Benutzer:DavidMu94/Invariantentheorie

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Die Invariantentheorie ist das Teilgebiet der Algebra, das sich mit der Frage befasst, welche Funktionen unter gewissen Transformationen Ihres Definitionsbereichs unverändert bleiben.

Einführendes Beispiel

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Grundlegende Definitionen und Fragestellungen

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Gegeben seien ein Körper , eine natürliche Zahl und eine Untergruppe der allgemeinen linearen Gruppe gegeben. Dann erhält man eine Operation von auf dem Polynomring , indem man für eine Matrix und ein Polynom das Polynom definiert durch für alle . Der Invariantenring ist jetzt die Menge aller Polynome , für die für alle ist und wird mit bezeichnet. Der Invariantenring ist eine -Algebra. Eines der zentralen Theorie der Invariantentheorie ist die Frage, ob diese -Algebra endlich erzeugt ist und wie man Erzeuger dieser Algebra finden kann. Außerdem geht es in der Invariantentheorie darum, festzustellen, für welche Gruppen der Invariantenring bestimmte Eigenschaften hat.

Alternative Formulierung

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In vielen Fällen ist es hilfreich, eine etwas abstraktere Konstruktion des Invariantenrings statt der oben angegebenen zu verwenden: Man geht dazu von einer -Darstellung von mit aus. Für diese definiert man jetzt als die symmetrische Algebra über dem Dualraum von . Im Fall ist dasselbe wie der Polynomring . Die durch die Darstellung gegebene Operation von auf induziert jetzt eine Operation von auf durch und man erhält wieder den Invariantenring als . Falls ist, ergibt sich so exakt dasselbe wie oben, diese Formulierung macht es aber leichter, andere wichtige Beispiele zu beschreiben, in denen zum Beispiel der Vektorraum aller -Matrizen über ist.

  • Es sei ein beliebiger Körper und die Gruppe aller Permutationsmatrizen. Der Invariantenring besteht dann aus allen Polynomen in , die bei beliebigen Vertauschungen der Variablen unverändert bleiben, also alle symmetrischen Polynome. Die -Algebra wird dann von den elementarsymmetrischen Polynomen erzeugt. Speziell für ist also etwa .
  • Es sei die Untergruppe von , die aus allen Vielfachen der Einheitsmatrix besteht. Wenn dann eine Invariante ist, muss für jeden Punkt und jedes gelten, dass . Da ein Polynom und somit eine stetige Abbildung ist, gilt das auch für , es ist also . In diesem Beispiel sind also die konstanten Polynome die einzigen Invarianten, es ist also . Dasselbe gilt auch, wenn man statt einen beliebigen unendlichen Körper betrachtet, wobei die Stetigkeit dann bezüglich der Zariski-Topologie betrachtet werden muss.
  • Es sei der Vektorraum aller -Matrizen mit Einträgen in und . wird zu einer Darstellung von durch für und . Der Invariantenring besteht dann also aus allen Polynomen für die für ähnliche Matrizen stets ist. Da zwei ähnliche Matrizen das gleiche charakteristische Polynom haben, sind die Koeffizienten des charakteristischen Polynoms hier Invarianten, wenn man sie als Polynome in den Einträgen auffasst. Sofern algebraisch abgeschlossen ist, erzeugen diese Koeffizienten sogar den Invariantenring.

Die Invariantentheorie ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Wichtige Beiträge leisteten insbesondere Boole, Cayley und Sylvester, die in verschiedenen konkreten Fällen, motiviert unter anderem aus der projektiven Geometrie, Invarianten bestimmt haben. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Invariantentheorie zu einem der zentralen Gebiete der Mathematik der damaligen Zeit. Die Frage, in welchen Fällen ein endliches Erzeugendensystem des invariantenrings existiert, rückte schnell in den Mittelpunkt der Forschungen. Besonders wichtige Beiträge hierzu leistete ab 1868 Gordan. Einen Schlusspunkt erreichte diese Entwicklung durch mehrere Arbeiten von Hilbert ab 1890, in denen er bewiesen hat, dass für eine sehr allgemeine Klasse von Gruppen der Invariantenring stets endlich erzeugt ist. Hilberts erster Beweis dieser Aussage war nicht konstruktiv, man konnte aus ihm also kein Verfahren ableiten, um endliche Erzeugendensysteme tatsächlich zu finden. Wenige Jahre später lieferte Hilbert auch einen konstruktiven Beweis dieser Aussage. Diese Arbeiten von Hilbert enthalten auch mehrere Sätze, die heute zu den Grundlagen der kommutativen Algebra zählen, den Basissatz, den Nullstellensatz und den Syzygiensatz. Da mit diesen Arbeiten die zentralen Fragen der Invariantentheorie als gelöst galten, verlor die Theorie danach ihre Rolle als zentrales Thema der Mathematik, blieb aber immer ein aktives Forschungsgebiet. Die Frage, ob der Invariantenring für jede Gruppe endlich erzeugt ist, wurde 1959 von Nagata negativ beantwortet.

Invariantentheorie endlicher Gruppen

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In dem Fall, dass die Gruppe endlich ist, hat Noether bewiesen, dass der Invariantenring immer eine endlich erzeugte -Algebra ist und dass außerdem der Polynomring ganz über dem Invariantenring ist. Daraus folgt, dass ein Erzeugendensystem für den Invariantenring aus mindestens Elementen besteht. Falls es tatsächlich ein Erzeugendensystem gibt, das aus genau Elementen besteht, sind diese Erzeuger algebraisch unabhängig über , der Invariantenring ist also selbst wieder isomorph zu einem Polynomring. Shephard und Todd haben im Fall 1955 bewiesen, dass das genau dann der Fall ist, wenn die Gruppe von verallgemeinerten Spiegelungsmatrizen erzeugt wird, also von Matrizen , für die für irgendein die Einheitsmatrix ist und ein -dimensionaler Unterraum von ist. Dieses Resultat wurde später auf beliebige Körper, in denen die Ordnung von kein Vielfaches der Charakteristik von ist, verallgemeinert. Insbesondere gilt das Resultat damit für alle Körper der Charakteristik . Auf die Bedingung für die Charakteristik kann nicht verzichtet werden, zwar hat Serre bewiesen, dass über beliebigen Körpern der Invariantenring nur dann isomorph zu einem Polynomring sein kann, wenn die Gruppe von verallgemeinerten Spiegelungen erzeugt wird, die Umkehrung gilt aber im Allgemeinen nicht.

Die hier gemachte Unterscheidung danach, ob die Ordnung von ein Vielfaches der Charakteristik von ist, ist auch in vielen anderen Resultaten der Invariantentheorie von endlichen Gruppen nötig, der Fall, in dem die Ordnung kein Teiler der Charakteristik ist, ist meist sehr viel einfacher. So besagt ein Resultat von Hochster und Eagon, dass in diesem Fall der Invariantenring immer ein Cohen-Macaulay-Ring ist. In Fällen, in denen die Gruppenordnung, die Charakteristik von teilt, gilt das im Allgemeinen nicht.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage nach den Graden von erzeugenden Invarianten, genauer nach einer möglichst kleinen natürlichen Zahl , für die als -Algebra von Elementen vom Grad höchstens erzeugt wird. Noether hat 1916 gezeigt, dass für endliche Gruppen und Körper der Charakteristik stets Erzeuger gefunden werden können, deren Grad höchstens ist. Ob das auch über Körpern positiver Charakteristik gilt, wenn die Gruppenordnung kein Vielfaches der Charakteristik ist, war lange unegklärt, erst 2000 hat Fleischmann bewiesen, dass dies in der Tat der Fall ist. Wenn die Gruppenordnung ein Vielfaches der Charakeristik ist, gilt das im Allgemeinen nicht, für diesen Fall hat Symonds 2011 gezeigt, dass stets Erzeuger mit Graden bis zu gefunden werden können.