Benutzer:Peteremueller/Entwurf16

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Die Schweizerische Musikgesellschaft (SMG, auch Schweizerische Musik-Gesellschaft) wurde 1808 als Vereinigung von Schweizer Musikern («aktive Musikliebhaber») in Luzern gegründet. Den Anstoss dazu gab die Musikgesellschaft von Luzern auf Anregung des Komponisten Xaver Schnyder von Wartensee.[1] In Luzern hatte sich, nachdem es für kurze Zeit Hauptort der Helvetischen Republik geworden war, ein besonders reges Musikleben entwickelt.[2] In einer Zeit, in der es noch kaum stehende Orchester gab, bildete die Gesellschaft ein Orchester aus Berufsmusikern und Amateuren, das jedes Jahr in einer Schweizer Stadt während eines zweitägigen Musikfestes ein Konzert gab (ab 1810 drei Tage und zwei Konzerte). Nachdem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in jeder grösseren Stadt stehende Orchester gebildet worden waren, verlor die Gesellschaft ihre Existenzberechtigung und löste sich 1891 auf.[3]

An der Gründungsversammlung vom 27. Juni 1808 im Grand Casino Luzern wurden die Statuten beschlossen. Sie nennen in der Einleitung als Zweck der Gesellschaft, «sich einander zu nähern, das Talent kennen zu lernen, einander seine gemachten Erfahrungen mitzutheilen, verborgene Künstler an’s Licht zu ziehen, schüchterne zu ermuntern, vollendete nach Würde zu ehren und so einander durch den Genuss der edlen Tonkunst das Leben zu versüssen».[4] Um Mitglied zu werden, musste man Schweizer Bürger und aktiver Musikliebhaber (d. h. Musiker) sein.[5] Weiter wurde bestimmt, dass «jedes geigende oder blasende Mitglied des Vereins zur activen Mitwirkung in den gemeinsamen Concerten berechtigt und verpflichtet» sei.[6] 1810 wurde der Zweckartikel präzisiert u. a. mit der Formulierung: «Musikliebhaber aus allen Gegenden unseres Vaterlandes versammeln sich jährlich einmal in einer freigewählten Schweizerstadt, in der schönen Absicht, grosse Meisterwerke daselbst aufzuführen, jungen schweizerischen Künstlern aufzuhelfen, sie mit Kraft emporzulieben und auch fremde Kunst auf eine unsern Zwecken entsprechende Weise zu ehren.»[7] Als Bedingung für die Mitgliedschaft wurde verdeutlicht: «Man muss ein activer Musikliebhaber sein, der im Stande ist und sich verpflichtet, wenigstens in einer Ripienostimme an der aufzuführenden Musik Theil zu nehmen.» S. 14. Die Dauer der Feste wurde von zwei auf drei Tage erhöht mit einem zweiten Konzert am dritten Tag. S. 14. 1812 wurde aufgrund des Grossen Andrangs an Kandidaten beschlossen, deren Zahl 1813 auf 25 und 1814/1815 auf je 10 zu beschränken. S. 18. 1824 wurde sie auf 30 beschränkt S. 35.

Zum ersten Präsidenten wurde Jost Bernhard Häfliger (Dekan in Hochdorf) gewählt, der dann Jahrzehnte lang abwechselnd mit dem Musikpädagogen, Verleger und Komponisten Hans Georg Nägeli bis zu dessen Tod 1836 den Vorsitz führte. S. 11. Zum Sekretär wurde Landolt (Staatsschreiber in Zürich), zum Quästor Bär (Hauptmann in Zofingen), zum Kapellmeister von Escher (Stadtrat in Zürich) und zum Bibliothekar Kramer (Kaufmann in Zürich) bestimmt. S. 11/12. Als nächster Festort wurde Zürich gewählt. S. 12.

Jahresversammlungen und Konzerte

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  1. Jahresversammlung: 27./28. Juli 1808 in Luzern, Konzert am 28. Juli 1808 in der Jesuitenkirche unter Gottfried Kunisch. S. 10.
  2. Jahresversammlung: 14./15. September 1809 in Zürich, Konzert am 15. September 1809 im Grossmünster unter Hans Georg Nägeli. S. 12.
  3. Jahresversammlung: 11.–13. Juli 1810 in Luzern, Konzerte am 12./13. Juli 1810 in der Xaverianischen Kirche unter der musikalischen Leitung von Johann Tollmann. S. 15.
  4. Jahresversammlung: 21.–23. August 1811 in Schaffhausen, Konzerte am 21./23. August 1811 in der Münsterkirche.
  5. Jahresversammlung: 18.–20. August 1812 in Zürich, Konzerte 19./20. August 1812 im Grossmünster. Dirigenten waren Hans Georg Nägeli, Karl Friedrich Ochernal sowie Joseph Hildebrand (Winterthur). S. 19 und Peyer (Rorschach). S. 20.
  6. Jahresversammlung: 11.–13. August 1813 in Bern, Konzert am 12. August 1813 unter Johann Tollmann S. 20. im Münster. Konzert am 13. August 1813 im Hôtel de Musique, wo Tollmann ein Violinkonzert von Ferdinand Fränzl und Xaver Schnyder von Wartensee eigene Klavier-Variationen mit Orchesterbegleitung spielte. S. 21.
  7. Jahresversammlung: 7.–9. August 1816 in Freiburg (der durch die Koalitionskriege ausgelösten politisch bewegten Zeiten wegen erst nach dreijähriger Pause), Konzerte am 8./9. August 1816 in der Franziskanerkirche unter Johann Tollmann. S. 22
  8. Jahresversammlung: 19.–21. August 1818 in Zürich, erstes Konzert am 2o. August 1818 unter der Leitung des Komponisten Anton Liste, damals Musikdirektor in Zürich, im Grossmünster, zweites Konzert am 21. August 1818 im Grossen Musiksaal des Casinos. S. 25.
  9. Jahresversammlung: 14.–16. Juni 1820 in Basel, S. 25., Konzerte am 15./16. Juni 1820 in der St. Leonhardskirche. S. 28.
  10. Jahresversammlung: 19.–22. August 1822 in Solothurn, Konzerte am 21./22. August 1822 unter Johann Tollmann im Stadttheater. S. 29.
  11. Jahresversammlung: 5.–7. August 1823 in Lausanne, S. 30, das Konzert am 6. August 1834 unter Taillez, früherer Leiter des Theaters Strassburg, S. 32, in der Kirche, das Konzert am 7. August 1834 im Theater.
  12. Jahresversammlung: 20.–22. August 1824 in Luzern, S. 34, das Konzert am 21. August 1824 in der Jesuitenkirche unter Molitor (Luzern) S. 35.
  13. Jahresversammlung: 30. Juli–3. August 1825 in St. Gallen, S. 36, das Konzert am 2. August 1825 in der St. Leonhardskirche unter Kasimir von Blumenthal (Zürich), das zweite Konzert am 3. August 1825 in der St. Lorenzerkirche
  14. Jahresversammlung: 31. Juli–3. August 1826 in Genf, S. 41, das Konzert am 2. August 1826 in der St. Peterskirche unter Kasimir Blumenthal S. 42, das Konzert am 3. August 1826 im Theater, S. 43
  15. Jahresversammlung: 7. bis 9. August 1827 in Bern, die Konzerte im Berner Münster unter G. Gaa aus Heidelberg (Musikdirektor in Bern) S. 46

Ehrenmitglieder

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Ab 1810 wurden bei den Ehrenmitgliedern ausserordentliche und ordentliche unterschieden. Ausserordentliche durften auch Nichtmusiker, «welche der Gesellschaft durch ihre sonstige Bedeutung zur Zierde gereichen würden», sowie «vorzügliche fremde Tonkünstler» aufgenommen werden. Die ordentlichen Ehrenmitglieder sollten entweder Schweizer Bürger oder seit 10 Jahren in der Schweiz niedergelassen sein und sich als Musiklehrer oder Angestellte von kantonalen Musikgesellschaften Verdienste erworben haben. S. 14/15.

  • 1808: Prinz Carl von Neuwied
0000: Michael Traugott Pfeiffer S. 11.
0000: Johann Conradin Kreuzer von Möskirch
0000: Carl Maria von Weber[8]
  • 1812: Philipp von Muralt, Hofmusikus in München
0000: Johann Daniel Pfeiffer, Rektor in Sulzburg am Main
0000: Alexandre Boucher, ehemaliger Musikdirektor Karls IV. von Spanien
0000: Pierre Rode aus Paris, erster Violinist Napoleons I. S. 20.
  • 1816: Ludwig Spohr, damals grossherzoglich-gothaischer Konzertmeister S. 22[9]
0000: Grégoire Girard, Generalcommissarius und Provincial des Franziskaner-Ordens
0000: Gottfried Weber, «Criminalrichter und Compositeur» in Mainz S. 22–24.
  • 1820: Johann Blechschmidt, fürstlich-fürstenbergischer Kammermusikus
0000: Joseph Aveline Canongia aus Lissabon, königlich-portugiesischer Hofmusiker S. 28.
  • 1822: Johann Tollmann (in Anerkennung seiner siebenmaligen meisterhaften Führung des Orchesters bei den Zusammenkünften)
0000: Kasimir von Blumenthal, Musikdirektor in Zürich
0000: Franz von Beutler, Musikdirektor in Bern S. 29.
  • 1824: Leonz Füglistaller, Professor in Luzern S. 35
0000: Lafont, erster Violinist des Königs von Frankreich
0000: Martin Usteri, Ratsherr in Zürich
  • 1825: Grob (Oberstleutnant von St. Gallen)
  • 1826: Christian Hunzel (Professor der Musik aus Genf)
  • 1827: Johann André (Hofrat, Komponist aus Offenbach) S. 45
0000: Thomas Täglichsbeck (Kapellmeister beim Fürsten von Hohenzollern)

Aufgrund der Tatsache, dass inzwischen in jeder grösseren Schweizer Stadt gut geschulte Gesangsvereine und stehende Orchester bestanden, hatte die SMG nach Ansicht des Zürcher Zentralkomitees ihre Existenzberechtigung eingebüsst. Das Zürcher Musikfest 1874 habe gezeigt, dass sich grosse Aufführungen ohne eine über die ganze Schweiz verbreitete Musikgesellschaft durchführen liessen.[10] Die zwei noch lebenden Mitglieder des Zürcher Zentralkomitees, Moritz von Wyss und Georg Mousson, unterbreiteten den Kantonalkorrespondenten zuhanden ihrer Sektionen deshalb den Vorschlag, die SMG aufzulösen und mit ihrem Vermögen von rund 24'000 (entspricht kaufkraftbereinigt heute 300'000) Franken eine Stiftung zu gründen, die damit Stipendien für mittellose angehende Künstler ausrichten sollte, wie in den Statuten der SMG als Zweckbestimmung ausgeführt. Der Vorschlag wurde an einer Sitzung der Komiteemitglieder der Kantonalsektionen vom 28. Juni 1891 in Bern beraten, und es wurde die Durchführung einer Urabstimmung über den Vorschlag beschlossen.[11]

In der Urabstimmung beschlossen die 117 daran teilnehmenden Mitglieder mit 93 gegen 4 Stimmen bei 20 Enthaltungen die Auflösung der Gesellschaft.[12] Am 4. Oktober 1891 wurde das Resultat der Abstimmung in einer Versammlung in Olten formell bestätigt. Zusammen mit dem Vermögen sollte auch die Bibliothek in die zu gründende Stiftung überführt und von ihr veräussert werden. Mit der Umsetzung des Beschlusses wurde ein Komitee, bestehend aus dem früheren Zürcher Zentralkomitee und den Kantonalkorrespondenten, beauftragt, es wurde der Stiftungsrat bestimmt und die Stiftung «Schweizerischer Stipendienfond[s] für Musikstudien» formell gegründet. Als Sitz der Stiftung wurde Basel bestimmt.

Als erste Stiftungsräte wurden bestimmt:[13]

  • Wilhelm Lichtenhahn, Basel
  • August Burckhard-Heusler, Basel
  • Gotthold Eglinger, Basel
  • Gustav Arnold, Luzern
  • Louis Muret, Morges
  • Adolf Simon, Bern
  • Moritz von Wyss, Zürich
  • Carl Bernoulli, Basel (Ersatzmann)
  • Bucherer, Basel (Ersatzmann)

Neue Schweizerische Musikgesellschaft

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1898 gründete Oskar Fleischer in Basel die Internationale Musikgesellschaft (IMG) mit einer Schweizer Landessektion. Nach Auflösung der IMG beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 gründete die Landessektion 1915 die «Neue Schweizerische Musikgesellschaft».[14] Mit der Schweizerischen Musikgesellschaft von 1808 gibt es trotz den gleichlautenden Namen keinen direkten Zusammenhang; während erstere dem Musizieren gewidmet war, diente und dient letztere der Musikforschung; sie nannte sich 1934 in Schweizerische Musikforschende Gesellschaft um.[15] Als Nachfolgeorganisation der IMG wurde 1927 in Basel die International Musicological Society (IMS) gegründet.[16]

Einzelnachweise

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  1. Othmar Fries: Musikpflege in Luzern. In: Der Geschichtsfreund. Mitteilungen des Historischen Vereins Zentralschweiz.] 131. Jg., 1978.
  2. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, S. 11.
  3. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, Nachtrag S. 1.
  4. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, S. 11.
  5. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, S. 11.
  6. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, S. 10.
  7. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, S. 13/14.
  8. Carl Maria von Weber wohnte den Konzerten zusammen mit Giacomo Meyerbeer bei. S. 16. Er eignete seine 1812 entstandene Hymne «In seiner Ordnung schafft der Herr» op. 36 «der löblichen schweizerischen grossen Musikgesellschaft» zu. Die Hymne wurde 1834 am Musikfest in Genf aufgeführt S. 18.
  9. Ludwig Spohr kritisierte beide Konzerte danach äusserst heftig S. 23. u. a. das Orchester sei im Verhältnis zum Chor viel zu schwach; die Gesellschaft nahm 1824 in die Statuten auf, dass für ein möglisht angemessenes Verhältnis des Gesangpersonals zu dem Instrumentalorchester gesorgt werden müsse S. 34.
  10. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, Nachtrag S. 3.
  11. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, Nachtrag S. 5.
  12. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, Nachtrag S. 6.
  13. Niggli: Die Schweizerische Musikgesellschaft. 1886, Nachtrag S. 11.
  14. Geschichte. Website der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft
  15. Ernst Lichtenhahn: Schweizerische Musikforschende Gesellschaft. In: Acta Musicologica. Band 47, Heft 2 (1975), S. 292 f.
  16. Internationale Musikgesellschaft (IMG). In: Oesterreichisches Musiklexikon.