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Ein Cassone (Plural Cassoni) ist ein italienischer Einrichtungsgegenstand des späten Mittelalters und der Renaissance. Das meist aus Holz gefertigte kastenförmige Möbelstück mit aufklappbarem Deckel wurde zur Aufbewahrung von Gegenständen oder deren Beförderung genutzt und hat die Form einer Truhe. Sie wurde häufig für den Transport der Aussteuer während einer Hochzeit verwendet und anschließend im Haus des Ehepaares aufgestellt. Die Cassoni zeichneten sich durch eine besonders reiche und dekorative Verzierung aus.

Allgemeine Definition

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Cassoni sind vor allem ein toskanisches Phänomen, das speziell in Florenz vorherrschte, ebenso wie in Rom und Venedig. Zeitlich lässt sich das Möbelstück Anfang des 15. Jahrhunderts bis Mitte des 16. Jahrhunderts einordnen.[1] Diese Art der Truhen wurde hauptsächlich für den Transport der Brautausstattung während einer Hochzeit benutzt. Dabei wurden sie häufig durch die Stadt der Eheleute getragen, um so den Wohlstand der Familie vorzuführen. Anschließend stellte das Brautpaar den Cassone in sein Schlafzimmer,- das oft gleichzeitig als Empfangszimmer für Gäste diente, um dort die Truhe zu präsentieren. Zusätzlich wurden es zur Aufbewahrung verwendet.

Neben der am üblichsten Form der Dekoration durch bemalte Bildtafeln gibt es Cassoni mit Intarsien, Stuckreliefs sowie geschnitzten Holztafeln. Die Bildtafeln zeigten oft Stadtansichten, Heiligenlegenden oder Fabeln, Feste oder Umzüge aber auch Helden- und Liebesdarstellungen.[1] In Oberitalien rund um Venedig entstand parallel die Sonderart der cartosina-Truhen, die sich durch ihre Form und besonderen Intarsiendekorationen von dem Cassone abhoben. Weitere Begriffe sind cassone da corredo (Deutsch Truhe für die Aussteuer)[2] oder forziere. Forziere war vermutlich auch der zeitgenössische Begriff für die Truhen, denn erst Giorgio Vasari popularisierte den Begriff Cassone im 16. Jahrhundert.[3] Aus dem Cassone entwickelten sich anschließend die sogenannte cassapanca, eine Truhenbank mit Rück- und Seitenlehnen oder cassonette, ein halbhoher Schubladenschrank, der an die Frühform der Kommoden erinnert.[4]

Leider existieren viele der Möbelstücke heute nicht mehr, da sie durch Kriege, Plünderungen, Verkäufe oder Kunsthändler, die die Bilder von den Truhen entfernten und die Truhen dadurch zerstörten, verloren gegangen sind. Man muss daher die einzelnen Künstler betrachten, denn die Bemalung der Bilder geschah oft unabhängig von der Herstellung der Truhen. Meist arbeiteten verschiedene Künstler an einem Cassone.

Die Konstruktion der Truhe gab es bereits im Römischen Reich, während dieser Zeit häufig aus Stein. Aus dieser Form heraus entwickelten sich die Truhen. Im Mittelalter lebte diese Aufbewahrungsform wieder auf, und die Architektur der antiken Vorbilder gewissermaßen auf Möbel übertragen. Die ersten Cassoni aus Holz tauchten im 13. Jahrhundert auf, doch ihren Höhepunkt hatten die Truhen von 1450 bis 1510.

Während die vorangegangenen gotische Truhen eine klare Konstruktion aus Pfosten und Brettern waren, schuf man in der Renaissance einheitliche Gesamtkunstwerke, die nach architektonischen Gesetzen und damit ähnlich einem antiken Gebäude aus Sockel, Pfeiler, Gesims und Decke bestanden. Die Flächen füllte man zunächst mit Bildtafeln. Ab 1470 traten Intarsiendekorationen vermehrt in Erscheinung. Auch Stuckreliefs waren besonders in der früheren Zeit der Cassoni eine beliebte Dekorationsmöglichkeit. Im 16. Jahrhundert trat diese Dekorationsvariante jedoch weitestgehend zurück. Stattdessen gerieten die plastische Gliederung der Cassoni in den Vordergrund und anstatt einfacher Leisten wurden die Truhen in der Hochrenaissance von figürliche Reliefs, Kartuschen und Trophäen gerahmt.

Eine These zu ihrer Entstehung ist der aufkommende Reichtum der Menschen in Italien. Zuvor waren es meistens die Kirchen, die Kunst als Ausstattung für ihre Bauwerke in Auftrag gaben. Durch die besondere Kombination aus Kunst und Alltagsgegenstand gewannen Cassoni rasch an Beliebtheit. Dargestellt wurden Menschengruppen und ihre Geschichten, anstelle von einzelnen Portraits oder Heiligendarstellungen, wie zum Beispiel auf Altären üblich. Mitte bis Ende des 16. Jahrhunderts fand die Herstellung der Cassoni ihr Ende. Dies hatte vorwiegend mit der sich verändernden Mode zu tun. Gleichzeitig verlor die Toskana und damit auch Florenz seine Vorrangstellung als Kunst- und Kulturzentrum Italiens und wurde in dieser Position von Venedig und Rom abgelöst. Die Kaufleute waren nach und nach zu den neuen Herrschern geworden, und ihre Wohnhäuser lösten die vormaligen Paläste der langjährigen Familiendynastien als Kunstzentren der Städte ab. Damit veränderten sich auch die Ansprüche an Einrichtungsgegenstände.

Zeitgenössische Quellen

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Zeitgenössische Quellen wie Werkstattbücher, Rechnungen aber auch Kunstliteratur des Historiographen Giorgio Vasari (1511-1574) sind wichtige Überlieferungen, die bis heute Aufschluss über die Entstehung der Möbel geben. Durch diese Belege lässt sich feststellen, wie kostspielig und beliebt die wertvollen Truhen waren.

Bottega-Bücher

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Ein besonderes Dokument, das Auskunft über die Entstehung der Cassoni bietet, sind sogenannte Werkstattbücher, auch Bottega-Bücher genannt. Ein Beispiel hiervon ist das Exemplar der Künstler Marco del Buono (1402-1489) und Apollonio di Giovanni (ca. 1415-1465). Ihr Werkstattbuch führt alle Verkäufe auf, die zwischen 1446 und 1463 in ihrem Truhenatelier in Florenz getätigt wurden. Insgesamt fertigte das Künstlerduo 170 Truhen an. Während der Durchschnittspreis für ein Cassone bei 30 Fiorini lag, gab es auch teurere für 60 bis 75 Fiorini. Das Bedeutende an diesem Dokument ist, dass nicht nur die Preise in dem Werkstattbuch aufgeführt wurden, sondern auch die Auftraggeber. So weiß man heute, dass dies meistens der Brautvater war. Er gab sowohl den Namen seiner Tochter als auch den des Bräutigams an.

Eine der wichtigsten zeitgenössischen Quellen sind die Schriften von Giorgio Vasari, der in Florenz lebte und nicht nur Architekt und Hofmaler der Medici war, sondern auch Autor von Geschichten über Künstler wie Leonardo da Vinci, Raffael und Michelangelo. Durch seine Schriften über das Leben und Werk zeitgenössischer Meister gilt Vasari als einer der ersten Kunsthistoriker, auch wenn bis heute nicht geklärt ist, was davon real und was es nicht ist. Er schrieb in seiner mehrteiligen Künstlerbiografie Leben der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister, die bis 1567 entstand, über den Künstler Dello di Niccolò Delli, auch bekannt als Dello Delli (1403-1470). Hier in deutscher Übersetzung von Ludwig Schorn und Ernst Förster, aus dem Jahr 1837:

„[…] denn man fand zu jener Zeit überall in den Zimmern der Bürger große hölzerne Truhen, die nach Art der Särge auf den Deckeln mit mancherlei Zierrathen versehen waren. Niemand unterließ es, diese Truhen malen zu lassen, und außer den Bildern an der vorderen Fläche und den Nebenseiten wurde an den Ecken, bisweilen auch an anderen Stellen, das Wappen oder Zeichen des Hauses angebracht. Die Bilder an der vordern Seite stellten gewöhnlich Fabeln aus Ovid oder anderen Dichtern dar, Erzählungen aus lateinischen und griechischen Schriftstellern, oder sonst nur Jagden, Luftgefechte, Liebesabenteuer und ähnliche Dinge, was einem Jeden gerade am besten gefiel. Das Innere war mit Leinwand oder Tuch gefüttert, nach Stand und Vermögen dessen, der solchen Kasten verfertigen ließ, um darin Tuchkleider und andere Kostbarkeiten wohl zu verwahren.“[5]

Doch auch wenn dies eine schöne Beschreibung ist, ist unklar, woher Vasari seine Informationen nahm und ob der Künstler Dello wirklich so bedeutend für die Cassoni-Malerei war, wie Vasari es in seiner Schrift behauptet.

Forschungsstand

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Die Menge der Forschungsliteratur zu Cassoni ist beschränkt, da es sich hierbei um so eine Nische innerhalb der Kunstgeschichte handelt. Aktuelle Forschungen zu kompletten Truhen gibt es wenige. Wenn überhaupt beschäftigt sich die Forschung meistens mit den erhaltenen Bildtafeln. Neben einigen italienischen Werken gibt es nur wenig deutsch- und englischsprachige Literatur.

  • Das berühmteste Werk, und auch das erste zu dem Thema, ist das Buch Cassoni. Truhen und Truhenbilder der italienischen Frührenaissance: Ein Beitrag zur Profanmalerei des Quattrocento von Paul Schubring, das 1915 erschien. Es besteht aus zwei Bänden und einem dritten Zusatzband und ist mit zahlreichen schwarz-weißen Abbildungen versehen. Viele der abgebildeten Objekte sind heute nicht mehr auffindbar oder wurden während des Zweiten Weltkrieges zerstört. Insgesamt umfasst der Katalog fast 900 Beiträge, mehr als die Hälfte sind mit Abbildungen versehen. Schubring trug seine Informationen aus zahlreichen Ländern zusammen. Er besichtigte hierfür laut eigener Aussagen 600 Truhen persönlich und reiste dafür nach Italien, Frankreich, besuchte Privatsammlungen in England und Nordamerika, sowie die damals größten Cassoni-Sammlung aus dem Besitz des berühmten Kunstsammlers Karl Graf Lanckoroński in Wien.
  • Parallel zu Schubring beschäftigte sich auch Wilhelm von Bode mit italienischen Möbeln und veröffentlichte 1902 das Buch Die Hausmöbel der italienischen Renaissance. Darin bezeichnet der deutsche Kunsthistoriker das Cassone als „eins [sic!] der interessantesten und zugleich das wichtigste Möbel der Renaissance“. [6]
  • Auch das Buch von Peter Thorton mit dem Titel The Italian Renaissance Interior, 1400 – 1600, das 1991 erschien, thematisiert die große Bedeutung der Truhen innerhalb der italienischen Möbelkunst.
  • Ein zentrales Werk über den berühmten Cassoni-Maler Apollonio di Giovanni schrieb die US-amerikanische Kunsthistorikerin Ellen Callmann. Ihre Dissertation wurde 1974 unter dem Titel Apollonio di Giovanni veröffentlicht. Nach ihrer Promotion beschäftigte sich Callmann bis zu ihrem Tod im Jahr 2002 in zahlreichen Aufsätzen mit Cassone-Malerei.
  • Das Buch Renaissance Cassoni. Masterpieces of Early Italien Art: Painted Marriage Chests 1400-1550 des britischen Autors Graham Hughes führt in ausgiebigen Unterkapiteln alle Bildthemen der bemalten Cassoni auf, begleitet von einer Vielzahl an farbigen Abbildungen. Da es 1997 veröffentlicht wurde, ist es eines der aktuellsten Bücher zum Thema, aber es bezieht sich häufig auf Schubrings Werk.
  • Jüngeren Datums ist auch das Buch The Triumph of Marriage: Painted Cassoni of the Renaissance der US-amerikanischen Kunstprofessorin Cristelle L. Baskins aus dem Jahr 2008. Das Buch entstand im Rahmen einer Ausstellung und gibt einen ausführlichen Überblick zum Thema Cassone.
  • Der Aufsatz Können Möbel Medien sein? der deutschen Kunsthistorikerin Bettina Uppenkamp, das in dem Buch Möbel als Medien. Beträge zur Kulturgeschichte der Dinge von Sebastian Hackenschmidt und Klaus Engelhorn herausgegeben wurde, setzt sich mit der Bedeutung der Cassoni für die Eheschließung sowie der zeitgenössischen Geschlechterordnung auseinander.

Herstellung und Dekoration

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Für den Bau der italienischen Truhen wurde meistens Nussbaumholz verwendet. Dieses Holz ist sehr hart und lässt sich dadurch besonders präzise gestalten. Gleichzeitig erreicht die Oberfläche durch Nachdunkeln anhand von Firnis oder Beize einen beinahe metallischen, spiegelnden Effekt. In seltenen Fällen wurde auch Kastanienholz verwendet.

Cassoni unterscheiden sich auch in ihrer Form von nördlichen Truhen. Sie sind länglicher und einem Koffer ähnlich, was auf ihre Funktion zurückzuführen ist, da sich der Deckel aufklappen und nicht komplett entfernen lässt. Anders als im Norden, wo eine rahmende Eckpfostenkonstruktion die Truhe zusammenhält, sind bei Cassoni die Längs- und Schmalwände direkt verbunden. Somit ergibt sich eine größere Fläche für die dekorative Ausstattung. Die Rahmen der Bilder, die auf den Cassoni angebracht waren, wurden geschnitzt oder in Stuck ausgeführt und oft zusätzlich vergoldet. Es ist jedoch zu bedenken, dass einige der heute noch erhaltenen Cassoni wahrscheinlich im Laufe der Jahrhunderte nachträglich verändert wurden, zum Beispiel durch nachträgliche Malereien oder hinzugefügte Standfüße.

Viele der von Paul Schubring aufgelisteten Truhen haben ähnliche Maße, d.h. eine Länge von 160 bis 180 cm, eine Höhe von 50 cm und eine Tiefe von 40 cm. Schubring äußerte die Annahme, dass die Truhen dazu dienten, die Kleider der Frauen transportieren zu können ohne sie knicken zu müssen. Im Laufe des 15. Jahrhunderts änderten sich die Konstruktionen und man legte mehr Wert auf architektonische Aspekte, z.B. durch die Ausbildung von Sockelleisten, rahmende Pilaster und Gesimse. Ebenso änderte sich auch die Deckelform. Diese war leicht nach oben gewölbt und entwickelte sich durch ausgeprägte Profilierung und Erhöhung - ähnlich wie im Sockelbereich - zu einer sarkophag-ähnlichen Form. Im Zuge dessen wuchs der Wunsch nach plastischem Schmuck und statt Gemälden schmückte man die Truhen mit Reliefs oder Intarsien. Das Schloss hatte eine eher zu vernachlässigende Funktion, wenn überhaupt wurde es sehr einfach und möglichst klein gestaltet. Alternativ zum gewöhnlichen Schlüsselloch brachte man auch Hakenschlösser an, da diese weniger aufwändig herzustellen waren.

Die Dekorationen der italienischen Truhen lassen sich in vier Bereiche aufteilen: Bemalte Bildtafeln, Intarsien, geschnitzte Fronten und Stuckreliefs. Schubring stellte fest, dass sowohl Malerei als auch Stuckreliefs ab 1530 nicht mehr verwendet wurden, stattdessen wurden geschnitzte oder eingelegte Fronten beliebt.

Die bemalten Bildtafeln der Cassoni zeichnen sich besonders durch ihre lebhafte Farbigkeit und eine großzügige Verwendung von Gold aus. Bemalte Cassoni gelten als eine Besonderheit Italiens. Die Bilder wurden häufig sehr detailliert gemalt, weshalb sie später so beliebt waren und oft aus den Truhen herausgelöst wurden, um als einfache Bildtafeln verkauft zu werden. Bemalt wurden jedoch nicht nur die Front, sondern auch die Seiten und manchmal auch die Innenseite des Deckels. Die Rückwand wurde nicht bemalt, da die Truhen immer gegen eine Wand gestellt wurden. Ebenso wurde der Deckel nicht bemalt, da die Truhen auch als Sitzgelegenheit dienen sollten.

Die übliche Malfarbe der Cassoni-Künstler war Tempera (vom lateinischen tempere „vermengen, vermischen“), deren Farbpigmente mit einem Bindemittel aus wässrigen und öligen Komponenten gebunden wurden. Tempera auf einem biegsamen Untergrund kann schnell reißen, daher war Holz das übliche Material für Bildträger. Da diese Malweise bis ins 15. Jahrhundert in Europa üblich war, wurden auch die Bildtafeln für die Truhen so hergestellt.

Die ersten Cassoni wurden mit ornamentalen Mustern und Wappen verziert. Besonders bei den Hochzeitstruhen waren die Wappen meist paarweise angeordnet, und stellten somit beide Parteien der Vermählung dar. Da Cassoni ein Teil des Interieurs wurden und neben der Aufbewahrung dazu dienten, Erzählungen an Familienmitglieder mit Bildern zu begleiten, wurden häufig Menschengruppen abgebildet, zum Beispiel während Prozessionen oder Schlachten. Später kamen allegorische und mythologische Szenen hinzu, die besonderen Fokus auf Tugenden legten. Dabei wurden auch manchmal Szenen aus dem Alten Testament und David-Darstellungen abgebildet. Aber auch Themen von antiken Dichtern wie Virgil, Homer oder Ovid wurden aufgegriffen und mit zahlreichen kleinen Figuren dargestellt. Ein besonders beliebtes Motiv für die Truhen der Frauen war die fiktive Figur der Griseldis. Diese, Tochter eines armen Bauern, soll einen Fürsten heiraten. Er lässt Griseldis prüfen, um herauszufinden, ob sie ihm wirklich ergeben ist. Da Griseldis alle Prüfungen und Torturen geduldig erträgt, gilt sie als Vorbild für die weiblichen Tugenden.

Oft waren die Bilder so gemalt, dass man die Geschichten von links nach rechts ablesen konnte. Cassone-Malerei war bis Mitte des 16. Jahrhunderts sehr beliebt, da sie eine romantisierende und idealisierende Darstellung ermöglichte und damit der Mode entsprachen.

Stuckreliefs waren, ähnlich wie Malereien, eher zu Beginn der Cassoni-Ära beliebt. Dabei wurde der Stuck vergoldet, um so eine besonders prunkvolle Wirkung zu erzielen. Das technische Verfahren der Vergoldung des Stucks wird dem italienischen Künstler Margeritone d’Arezzo (ca. 1250-1290) zugeschrieben, der im 13. Jahrhundert das Verfahren bereits bei Heiligenscheindarstellungen auf seinen Bildern verwendete. Auch der Florentiner Künstler Cennino Cennini (ca. 1370-1440) beschrieb in einem seiner Werke, wie man Stuckarbeiten für Cassoni herstellte. Dabei zählte er die Vorgehensweise Schritt für Schritt auf. Die erhabenen Dekorationen wurden in Gesso, einer Gipsmasse, auf dem Holzträger mithilfe von Modelen und Stempeln angebracht und anschließend vergoldet. Besonders Ornamente und Wappen ließen sich so gut darstellen. Der partiell aufgetragene Gesso auf Holz ist auch unter dem Begriff Pastiglia (vom italienischen „Pastille“) bekannt. Während man mit dieser flachen Form des Stucks anfangs ganze Flächen dekorierte, die man dann vergoldete, ging man später dazu über, Pastiglia-Tafeln in die gerahmten Fronten der Cassoni einzulassen. Diese angebrachten Rahmen bestanden auch meist aus Gesso.

Bei Intarsien (vom italienischen intarsiare „einlegen“) handelt es sich um eine Dekorationstechnik, bei der auf einer flachen Oberfläche verschiedenfarbige Hölzer in- oder aneinander gelegt werden, sodass die Oberfläche weiterhin plan bleibt. Intarsien entwickelten sich aus einfachen, geometrischen Musterungen durch mosaikartige Abwechslung von hellen und dunklen Holzstücken. Die unterschiedlichen Farben des Holzes lassen sich auf unterschiedliche Sorten zurückführen: Ahornholz hat eine weißliche Farbe, während Birnbaumholz rötlich und Nussbaumholz graubraun erscheinen. Diese Hölzer ließen sich besonders gut furnieren. Weitere Holzsorten, die später verwendet wurden waren Ebenholz, Mahagoni, Rosenholz und Amaranth.

Intarsien entwickelten sich erst in der zweiten Hälfte des Quattrocento zu einer beliebten Dekoration. Ursprünglich fanden sie in Italien hauptsächlich Verwendung in Sakralbauten, vor allem auf den Chorgestühlen. Daraus entwickelte sich der Wunsch, mit dieser Art der Dekoration auch in Wohnhäusern größere Flächen wie Wandvertäfelungen oder Türen verschönern, besonders mit ornamentalen, pflanzlichen Darstellungen. Aber auch die beliebten Cassoni wurden so geschmückt. Es entwickelten sich große rankende Ornamente und Wappenkunst, bis man sogar ganze Szenen mit Intarsien darstellte. Besonders beliebt war im 16. Jahrhundert die Darstellung von Perspektiven, also Ausblicken in Landschaften und fiktive oder reale urbane Architektur.

Geschnitzte Cassoni

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Geschnitzte Dekorationen wurden besonders im 16. Jahrhunderts beliebt, vor allem in Venedig. Die geschnitzten Cassoni führten weg von „unmoderner“, prunkvoller Dekoration und bunten Mustern. Sie lösten damit die Malerei ab und leiteten das Ende der Cassoni-Ära ein, was mit der sich verändernden Mode einherging. Vorzugsweise benutzte man dunkles Holz, wie Walnuss. Da das Holz anschließend nicht bemalt oder vergoldet wurde, verloren die Truhen ihren Charme und kamen nach und nach aus der Mode.

Paul Schubring zufolge lassen sich Cassoni in zwei Arten aufteilen. Zum einen in Truhen, die für den Alltagsgebrauch bestimmt waren und um Dinge zu transportieren, zum anderen die zeremoniellen Truhen, die zum Anschauen und Aufbewahren verwendet wurden. Die Truhen, die speziell und meistens paarweise für wichtige Hochzeiten vom Brautvater in Auftrag gegeben wurden und Teil der Mitgift waren, wurden bis ca. 1460 in einer feierlichen Prozession durch die Stadt geführt. Dies diente zum einen dazu, die Braut offiziell in ihr neues Heim zu geleiten, aber auch um den Wohlstand der Familien zu präsentieren. Diese Tradition, die besonders in Florenz üblich war, wurde ab 1460 durch strenge Gesetze reguliert. Statt aufwändigen Hochzeitsparaden durch die Stadt sollten die Hochzeitsgesellschaften ihre Feiern auf Palastinnenhöfe oder Loggien beschränken. Dies erklärt, warum die Abbildungen der Prozessionen auf den Cassoni ab Mitte des 15. Jahrhunderts stark zunahmen, denn so wollte man der einstigen Tradition gedenken. Mit der Einschränkung der Hochzeitszeremonie geht einher, dass nun der Bräutigam die Cassone in Auftrag gab. Der Ehemann nahm so Einfluss auf die Schlafzimmereinrichtung; die Mitgift wurde nicht mehr von der Braut mitgebracht, sondern war bereits in ihrem neuen Heim untergebracht.

Die mitgebrachten Truhen wurden nach ihrer Ankunft im Schlafzimmer des Hauses aufgestellt, der sogenannten Camera, und waren wichtig für die familiäre Erinnerungskultur, denn sie erinnerten an die Hochzeit. Ebenso benutzte man die dekorativen Szenen um damit den Kindern Geschichten zu erzählen, beispielsweise anhand dargestellter Tugendexempla. Das Schlafzimmer war zu dieser Zeit dem heute üblichen Wohnzimmer ähnlich, man nutzte es nicht nur für private Zwecke sondern auch zum Empfang von Gästen. Diese Repräsentationszimmer gestaltete man daher aufwändig und dekorierte gern, passend zu den Cassoni und Tagesbetten, die Wände mit Intarsien oder Gemälden.

Aus ihrer Funktion heraus ergab sich das Format der Truhen. Die Kleider sollten in den Cassoni möglichst ohne Falten transportiert bzw. gelagert werden, gleichzeitig durfte die Truhe nicht zu hoch sein, damit auch ein Frauenarm hineingreifen konnte, um die teuren Kleidungsstücke oder auch Bettwäsche herauszunehmen. In der Truhe des Mannes wurde häufig das Geld und der Dolch des Hausherren aufbewahrt, denn die Wertsachen wollte man gerne in der Nähe gelagert haben.

Auftraggeber und Wappen

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Die Auftraggeber waren häufig wohlhabende Familien, besonders Kaufmanns- und Adelsfamilien. Ein besonders wichtiges Beispiel sind die Medici und die Strozzi Familien. Die Wappen der beiden Florentiner Geschlechter waren am häufigsten auf Florentiner Möbeln dieser Zeit abgebildet, so auch auf zahlreichen Cassoni. Wappen und Embleme stellten einen wichtigen Teil der Verzierung dar. Je nach dem Entstehungsort der Truhe wurden die Wappen der Auftraggeber an verschiedenen Stellen angebracht. In der Toskana wurden sie auf den schmalen Eckleisten der Vorderseite befestigt, wobei links das Wappen der Ehefrau und rechts das Wappen des Ehemannes drapiert wurde, häufig in Kombination mit dem Stadt- oder Parteiwappen. Sie sollten den Status und die neuen Verbindungen der Familien darstellen.

Cassoni in Museen

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Viele Cassoni sind heute zerstört, wenn überhaupt findet man nur noch die herausgelösten Bildtafeln. Es gibt jedoch einige Museen und Sammlungen, die noch vollständig erhaltenen Truhen besitzen. Besonders eindrucksvolle Exemplare findet man im Metropolitan Museum of Art, New York. Dort kann man auch Bildtafeln der Künstler Marco del Buono und Apollonio di Giovanni besichtigen.

In Europa findet man mit Abstand die meisten gut erhaltenen Truhen in Großbritannien. Besonders das Londoner Kunstgewerbemuseum, das Victoria and Albert Museum, besitzt eine Vielzahl an Exemplaren. Häufig ist unklar, von welchem Künstler die Möbelstücke stammen, es gibt in dem Museum jedoch auch Cassoni, die Francesco di Giorgio und Apollonio di Giovanni zugeschrieben werden. Ebenso findet sich eine kleine Auswahl an Truhen im Courtauld Institute of Art und der dazugehörigen Courtauld Gallery, sowie der National Gallery London.

In der Courtauld Gallery kann man das wohl bekannteste Cassoni-Paar besichtigen, die Morelli-Nerli-Hochzeitstruhen von Biagio di Antonio Tucci (ca. 1445-1510), Jacopo del Sellaio (ca. 1441-1493) und Zanobi di Domenico (1460-1499). Beide Truhen entstanden im Rahmen der Hochzeit des Kaufmanns Lorenzo Morelli und Vaggia Nerli im Jahr 1472. Sie zeichnen sich besonders durch ihre Vollständigkeit aus, denn sie besitzen beide zusätzlich eine Spalliera, eine dekorierte Tafel, die oberhalb der Cassone angebracht wurde, um sie besonders prunkvoll zu gestalten.

Das Statens Museum for Kunst in Kopenhagen besitzt ein besonders gut erhaltenes Cassone-Paar des Florentiner Künstlers Giovanni di Ser Giovanni Guidi, auch bekannt als Lo Scheggia (1406-1486). Beide Truhen sind in einem sehr guten Zustand und zeichnen sich durch ihre Deckelmalerei aus, die zwei nackte liegende Körper abbildet. Beide liegen sich zugewandt, was vermuten lässt, dass es ein Hochzeitsgeschenk für ein Paar war.

In Deutschland stellt das Kunstgewerbemuseum in Berlin eine kleine Auswahl an Truhen aus und man kann in der Gemäldegalerie Berlin einige Cassone-Tafeln besichtigen. Andere Standorte sind das Isabella Stewart Gardner Museum in Boston, Massachusetts sowie das Stibbert Museum in Florenz sowie zahlreiche ehemalige Paläste in Italien, wie z.B. der Palazzo del Bargello in Florenz, das heute das Nationalmuseum beherbergt.

  • Sigrid Hinz: Innenraum und Möbel. Von der Antike bis zur Gegenwart. Berlin: Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, 1976.
  • Graham Hughes: Renaissance Cassoni. Masterpieces of Early Italien Art: Painted Marriage Chests 1400-1550. London: Art Books International, 1997.
  • Sigrid Müller-Christensen: Alte Möbel: Vom Mittelalter bis zum Jugendstil. 9. Aufl. München: Verlag F. Bruckmann KG, 1981.
  • Hannelore Nützmann: Alltag und Feste. Florentinische Cassone- und Spallieramalerei aus der Zeit Botticellis. Berlin: Gemäldegalerie, 2000.
  • Hermann Schmitz: Das Möbelwerk. Die Möbelformen vom Altertum bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Tübingen: Verlag Ernst Wasmuth, 1963.
  • Paul Schubring: Cassoni. Truhen und Truhenbilder der italienischen Frührenaissance. 2. Aufl. Leipzig: Verlag von Karl W. Hiersemann, 1923.
  • Bettina Uppenkamp: Können Möbel Medien sein? In: Klaus Engelhorn (Hrsg.)/ Sebastian Hackenschmidt: Möbel als Medien. Beiträge zur Kulturgeschichte der Dinge. Bielefeld: transcript, 2011, S. 47-67.
  • Wilhelm Von Bode: Die Hausmöbel der italienischen Renaissance. Leipzig: Verlag von Hermann Seemann, 1902. https://archive.org/stream/dieitalienischen00bode/dieitalienischen00bode_djvu.txt
  • Franz Windisch-Graetz: Möbel Europas. Renaissance und Manierismus. München: Klinkhardt & Biermann, Verlagsbuchhandlung GmbH, 1983.

Einzelnachweise

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  1. a b Hermann Schmitz: Das Möbelwerk. Die Möbelformen vom Altertum bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Verlag Ernst Wasmuth, Tübingen 1963, S. 21.
  2. Franz Windisch-Graetz: Möbel Europas. Renaissance und Manierismus. Klinkhardt & Biermann Verlagsbuchhandlung GmbH, München 1983, S. 17.
  3. Graham Hughes: Renaissance Cassoni. Masterpieces of Early Italien Art: Painted Marriage Chests 1400-1550. Art Books International, London 1997, S. 43.
  4. Sigrid Hinz: Innenraum und Möbel. Von der Antike bis zur Gegenwart. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1976, S. 23.
  5. Giorgio Vasari: Leben der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister. Hrsg.: Ludwig Schorn und Ernst Förster. Band II, 1. Teil. Werner’sche Verlagsgesellschaft, Tübingen/ Stuttgart 1837, S. 53.
  6. Paul Schubring: Cassoni. Truhen und Truhenbilder der italienischen Frührenaissance. 2. Auflage. Verlag von Karl W. Hiersemann, Leipzig 1923, S. 15.