Benutzer:Elektrofisch/Walter Winter

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Der Schausteller Walter (Stanoski) Winter (* 19. Juni 1919 in Wittmund) überlebte die Deportation in das "Zigeunerlager Auschwitz" sowie das KZ Ravensbrück und KZ Sachsenhausen.

Schulbesuch ab 1926 in Wittmund, ab 1927 in Oldenburg wo die Familie ein Haus erworben hat. <Dok 1> Er übersprang 2 Klassen und kam von der dritten ins fünfte Schuljahr.<Dok 1>

Nach der Machtergreifung gab der Vater den nicht mehr lohnenden Handel mit Pferden auf und erwarb eine Schießbude für Jahrmärkte oder Schützenfeste, bei der Walter Winter und seine Geschwister mitarbeiteten.[1] Dieser Berufswechsel erfolgte auch um unauffällig zu bleiben <dok1> Die Geschäfte gingen gut und der Schaustellerbetrieb wurde weiter ausgebaut, zahlreiche Veranstaltungen in Norddeutschland besucht.[2] Den Vorschlag eines befreundeten Juden 1936 gemeinsam ins Exil zu gehen schlägt der Vater aus.[3] In der Folge der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens vom 3. Dezember 1938 wurde das Wohnhaus der Familie enteignet.[4] Mit dem Ende 1939 in Kraft tretenden »Festschreibungserlass« wurde die Familie mit ihren Wagen in einer Sandkuhle "festgeschrieben". Weitere auf privaten Stellplätzen lebende Sinti aus der Umgebung wurden in die Sandkuhle überführt.[5]

Nach zwei Jahren als Marine-Soldat wurde Walter Winter er aus der Wehrmacht entlassen.

  • Zuerst hat mein Bruder seinen Gestellungsbefehl gekriegt, dann hatte ich meinen: zum 1. Januar 1940 zur Marine. Dort war ich bis 1942 im März. Ich war in Wilhelmshaven stationiert und habe vier Spezialausbildungen bekommen. Ich war nach allem, was die Vorgesetzten sagten, ein sehr guter Soldat, vorbildlich. <dok1>
  • Dann kam der März 1942. Es war so: Alle Jungs, die mit mir angefangen hatten, wurden zum Unteroffizier befördert. Ich als einziger nicht, wie beim Arbeitsdienst. Weil ich als Nichtarier eingestuft war. <dok1>
  • Es ist jetzt Anfang März 1943. Ich stehe am Bahnhof Vechta. Wir wollten mit einem bestimmten Zug nach Hause fahren, aber meine Schwester und mein Bruder sind nicht da. Ich denke: Mensch, warum kommen die nicht? Ich warte noch eine halbe Stunde und bin dann zu ihrer Wohnung gefahren. Die Hauswirtin kommt heraus, lässt den Kopf hängen: Herr Winter, ich muss Ihnen etwas sagen. Ihre Schwester und Ihren Bruder haben sie abgeholt. Wer hat sie abgeholt?Die Polizei. Da ist mir ein Licht aufgegangen, denn solche Verhaftungen gab es schon Gerüchte. Die Geschwister waren fort, wir wussten nicht einmal, wohin. Mein Vater sagte: Ich gebe dir Geld, du verschwindest. Irgendwohin. Hauptsache weg.Ich bin morgens ganz früh mit dem ersten Zug nach Damme gefahren. Und kaum war ich bei dem Bauern, den wir kannten, da stand ein Polizist vor der Tür. Wir kannten ihn auch, weil wir in den Jahren davor in Damme auf dem Jahrmarkt gewesen waren. Jetzt hieß es: Herr Winter, ich muss Sie mitnehmen.Warum? Ich habe mich dumm gestellt.Ja, ich muss Sie nach Bremen bringen.Was soll ich in Bremen? Ja, ich muss Sie da abliefern. Und er ist tatsächlich mit mir nach Bremen gefahren. Dort ging es vom Bahnhof zum Gefängnis. Im Gefängnis haben sie mir meine gesamten Papiere abgenommen. Eingesperrt. Auf dem Gefängnisflur. Türen zu. Aus. Als ich zwei Stunden dort gesessen hatte, kam ein Beamter, gab mir meine Papiere zurück und sagte: Komm mit! Ich wurde in ein Sammellager gebracht. Wir kommen im Hafen an. Bremen hat einen kleinen Hafen. Wir mussten durch ein Tor in den so genannten Kohlenschuppen. Dort saßen sie alle, Männer, Frauen, Kinder. Die Kinder schrieen. Es war furchtbar. Am dritten Tag, morgens früh gegen fünf Uhr, mussten wir uns im Freien aufstellen. Wir wurden vom Hafen aus durch einen Tunnel von hinten zum Bahnhof geführt. Auf dem Bahnsteig stand ein Personenzug in den wir einsteigen mussten. Bewacht von SS-Leuten mit Karabinern. Man hat uns gesagt, wir würden nach Polen evakuiert. Dort würde jeder ein Stück Land bekommen, das müssten wir bewirtschaften. Wir haben uns gedacht:Gut. Geld haben wir. Etwas Kleidung haben wir auch. Wir werden das annehmen, und dann werden wir uns absetzen. Solche Pläne haben wir uns auf der Fahrt überlegt. Ist leider nichts draus geworden Wir sind die Nacht durchgefahren, am Spätnachmittag des nächsten Tages sind wir in Auschwitz angekommen.<dok1>






Deportation von Z 3105 14.3.1943 geb 19.6.1919


"Walter Winter" Blockschreiber <http://netkey40.igmetall.de/homepages/vst_hamburg/hochgeladenedateien/senioren/seniorenecho/seniorenecho_ausgabe11.pdf>


Kurz vor der Befreiung wird Winter als Zwangssoldat in der SS-Sondereinheit Dirlewanger.[6]

In den Wirren der letzten Kriegswochen gelingt ihm die Flucht nach Hause.[7]

Nach dem Krieg baut er sich in Norddeutschland eine neue Existenz als Schausteller auf. Sein Engagement für die Anerkennung des Unrechts, das Sinti und Roma widerfahren ist, wurde 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz honoriert.[8]

Kein Stellplatz am HAmburger Dom http://netkey40.igmetall.de/homepages/vst_hamburg/hochgeladenedateien/senioren/seniorenecho/seniorenecho_ausgabe11.pdf

Bürgerrechtsarbeit

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Ostern 1980 führte eine Gruppe Sinti einen weltweit beachteten Hungerstreik im KZ Dachau durch.[9] Winter wurde durch die Zeitung darauf aufmerksam.[10]

  • Ich erinnere mich noch gut an die erste Fahrt nach Auschwitz, zur heutigen Gedenkstätte. Zwei Tage waren wir bei großer Hitze mit dem Bus unterwegs. Zur Erinnerung an die Vergasung von fast 3.000 Sinti und Roma am 2. August 1944 machten sich einige Überlebende mit ihren Angehörigen auf den Weg, der bestimmt für alle schwer war. Auf der langen Reise kam ich mit anderen ins Gespräch. Wir redeten und redeten, jeder erinnerte sich an anderes und doch waren die Erinnerungen auch gleich. .... 50 Jahren war ich hier, anderthalb
  • In den vergangenen Jahren habe ich mich dafür eingesetzt, dass der Holocaust an den Sinti und Roma nicht vergessen wird. Nach der Wende, als man problemlos nach Ostdeutschland fahren konnte, war ich zu Gedenkveranstaltungen in Sachsenhausen und in Ravensbrück und habe dort vor den geladenen Gästen und Politikern an die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma erinnert. In den Ausstellungen der heutigen Gedenkstätten Auschwitz, Ravensbrück und Sachsenhausen wird meine Geschichte dokumentiert. Für die Sammlung von Überlebenden-Interviews, die Steven Spielberg nach seinem Film »Schindlers Liste« angelegt hat, habe ich ausgesagt, in einer sehr guten Dokumentation von der BBC in England, »Der vergessene Holocaust «, wird meine Geschichte dargestellt.[11]

Hamburgs Sozialsenator Dietrich Wersich überreichte ihm am 15. Juli 2008 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse da Walter Winter sich "seit Jahren konsequent dafür ein[setzt], dass die Verbrechen der Nazis auch heute, mehr als 60 Jahre nach dem Geschehen, immer wieder ins Bewusstsein gerückt werden. Damit trägt er engagiert dazu bei, neonazistischen Entwicklungen entgegenzuwirken".[12]

Karin Guth: Z 3105. Der Sinto Walter Winter überlebt den Holocaust (Auszug) Hamburg 2009

Einzelnachweise

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  1. S. 38f.
  2. S. 38.
  3. S. 41f.
  4. S. 42. In der Biographie steht Erlass zur »Entjudung von Grundbesitz« vom Februar 1939
  5. S. 43.
  6. Seite über seine Biographie auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de
  7. Seite über seine Biographie auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de
  8. Seite über seine Biographie auf www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de
  9. Sinti und Roma im ehemaligen KZ Bergen-Belsen am 27. Oktober 1979. Eine Dokumentation der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ und des „Verbands Deutscher Sinti“, Göttingen 1980.
  10. S. 185.
  11. S. 190f.
  12. Stadtwiki Hamburg