Benutzer:Chrischerf/Polizeitruppe der Kolonie Togo

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Die Polizeitruppe für Togo war eine aus afrikanischen Söldnern bestehende Formation, die das Deutsche Kaiserreich in der Kolonie Togo unterhielt. Im Unterschied zu den anderen deutschen Kolonien in Afrika bestand in Togo keine sogenannte Schutztruppe. Daher kam es zu einer Überschneidung von zivilen und militärischen Aufgaben, etwa in der Aufstandsbekämpfung oder bei der Verteidigung der Kolonie im Ersten Weltkrieg.

Vorgeschichte und Formierung

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Als Reichskommissar Ernst Falkenthal ein Jahr nach der Gründung der Kolonie in Togo eintraf, trat auch ein Polizeisergeant seinen Dienst an. Falkenthal warb acht Hausa an, die unter dem Sergeanten Bilke den Ursprung einer Kolonialpolizei bildeten. Bilke starb jedoch bald darauf an einem Hitzschlag. Der Kommissar stellt daher einen Antrag auf Errichtung einer Polizeitruppe, der von Bismarck am 30. Oktober 1885 genehmigt wurde. Die Personalstärke wurde auf zwanzig Mitglieder, darunter der afrikanische Feldwebel Mollu, erhöht. Die Truppe unterstand dem Polizeimeister Piotrowski.[1]

Der Stab der Polizeitruppe war bis 1897 an den Küstenorten Bagida und Sebe stationiert. Danach lag das Hauptlager mit Exerzierplatz in Lome, wo die Ausbildung der Neuzugänge erfolgte. Zu den ersten Aufgaben zählte die Sicherung des Sitzes der Kolonialverwaltung sowie der Straße nach Lome. Etwa ab 1890 wurden die Polizisten auch als Stationspersonal im Hinterland eingesetzt. Dazu wurde die Truppe auf 92 Mann verstärkt.

Herkunft und Rolle der Söldner

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Der Zuwachs erfolgt Anfangs zumeist über Anwerbungen von Söldnern aus dem heutigen Nigeria.[1] Teilweise waren ehemalige Sklaven unter den Neuzugängen, die ihren Kaufpreis vom Sold abgezogen bekamen. Später wurden zunehmend Rekruten von Ethnien in Togo aufgenommen, vor allem aus dem Norden der Kolonie. Ab 1910 wurde nur noch Togolesen als Polizisten eingestellt.[2]

Militärische Operationen

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Obwohl sie angeregt und erwogen wurde, gab es nie eine formelle Schutztruppe für Togo. Dies wurde lange Zeit als Zeichen für die vergleichsweise unblutige Kolonisierung Togos verstanden. Jedoch kam es auch in dieser Kolonie zu gewaltvollen Auseinandersetzung, für deren Niederschlagung die Polizeitruppe eingesetzt wurde. Eine weitere Militarisierung erfolgt dann zum Beginn des Ersten Weltkriegs, da die Polzeitruppe die einzige – wenn auch nur schwach – bewaffnete Organisation im Schutzgebiet darstellte.

Aufstandsbekämpfung

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Im offiziellen Gefechtskalender der Polizeitruppe sind alleine für den Zeitraum von 1888 bis 1899 achtzehn militärische Auseinandersetzungen aufgelistet.[3] Zu den größten gehört der Krieg gegen die Dagomba im Jahr 1896. In der Schlacht bei Adibo kämpften 91 Polizeisoldaten gegen bis zu 6.000 Dagomba. Dabei starben vier Truppenangehörige, darunter der deutscher Polizeimeister Heitmann.[4] Die gegnerischer Verluste lagen bei etwa 500.

Erster Weltrieg

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Im August 1914 wurde Togo von den britischen und französischen Nachbarkolonien aus mehreren Richtungen angegriffen. Da in Togo nur wenige Hundert Deutsche lebten, konnte fast nur die Polizeitruppe Gegenwehr leisten. Die Hauptstadt Lome wurde kampflos geräumt und lediglich der Vormarsch der Angreifer zur transkontinentalen Funkstation Kamina im Landesinneren geringfügig verzögert. Um von dem Rückzug abzulenken, führten die Verteidiger einen Gegenangriff durch, bei dem 45 Polizisten in Gefangenschaft gerieten und der Polizeichef, Hauptmann Pfaehler, starb.[5] Bei Chra kam es am 22. August 1914 zum größten Gefecht des Weltkrieges in Togo. Mangels Soldaten und Material konnten die Deutschen jedoch keinen anhaltenden Widerstand organisieren, so dass ihnen nur die Zerstörung der Funkstation blieb. Fünf Tage später wurde die Kolonie übergeben.

Ein Polizeichef namens Klose führte um 1890 das preußische Exerzierreglement ein. Am 6. August 1894 wurde die Polizeitruppe für Togo neu organisiert, da sie bei Aufständen unabhängiger von der Marine sein sollte. Neben einem deutschen Unteroffizier wurden auch sechs Afrikaner in diesem Rang mit (untergeordneten) Führungsaufgaben betraut. Auch eine 20 Mitglieder zählende Musikkapelle wurde aus einheimischen Kräften gebildet.[6] Ab 1908 galt bei der Erstverpflichtung eine fünfjährige Dienstzeit. 1910 wurde eine Reserve gebildet, die unterem Anderem aus ehrenvoll entlassenen Polizisten mit Wohnsitz in Togo bestand.

Personalstärke der Polizeitruppe für Togo
Jahr Anzahl
1885
  
25
1888
  
50
1889
  
65
1890
  
92
1891
  
75
1894
  
151
1904
  
63
1914
  
542
Anzahl diensttuender Polizisten

In den 1890er Jahren erfolgte eine Untergliederung der Polizeitruppe in Korporalschaften. Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs wuchs die Polizeitruppe schrittweise an, so dass sich im Sommer 1914 folgende Gliederung ergab:[7]

Stabspersonal
  • Chef der Polizeitruppe: Leutnant von Rentzell
  • Stellvertreter: Assistent Gramatte
  • Exerziermeister: Polizeimeister Ottens
  • Gouvernementswache: Polizeimeister Wache
Stationspersonal
Station Kommandeur Mannschaftsstärke
Lome-Stadt Polizeimeister Rinkleff 160 Mann
Lome-Land Polizeimeister Döring 30 Mann
Anecho Polizeimeister Grothe 40 Mann
Misahöhe Polizeimeister Bähr 50 Mann
Kete-Kratschi Polizeimeister Brauer 50 Mann
Ho Polizeimeister Voss 50 Mann
Sokode Polizeimeister Jednat 90 Mann
Mangu-Jendi Polizeimeister Gardian 100 Mann
Atakpame afrikanischer Unteroffizier 60 Mann
GESAMT 630 Mann

Polizisten der untersten Rangstufe erhielten im ersten Dienstjahr täglich 0,60 Mark (im zweiten Jahr: 0,75 Mark, im dritten Jahr: 1,00 Mark). Nach einer dreijährigen Dienstzeit gab es quartalsweise Zuschläge in Höhe von 2,50 bis 10,00 Mark. Der Sold eines Gefreiten betrug 1,25 Mark pro Tag sowie 1,50 Mark für einen Unteroffizier und 2,00 Mark für einen Feldwebel. Die Kosten für Verpflegung mussten die Polizisten selbst tragen. An Marsch- und Einsatztagen außerhalb der Stationen gab es dazu aber einen Zuschuss in Höhe von 0,25 Mark pro Tag.[2]

Ab der Reorganisation von 1894, bei der erstmals ein aktiver Offizier die Führung übernahm, hatte die Truppe folgende Polizeichefs:[7]

Rang Name Heimateinheit
Hauptmann Hans Georg von Doering Infanterie-Regiment Nr. 98
Leutnant Rieck Infanterie-Regiment Nr. 61
Oberleutnant Freude Feldartillerieregiment Nr. 68
Leutnant von Nagel bayerisches Infanterie-Leibregiment
Leutnant Schlettwein Infanterie-Regiment Nr. 61
Leutnant Gaisser Feldartillerieregiment Nr. 13
Hauptmann Haering Feldartillerieregiment Nr. 1
Oberleutnant Trierenberg Infanterie-Regiment Nr. 66
Oberleutnant Stockhausen Infanterie-Regiment Nr. 30
Oberleutnant von Hirschfeld Infanterie-Regiment Nr. 51
Hauptmann Pfaehler Feldartillerieregiment Nr. 51
Oberleutnant Mans Feldartillerieregiment Nr. 17
Leutnant von Rentzell Garde-Schützenbataillon

Anfangs trugen die afrikanischen Mitglieder der Polizeitruppe weiße Matrosenkleidung mit roter Paspel. Dieser Anzug wurde durch einen dunkelblauen Uniformrock mit roter Einfassung und Achselklappen sowie preußischer Infanteriemütze ersetzt. Die Zusammenstellung wurde wiederum vorrübergehend abgelöst von einer blauen Bluse mit gelben Knöpfen und halblanger Biesenhose. Als Kopfbeckung wurde 1891 ein roter Fez mit blauer Troddel und weißem preußischem Adler eingeführt. Mit der Reorganisation von 1894 hielt schließlich eine Uniform in Khaki mit niedrigem Stehkragen sowie roten Achselstücken und Litzen Einzug.[8] Nach der letzten Verfügung für Mannschaften von 1910 wurde der Fez durch eine khakifarbene Schirmmütze mit ponceaurotem Besatz und Kokarde ersetzt. Polizeimeister trugen auch Tropenhelme. Der Besatz am Hut der deutschen Offiziere war zuletzt gelb (bei Unteroffizieren rot), während ihre Ärmelaufschläge und Vorstöße ebenfalls aus ponceaurotem Tuch bestanden. Offiziere trugen die Achselstücke ihres jeweiligen Heimattruppenteils.[2] Auffällig ist, dass die afrikanischen Mannschaften auf Fotos und Abbildungen in der Regel barfuß sind.

Als Schusswaffe fand zunächst die Jägerbüchse 71 mit dem Seitengewehr Modell 71/84 Verwendung. Zudem erhielten die Poizeisoldaten ein deutsches Pionier-Faschinenmesser. Bei Beginn des Ersten Weltkrieges verfügte die Polizeitruppe über vier Maschienengewehre.

Als Blankwaffen[9]

  • Werner Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Auftrag und Geschichte. Nebel-Verlag, Utting 2001, ISBN 978-3-8955-5032-4.
  • Stefanie Michels: Schwarze deutsche Kolonialsoldaten. Mehrdeutige Repräsentationsräume und früher Kosmopolitismus in Afrika. Transcript-Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1054-3.
  • Thomas Morlang 2008: Askari und Fitfita. „Farbige“ Söldner in den deutschen Kolonien. Christoph-Links-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-476-1.

Einzelnachweise

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  1. a b W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 130 f.
  2. a b c W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 133.
  3. Peter Sebald: Togo 1884–1914. Eine Geschichte der deutschen “Musterkolonie” auf der Grundlage amtlicher Quellen. Akademie-Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-05-000248-4, S. 172 f.
  4. W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 132.
  5. W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 135.
  6. W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 131 f.
  7. a b W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 134.
  8. W. Haupt: Die deutsche Schutztruppe 1889/1918. Nebel, Utting 2001, S. 131.
  9. Rolf Selzer: Die blanken Waffen der Polizeitruppen in Togo und Kamerun. 2006.

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