Benutzer:Sarah Blecher

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Biochemische Prozesse von Hirnödemen

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Allgemein: Hirnödem

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Es handelt sich um eine lokale abnorme oder diffuse Flüssigkeitsansammlung im Hirngewebe, die zur Volumenvermehrung führt und hauptsächlich in der weißen Substanz auftritt.

Ein Hirnödem ist eine Komplikation fast aller akuten Erkrankungen des ZNS.

Nach der Pathogenese unterschiedet man: vasogenes, zellulär bzw. zytotoxisch und interstitielles Hirnödem. Mischformen sind häufig.

Vasogenes Hirnödem

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Hierbei handelt es sich um die häufigste Form von Hirnödemen und kann bei der Höhenkrankheit, traumatischen Verletzungen, malignen Raumforderungen (Hirntumor, Metastase), Abszessen, Infektionen vorkommen.

Das vasogene Hirnödem bildet und breitet sich in der weißen Substanz aus, sekundär in der grauen Substanz.

Die graue Substanz enthält eine höhere Zelldichte, eine ausgeprägtere Kompartimentierung des Extrazellulärraums durch sehr viel Zellfortsätze und bildet dadurch eine mechanische Barriere für die Ödemausbreitung.

Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Astrozytenschwellung.

Biochemischer Prozess

Das vasogene Hirnödem entsteht durch eine Permeabilitätsstörung der Blut- Hirn- Schranke durch z.B. eine grobe Schädigung des Kapillarendothels durch geschädigte Tight Junctions.

Tight Junctions kontrollieren im Allgemeinen den Stoff- und Flüssigkeitsaustausch zwischen dem intra- und extravaskulärem Raum im ZNS, wodurch ein konstantes inneres Milieu gewährleistet wird. Durch die Schädigung entsteht eine gesteigerte Gefäßpermeabilität (auch für große Moleküle) , ein gesteigerter Durchfluss von Proteinen, die Wasser osmotisch mitziehen und somit zu einem erhöhten Flüssigkeitseinstrom in den Interzellularraum (Interstitium) führen. Der interstitielle Raum nimmt an Volumen zu.

Eine erhöhte Konzentration pinozytärer Vesikel kann auch den Verlust der Schrankenfunktion zur Folge haben, da pinozytäre Vesikel Makromoleküle transportieren und es dadurch zu einem Anstieg der extrazellulären Flüssigkeit (Plasmafiltrat) im ZNS kommt.

Es handelt sich um eine plasmaähnliche Ödemflüssigkeit. Durch die vermehrte plasmaähnliche Flüssigkeitseinströmung im Hirnparenchym kommt es zu einer gesteigerten Raumforderung; Zellen und Nervenfasern befinden sich in einem ungewohnten Milieu.

Das veränderte Milieu führt zu einer Beeinträchtigung der Nervenzellfunktion und Schwellung von Zellelementen, da von Plasmaproteinen Peptide abgespalten werden können ( Angiotensin, Bradykinin) oder freie Fettsäuren in einer höheren Konzentration vorliegen und eine mögliche neurologische Wirkung haben.

Eine kurzfristige Permeabilitätsstörung der Blut- Hirn- Schranke ist reversibel, wenn keine strukturelle Hirnschädigung vorliegt.

Bei einer persistierenden Funktionsstörung kommt es zu einer Demyelinisierung der Markscheiden und zu Ödemnekrosen. Bei Hirnödemen werden deswegen häufig die Medikamente Kortison und Dexamethason eingesetzt, die entzündungshemmend und immunsuppresiv wirken.

Zelluläres bzw. zytotoxisches Hirnödem

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Das zytotoxische Hirnödem beruht auf einer Zellschwellung in der grauen und weißen Substanz, die durch einen toxischen Parenchymschaden oder eine Schädigung oder Fehlfunktion der Zellmembran (Ionenpumpe) hervorgerufen wurde. Durch diesen Hergang kommt es zu einer Vergrößerung des intrazellulären Raums, die extrazelluläre Flüssigkeit ist vermindert.

Die Gefäßpermeabilität ist primär unverändert, die Ödemflüssigkeit beinhaltet kein Plasmafiltrat, sondern enthält intrazelluläres Wasser mit Natrium- Ionen.

Das zytotoxische Hirnödem kann durch eine Hypoxie, Ischämie, heptagoene Enzephalopathie, zerebrale Intoxikation (Zyanid, CO, Tributhylzinn), mikrobielle Toxine (Diphtherie- Toxin) verursacht werden.

Biochemischer Prozess

Durch den Zusammenbruch des zerebralen Energiestoffwechsels, erhalten die Nervenzellen nicht genügend Energie. Das Gehirn benötigt jedoch 20% des Sauerstoffs und 60% der Glukose.

1. Induktion: Durch den Energiemangel (Glukose und O2) nimmt die ischämische Toleranz des Gehirns ab, der exzitatorische Glutamat- Spiegel (Glutamat = excitatorischer Neurotransmitter) steigt durch die verminderte Reuptake, der O2- Bedarf des Gehirns wird gesteigert und die Zeltschädigung wird verstärkt. Die NMDA (N- methyl- D- Aspartat) Rezeptoren öffnen die CA2+- Kanäle. Natrium strömt in die Zellen, Kalium zieht in den extrazellulären Raum. Diese Prozesse läsen eine erhöhte Reizbarkeit der Neuronen aus.

2. Amplifikation: Der Ca2+ - Einstrom nimmt zu, das IP3 (Inositol- Triphosphat) - DAG (Diacyl- Glycerin) System wird aktiviert, die Funktion der Glutaminase wird gesteigert. Dies führt zu einer Schädigung der Phospholipide, daraus folgt eine Zellschwellung und im weiteren Verlauf eine Hinderung in der Durchblutung.

3. Expression: Die Schädigungen der Proteine, Phospholipiden und der Membran nehmen zu. Die Aktivität der freien Radikalen wird gesteigert und der Stoffwechsel der Arachidonsäure wird beschleunigt.

4. Reparation: Funktion der nur teilweise von der Ischämie betroffenen Regionen kann sich verbessern.

Nervenzellen verwenden nicht nur Glukose als Energielieferanten, sondern auch Laktat, das von den Gliazellen präsentiert wird (Laktat, das aus Glukose entstanden ist, nicht Laktat ausPeripherie. ). Gliazellen wandeln Glutamat zu Glutamin um.

Die Funktionsstörung der ATP- abhängigen Natrium- Kalium- Pumpe in der Zytoplasmamembran führt zu einer verminderten Na-K-ATPase. Natrium und Wasser strömen passiv in das Zytoplasma von Ganglienzellen, Gliazellen (besonders Astrozyten) ein.

Es kommt zu einer Volumenzunahme des intrazellulären Raums und einer Volumenabnahme des extrazellulären Raums. Die intrazelluläre Natriumkonzentration erhöht sich, die intrazelluläre Kaliumkonzentration sinkt. Eine Depolarisation entsteht, Chloridiomen strömen in das Zytoplasma, es kommt zur Zeltschwellung und einer Verminderung der extrazellulären Flüssigkeit.

Auch eine Abnahme der extrazellulären Osmolarität bei hypotoner Hyperhydratation kann eine Zellschwellung hervorrufen.

Eine weitere Ursache für einen Natrium- Einstrom ist die aus einer Ischämie bzw. Hypoxie resultierende Azidose. Die Azidose steigert durch die Aktivierung des Na+/ H+- Austauschmechanismus den intrazellulären Natriumspiegel.

Interstitielles Hirnödem

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Die Ödemlokalisation des interstitiellen Hirnödems befindet sich in der weißen Substanz und wird durch eine Abflussbehinderung des Liquors (z.B.Hydrozephalus) oder zu schnelles Absinken des Glucose-, Natrium- oder Harnstoffspiegel im Blut verursacht. Die Liquorabflussstörung erzeugt einen intraventrikulären Durck durch einen Hydrozephalus internus. Daraus folgt eine Volumenzunahme der periventriulären weißen Substanz durch passive transependymale Liquordiapedese in das Hirngewebe.

Die Gefäßpermeabilität ist beim interstitiellen Hirnödem normal, die Ödemflüssigkeit besteht aus Liquor.

Inhaltsverzeichnis

Vorlesungsfolie ‚zerebrale Zirkulation/ Hirnschlag; Institut für Translationale Medizin, Lehrmaterialien, Medizinische Universität Pecs, 2016

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