Benutzer:Duschgeldrache2/Warm-Hot Intergalactic Medium

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Nur 4,4 % der Gesamtenergiedichte des Universums bestehen aus baryonischer Materie. Es gibt zwei, voneinander unabhängige, Methoden, um diesen Wert zu bestimmen:

  1. Aus der Verteilung winzigster Temperaturschwankungen in der Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, gemessen von Weltraumteleskopen, kann die Baryonendichte vor der Entstehung der ersten Galaxien bestimmt werden.
  2. Die Häufigkeit von Deuterium, Helium und Lithium. Deren Mengenverhältnis

4,4 % der Gesamtenergiedichte des Universums sollten aus gewöhnlicher (baryonischer) Materie besehen. Den Rest bilden Dunkle Materie und Dunkle Energie sowie, in geringfügigem Maße, Neutrinos. Dieser Wert ergibt sich zum einen aus Messungen kleinster Schwankungen der Kosmischen Hintergrundstrahlung, zum anderen aus der Häufigkeit von Deuterium, Helium und Lithium.

Tatsächlich ist in den Galaxien aber nur 1/10 dieser Materie sichtbar.

Zwar existieren Baryonen auch in Form von heißem ionisiertem Gas in Galaxienhaufen, welches Röntgenstrahlung aussendet, diese tragen jedoch nur einen geringen Teil zur fehlenden Materie bei. Zusammen mit der gesamten sichtbaren Materie in Galaxien und im intergalaktischen Raum bleibt immer noch ein Fehlbetrag von der Hälfte.

Als Lösung für dieses Problem postulierten Renyue Cen und Jeremiah P. Ostriker von der Princeton University und Romeel Davé von der University of Arizona 2001 einen schwierig zu entdeckenden Materiezustand, das WHIM.

Galaxienhaufen bilden im Kosmos Knoten, zwischen den sich Fäden von Galaxien, die so genannten Filamente spannen. Durch die Schwerkraft dieser Filamente sammelt sich das Gas dann in diesen, wobei es durch Stoßwellen erhitzt wird.

Die Temperatur des so entstandenen WHIM beträgt zwischen 105 und einigen 107 K. Für Gas zwischen Galxienhaufen ist dies eher lauwarm. Daher auch die Bezeichnung „warm-hot“ bzw. „warm-heiß“. Die Teilchen des WHIM werden durch diese Temperaturen zwar ionisiert, Röntgenstrahlung entsteht dabei jedoch nicht.

Nachweismethoden

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Es existieren verschiedene Methoden, über die das WHIM nachweisbar wäre.

O- und N-Absorbtion

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Hierbei wird nach Absorbtionslinien von Sauerstoff und Stickstoff im Spektrum von Quasaren gesucht. Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop und FUSE haben Absorbtionslinien von stark ionisiertem Sauerstoff in Quasarspektren nachgewiesen. Hierdurch konnte jedoch nur der kältere Teil des WHIM nachgwiesen werden.

Weitere Untersuchungen der Sculptor-Wand mittels XMM-Newton und Chandra durch ein Team um Taotao Fang von der University of California in Irvine ergaben, dass der dortige Sauerstoff fast vollständig ionisiert ist, woraus auf eine Baryonendichte geschlossen wurde, die mit den kosmologischen Simulationen übereinstimmt.

Die Methode hat allerdings eine Reihe von Nachteilen:

  • Die Stärke des WHIM-Signals ist so gering, dass sie sich an der Nachweisgrenze der Instumente bewegt.
  • Die WHIM-Suche wird zum Glücksspiel, da Quasare selten und zufällig verteit sind.
  • Um die Eigenschaften des WHIM bestimmen zu können müssen zahlreiche Annahmen über die Beschaffenheit des Gases gemacht werden, auch dann, wenn Absorbtion gefunden wurde.

Lyman-α-Strahlung

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Die von Lyman-α-Blobs ausgesandte Lyman-α-Strahlung, eine typische Strahlungsfrequenz von Wasserstoffgas, könnte zum Nachweis der mit dem WHIM verbundenen galaktischen Rückkopplung dienen und damit dem indirekten Nachweis des WHIM (siehe unten).

Auswirkung des WHIM auf die Galaxienbildung

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Das WHIM erklärt einerseits die Ineffektifität der Galaxienbildung (nur 1/10 der Baryonen wird zu sichtbaren Galaxien), zum anderen, warum dieser Prozess früher viel effektiver war (die Sternentstehungsrate war vor 8 Millarden Jahren 10- bis 20-mal höher als heute).

Schwächen früherer Modelle

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Modelle, die diese Unterschiede erklären, existierten bereits früher, insbesondere das Modell von Simon D. M. White vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching und Carlos S. Frenk von der Durham University, England.

Nach dieser Theorie entwickeln sich Galaxien in so genannten Halos, Klumpen aus Dunkler Materie. Das umgebende Gas wird durch deren Schwerkraft angesaugt, wobei es sich zunächst durch Stoßwellen erhitzt, dann durch Strahlungsemission wieder abkühlt und zu kompakten Gebilden verdichtet. Allerding erkannten White und Frenk bereits in den 1990er Jahren, dass ihre eigene Theorie Lücken aufweist.

Seitdem entstanden thermodynamisch verbesserte Modelle zur Galaxienbildung, die aber immer noch das Problem hatten, dass der Prozess zur Entstehung von monströsen Galaxien führen müsste, da ungebremst Gas in die Galaxien einströmen würde. Realistische Verhältnisse ergaben sich nur dann, wenn die mittlere Baryonendichte nur halb so hoch angenommen wurde wie heute.

Galaktische Rückkopplung

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Um trotzdem die Modelle mit der heute bekannten mittleren Baryonendichte in Einklang zu bringen, wurden Rückkopplungsmechanismen in die Modelle eingeführt, genannt „galaktische Rückkopplung“. Derartige Mechanismen gebem Energie an das umgebende Medium ab und sind so geeignet, das Galaxienwachstum zu stoppen. Modelle mit galaktischer Rückkopplung decken sich viel besser mit der realen Galaxienverteilung als solche ohne.

Die galaktische Rückkopplung bewirkt drei Vorgänge, welche das Galaxienwachtum stoppen:

  • Der weitere Zustrom von Materie in die Galaxien wird verhindert.
  • Bereits akkumuliertes Gas wird an der Bildung von Sternen gehindert.
  • Baryonen werden wieder in den intergalaktischen Raum ausgeworfen.

Es gibt drei Mechanismen, die für diese galaktische Rückkopplung verantwortlich sind:

  • In größeren Galaxien sind es wahrscheinlich hauptsächlich die Jets Schwarzer Löcher, die für die entsprechenden Effekte verantwortlich sind.
  • In kleineren Galaxen wohl vor allem
    • Supernovae sowie
    • Sternwinde

Dabei wird auch das WHIM wieder aufgefüllt und erwärmt.

Zudem entsteht zwischen dem intergalaktischen Raum und dem Galaxieninnern eine Zirkulation von Baryonen, angetrieben durch deren ständige Erwärmung und Abkühlung. Daraus sich bildende Gleichgewicht bestimmt auf empfindliche Weise das Galaxienwachstum, welches in der Geschichte des Kosmos Schwankungen unterliegt. Junge Galaxien befinden sich in einem komplizierten, chaotischen Zustand, in dem einerseits Gasströme durch die Schwerkraft in den instabilen Galaxienkern gezogen werden, andererseits die Rückkopplungseffekte heißes Gas wieder ausstoßen. Bei reifen Galaxien dagegen haben diese Strömungen abgenommen. Es hat sich eine rotierende Scheibe gebildet, in der ein großer Teil des Gases gefangen bleibt. Umgeben ist diese Scheibe von einem Halo heißen Gases, der mit dem integalaktischen Medium Gas austauscht. Einströmendes Gas füllt die Scheibe auf.

Die genaue Funktion dieser Zirkulation könnte sich mit Hilfe von Lyman-α-Blobs erklären lassen, Objekten mit 300.000 Lichtjahren und mehr Durchmesser, die zu den größten Objekten im frühen Universum gehörten. Es gibt eine auffällige Übereinstimmung zwischen deren Strahlung und den theoretischen Vorhersagen über kaltes, in junge Galaxien strömendes Gas. Allerdings könnten auch andere Prozesse derartige Emissionen erzeugen, etwa wenn die Blobs durch einen kosmischen Wind galaktischer Größe angeregt werden.

Untersuchungen mit dem Chandra-Teleskop durch James E. Geach von der McGill University in Montreal, Kanada, und andere ergaben inzwischen, dass sich in vielen Blobs Galaxien enthalten, die wachsende Schwarze Löcher beherbergen, welche starke Röntgenstrahlung erzeugen, oftmals begleitet von intensiver Sternbildung, welche sich wiederum durch Infrarotstrahlung bemerkbar macht. Die so erzeugte Energie würde völlig zur Erklärung der Lyman-α-Emissionen ausreichen.

Allerdings lässt das Modell auch Fragen offen. So zeigen Simulationen der Dunklen Materie, dass es um große Galaxien, wie die Milchstraße tausende von Zwerggalaxien geben sollte. In den Realität ist die Milchstraße aber nur von wenigen derartigen Systemen umgeben.

Als mögliche Erklärung könnten hier die Materieströme dienen, die von großen Galaxien ausgehen. Sie könnten die Baryonen der Zwerggalaxien hinwegfegen, sodass am Ende nur noch nackte Klumpen Dunkler Materie die große Galaxie begleiten.