jahre kürzeren Lebenserwartung betroffen).
Jedes Mobbingopfer hat das Recht auf Schadenersatz, was die finanziellen Einbußen betrifft. Doch eine Wiedergutmachung im Sinne dessen, was erlebt und erlitten wurde, ist durch keine wie auch immer gearteten Maßnahmen möglich. Denn niemand kann die Gesundheit refundieren. Das Mobbingopfer hinzustellen, als würde es jetzt noch "verdienen" wollen, ist eine der schlimmsten Retraumatisierungsaussagen.

Risiko bei vorliegender Gesetzeslage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Versuch der gerichtlichen Zurechtrückung kann daher mit fatalen Folgen verbunden sein, wenn mangels derzeitiger Gesetzeslage der psychischen Gewalteinwirkung nicht Rechnung getragen wird, und die Urteilssprechung gegen das Mobbingopfer ausfällt. Dadurch kann es neuerlich zu einer massiven Retraumatisierung kommen, denn gerade die letzte Instanz, wo man sich nach jahrelangen Unrechtstraumatsierungen hinwendet, unterstützt in der Ablehnung der Klage das Tätersystem.
Wenn man als am Mobbingsyndrom Erkrankter den Gerichtsweg wählt, ist es zum eigenen Schutz unerlässlich, in engmaschiger psychiatrischer und/oder psychotherapeutischer Behandlung zu sein, um sich sofort bestmöglich unterstützen zu lassen, da ein negativer Gerichtsausgang zu deutlichen Befindensverschlechterung (bis zum Suizid) führen kann.

Mangels aktueller Statistiken in Österreich kann die Krankheitshäufigkeit nur annähernd angegeben werden. Verschiedene Erhebungen berichten davon, dass 2 bis 4 Arbeitsplätze von 10 von Mobbing betroffen sind (lt. IMAS-Studie 4 von 10 Arbeitsplätzen, zeitschrift mediation aktuell 3/2012, www.oebm.at). Die Veröffentlichung von Mobbingopfer-Zahlen wurde bis 2007 von Statistik Austria geführt, danach wurden keine Zahlen mehr veröffentlicht (bis dato 2/2013).

Deutschen Studien zufolge beträgt die Suizidrate unter Mobbingbetroffenen ca. 20 % (Dunkelziffer erhöht). Diese Zahl wird auch seitens der Arbeiterkammer in Österreich bestätigt. Da jedoch auf Statistik Austria die Mobbing-Statistiken nur bis 2007 veröffentlicht sind, und auch sonst im Internet keine Statistiken zur Betroffenheit von Mobbing finden, besteht die Möglichkeit, dass wegen Ansteigen der Mobbingzahlen die Zahlen bewusst hintangehalten werden. Laut Suizidbericht Dr. Nestor-Kapusta [1] ist unter Punkt 8 berichtet: Die regionale Verteilung der Suizidraten lässt sich nicht durch die medizinisch-psychotherapeutische Versorgung allein erklären. Eine stärkere Rolle spielen hier regionale sozioökonomische Faktoren wie Arbeitslosigkeit und mittleres pro Kopf Einkommen, welche einen wesentlichen Einfluss auf die Suizidraten der einzelnen Regionen haben. Auf Mobbingopfer (Jobverlust, oft jahrelanger Arbeitslosigkeit bis zum Regelpensionsalter, Armutsgefährdung) treffen diese Faktoren zu.

Bämayr, Argeo: Das Mobbingsyndrom - Diagnostik, Therapie und Begutachtung im Kontext zur in Deutschland ubiquitär praktizierten psychischen Gewalt
Bämayr, Argeo: Ärzteblatt: Hilflose Helfer in Diagnostik und Therapie
Teuschel, Peter: Mobbing - Dynamik, Verlauf, gesundheitliche und soziale Folgen
Teuschel, Peter: Bullying - Mobbing bei Kinder und Jugendlichen
Kolodej, Christa: Fallbeispiele und Lösungen für BeraterInnen und Betroffene
Kolodej, Christa: Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und seine Bewältigung
Leymann, Heinz: Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann
Leymann, Heinz: Der neue Mobbingbericht

www.baemayr.net
www.drteuschel.de
Ärzteblatt Bämayr Argeo, Dr.: Hilflose Helfer in Diagnostik und Therapie
www.gewaltinfo.at