Benutzer:Mautpreller/Eugen Berthold

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Biografik: allg. Knopf, Fuegi, Mittenzwei, Völker, Jaretzky. Und natürlich Hecht!!

Augsburg: Frisch/Obermeier, Hillesheim, mehr?

Frauen: Theweleit (?), Kebir, Kugli

Marxismus: ?? Lit zusammentragen! Knopf und Mittenzwei können nicht alles sein. Evtl. Rülicke?

Themensammlungen: E.T., Prosa (!), Musik! (Hennenberg, Lucchesi, Dümling), Oper (?), "Schriften" (?)


Kindheit und Jugend: Augsburg 1898 bis 1917

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Eltern und soziales Umfeld

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Eugen Brecht wuchs in gesicherten ökonomischen und sozialen Verhältnissen auf. Sein Vater Berthold Friedrich Brecht (1869–1939), Sohn eines Lithografen im badischen Achern, hatte keine höhere Bildung: Er hatte die Volksschule besucht und danach eine kaufmännische Lehre absolviert. 1893 war er als Kommis bei der Augsburger Haindl’schen Papierfabrik eingetreten, einem prosperierenden Unternehmen, das damals allein in Augsburg ca. 300 Beschäftigte hatte. Dort stieg Berthold Brecht rasch auf, 1901 zum Prokuristen und 1917 zum Direktor der kaufmännischen Abteilung.[1] Brechts Mutter Sophie, geb. Brezing (1871–1920), stammte aus dem oberschwäbischen Roßberg bei Wolfegg und kam aus einem kleinen Beamtenhaushalt (ihr Vater war Stationsvorstand am Eisenbahnknoten Roßberg). Seit September 1900 bewohnte die Familie, Berthold und Sophie Brecht sowie Eugen und der jüngere Bruder Walter, zwei Wohnungen mit zusammen immerhin sechs Zimmern in der Augsburger Klaucke-Vorstadt, die heute zum Bezirk Bleich und Pfärrle zählt. Die Wohnung gehörte zu einer vier Häuser umfassenden Stiftung der Haindls, hauptsächlich für verdiente Arbeiter und Angestellte der Papierfabrik; zu Berthold Brechts Aufgaben zählte die Verwaltung dieser Stiftung (Mieteinzug, Versorgung der Häuser usw.). Die Brechts beschäftigten ein Dienstmädchen und später, als Sophie Brecht an Brustkrebs erkrankt war, auch eine Hausdame. Für die Hausdame musste Eugen sein Zimmer räumen, erhielt aber dafür eine Mansarde mit eigenem Eingang.

Der Vater war katholisch, die Mutter protestantisch. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass die Kinder im protestantischen Glauben erzogen wurden. Der junge Eugen Brecht besuchte standesgemäß das Realgymnasium (heute Peutinger-Gymnasium) und brachte regelmäßig gute, wenn auch nicht sehr gute Zeugnisse nach Hause. Er erhielt Klavier-, Geigen- und Gitarrenunterricht, freilich schlug nur der letztere an. Frühzeitig litt er unter Nervosität, „Herzkrämpfen“ und Extrasystolen, was sich auch später immer wieder bemerkbar gemacht hat.[2] Dies scheint ihn jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt zu haben, obwohl es einige Kuraufenthalte nach sich zog.[3]

Erste Veröffentlichungen

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Frühzeitig begann Brecht zu dichten. Bereits als Fünfzehnjähriger gab er gemeinsam mit seinem Freund Fritz Gehweyer eine Schülerzeitung heraus, Die Ernte, in der er den größten Teil der Beiträge selbst verfasste, teilweise unter fremden Namen, und zudem die Vervielfältigung übernahm. Er schrieb dafür Gedichte, Prosatexte und sogar ein einaktiges Drama, Die Bibel.[4] In den folgenden Jahren produzierte Brecht unablässig weiter Gedichte und Dramenentwürfe. Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 gelang es ihm, eine Reihe von (meist patriotischen) Reportagen von der Heimatfront, Gedichten, Prosatexten und Rezensionen in lokalen und regionalen Medien unterzubringen: die von ihm so betitelten „Augsburger Kriegsbriefe“ in der München-Augsburger Abendzeitung, andere Texte in den Augsburger Neuesten Nachrichten und insbesondere deren literarischer Beilage, Der Erzähler. Sie waren meist mit Berthold Eugen gezeichnet, also einer Kombination seiner Vornamen. Er schrieb auch Texte für Kriegspostkarten, die von Gehweyer illustriert wurden.

Brecht ließ in seinen Texten bald von der patriotischen Verklärung des Krieges ab, die Produktion für die Lokalzeitungen ließ nach. Ab 1916 entstanden bereits Gedichte, die 1927 in die Sammlung Bertolt Brechts Hauspostille aufgenommen wurden, zu denen Brecht also auch später noch stand. Das erste von ihnen war das Lied von der Eisenbahntruppe von Fort Donald, zuerst erschienen im Juli 1916 im Erzähler und gezeichnet „Bert Brecht“. Hier nutzte Brecht zum ersten Mal die Namensform, unter der er bekannt wurde.[5]

Freund- und Liebschaften

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In den Kriegsjahren sammelte er einen Kreis von Freunden um sich, die zusammen mit ihm Lieder schrieben und sangen und an Publikationen arbeiteten. Brecht bildete das Zentrum dieses Kreises. Caspar Neher (Cas), den Brecht aus der Schule kannte, blieb bis zu Brechts Tod als Grafiker und vor allem Bühnenbildner ein enger Mitarbeiter; auch die Freundschaften zu Georg Pfanzelt (den Brecht in der Hauspostille als Orge verewigte) und Hanns Otto Münsterer erwiesen sich (mit Unterbrechungen) als dauerhaft. Gemeinsam mit seinen Freunden (vor allem Ludwig Prestel, Lud) entwarf Brecht nicht nur die Texte, sondern auch die Melodien für Lieder und Gedichte und trug sie dann zur Gitarre vor. In dieser Phase zeigten sich bereits zwei Charakteristika von Brechts Arbeitsweise: die kollektive Arbeit in einem Team, das jedoch eindeutig auf die Zentralfigur Brecht ausgerichtet ist, und die sehr enge Verbindung mit anderen Künsten mit Blick auf die Realisierung, insbesondere Grafik/Bühnenbild und Musik.[6]

In dieser Zeit hatte der junge Brecht auch seine ersten Liebschaften. Er umwarb etwa die Schülerin Rosa Maria Amann, deren Name später in den Titel eines seiner bekanntesten Gedichte einging (Erinnerung an die Marie A.), aber auch ihre Schwester. Bald trat jedoch die Liebe zu Paula Banholzer in den Vordergrund, die er „Bi“ nannte (für Bittersweet oder „Bittersüß“, nach dem Vorbild des Dramas Der Tausch von Paul Claudel, das einen Partnertausch zum Vorwurf hat). Trotzdem bemühte er sich weiter um Amann und andere junge Frauen, auf die er ein Auge geworfen hatte, ein Zug, der sich durch sein ganzes Leben hindurch fortsetzte.[7]

Im März 1917 meldete sich Brecht zum Kriegshilfsdienst und erlangte so die Genehmigung für ein vereinfachtes Notabitur. Seinen Dienst leistete er mit Schreibarbeiten sowie in einer Gärtnerei ab. Er wurde vom Kriegsdienst zurückgestellt. Im Sommer arbeitete er am Tegernsee als Hauslehrer bei einem Mitschüler aus reichem Elternhaus; dann begann ein Studium der Medizin und Philologie in München.[8]

Auf dem Weg zum professionellen Schriftsteller und Theaterpraktiker

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Studium und Militärdienst

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Formal studierte Brecht Medizin und Philosfrophie. Er besuchte jedoch kaum medizinische Vorlesungen, sondern konzentrierte sich auf ein Seminar von Artur Kutscher zur Gegenwartsliteratur. Dort lernte er den von ihm bewunderten Lyriker und Dramatiker Frank Wedekind, Otto Zarek sowie Hanns Johst kennen und knüpfte eine lockere Beziehung zu der Medizinstudentin Hedda Kuhn an, die in seinen Psalmen als „He“ erscheint.[9] Unter anderem wurde in dem Seminar der aktuelle Roman Ambros Maria Baal des Expressionisten Andreas Thom behandelt.[10] Dieser Roman sowie Johsts Grabbe-Drama Der Einsame, das er im März 1918 sah, regten Brecht zu einem eigenen Dramenentwurf unter dem Titel Baal an, dessen erste Fassung im Juni fertig war. Brechts Vater ließ von den Firmensekretärinnen eine Reinschrift tippen, die Brecht zunächst erfolglos an Kutscher, Lion Feuchtwanger, Jacob Geis und Alfred Kerr verschickte.[11] In dieser Zeit entstanden auch einige der bekanntesten Gedichte Brechts, vor allem die Legende vom toten Soldaten und Luzifers Abendlied, später umbenannt in Gegen Verführung.

In den ersten zwei Semestern war es Brecht mit Unterstützung seines Vaters gelungen, eine Zurückstellung vom Militärdienst zu erreichen; im Oktober 1918 wurde er aber als Militärkrankenwärter in ein Augsburger Reservelazarett einberufen. Er schrieb damals sein Lied an die Kavaliere der Station D – der Buchstabe steht für Dermatologie, es handelte sich um eine Station für Geschlechtskrankheiten[12] – und produzierte mit seinem Freundeskreis ein Büchlein Lieder zur Klampfe von Bert Brecht und seinen Freunden.[13] Nach der Novemberrevolution war Brecht Mitglied des Lazarettrats und damit des Augsburger Arbeiter- und Soldatenrats, tat sich aber in keiner Weise hervor.[14] Am 9. Januar 1919 konnte er seinen Dienst schon wieder beenden.

Zielstrebige Vernetzung

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Brecht hatte seine Liebesbeziehung zu Paula Banholzer während dieser Zeit aufrechterhalten, und im Januar 1919 stellte sich heraus, dass die 17-Jährige von ihm schwanger war. Banholzers Vater hielt nichts von einer Ehe mit dem bislang erfolglosen Dichter und schickte sie in das Allgäuer Dorf Kimratshofen, wo sie am 30. Juli 1919 Frank Banholzer zur Welt brachte.[15] Brecht schrieb bereits seit Januar an einem neuen Drama, Spartakus (später in Trommeln in der Nacht umbenannt). Wohl im Februar suchte er Lion Feuchtwanger auf, um ihm eine erste Fassung des Stücks zu zeigen. Der einflussreiche Feuchtwanger äußerte sich sehr positiv[16] und wurde zu einem der wichtigsten und dauerhaftesten Förderer des jungen Brecht.

Obwohl Brecht Feuchtwangers Unterstützung hatte, kam es zunächst weder zum Druck noch zur Aufführung eines seiner Stücke, die er ständig umarbeitete. 1919 schrieb Brecht zudem eine Serie von Einaktern, unter anderem Die Hochzeit (später betitelt: Die Kleinbürgerhochzeit), die ebenfalls unaufgeführt blieben. Seit dem 13. Oktober 1919 verfasste er immerhin die Theaterkritiken für die Augsburger USPD-Zeitung Der Volkswille, handelte sich beim Augsburger Theater dabei allerdings aufgrund seiner Polemik einige Probleme ein, die bis zu einem Beleidigungsprozess gingen.[17] Bei einer ersten Berlinreise im Februar 1920 nutzte er die Münchner Bekanntschaften mit Hedda Kuhn und dem Schriftsteller und Journalisten Frank Warschauer zielstrebig aus, um neue Kontakte zu knüpfen. Besonders wertvoll war die Empfehlung an Hermann Kasack, damals Lektor bei Kiepenheuer, mit dem Brecht zunächst ergebnislos über den Baal verhandelte.[18]

Nach dem Kapp-Putsch kehrte Brecht nach München zurück und begann mit Karl Valentin zusammenzuarbeiten, bei dessen Programm Die Orchesterprobe er im Mai 1920 einen Gastauftritt hatte. Etwa im Dezember lernte Brecht als Augsburger Volkswille-Theaterkritiker die Sängerin Marianne Zoff kennen und begann mit ihr eine intensive Liebesbeziehung, ohne das Verhältnis mit Paula Banholzer zu beenden. Er verwickelte sich dabei in heftige Auseinandersetzungen mit Zoffs anderem Liebhaber Oscar Recht.[19] Sowohl Zoff als auch Banholzer wurden 1921 erneut von Brecht schwanger, doch Zoff hatte eine Fehlgeburt, Banholzer möglicherweise eine Abtreibung.[20] Brecht arbeitete mittlerweile an einem weiteren Stück mit dem späteren Titel Im Dickicht der Städte und zusätzlich an einer Reihe von Filmprojekten, die jedoch durchweg nicht verkauft werden konnten. Immerhin gelang es ihm, im September 1921 die Seeräubererzählung Bargan läßt es sein in der überregional bekannten Zeitschrift Der Neue Merkur unterzubringen.[21]

Vor allem bei einer zweiten Berlinreise zwischen November 1921 und April 1922 schloss Brecht zielstrebig Bekanntschaften mit einflussreichen Personen des Berliner Kulturlebens.[22] Er führte parallele Verhandlungen mit dem Kiepenheuer-Verlag (über Hermann Kasack, mit dem Ergebnis eines Generalvertrags und einer vorläufigen monatlichen Rente), dem Verlag Erich Reiß (vermittelt durch Klabund) und dem Verlag Paul Cassirer, lernte Schauspieler wie Alexander Granach, Heinrich George, Eugen Klöpfer und Werner Kraus kennen und verband sich mit dem aufstrebenden Dramatiker Arnolt Bronnen zu gemeinsamen Unternehmungen auf dem Kulturmarkt. In dieser Zeit änderte er auch die Schreibung seines Vornamens in Bertolt, um ein Erkennungszeichen für die ‚Firma‘ Arnolt Bronnen/Bertolt Brecht zu schaffen.[23] Ein besonders wichtiger Kontakt war der zu dem Theaterkritiker des Berliner Börsen-Couriers, Herbert Ihering, der seitdem immer wieder öffentlich für Brecht eintrat. Ein erster Regieversuch mit Bronnens Stück Vatermord musste aufgrund heftiger Streitereien Brechts mit den Schauspielern abgebrochen werden.[24] Auf Trude Hesterbergs Wilder Bühne trat er als Sänger zur Gitarre mit seiner Legende vom toten Soldaten auf und löste damit einen Skandal aus; ähnliche Auftritte als ‚Liedermacher‘ absolvierte er insbesondere bei halböffentlichen Treffen der Kulturszene sehr häufig. Ende 1922 musste Brecht, der sich überfordert hatte, mit einer Nierenentzündung für drei Wochen in die Charité.

Mittlerweile war es in München tatsächlich gelungen, die erste Uraufführung eines Brecht-Stücks zu arrangieren: Trommeln in der Nacht bei Otto Falckenberg an den Münchener Kammerspielen. Brecht überarbeitete den Text im Sommer noch einmal, die Proben begannen am 29. August 1922, die Uraufführung fand am 29. September statt und wurde von Ihering enthusiastisch rezensiert. Am Folgetag zeigten die Kammerspiele in ihrer Mitternachtsvorstellung die Revue Die rote Zibebe von Brecht und Valentin, unter anderem mit Brecht selbst als „Klampfenbenke“, Klabund, Joachim Ringelnatz (mit Kuttel Daddeldu), Valeska Gert, Karl Valentin und Liesl Karlstadt. Feuchtwanger veröffentlichte einen Artikel über Brecht in Das Tage-Buch, der Baal erschien im Druck bei Kiepenheuer, das Deutsche Theater in Berlin vereinbarte die Aufführung aller Brecht-Dramen, Ihering verlieh ihm den mit 10.000 Reichsmark dotierten Kleist-Preis. Eine wahre „Brechthausse“[25] war ausgebrochen.

Schon während der Proben der Trommeln hatte sich herausgestellt, dass Marianne Zoff erneut schwanger war. Brecht, der ab Mitte Oktober 1922 eine Stelle als Dramaturg und Regisseur an den Münchner Kammerspielen innehatte, und Marianne Zoff heirateten am 3. November 1922 in München. Mitte November reiste er aber bereits wieder nach Berlin, um dort an den Proben zur Berliner Erstaufführung von Trommeln in der Nacht teilzunehmen, die am 20. Dezember stattfand. Noch vor der Jahreswende erschien auch der Erstdruck des Stücks beim Drei Masken Verlag, mit der Legende vom toten Soldaten im Anhang. Zudem stellte Brecht im März 1923 gemeinsam mit Erich Engel und Karl Valentin den grotesken Film Mysterien eines Frisiersalons fertig. Am 12. März 1923 kam in München die Tochter Hanne zur Welt, die später den Namen Hanne Hiob annahm.

Im Dickicht der Städte kam in einer von Brecht kurzfristig überarbeiteten Fassung unter dem Titel Im Dickicht am 9. Mai 1923 zur Premiere am Münchner Residenztheater. Für das Bühnenbild zeichnete erstmals Caspar Neher verantwortlich. Während Ihering erneut Lobeshymnen verfasste, störten Nazis bereits die zweite Vorstellung des Stücks mit Stinkbomben. Das Stück wurde nach sechs Vorstellungen „wegen des Widerstands im Publikum“ abgesetzt.

Regisseur Brecht

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In den folgenden Monaten unternahm Brecht in Berlin erneut, wiederum gemeinsam mit Bronnen, einen Versuch als Regisseur, nämlich für den umtriebigen Theatermacher Jo Lherman. Er kürzte das Mysterienspiel Pastor Ephraim Magnus des Kleist-Preisträgers Hans Henny Jahnn unter chaotischen Umständen und ständigem Streit mit den Schauspielern radikal von sieben auf zwei Stunden ein, die Premiere am 23. August 1923 war aber kein Erfolg, zumal Lhermans Schecks sich als ungedeckt erwiesen.[26] In dieser Zeit lernte Brecht die Schauspielerin Helene Weigel kennen und fing mit ihr ein Verhältnis an.

Ab Ende 1923 konzentrierte sich Brecht auf seine Regiearbeit für die Münchner Kammerspiele. Gemeinsam mit Lion Feuchtwanger sowie Bernhard Reich und Asja Lacis bearbeitete er ein elisabethanisches Stück von Christopher Marlowe, Edward II, unter dem Titel Leben Eduards des Zweiten von England. Es war die erste Regiearbeit, die Brecht erfolgreich fertigstellen konnte; nach John Fuegi hat er hier erstmals seinen persönlichen Regiestil ausgeformt[27], zumal er mit Neher als Bühnbildner zusammenarbeiten konnte. Nach zahlreichen Verzögerungen fand die Premiere des bearbeiteten Stücks am 19. März 1924 statt; im Juni erschien der Erstdruck der Bearbeitung mit Radierungen Nehers bei Kiepenheuer, unter Brechts Namen, aber mit dem Vermerk auf Seite 2: „Dieses Stück schrieb ich mit Lion Feuchtwanger.“ Bereits am 8. Dezember 1923 war Baal in Leipzig uraufgeführt worden. Brecht hatte an den Proben teilgenommen und sich dabei wenig Freunde gemacht. Das Stück wurde auf Betreiben der Leipziger Stadtverordnetenversammlung umgehend wieder abgesetzt.

Im Frühling 1924 war Helene Weigel von Brecht schwanger. Ohne seiner Frau Marianne etwas davon oder überhaupt von dieser Affäre zu sagen, fuhr Brecht mit Marianne und Hanne im April nach Capri in Urlaub. Er nutzte die Gelegenheit auch zu Treffen mit Neher, Reich und Lacis – und zu einer Stippvisite in Florenz, wo er sich mit Helene Weigel traf. Im Juni kehrte Brecht zunächst nach Berlin zurück, um seine Geschäfte mit dem Kiepenheuer Verlag voranzubringen. Die Gedichtsammlung Hauspostille, die er Kiepenheuer seit bereits fast zwei Jahren schuldete, redigierte er gemeinsam mit Hermann Kasack, schickte danach aber wiederum keinen fertigen Text, sondern hielt den Verlag weiter hin. Zwar war zu dieser Zeit noch die Rede davon, dass Marianne Brecht nach Berlin übersiedeln sollte (Kiepenheuer hatte schon begonnen, eine Wohnung für sie zu suchen) – Brecht hatte aber bereits mit Helene Weigel ein Abkommen getroffen, dass er ihre Mansardenwohnung in Berlin übernehmen könne. Im September 1924 zog er endgültig nach Berlin um.

Berlin

Exil

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Rezeption: Tucholsky (Plagiat, "Männlichkeit", großes Talent); Kerr; Lukács; Handke ("Ich bin ein Bewohner ..."); DDR-Traditionspflege; Boykotte; der neue Brecht.

Brecht und der Marxismus

Brecht und die Frauen

Brecht und Musik

Kollektive Produktion

Wirkungsästhetik

Einzelnachweise

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  1. Jürgen Schmid: Brecht und Haindl, Wißner, Augsburg 1999, ISBN 3-89639-194-1.
  2. Carl Pietzcker: „Ich kommandiere mein Herz.“ Brechts Herzneurose – ein Schlüssel zu seinem Leben und Schreiben, Königshausen & Neumann, Würzburg 1988, ISBN 3-88479-342-X; für weniger bedeutsam hält dies Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 16–17.
  3. Insgesamt zu diesem Abschnitt: Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975; Jürgen Hillesheim: Bertolt Brechts Augsburger Geschichten, Verlagsgemeinschaft Augsbuch, Augsburg 2005, ISBN 3-938332-01-8, S. 11–19; Jan Knopf: Bertolt Brecht. Leben Werk Wirkung, Suhrkamp, Frankfurt 2006, ISBN 978-3-518-18216-1, S. 11–13; Werner Mittenzwei: Das Leben des Bertolt Brecht oder der Umgang mit den Welträtseln, Band 1, Suhrkamp, Frankfurt 1987, ISBN 3-518-02671-2, S. 9–30.
  4. Jürgen Hillesheim/Uta Wolf (Hrsg.): Bertolt Brechts „Die Ernte“. Die Augsburger Schülerzeitschrift und ihr wichtigster Autor. MaRo Verlag, Augsburg 1997.
  5. Insgesamt zu diesem Abschnitt: Werner Frisch/K. M. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975; Helmut Gier: Brecht im ersten Weltkrieg. In: Virginia Viscotti/Paul Kroker: 1898–1998. Poesia e Politica. Bertolt Brecht a 100 anni dalla nascita, Mailand 1998, S. 39–51; Jürgen Hillesheim: „Ich muss immer dichten.“ Zur Ästhetik des jungen Brecht. Königshausen & Neumann, Würzburg 2005, ISBN 3-8260-3057-5; Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten. Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 25–30.
  6. Jürgen Hillesheim: Bertolt Brechts Augsburger Geschichten. Verlagsgemeinschaft Augsbuch, Augsburg 2005, ISBN 3-938332-01-8; Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg. Aufbau, Berlin und Weimar 1975; Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten. Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 23–25.
  7. Vgl. Jürgen Hillesheim: Bertolt Brecht – erste Liebe und Krieg. Verlagsgemeinschaft Augsbuch, Augsburg 2008, ISBN 978-3-938332-12-2; Sabine Kebir: Ein akzeptabler Mann? Aufbau, Berlin 1998, ISBN 3-7466-8028-X.
  8. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg. Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 112–114; Werner Hecht: Brecht Chronik. Suhrkamp, Frankfurt 1997, S. 42–45.
  9. Zum Kutscher-Seminar vgl. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 118–122.
  10. Vgl. dazu Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 50f.
  11. Vgl. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 128.
  12. Vgl. die Berichte in Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 137–142; aktuell etwa Jürgen Hillesheim: Dem Elend der Front so nah. In: Augsburger Allgemeine vom 7. Dezember 2012. Online.
  13. Vgl. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 130 ff.
  14. Vgl. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 144; hier wird eine Einschätzung von Ernst Niekisch zitiert.
  15. Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 61–62.
  16. Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 65.
  17. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 213–220, schildern die verwickelten Vorgänge.
  18. Vgl. Werner Frisch/K. W. Obermeier: Brecht in Augsburg, Aufbau, Berlin und Weimar 1975, S. 205.
  19. Siehe Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 93–98.
  20. Einer Tagebucheintragung Brechts (11. November 1921, GBA Bd. 26, S. 259) zufolge habe sich Banholzer „selbst helfen können“.
  21. Vgl. dazu Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 85–89.
  22. Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 104, zitiert Caspar Nehers Urteil, Brecht habe Bekanntschaften „wie Pilze“ gesammelt.
  23. Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 104f.
  24. Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten, Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24001-8, S. 105. Knopfs Darstellung stützt sich weitgehend auf den autobiografischen Bericht von Arnolt Bronnen: Tage mit Bertolt Brecht. Geschichte einer unvollendeten Freundschaft. dtv, Berlin 1998, S. 32–35, Kapitel „Brecht machte die Regie“.
  25. So Ihering in einem Brief an Brecht; zitiert nach Werner Hecht: Brecht Chronik. Suhrkamp, Frankfurt 1997, S. 148.
  26. Eindrucksvoll geschildert ist diese Episode in Arbolt Bronnen: Tage mit Bertolt Brecht. Geschichte einer unvollendeten Freundschaft. dtv, Berlin 1998, S. 109–112.
  27. John Fuegi: Brecht & Co. Übersetzt und berichtigt von Sebastian Wohlfeil. EVA, Hamburg 1997. ISBN 3-434-50067-7, S. 192.