Benutzer:Jcornelius/Pajuba

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Pajubá, portugiesische Aussprache paʒuˈba, bezeichnet einen Soziolekt des brasilianischen Portugiesisch, bestehend aus einem breiten Vokabular westafrikanischer Sprachen (Yorubá, Umbundo, Quimbundo, Quicongo, Nago, Ebá, Jeje und Fom), des indiginen Tupi, wie Lehnwörter aus dem Spanischen, Französischen sowie Englischen. Aus Westafrika verschleppte und versklavten Menschen sollen den Pajubá im Kontext der afro-brasilianischen Religion Candomblé geschaffen haben. Durch die soziale Nähe und gemeinsame Erfahrungen gesellschaftliche Marginalisierung, nutzen auch unter anderem Schwarze trans Frauen und Männern den Pajabá, und trugen diesen in den Kontext der informellen Sexarbeit der urbanen Räumen Brasiliens. Dadurch kam auch die breite, urbane brasilianische LGBTQ-Community in Kontakt mit dem Soziolekt, verwendete und eignete sich diesen an. In der brasilianischen Militärdiktatur, aber auch heute erfüllt der Soziolekt die Funktion einer Geheimsprache (Kryptolekt), um sich gegenseitig vor Sicherheitskräften zu warnen.

Der Pajubá charakterisiert sich sowohl durch seine breite Verwendung in Brasilien, als auch durch die zahlreichen lokalen Variationen. Die Verwendung des Pajúba hat identitäts- und gemeinschaftsstiftende Funktion, und bis heute sowohl innerhalb des Candomblé wie durch die LGBTQ-Community in Gesamtbrasilien genutzt. Durch die lokalen und regionalen Variationen wird Pajubá gelegentlich als eine Soziolekt-Familie angesehen und daher die Bezeichnung „linguagens pajubeyras“ (in etwa Pajubarische Sprachen) genutzt. Durch wachsende Verwendung in der brasilianischen Popkultur erfährt der Soziolekt selbst inzwischen auch breitere Berichtersttattung der Medien und damit Aufmerksamkeit der brasilianischen Mehrheitsgesellschaft.

Pajubá basiert vermutlich auf verschiedenen westafrikanischen Sprachen, darunter Yorubá, Umbundo, Quimbundo, Quicongo, Nago, Ebá, Jeje und Fom, die zur Verständigung unter den Gläubigen im Candomblé-Kontext genutzt werden. Die Mehrheit der Candomblé-Anhängern besteht bis heute vor allem aus Nachfahren von nach Brasilien verschleppten und versklavten Menschen aus Westafrika. Die portugiesischen kolonialen Menschenhändler trennten Versklavte, die die gleiche Sprache sprachen, bewusst voneinander, um die Kommunikation untereinander und damit einen möglichen Widerstand zu unterbinden. In diesem Umfeld der sprachlichen Vielfalt soll der Pajubá im religiösen Kontext des Candomblé entstanden sein, und wird dort auch heute genutzt.[1] [2]

Candomblé-Tempel galten und gelten bis heute als sicherer Schutzort für Minderheiten, die staatlichen und gesellschaftlichen Repressionen ausgesetzt sind. Schwarze trans Frauen und Männern, besonders prekarisiert und marginalisiert und meist in der informellen Sexarbeit tätig, sollen Pajubá aus dem Candomblé in den urbanen Kontext gebracht haben, und dort als Kommunikationsform genutzt haben. Der Anthropologe Peter Fry dokumentierte in Belém (Bundesstaat Pará) der 1970er Jahre wie schwule Männer besonders das afro-braslianischer, religiöse Umfeld frequentierten und durch die gemeinsame Erfahrung der gesellschäftlichen Marginalisierung eine starke Verbindung existierte. Die breitere LGBTQ-Gemeinschaft übernahm den Pajubá und eignete sich diesen an, um sich insbesondere in Zeit der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985), aber auch in der Zeit danach vor der Präsenz staatlicher Sicherheitskräfte und deren Repressionen zu warnen.[1][2]

Der Pajubá charakterisiert sich heute durch die breite Verwendung als Soziolekt in Gesamtbrasilien, gleichermaßen durch die unzählichen Variationen auf mikro-lokaler Ebene. Gläubige in den terreiros des Candomblé verwenden eine Form des Pajubá, ebenso wie in der informellen Sexarbeit arbeitende trans Menschen, aber in der urbanen LGBTQ-Community der weißen Mittelschicht werden Worte und Ausdrücke des Pajubá genutzt. Neben der Funktion der exklusiven Kommunikation unter Sprechenden, wird auch die identitäts- und gemeinschaftsstiftende Funktion des Soziolekts hergehoben. Deutlich wird dies auch daran, dass der Pajubá trotz der großen sozialen Ungleichheit in Brasilien auch zwischen Sprechenden unterschiedlicher soziale Klassen genutzt wird.

Variationen des Pajubá zeigen sich vor allem in den jeweiligen lokalen, regionalen, sozialen Kontext, in denen er genutzt wird. Durch die starke Verwendung nicht portugiesischen Vokabulars setzt sich Pajubá stark von der Norm des brasilianischen Portugiesisch ab und gilt oft auch für Nichtsprechende als nicht verständlich. In Teilen der brasilianischen Trans-Community wird der Pajubá von einer expressiven Körpersprache begleitet, die Teil einer Ästhetik der sog. fexação ist mit dem Ziel gesellschaften Erwartungen zu unterlaufen und die eigene LGBT-Identität zu verbergen oder herunterzuspielen. In brasilianischen Gefängnissen nutzen Insassen der LGBTQ-Community den Pajubá mit besonders starken Variationen des Vokabulars und der Syntax um sich vor Repressionen von Mitinsassen zu schützen und gegenseitig zu unterstützen.[3]

Durch die Verwendung von Pajubá-Ausdrücken in der brasilianischen Popkultur, beispielsweise durch die schwarze trans Sängerin und Schauspielerin Linn da Quebrada, erfuhr Pajubá eine breitere Berichterstattung der Medien und dadurch Aufmerksamkeit der brasilianischen Mehrheitsgesellschaft.[2] Besondere Aufmerksamkeit erregte eine sich auf Pajubá beziehende Prüfungsfrage in der brasilianischen Hochschulaufnahmeprüfung (ENEM) im Jahr 2018. Die Verwendung der Frage wurde stark kritisiert, unter anderem vom brasilianischen Staatspräsident Jair Bolsonaro.[4] Dieser betonte, dass die Fragen der Hochschulaufnahmeprüfung sich auf die brasilianische Kultur und Geschichte fokussieren sollten, und nicht auf Aspekte der LGBTQ-Community.[5]

Manche Schwarze brasilianische Aktivisten kritisieren die kulturelle Aneignung von Pajubá durch die mehrheitlich urbane, weiße, männliche LGBTQ-Community und die Darstellung des Pajubá in den Medien als „Sprache der Schwulen und Lesben“.[6]

2006 veröffentlichten der Journalist Vitor Angelo und der Forschen Fred Lib ein Wörterbuch mit dem Titel „Aurélia, a dicionária da lingua afinada“, das rund 1300 Worte und Ausdrücke des Pajubá umfasst. Ein zusätzlicher Abschnitt widmet sich dem durch die LGBTQ-Community verwendeten Vokabulars anderer portugiesischsprachiger Ländern. Im Titel des Wörterbuch werden bereits Mechanismen des Pajubá genutzt, wie die Verwendung des femininen Genus für im Standardportugiesischen maskuline Worte. Der Namen „Aurélia“ ist eine Anspielung auf ein in Brasilien genutztes Standard- und Norm-Wörterbuch der portugiesischen Sprache, das nach dessen Autor oft nur Aurélio (oder Aurélião) bezeichnet wird.

Von wissenschaftlicher Seite gewinnt Pajubá inzwischen ebenfalls an Aufmerksamkeit, aus linguistischer, soziologischer wie anthropoligischer Sicht. Schwerpunkte sind dabei unter anderem die Entstehung und Entwicklung des Pajubá und desse Rolle für die Schwarze Bevölkerung. Auch der Frage, wie Pajubá linguistisch einzuordnen ist -- Dialekt, Soziolekt, Pidgin, eine Form von Kreol -- wird nachgegangen.

Der Pajubá charakterisiert sich sowohl durch seine breite Verwendung in Brasilien, als auch durch die zahlreichen lokalen Variationen.

Einige Ausdrücken brasilienweit genutzt

Yorubá

Tupi

O pajubá se caracteriza por uma sonoridade própria e pela presença de

expressões de origem tupi-guarani 173 e yorubá174 .


Uma das expressões mais utilizadas de origem tupi-guarani é picumã (sinônimo de cabelo ou peruca

no pajubá). Ela significa primordialmente “teia de aranha enegrecida pelo fumo” (JEHA, 2019). A

presença de expressões de origem indígena no pajubá é, no entanto, um fenômeno ainda pouco conhecido

e pouco estudado na bibliografia.

Durch die starke Verwendung nicht portugiesischen Vokabulars setzt sich Pajubá stark von der Norm des brasilianischen Portugiesisch ab und gilt für Nichtsprechende als nicht verständlich. Das Wort pajubá (auch bajubá) selbst bedeutet im Soziolekt in etwa „Klatsch“, „Nachrichten“, „Neuigkeiten“ und bezieht sich auf andere Orte bzw. auf Tatsachen, die dort vorkommen, sowohl im guten wie schlechten Sinne.

Linguagens Pajubeyras: Re(ex)sistência cultural e subversão da heteronormatividade

https://de.scribd.com/document/60202994/A-Linguagem-no-Candomble

http://repositorioinstitucional.uea.edu.br/handle/riuea/1945?mode=full


Aurelia, a dicionária da lingua afinada, Editora da Bispa, 859930710X

(http://repositorioinstitucional.uea.edu.br/bitstream/riuea/1945/1/PAJUB%c3%81%20OC%c3%93DIGO%20LINGU%c3%8dSTICO%20DA%20COMUNIDADE%20LGBT.pdf)

  1. a b Muito além do lacre. Abgerufen am 4. Juli 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  2. a b c Lacrou! Saiba o que expressões LGBTQ+ tem a ver com política. Abgerufen am 4. Juli 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  3. Marcio 173
  4. Veja resolução de questão do Enem que aborda status do pajubá como 'dialeto secreto' dos gays e travestis. Abgerufen am 4. Juli 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  5. Beá Lima: Presidenta do Inep: “Lamento leituras equivocadas. Não é o Governo que manda no Enem”. 10. November 2018, abgerufen am 4. Juli 2022 (brasilianisches Portugiesisch).
  6. Gabriel Nascimento: O Problema com o Pajubá. 19. August 2021, abgerufen am 7. Juli 2022 (brasilianisches Portugiesisch).