Benutzer:Kürschner/Pelztier2

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Als Breitschwanz (engl.: broadtail, breitschwantz) oder Persianer-Breitschwanz wird das Fell eines besonderen Entwicklungsstadiums von Föten des Karakulschafs bezeichnet, wenn es sich durch eine besondere, weniger lockige als eher moirisierende Behaarung auszeichnet.[1] Ein Lammfell, bei dem noch keine oder fast keine Fellzeichnung ausgebildet ist wird unter dem Namen Galjak gehandelt. Breitschwanz zählte lange Zeit, zusammen mit Persianer, zu den bekanntesten und wertvollsten Modepelzen.

Das Karakulschaf gehört zu der Art der Breitschwanzschafe. Wann und wieso der Begriff Breitschwanz für das Fell des frühzeitig totgeborenen Tieres übernommen wurde, wann er erstmals gebraucht wurde, konnte nicht ermittelt werden. In den Prospekten großer internationaler Rauchwarenfirmen taucht der Name gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf.[2]

Die irritierende, ehemalige Bezeichnung Breitschwanzpersianer meinte dagegen den Pelz von heute Swakara genannten Fellen regulär geborener Karakullämmer, die vor allem in Namibia auf einen dem Breitschwanzfell ähnlichen Typ hin gezüchtet werden.

Die Zucht von Fettschwanzschafen, zu denen das Karakulschaf gehört, ist seit etwa 2650 v. Chr. nachweisbar. In Uruk, Zweistromland, heutiges Irak gefundene Plastiken aus der Zeit zwischen 2040 bis 2000 zeigen dann erste fürstliche Kopfbedeckungen aus gelocktem Karakulfell.[3]

Breitschwanzfell

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Anfangs wurde den Fellen zu früh geborener Karakullämmer kein Wert zugemessen, diese Felle wurde zum Verpacken der regulären Karukulfelle benutzt. Die Bezeichnung „Breitschwanz“ taucht gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den Prospekten großer internationaler Rauchwarenfirmen auf.[4]

Im Jahr 1961 wurde über den Anfall von Breitschwanzfellen gesagt, dass auf den russischen Auktionen etwa 5 % Breitschwanz und Galjakfelle zum Verkauf kommen. Aus Südwestafrika (Namibia) waren 2 ½ des Aufkommens „Galjak und glatt, flach“ sowie ½ % „Breitschwanz“ sowie „Breitschwanzpersianer.“

Diskussion um die Gewinnung des Breitschwanzfells

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In der meisten Zeit der Persianermode machte es keinen Sinn, die Karakulschafe zu einem frühzeitigen Abort zu bringen oder trächtige Schlachttiere vor der Niederkunft deshalb zu töten, der Wert eines Karakulfells war geringer als ein Breitschwanzfell. Erst die durch die geringe Größe höhere Anzahl der benötigten Felle und die aufwändigere Verarbeitung gegenüber den regulär geborenen Lammfellen verursachen den hohen Preis eines Breitschwanzmantels oder einer -jacke. Breitschwanzpelze guter Qualität wurden, im Gegensatz zu Karakullammpelzen, fast immer aufwändig, in feinen Wellen- und Zackenmustern, mit Handnähten zusammengefügt. In Norwegen wurden in den 1950er jahren alte, von der Weiterzucht ausgeschlossene Mutterschafe, die von einem hochwertigen Karakulbock belegt worden waren, am 135. Tag zur Fleischgewinnung geschlachtet. In der UdSSR gab es in den 1960er Jahren ähnliche Versuche. Obwohl das Ergebnis tatsächlich zu Fellen mit mehr oder weniger Breitschwanzcharakter führte, war nur ein geringer Prozentsatz echter, wertvoller Breitschwänze darunter.[5]

Immer wieder gab es Berichte über eine tierquälerische Gewinnung der Breitschwanzfelle, wobei nicht immer zwischen dem Breitschwanz mit glattem bis moiriertem Haarbild und dem gelockten Karakullamm unterschieden wurde. 1928 schrieb L. Adametz, dass der berühmte Naturforscher Peter Simon Pallas vor 150 Jahren vergeblich versucht habe, der Gräuellegende vom Breitschwanz entgegenzutreten.[6] Im Lauf der Jahre vorgebrachte Vorwürfe waren:

Misshandlungen der Muttertiere zum Herbeiführen eines frühzeitigen Aborts (Schläge auf den Leib)
Schlachten hochtragende Muttertiere (kommt gelegentlich in Futternotzeiten, Dürreperioden vor)
Hochträchtige Tiere erhalten nach langem Durst Salzwasser zum Trinken, um einen Abort auszulösen
Zu knappes Füttern während der Trächtigkeit, was teilweise zu einem kurzhaarigen, „breitschwanzähnlichen“ Fell bei normal geborenen Lämmern führen soll.




Am 24. Juni 1925 erschien in der „Tierbörse“ eine Stellungnahme zu einem Artikel von A. Lesnewski über die Gewinnung von Persianerfellen, erschienen vor dem Ersten Weltkrieg (1914-1918) im „Turkestaner Courier“. Der Sachverständige aus dem Karakulhaltungsgebiet Buchara, Mir-Chidor Chodsche Mirbadaleff führte in seiner Einleitung dazu aus: „Herr Lesnewski beschrieb sehr phrasenhaft ein legendenhaftes Märchen, welches ich in den Jahren meiner Kindheit, Anfang der [18]70er Jahre in Ohrenburg bereits gehört habe.“ In dem von zitierten Artikel von Lesnewski, berichtet der Autor in augenzeugenhafter Form, von totgeschlagenen Muttertieren, von Schlagen mit Stöcken, „ich hätte so schreien mögen, daß mich die jungen, reinen unschuldigen Geschöpfe mit den glänzenden Augen und rosigen Wangen, die in Persianer gekleidet herumlaufen, hören sollten […] Ich schreibe diese Zeilen und zittere. […]“

Mir-Chidor Chodsche Mirbadaleff führte, unter anderem, dazu aus:

„[…] auf Wunsch der bucharischen Regierung und auf Grund der mir seitens des Statthalters S. Hoheit des Emirs von Buchara persönlich erteilten Vollmacht bestätige ich, daß obige Beschreibung zweifellos nur der persönlichen Phantasie des Herrn Lesnewski entsprungen ist und muß man sich allerdings der Kühnheit wundern, die er hatte, diese Fabel der Presse zu übergeben. Es ist leicht möglich, daß er das Material zu seinem Artikel aus einem Aufsatz nahm, welcher vor mehr als einem Jahr in irgend einer Zeitung erschien und in welchen die Gewinnung von Breitschwanz in genau derselben Weise und sogar mit denselben Ausdrücken wie sie L. gebraucht, geschildert wurden. Es handelt sich in diesem Artikel gar nicht um Persianer, deren Geburt völlig normal vor sich geht, sondern um Breitschwanz, welche die Frühgeburten des Persianermutterschafes sind. Diese Frühgeburten, welche eben Breitschwänze sind, haben verschiedene Ursachen. Das Alter der Schafe, Krankheit und hauptsächlich strenge Winter, besonders wenn nach längerem regen Frost eintritt. Dann werden die Schafe schnell schwach und erkälten sich und die Folge davon sind die vielen Frühgeburten. Den Beweis haben wir, denn in milden Wintern gibt es wenig Frühgeburten. Der Wert der Breitschwänze ist verschieden …“[7]

Alle gegenteiligen Stellungnahmen der angesprochenen Züchter und Branchenangehörigen halfen jedoch nur wenig. Es stand weitgehend Aussage gegen Aussage, wobei sich nur schwer belen lässt, dass etwas nicht stattgefunden hat. Zumal nicht auszuschließen ist, dass es, wenn nicht die Regel, einzelne Vorfälle dieser oder ähnlicher Art gegeben haben kann.

Immer wieder erschienen Zeitungsartikel mit dem gleichen Tenor, 1914 in der „Deutschen Petersburger Zeitung“, mit der Bemerkung: „Es sei aber niemandem in Rußland eingefallen, diese Mitteilungen als »Phantasie« zu bezeichnen“. Am 25. September 1925 in „Die Pelzmode“ Wien werden wieder die Stockhiebe zitiert, bei denen „nur mehr der dritte Teil“ umkommt. Am 10. November berief sich in der Unterhaltungsbeilage ein Autor wieder auf den St. Petersburger Artikel, „Stöcke, Ruten, Peitschen, Knüppel sausen nieder und immer wieder auf ihre Leiber herab […]“ Im „Berliner Lokalanzeiger“ wird am 9. Dezember 1925 „richtiggestellt“, das „eben nur die kostbarsten“ Karakulfelle durch künstlich herbeigeführte Frühgeburten gewonnen werden. Zu den hier im Jahr 1973 zitierten, ausführlicheren Textstellen wurden an gleicher Stelle weitere, ähnliche 14 Artikel zitiert.

Für die UdSSR, ein wesentlicher Lieferant von Karakulfellen, hieß es 1964 von der damals noch staatlichen Pelzhandelsgesellschaft Sojuzpushnina zusammenfassend: „Die in dem Artikel geschilderte scheußliche Grausamkeit, die angeblich gegenüber Tieren mit dem Zweck, einen höheren Nutzen zu erzielen, in Turkestan wie in anderen Ländern angewendet werden soll, entspricht nicht den Tatsachen und ist reine Erfindung, soweit es die UdSSR betrifft“.[8]

Für den Breitschwanzanfall in Südafrika wurde 1964 K. W. Spitzner, Kapstadt, befragt, einer der damals besten Kenner der dortigen Karakulschafzucht. Er führte aus, dass im Vergleich zu Russland in Südwestafrika, dem heutigen Namibia, sehr viel weniger Breitschwanzfelle anfielen. Er führte es darauf zurück, dass es dort nicht derart krasse Temperaturunterschiede wie in Russland gibt.[9]

H. E. Mattner, Assistent an der Abteilung Tierzucht und Tierernährung in den Tropen und Subtropen beim Tropeninstitut der Stadt Gießen war ebenfalls über zehn Jahre in der Farmwirtschaft Südafrikas tätig. Er griff die Frage auf, warum man keine Breitschwänze züchtet. Die Tatsache, dass man Frühgeburten nicht züchten kann, fasste er abschließend zusammen: „Diese Grundbedingungen sind nicht gegeben. Daher erübrigt sich jegliche weitere Diskussion des angeschnittenen Problems. Sie ist sinnlos und töricht.“[10]

Einzelnachweise

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  1. Dr. H. E. Matter, Dr. Paul Schöps, Richard Maria Franke: Breitschwanz-Karakul - Legende und Wirklichkeit, Rifra-Verlag Murrhardt, 1973, S. 13, 15–16
  2. In:Breitschwanz-Karakul. Legende und Wirklichkeit, 1973, S. 13.
  3. R. M. Franke. In: Breitschwanz Karakul. Legende und Wirklichkeit, 1973.
  4. Edythe Cudlipp: Furs - An Appreciation of Luxury, a Guide to Value. Hawthorn Books, New York, 1978, S. 22 (englisch), ISBN 0-8015-4310-X.
  5. In:Breitschwanz-Karakul. Legende und Wirklichkeit, 1973, S. 33.
  6. In: Zeitschrift Die Pelztierzucht, 4. Jg., Nr. 1, 1928. In:Breitschwanz-Karakul. Legende und Wirklichkeit, 1973, S. 27.
  7. H. E. Matter, Paul Schöps, Richard Maria Franke: Breitschwanz Karakul. Legende und Wirklichkeit. Rifra Verlag, Murrhardt, 1973, 2. Auflage]]. 4. Band des Archivs für Pelzkunde (→ Titelseite und Inhaltsverzeichnis).
  8. In:Breitschwanz-Karakul. Legende und Wirklichkeit, 1973, S. 29-30.
  9. In:Breitschwanz-Karakul. Legende und Wirklichkeit, 1973, S. 31.
  10. H. E. Matter: Warum züchtet man keinen Breitschwanz. In: Das Pelzgewerbe, 1966, Nr. 6, Hermelin-Verlag, Berlin u. a., S. 241-242.




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