Benutzer:HerbertErwin/Philosophiegeschichte

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Geschichte der Philosophie

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Im folgenden soll versucht werden, die Geschichte der westlichen Philosophie nach ihrem Entstehen aus dem Mythos als Entwicklung dreier Paradigmen zu verstehen [1].

Die Philosophie beginnt mit der Entwicklung der Kosmologie aus dem Mythos bei den Vorsokratikern. Die Entstehung der Welt wird nicht mehr durch das Handeln der Götter und Heroen, sondern durch das Wirken unpersönlicher Weltprinzipien (arche) – wie Wasser, Luft etc. -erklärt. Der Anthropomorphismus der Volksreligionen gerät zunehmend in die Kritik (Xenophanes), was dazu führt, dass der Weltgrund (arche) zunehmend unpersönlicher gedacht: vom Wasser bei Thales, über das das Unbegrenzte (apeiron) bei Anaximander zum völlig entsinnlichten Sein (einai) bei Parmenides, das als identisch mit dem reinen Denken aufgefasst wird.

Auch die Sophisten „erforschen das, was über und unter der Erde ist“ und „glauben nicht an die Götter“ [2]. Bei ihnen wird erstmalig das Wissen praktischen Zwecken untergeordnet; es kann – gegen Bezahlung – gelernt werden. Es führt zur Beherrschung der Rhetorik als Technik der Meinungsbeeinflussung. Weisheit (sophia) wird nicht mehr primär als theoretische Betätigung (theoria), sondern als Tüchtigkeit (arete) angesehen. Der Mensch löst den Kosmos als Zentrum des philosphischen Interesses ab. Die Entstehung der Religion, des Staats, der Sprache, der Sitte und Rechtsordnung wird nicht mehr als von der Natur (physei), sondern vom Menschen gesetzt (thesei)und durch Gesetze (nomos) erzeugt betrachtet.

Auch bei Sokrates steht der Mensch und seine Tüchtigkeit (arete) im Mittelpunkt des Interesses. Im Unterschied zu den Sophisten soll sich bei ihm aber die Philosophie nicht am praktischen (politischen) Erfolg, sondern am logos orientieren: Philosophie ist Anleitung zum Selbstdenken, nicht Mittel zum Zweck. Der Versuch einer Definition des logos (Was ist das Gute, Schöne, Gerechte, Fromme? etc.) allerdings scheitert.


Ontologisches Paradigma

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Der Sinn der Philosophie wird bei Platon primär - entgegen dem Ausgangspunkt der Sophisten - als Bemühung um und nicht als Haben der Wahrheit betrachtet. Sie wird angetrieben durch den Eros, der seinerseits von seinem Gegenstand, dem Seienden (to on) angezogen wird. Dieses ist bestimmt durch die Ideen (idea, eidos), an denen es mehr oder minder teil hat (methexis). Philosophie ist wesentlich Ontologie; ihre Grundfrage ist die Frage „Was ist (das Seiende)?“.
Die Methode der Philosophie wird von ihrem Gegenstand her verstanden. Ihr Weg führt in vier „Abschnitten“ zum „wahren Wissen“ (vgl. Liniengleichnis). Die ersten beiden Stadien, Vermutung (eikasia) und Glauben (pistis), gehören in die Welt der doxa, d.h. des sinnlichen Scheins und der Meinung. Erst die beiden späteren Phasen, mathematische und dialektische Erkenntnis, sind Stufen der Erkenntnis im eigentlichen Sinn des Wortes. Die dialektische Rede und Gegenrede führt zur Erkenntnis des Wahren; sie ist ein Wiedererinnern (anamnesis) der Seele an die immer schon bekannten („vorgeburtlich geschauten“) Ideen.

Aristoteles bestimmt das Allgemeine, Notwendige und Unveränderlich-Ewige als den Gegenstand der theoretischen Philosophie. Er will aber das Wesen (ousia) der Dinge nicht mehr - wie er Platon versteht - in einen jenseitigen Bereich verlegen, sondern in den Dingen selbst suchen. Daher kann zur Erkenntnis des Wesens der Dinge von der Wahrnehmung (aisthesis) ausgegangen werden. Aus dieser und ihrer Erinnerung (mneme) entsteht die Erfahrung (empeiria). Diese ist Kenntnis von Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Beinhaltet diese nicht nur ein Wissen des „Dass“ (hoti), sondern auch des „Warum“ (dihoti) ist die Ebene des Wissens (episteme) erreicht. Die Weisheit ist die Erkenntnis der ersten Gründe und Prinzipien.

Die zwei Strömungen des ontologischen Paradigmas, „anamnetischer Platonismus“ und „empiristischer Aristotelismus“ wirken im Mittelalter fort. Sie zeigen sich z.B. in der Art der als gültig anerkannten Gottesbeweise und im Universalienstreit. Während die Platoniker (Augustinus, Anselm von Canterbury etc.) davon ausgehen, Gott könne aus dem bloßen Begriff, aus seiner Idee hervorgehen, sind die Aristoteliker (Thomas von Aquin) Anhänger des kosmologischen Gottesbeweises, der Gott aus der Erfahrung der Endlichkeit der sinnlich erfahrbaren Welt abzuleiten versucht. Im Universalienstreit, in dem es um den Charakter der Allgemeinbegriffe geht, vertreten die Platoniker in der Regel eine realistische Position, während die Aristoteliker eher dem Nominalismus anhängen.

Mentalistisches Paradigma

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Der Durchbruch des mentalistischen Paradigmas tritt in der Neuzeit mit dem erwachenden Bedürfnis nach der Autonomie des Subjekts ein. Den Ausgangspunkt bildet der methodische Zweifel Descartes. Aus diesem vermag er sich durch die Reflexion auf das eigene Ich zu befreien (Dubito, ergo sum). Dieses Ich steht nun im weiteren Verlauf der neuzeitlichen Philosophie im Mittelpunkt des Interesses. Die Erste Philosophie ist nun nicht mehr die Ontologie als Lehre vom Seienden, sondern die Erkenntnistheorie, die sich um die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis bemüht.
Kants Grundanliegen ist die Entwicklung einer „Kritk der reinen Vernunft“, die eine Analyse des Denkens und seiner Begriffe darstellt. Er kommt zu dem Ergebnis, dass nicht unsere Weise zu erkennen sich nach den Gegenstände richte, sondern umgekehrt, unsere Erkenntnisweisen festlegen, was Gegenstand unserer Erkenntnis sein kann und was nicht. Kant gelangt so zu einer Zweiweltentheorie, in der zwischen den Dingen, so wie sie an sich sind und wie sie für uns erscheinen unterschieden wird.
Im Deutschen Idealismus wird schließlich versucht, die Trennung von Subjekt und Objekt wieder zu überwinden. Das Ich wird als die Instanz begriffen, in der Subjekt und Objekt zusammenfallen - bei Hegel zusammengefasst in der Formel „Identität der Identität und Nicht-Identität“.

Linguistisches Paradigma

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Mit Ludwig Wittgenstein wird das linguistische Paradigma der Philosophie eingeleitet (linguistic turn). Denken und Sprechen werden wesentlich miteinander identifiziert: „Der Gedanke ist der sinnvolle Satz“ [3]. Kritische Philosophie ist nun nicht mehr wie bei Kant Erkenntnis- bzw. Vernunftkritik, sondern Sinnkritik im Medium der Sprache („Alle Philosophie ist Sprachkritik“ [4]). Wittgenstein sucht die Grenze zwischen dem klar Sagbaren und dem Unsinn. „Ein philosophisches Problem hat die Form: ‚Ich kenne mich nicht aus‘“ [5]. „Das Resultat der Philosphie sind nicht philosophische Sätze, sondern das Klarwerden von Sätzen“ [6]. Die Kantische Grenzziehung zwischen dem´, was wir erkennen können und dem, was jenseits des Erkennbaren liegt, wird hier zu einer Grenze zwischen dem, was sich sinnvoll sagen lässt und dem Unsinn. Bereits die Fragestellung metaphysischer Probleme wird auf ein „Missverständnis der Logik unserer Sprache“ [7] zurückgeführt. Es ist für Wittgenstein daher nicht verwunderlich, dass „die tiefsten Probleme eigentlich keine Probleme sind“[8]. Wittgenstein stellt die Philosophie insgesamt unter Sinnlosigkeitsverdacht. Es genügt, die Missverständnisse der Logik unserer Sprache aufzuklären, um die meisten unserer philosphischen Probleme zum Verschwinden zu bringen.

  1. Vgl hierzu: Schnädelbach: Artikel Philosophie, in Philosophie. Ein Grundkurs.
  2. Platon: Apologie, 23d.
  3. Wittgenstein: Tractatus, Satz 4.
  4. Wittgenstein: Tractatus 4.0031.
  5. Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen, §123.
  6. Wittgenstein: Tractatus 4.112.
  7. Wittgenstein: Tractatus, Vorwort.
  8. Wittgenstein: Tractatus 4.003.