Benutzer:HerbertErwin/Analytische Ontologie

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Die Analytische Ontologie ist eine Teildisziplin innerhalb der Analytischen Philosophie. Wie die klassische Ontologie untersucht sie die allgemeinsten Merkmale und grundlegenden „Bestandteile“ der Wirklichkeit und wie diese „ineinander greifen“ [1] Ihre Methode ist dabei die Analyse sprachlicher Ausdrücke und Strukturen. Umstritten ist dabei, ob die Grundstrukturen des Seienden an sich gegeben sind und sich in der Sprache spiegeln (realistischer Ansatz) oder von der Sprache auf das erfahrungsabhängig Seiende projiziert sind (konstruktivistischer Ansatz). [2]

Die Analytische Ontologie kann nicht durch bestimmte inhaltliche Positionen charakterisiert werden. Grundsätzlich können in ihr naturalistische, phänomenologische und deskriptive Richtungen unterschieden werden. [3]

Grundrichtungen

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Naturalistische Richtungen

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Die naturalistische Richtung der Analytischen Ontologie, zu denen u.a. Willard Van Orman Quine und Donald Davidson zu zählen sind, wurde entscheidend von der Metaphysikkritik des „Wiener Kreises“, insbesondere von Rudolf Carnap geprägt. Ihr Ausgangspunkt ist die von Carnap übernommene These, dass das entscheidende Mittel zur Beantwortung ontologischer Fragestellungen die Wahl eines passenden Begriffsschemas darstellt.

Für Quine ist das Ziel der Ontologie die Klärung der Frage, was es gibt („What is there“)? [4] Den grundlegenden begrifflichen Rahmen zu dieser Klärung gibt für ihn die physikalische Sprache ab. Sie bezieht sich auf physikalische Gegenstände („physical objects“), die die fundamentalen Bestandteile der Wirklichkeit darstellen. Physikalische Gegenstände sind durch ihre räumlich-zeitliche Anordnung gekennzeichnet. Zu ihnen zählen sowohl die alltäglichen Dinge („physical things", „bodies") als auch Ereignisse („events"). Da für Quine sämtliche anderen Redeweisen in die physikalische Sprache übersetzt werden können, sind letztlich auch sämtliche anderen Arten von Entitäten auf die grundlegende Kategorie der „physical objects“ rückführbar.

Phänomenologische Richtungen

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Die phänomenologischen Richtungen der Analytischen Ontologie (Kevin Mulligan, Peter Simons, Barry Smith, Roderick Chisholm) gehen zurück auf die Philosophie von Brentano und Husserl. Einen besonderen Stellenwert in ihren Theorien nimmt die Untersuchung intentionaler Phänomene ein. Ferner sind für sie die Fragestellungen im Zusammenhang mit der Teil-Ganzes-Relation von großer Bedeutung (Mereologie). Sie stehen den Bestrebungen der naturalistischen Strömungen, alle Kategorien auf eine Grundkategorie zurückführen zu wollen, kritisch gegenüber.

Deskriptive Richtungen

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Die deskriptive Richtung der Analytischen Ontologie, auch deskriptive Metaphysik genannt, ist eng mit dem Werk Peter F. Strawsons verbunden. Strawson will mit seiner deskriptiven Metaphysik den sprachinvarianten und zeitlosen Kern unseres Denkens beschreiben[5]. Dieser liegt als „Kern für das begriffliche Rüstzeug“ jedem Sprachgebrauch zugrunde. Die Frage nach den grundlegenden Strukturen unseres Begriffssystems ist dabei für Strawson untrennbar mit der nach den grundlegenden Strukturen der Wirklichkeit verbunden.

Fragestellungen

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Erkenntnistheoretische Probleme

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Linguistische Relativität und Unterbestimmtheit

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Eine grundlegende Fragestellung in der Ontologie betrifft das Verhältnis zwischen Ontologie und Sprache. Während in einem realistischen Ansatz davon ausgegangen wird, dass das Seiende und seine Grundstrukturen an sich gegeben sind und sich, durch die Erfahrung hindurch, in den Grundstrukturen der Sprache spiegeln, geht man in einem konstruktivistischen Ansatz davon aus, dass die Grundstrukturen des Seienden lediglich Projektionen der Grundstrukturen der Sprache darstellen. Dieser konstruktivistische Ansatz wird manchmal bis zur These von der linguistischen Relativität vertreten, wonach verschiedene Sprachen auch verschiedene Ontologien implizieren [6] In der Analytischen Ontologie wird dabei der Erkenntnisanspruch oftmals ausgeklammert, da dieser für den reinen Inhalt der Ontologie keine Auswirkung habe. [7]

Ein weiteres Problem betrifft die „begründungsmäßige Unterbestimmtheit“ und geringe Begründungssicherheit ontologischer Theorien. Ontologische Aussagen haben einen hohen Allgemeinheits-Charakter, der nur zu einem geringen Teil durch Daten begründet sind. Darüber hinaus ist die Ontologie in einem hohen Maße holistisch, d.h. die Richtigkeit einzelner Aussagen kann im Prinzip erst innerhalb ontologischer Gesamt-Systeme entschieden werden, die aber gegenwärtig kaum vorliegen. [8]

Ontologische Verpflichtungen

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Für viele Autoren im Umfeld der Analytische Ontologie sind für die Wahl einer Ontologie die mit unseren Aussagen aufgestellten ontologischen Voraussetzungen maßgeblich. Diese werden nach Quine auch „ontologische Verpflichtungen“ (ontological commitments) genannt. Um diese aufzudecken, ist es nach Quine allerdings notwendig, die komplexe Struktur der Alltagssprache zu vereinfachen und in die kanonische Notation der Prädikatenlogik überzuführen.[9] Das bedeutet vor allem, dass die Last des Objektbezugs nicht Namen, sondern logischen Partikeln übertragen wird. Quines klassisches Beispiel sind negative Existenzbehauptungen wie die Aussage „Pegasus existiert nicht“. Ohne Vereinfachung wäre diese Aussage sinnlos, da sie dem Namen „Pegasus“ die Last des Objektbezugs aufbürdet, mit dem wir auf die Annahme der Existenz von Pegasus verpflichten würden. Nach Quine ist daher die Aussage „Pegasus existiert nicht“ zu analysieren als „Es gibt nichts, das Pegasus ist“ (). Die Last des Objektbezugs geht so vom Namen „Pegaus“ an die Partikel „etwas“ über, die in kanonischer Schreibweise als durch den Existenzquantor gebundenen Variable dargestellt wird.

Universalien und Individuen

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Die grundlegende Frage der Ontologie ist die nach dem, was es überhaupt gibt bzw. was die grundlegenden Arten von Entitäten sind. Eine historisch grundlegende Unterscheidung ist die zwischen Universalien und Individuen (Einzeldingen), deren genauere Bestimmung Thema des seit dem Mittelalter diskutierten Universalienproblems ist. Das Universalien-Problem wurde trotz der metaphysikkritischen Tendenzen in der Analytischen Philosophie stets als Problem anerkannt, da es wesentliche Beiträge zur Grundlagendebatte in der Mathematik sowie zu anderen wissenschaftstheoretischen Diskussionen geliefert hat. [10] Von ihrer Beantwortung hängt u.a. die Art der entwickelten kategorialen Ontologie hab. In der Analytischen Ontologie wird dazu eine sehr kontroverse Diskussion geführt. Umstritten ist, wie die beiden Begriffe „Universalien“ (universals) und „Einzeldinge“ (particulars) überhaupt verstanden werden soll, ob nicht eine Kategorie auf die andere zurückgeführt werden kann und sich tatsächlich alle Entitäten in sie einteilen lassen.[11]

Universalien und Tropen

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Um zu erklären, wie Einzeldinge zu ihren Eigenschaften kommen, gibt es zwei konkurrierende Modelle. Realistische Modelle gehen davon aus, dass Universalien existieren, die Typen von Eigenschaften darstellen. Das wichtigste Kennzeichen von Universalien ist ihre Wiederholbarkeit („universals are repeatables“). [12]; sie können in beliebig vielen Einzeldingen instantiiert oder exemplifiziert werden. Beispiele für Universalien sind Eigenschaften wie „Ein-Kilogramm-schwer-Sein“ oder „20°C-Sein“ und Beziehungen wie „Ein-Meter-entfernt-Sein-von“. [13] Tropen-Theorien dagegen verwerfen die Annahme, dass sich Eigenschaften in verschiedenen Einzeldingen wiederholen. Sie gehen davon aus, dass Eigenschaften stets als individuelle, numerisch verschiedene Eigenschaften existieren.

Substrate und Bündel

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Um die Identität von Einzeldingen zu erklären, konkurrieren Substrattheorien mit Bündelthorien. Gemäß einer Substrattheorie gibt es einerseits Eigenschaften und andererseits etwas, was die Eigenschaften trägt, das Substrat. Substrate sind das, was den Einzeldingen ihre Identität verleiht. Substrattheorien unterscheiden sich wiederum dadurch, ob angenommen wird, dass als Substrate Gegenstände inklusive einiger oder aller ihrer Eigenschaften fungieren („thick particulars“), oder aber ob angenommen wird, dass Substrate bar jeglicher Eigenschaften sind („thin particulars“ oder „bare particulars“). Dem Einzelding kommen keine Eigenschaften notwendig zu; es kann jede seiner Eigenschaften ändern, ohne in seiner Identität verändert zu werden.

Substrat-Theorien, die von eigenschaftslosen Trägern ausgehen, fassen diese als als reine „Diesheiten“ (Haecceitas) ohne jegliche Eigenschaften auf. Es soll damit ausgedrückt werden, dass die Individualität von etwas jenseits aller begrifflichen, das heißt sprachlichen Beschreibungen liegt. Dieser Ansatz findet sich schon bei Aristoteles und wurde vor allem durch Duns Scotus in die philosophische Tradition eingeführt. Theorien, die als Substrat einen Träger mit bestimmten Eigenschaften annehmen, werden auch Substanztheorien genannt. [14] Sie gehen davon aus, dass dem Eigenschaftsträger bestimmte (substantielle) Eigenschaften zukommen, die sich im Laufe der Zeit nicht ändern können.

Für die Bündeltheorie hat das konkrete Einzelding keinen Träger, sondern ist ein Bündel von Eigenschaften, die für es alle wesentlich sind. Jedes konkrete Individuum wird als etwas gedacht, das aus solchen Eigenschafts-Teilen zusammengesetzt ist.

Laut David Armstrong lassen sich die unterschiedlichen Positionen zum Problem des Status von Universalien und Individuen in folgender Matrix zusammenfassen: [15]

Position /
Vertreter
Kriterium der Klassenzugehörigkeit Identität des konkreten Einzeldings Eigenschaften des Einzeldinges
1) Extremer Nominalismus primitiv (nicht hinterfragbar) das konkrete Einzelding selbst nicht als eigene Entität existent
2) Ähnlichkeits-Nominalismus Ähnlichkeit das konkrete Einzelding selbst nicht als eigene Entität existent
3) Tropentheorie der primitiven Klassen primitiv Eigenschafts-Bündel Trope
4) Bündel-Tropentheorie der Ähnlichkeits-Klassen Ähnlichkeit Eigenschafts-Bündel Trope
5) Substrat-Tropentheorie der Ähnlichkeits-Klassen Ähnlichkeit Substrat Trope
6) Tropentheorie der Universalien Instantiierung Substrat Trope
7) Bündel-Universalientheorie Instantiierung Eigenschafts-Bündel Universale
8) Substrat-Universalientheorie Instantiierung Substrat Universale
Nominalistische Theorien
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Für nominalistische Theorien gibt es keine Eigenschaften als eigene Entitäten, sondern nur die konkreten Einzeldinge. Die extremste Theorie ist dabei die Theorie der primitiven natürlichen Klassen (1: A. Quinton [16] ). Ihr zufolge ist die Tatsache, dass Dinge in Klassen zusammengefasst werden, nicht weiter analysierbar. Die Klassen, in denen die Einzeldinge zusammengefasst werden, haben einen „primitiven“ Charakter, d.h. sie sind durch keinerlei Eigenschaften oder Beziehungen ihrer Elemente zueinander charakterisiert. [17] Der Ähnlichkeits-Nominalismus (2: H.H. Price [18] ) lässt ebenfalls keine Eigenschaften und Beziehungen der Klassenelemente zu, gibt aber, im Gegensatz zur Theorie der primitiven natürlichen Klassen, an, weshalb manche Klassen natürlich sind. Ihm gemäß hängt die Natürlichkeit einer Klasse von der zwischen den Elementen bestehenden Ähnlichkeit ab.[19]

Tropen-Theorien
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Eine weitere Groß-Gruppe stellen Tropen-Theorien dar. Diese gehen davon aus, dass die Eigenschaften des konkreten Dings durch eine eigene Entität, die Tropen, bestimmt werden. Die Tropen-Theorie tritt in vier grundsätzlichen Variationen auf. Für Vertreter einer Tropentheorie der natürlichen Klassen (3: G.F. Stout [20] ) ist die Tatsache, dass ein Einzelgegenstand gerade von den jeweiligen Eigenschaften bestimmt wird, nicht mehr weiter hinterfragbar. Für Vertreter einer Tropentheorie der Ähnlichkeits-Klassen werden die einzelnen Eigenschaften eines konkreten Gegenstandes durch eine nicht mehr weiter hinterfragbare Ähnlichkeit zusammen gehalten – mit (5: C.B. Martin [21], John Locke) oder ohne Annahme (4: Keith Campbell [22], Donald C. Williams [23] eines zugrunde liegenden Substrats, das diese Eigenschaften aufnimmt. [24] Eine vierte Variante kombiniert die Tropentheorie mit einer Theorie der Universalien (6: Aristoteles, Edmund Husserl [25], Roman Ingarden [26] , John Cook Wilson [27] , Norman Kemp Smith [28] ). [29] Ihre Vertreter gehen davon aus, dass die individuellen Eigenschaften eines Einzelgegenstandes Instantiierungen von Universalien darstellen, die einem Träger dieser Eigenschaften, dem Substrat, zukommen.

Universalien-Theorien
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Die dritte Gruppe stellen die realistischen Theorien dar. Sie gehen davon aus, dass die Einzelgegenstände selbst – nicht nur ihre Eigenschaften – Instantiierungen von Universalien darstellen. Dabei wird der Einzelgegenstand entweder wieder einfach mit der Summe seiner Eigenschaften identifiziert (7: Bertrand Russell [30] ) [31] oder ein Substrat als Träger dieser Eigenschaften angenommen (8: David M. Armstrong [32] , Evan Fales [33] , E. Jonathan Lowe [34] ). [35]

Unterscheidungen

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Ontologische Fragen hängen auf engste mit der Identitätsproblematik zusammen. So lautet ein bekanntes Diktum von Quine: „No entity without identity“ [36]. Grundsätzlich wird in der Analytischen Ontologie zwischen numerischer und qualitativer Identität unterschieden. Im Fall der numerischen Identität haben wir es mit einer Relation eines Dinges mit sich selbst zu tun, im Fall der qualitativen Identität mit einer Relation zwischen numerisch verschiedenen Dingen.

Identität im strikten Sinne betrifft konkrete Dinge. In diesem Fall wird auch von token-Identität gesprochen. In einem weiteren Sinne wird Identität auch auf abstrakte Dinge bezogen, die type-Identität genannt wird.

Eine weitere Unterscheidung betrifft den zeitlichen Aspekt. Synchrone Identität bedeutet die Identität einer Entität zu ein und demselben Zeitpunkt. Diachrone Identität hingegen besagt die Identität einer Entität zu verschiedenen Zeitpunkten. Diese wird in der Analytischen Ontologie besonders intensiv diskutiert, weil mit ihr die Frage zusammenhängt, ob es Dinge gibt, die im Laufe der Zeit mit sich selbst identisch bleiben, es also so genannte Kontinuanten gibt. [37]

Synchrone Identität konkreter Dinge

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Zur Beurteilung der synchronen Identität eines konkreten Dinges wird oft das Leibnizsche Prinzip herangezogen. Gemäß diesem Prinzip ist ein x mit einem y genau dann (numerisch) identisch, wenn x in allen Eigenschaften mit y übereinstimmt. Dieses Prinzip ist aber umstritten, da einige Philosophen annehmen, es sei denkbar, dass es vollkommen gleiche Dinge gibt, die aber dennoch numerisch verschieden sind. [38] Ein wichtiges notwendiges Identitätskriterium konkreter Dinge stellt ihre räumliche Koinzidenz dar. Für manche Theorien bildet sie sogar ein hinreichendes Identitätskriterium. So stellt z.B. für manche Bündeltheorien die räumliche Identität verschiedener Eigenschaftsbündel die Identität eines Einzeldinges her.

Diachrone Identität konkreter Dinge

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Der Endurantismus teilt die Alltagsauffassung, dass es auch durch die Zeit eigentliche Identität gibt. Er vertritt eine dreidimensionale Sichtweise der Dinge. Die diachrone Identität der Einzeldinge wird dabei in der Regel als etwas Grundlegendes betrachtet, das keiner weiteren Rückführung auf etwas anderes bedarf. Die Zeit wird präsentistisch aufgefasst: allein das, was im Augenblick präsent ist, existiert real.

Der Perdurantismus hingegen leugnet die Identität der Einzeldinge in der Zeit. Für ihn sind die konkreten Dinge neben den drei räumlichen Dimensionen, durch die vierte Dimension, die Zeit, identifiziert. Die konkreten Einzeldinge werden verstanden als Summen oder Aggregate ihrer zeitlichen Phasen („hunks of matter“). Das, was im Alltag als Identität in der Zeit gilt, ist für den Perdurantismus lediglich eine Art Kontinuitätsrelation zwischen angrenzenden zeitlichen Phasen oder Abschnitten von Dingen. Der Perdurantismus vertritt eine äternalistische Auffassung der Zeit. Die zeitliche Dimension wird wie eine räumliche behandelt, alle Augenblicke sind gleich real. Alle Dinge und Geschehnisse aus Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft sind gleich wirklich.

In den letzten vierzig Jahren hat sich in der Analytischen Ontologie eine Diskussion um den Begriff des Ereignisses entwickelt, bei der die Frage nach deren ontologischen Status und ihrem Verhältnis zu anderen ontologischen Kategorien im Vordergrund stehen. Von einer Minderheit der Autoren werden Ereignisse als eigene ontologische Kategorie auch abgelehnt [39]

Die heutige Diskussion der Ontologie von Ereignissen ist entscheidend von Donald Davidson mitbestimmt. Davidson geht davon aus, dass wir in der Umgangssprache ganz selbstverständlich nicht nur über Dinge und Personen, sondern auch über Ereignisse kommunizieren. So berichten z.B. Sportreporter nicht nur über einzelne Fußballspieler, sondern auch von Fußballspielen und sprechen ihnen gewisse Merkmale und Qualitäten zu oder ab. [40]

Ereignisse als Relata kausaler Beziehungen

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Für Davidson werden Ereignisse durch ihre „kausale Rolle“ definiert. Jedem Ereignis ist die Summer seiner Ursachen und der von ihm hervorgebrachten Wirkungen eigentümlich. Sie sind „dann und nur dann identisch, wenn sie genau dieselben Ursachen und Wirkungen haben“ [41]. Was kausal wirkt, sind nur Ereignisse - nicht etwa Dinge, Eigenschaften oder Sachverhalte. Wie alle Ereignisse Relata im Kausalgefüge sind, sind umgekehrt auch alle Relata im Kausalgefüge Ereignisse.

Ereignisse als Exemplifikationen von Eigenschaften

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Jaegwon Kim geht davon aus, dass sich Ereignisse stets an Trägern wie Dingen oder Personen vollziehen. Er bezeichnet diese auch als die „Konstituenten“ von Ereignissen [42]. Ereignisse sind dadurch charakterisiert, dass sie eine Dauer haben und Exemplifikationen bestimmter Eigenschaften sind. Zwei Ereignisse sind genau dann identisch, wenn sämtliche ihrer konstitutiven Elemente, ihre Träger, die von ihnen exemplifizierten Eigenschaften und die Zeiten, zu denen sie stattfinden, identisch sind.

Ereignisse als Änderungen

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Nach Lawrance Brian Lombard [43] sind Ereignisse als Änderungen zu verstehen. Lombard greift dabei die klassisch-aristotelischen Theorie der Veränderung auf, deren Kriterien er „The Ancient Criterion of Change“ (ACC) nennt. Danach geschieht eine Änderung dann und nur dann, wenn (1) es eine Eigenschaft P gibt, (2) ein Objekt x, (3) wenn es verschiedene Zeitpunkte, t und t' gibt und (4), wenn es der Fall ist, dass x zu t die Eigenschaft P hat und x zu t' P nicht hat (oder umgekehrt). [44]
Lombard unterscheidet mit der klassischen Tradition zwischen „substantiellen Änderungen“ und „akzidentellen Änderungen“. Beide Formen der Änderung bedürfen Träger, Eigenschaften und Zeiten. Ein Ding ändert sich akzidentell, wenn Eigenschaften an ihm austauscht werden, die nicht für die Zugehörigkeit zu seiner Art oder Sorte maßgeblich sind (z.B. ein grüner Tisch wird blau angestrichen). Das Einzelding ist selbst Träger einer akzidentellen Änderung, die es persistieren und „überleben“ muss. Verliert ein Ding während einer Veränderung Eigenschaften, die für seine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Art maßgeblich sind (essences), handelt es sich um eine substantielle Änderung. Das Ding kann diese Änderung nicht überstehen. So überlebt der grüne Tisch zwar sein Blau-werden, nicht aber seine Umformung zum Stuhl. Er kann somit nicht Träger der substantiellen Änderung sein. Der Träger substantieller Änderungen ist das Material (matter), aus dem das vergehende Ding besteht und aus dem das neu entstehende Ding wird. Im Falle des Tisches, der zum Stuhl wird, etwa eine bestimmte Menge Holz.

  • David Malet Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, ISBN 0-8133-0772-4 Zugleich eine sehr klare Einführung in Grundprobleme der systematischen Ontologie.
  • Hans Burkhardt, Barry Smith (Hrsg.): Handbook of Metaphysics and Ontology. Philosophica Analytica, München 1991, ISBN 3-88405-080-X
  • Jan Faye, Uwe Scheffler, Max Urchs: Things, Facts and Events. Rodopi, 2000, ISBN 90-420-1533-0 .
  • Reinhardt Grossmann: Die Existenz der Welt. Eine Einführung in die Ontologie, ontos, 2. Aufl. Frankfurt 2004, ISBN 3-937202-38-2
  • John Heil: From an ontological point of view. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-925974-7
  • Michael Loux: Metaphysics – A Contemporary Introduction, London 3. Aufl. 2006
  • E.J. Lowe: A Survey of Metaphysics, Oxford 2002.
  • Uwe Meixner: Einführung in die Ontologie. Wissenschaftl. Buchges., Darmstadt 2004, ISBN 3-534-15458-4
  • Edmund Runggaldier, Christian Kanzian: Grundprobleme der analytischen Ontologie. Schöningh, Paderborn 1998, ISBN 3-506-99493-X
  • Benjamin Schnieder: Substanzen und (ihre) Eigenschaften. Eine Studie zur analytischen Ontologie. De Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-018155-X
  • Erwin Tegtmeier: Grundzüge einer kategorialen Ontologie. Dinge, Eigenschaften, Beziehungen, Sachverhalte. Alber, Freiburg u. München 1992 ISBN 3-495-47722-5
  1. Vgl. Keith Campbell: Abstract Particulars, Oxford 1990, S. 1.
  2. Vgl. Uwe Meixner : Einführung in die Ontologie, Darmstadt 2004, S. 11
  3. Vgl. Edmund Runggaldier/Christian Kanzian: Grundprobleme der analytischen Ontologie, S. 17-52
  4. Quine: From a Logical Point of View. 9 Logico-Philosophical Essays. Cambridge (Mass.)/London 2. Aufl. 1980, S. 1
  5. Strawson: Einzelding und logisches Subjekt (dt. von F. Scholz), Stuttgart 1972, S. 11
  6. Vgl. Franz von Kutschera: Einführung in die Sprachphilosophie, München: Fink, 2. Aufl. 1975, S. 289-344
  7. Vgl. Uwe Meixner : Einführung in die Ontologie, Darmstadt 2004, S. 12
  8. Vgl. Uwe Meixner : Einführung in die Ontologie, Darmstadt 2004, S. 14
  9. Vgl. Quine: Wort und Gegenstand. Übers. Von J. Schulte, Stuttgart 1980, Kap. IV
  10. Vgl. Wolfgang Stegmüller: Einleitung. In: Wolfgang Stegmüller (Hrsg.): Das Universalienproblem, Darmstadt 1978, S. 1-19.
  11. Vgl. E.J. Lowe: A Survey of Metaphysics, Oxford 2002, S. 347f.
  12. David Armstrong: Universals: An Opinionated Introduction, Westview 1989, S. 10
  13. Beispiele nach Daniel von Wachter: Dinge und Eigenschaften. Versuch zur Ontologie. Dettelbach : Röll, 2000, ISBN 3-89754-168-8, S. 16
  14. Vgl. Godehard Brüntrup: Theoretische Philosophie, Komplett-Media, ISBN-978-3831203802, S. 49-53
  15. Angelehnt an Daniel von Wachter: Dinge und Eigenschaften. Versuch zur Ontologie, S. 25 und David Armstrong: Universals: An Opinionated Introduction, Boulder: Westerview 1989, S. 17 und 63
  16. A. Quinton: Properties and Classes, Aristotelian Society Proceedings 58: 33-58 (1957)
  17. Vgl. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, S. 21-38
  18. H.H. Price: Thinking and Experience, Hutchinson 1953
  19. Vgl. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, S. 39-58
  20. G.F. Stout: The Nature of Universals and Propositions, British Academy Lecture, Oxford UP 1921
  21. C.B. Martin: Substance Substantiated, AJP 58 (1980), S. 3-10.
  22. Keith Campbell: Abstract Particulars, Oxford: Blackwell 1990
  23. Donald C. Williams: , „On the Elements of Being“, Review of Metaphysics 7: 3-18 & 171- 192 (1953); Ders.: , „Universals and Existents“, AJP 64: 1-14 (1986)
  24. Vgl. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, S. 113-134
  25. Edmund Husserl: Logische Untersuchungen, Nachdr. d. 2. Aufl. von 1913 (1901), Tübingen: Niemeyer, 6. Aufl. 1980; Ders.: Ideen zu einer reinen Phänomenologie, Hamburg: Meiner, 1992 (1913)
  26. Roman Ingarden: Der Streit um die Existenz der Welt, Bd. I-III, Tübingen: Niemeyer 1964-1974
  27. John Cook Wilson: Statement and Inference, 2 Bde., Oxford UP, S. 330-353 (1926)
  28. Norman Kemp Smith: The Nature of Universals (III), Mind 36: 392-422 (1927)
  29. Vgl. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, S. 132f.
  30. Bertrand Russell: The Problems of Philosophy, London: Oxford UP (1912)
  31. Vgl. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, S. 89-101
  32. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989
  33. Evan Fales: Causation and Universals, London: Routledge 1990
  34. E. Jonathan Lowe: Kinds of Being: A Study of Individuation, Identity and the Logic of Sortal Terms, Oxford: Blackwell 1989
  35. Vgl. David Armstrong: Universals: an opinionated introduction, Westview 1989, S. 19-68
  36. Willard Van Orman: Theories and Things, Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1981, S. 102
  37. Vgl. Edmund Runggaldier/Christian Kanzian: Grundprobleme der analytischen Ontologie, S. 93-96
  38. Vgl. Edmund Runggaldier/Christian Kanzian: Grundprobleme der analytischen Ontologie, S. 96
  39. T. Horgan: The Case Against Events. In: Philos. Rev. 87 (1978); P. M. S. Hacker: Events, Ontology and Grammar. In: Philosophy 57 (1982) und Events and Objects in Space and Time. In: Mind 91 (1982)
  40. Vgl. Christian Kanzian: Ereignisse und andere Partikularien. Vorbemerkungen zu einer mehrkategorialen Ontologie. Schöningh, Paderborn [u.a.] 2001, S. 18
  41. Donald Davidson: Zur Individuation von Ereignissen. In: Donald Davidson: Ereignis und Handlung. Übers. Von H. Schulte, Frankfurt/Main 1990, S. 233-258 (hier S.256)
  42. Vgl. Jaegwon Kim: Events As Property Exemplifications. In: M. Brand / D. Walton (Hrsg.): Action Theory, Dordrecht 1976, S. 159-177 (hier S. 160)
  43. Lawrance Brian Lombard: Events. A Metaphysical Study, Routledge & Kegan Paul, London/Boston/Henley 1986
  44. Nach Christian Kanzian: Ereignisse und andere Partikularien. Vorbemerkungen zu einer mehrkategorialen Ontologie. Schöningh, Paderborn [u.a.] 2001, S. 94