Benutzer:Bernhard Steppan/Radikale Prostatektomie

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Die radikale Prostatektomie (von altgriechisch προστάτης prostátēs = ‚Vorsteher‘, sowie ἐκτομή ektomē ‚Abschneiden, Ausschneiden‘) [1] ist eine große chirurgische Operation. Hierbei entfernt der Chirurg die Prostata, die beiden Bläschendrüsen und den inneren Blasenschließmuskel. Das Ziel der Operation ist es, den Prostatakrebs vollständig zu entfernen und die weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.

Medizinische Indikation

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Aufgrund der weitreichenden Folgen und erheblichen Risiken der radikale Prostatektomie für den Patienten ist eine besondere Sorgfalt bei der Überprüfung der medizinischen Indikation geboten. Hierzu gehört eine zuverlässige Beurteilung der Risikobeurteilung des diagnostizierten Tumors sowie eine Abwägung zwischen der Restlebenszeit des Patienten, der körperlichen und seelischen Belastungsfähigkeit sowie den Auswirkungen auf die Lebensqualität des Patienten. Es sollten der PSA-Wert, der Gleason-Score, das Ausmaß des Tumors in Biopsien und das klinische Stadium in Betracht gezogen werden [2].

Klinisches Stadium des Prostatakarzinoms

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Die radikale Prostatektomie wird von der Leitlinie Prostatakarzinom [3] hauptsächlich bei Patienten mit lokalisiertem Prostatakrebs (Stadium T1 oder T2) empfohlen, bei denen der Krebs auf die Prostata beschränkt ist. Sie kann laut der Leitlinie Prostatakarzinom auch bei bestimmten Fällen von lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs (Stadium T3) in Erwägung gezogen werden. Ein lokal fortgeschrittener Prostatakrebs liegt vor, wenn der Tumor auf nahegelegene Strukturen bereits übergegriffen hat.

Risikobeurteilung des Prostatakarzinoms

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Neben der Prüfung der Ausbreitung des Prostatakarzinoms muss vor einer radikalen Prostatektomie anhand des Gleason-Scores sorgfältig abgewogen werden, ob die Gefährlichkeit des Tumors eine Operation rechtfertigt oder ob alternative Therapien besser geeignet wären. [1] Aufgrund der Unsicherheit des Gleason-Scores empfehlen einige Ärzte, die objektive DNA-Karyometrie bei der Risikobeurteilung des Karzinoms hinzuzuziehen, um zu überprüfen, ob die Operation für den Patienten angemessen wäre. [2]

Wie bei jeder Operation, bedarf es auch bei der radikalen Prostatektomie neben einer medizinischen Indikation selbstverständlich der Einwilligung des Patienten. Aufgrund der weitreichenden Folgen der Operation sollte der Patient im Rahmen der ärztlichen Aufklärung über die unumgänglichen Nebenwirkungen wie die Störung der sexuellen Funktionen und die Risiken, die Vor- und Nachteilen der verschiedenen Operationsarten sowie deren Alternativen gründlich aufgeklärt werden. Die Patientenpräferenz spielt hier eine ganz erhebliche Rolle. Verschiedene Land- und Oberlandesgerichte sowie das BGH haben in Urteilen bestätigt, dass die Aufklärung umfassend und patientengerecht erfolgen muss. Eine standardisierte oder unvollständige Aufklärung reicht nicht aus.

Operationsarten

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Alle Operationsarten weisen prinzipiell die gleiche Durchführung auf. Die wesentliche Unterschiede sind der Zugang (offen oder Schlüssellochtechnologie) und ob die Operation mit oder ohne Assistenz eines Roboters durchgeführt wird.

Offene Operationsarten

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Bei den offene Operation wird ein großer Schnitt (Inzision) durch die Haut, das darunter liegende Gewebe und oft auch durch die Muskulatur gemacht, um einen direkten Zugang zu der Prostata und dem umliegenden Gewebe zu bekommen. Die Verfahren haben den Vorteil einer klaren und direkte Sicht auf den Operationsbereich, aber den Nachteil, dass sie den Patienten im Vergleich zu Schlüsselloch-Operationsarten stärker verletzen und er eine längeren Erholungszeit nach der Operation benötigt.

Retropubische radikale Prostatektomie (RRP)

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Bei dieser Methode erfolgt der Zugang zur Prostata über einen Schnitt im Unterbauch und ermöglicht so einen direkten Zugang.

Radikale perineale Prostatektomie (RPP)

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Der Zugang erfolgt durch einen Schnitt zwischen Anus und Skrotum. Diese Methode wird seltener verwendet.

Schlüssellochtechnologien

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Bei diesen Operationsarten erfolgt der Zugang zu der Prostata und dem umliegenden Gewebe durch kleine Schnitte („Schlüsselloch“) und speziellen Instrumenten, was zu weniger Gewebeschaden führt. Diese Methoden bieten schnellere Erholungszeiten des Patienten im Vergleich zu den vorgenannten offenen Operationsmethoden und werden daher auch als "minimal-invasiv" bezeichnet.

Laparoskopische transperitoneale radikale Prostatektomie (LRPE)

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Die Instrumente und die Kamera werden durch den Bauchraum eingeführt, und die Prostata wird durch das Peritoneum (die Membran, die die Bauchhöhle auskleidet) hindurch erreicht. Die Prostata wird samt den angrenzenden Gewebe durch kleine Schnitte im Bauchraum entfernt.

Endoskopische extraperitoneale radikale Prostatektomie (EERPE)

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Die Instrumente und die Kamera werden durch kleine Einschnitte im Bereich des Unterbauchs eingeführt, ohne die Bauchhöhle zu öffnen. Die Prostata samt den angrenzenden Gewebe wird durch einen Raum zwischen der Bauchdecke und dem Peritoneum entfernt.

Roboterassistierte radikale Prostatektomie (RARP)

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Bei dieser Operationsart ist der Zugang transperitoneal, ähnlich wie bei der laparoskopischen Methode. Die Operation erfolgt mit Unterstützung eines robotischen Systems wie dem Da-Vinci-System. Der Chirurg steuert bei dieser Operationsart die Roboterarme von einer Konsole aus. Diese Arme führen die Instrumente mit hoher Präzision durch kleine Einschnitte in den Bauchraum ein. Im Gegensatz zu den vorgenannten anderen Schlüssellochtechnologien hat die RARP den Vorteil der größeren Präzision.

Anästhesie und Operationsdauer

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Die Operation findet stets unter Vollnarkose statt und kann zwischen 2 und 4 Stunden dauern.

Da während der Operation die Harnröhre durchtrennt wird, muss zunächst ein Blasenkatheter gelegt werden. Der Katheter unterstützt

Zugang für die Instrumente

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Der Zugang für die Instrumente ist abhängig von der zuvor beschriebenen Operationsart. Bei einer offenen Operation geschieht sie zum Beispiel über einen Längsschnitt im Unterbauch vom Nabel bis zur Schambeinfuge (Symphyse). Bei einer roboterassistierten Operation wird der Zugang für die Instrumente hingegen durch mehrere kleinen Schnitte im Bauch hergestellt.

Mobilisierung der Harnblase

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Ist der Zugang für die Instrumente gelegt, mobilisiert der Chirurg zunächst die Harnblase, damit die Prostata später entnommen werden kann.

Lösen der Verankerungen der Prostata am Becken

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Im nächsten Schritt müssen die Verankerungen der Prostata an der Beckenwand und der Beckenmuskulatur gelöst werden. Hierbei kann es erforderlich sein, die venösen Blutgefässe an der Vorderseite der Prostata zu unterbinden.

Mobilisierung der Prostata

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Danach durchtrennt der Chirurg die Harnblase oberhalb der Prostata, so dass die Prostata samt dem inneren Blasenschließmuskel von der Harnblase getrennt wird. Danach löst er die Verbindung der Prostata zwischen Samenblasen sowie Samenleiter. Im nächsten Schritt mobilisiert er die Prostata, indem er die Verbindung vom Enddarm löst, an dem sie direkt anliegt.

Intraoperative Schnellschnitt-Untersuchungen

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Um sicherzustellen, dass ein nervenschonendes Verfahren angewandt werden kann, wird über intraoperative Schnellschnitt-Untersuchungen geprüft, ob das Nervengewebe für die Kontinenzfunktion und die Sexualfunktionen geschont werden kann.

Behandlung der Gefäßnervenstränge

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Nun erfolgt die Behandlung der beiden Gefäßnervenstränge, die die Prostata umgeben. Die Behandlung ist abhängig vom Befund und hat Auswirkungen auf die spätere Fähigkeit des Patienten, eine Erektion zu bekommen. Sollten die beiden Gefäßnervenstränge, die für die Erektion notwendig sind, komplett tumorfrei sein, schiebt sie der Chirurg beim nervenschonenden Verfahren im nächsten Schritt vorsichtig von der Prostatakapsel. Diese nervenschonende Technik kann auch nur einseitig durchgeführt werden, sollte lediglich ein Gefäßnervenstrang vom Tumor befallen sein. Bei einem Tumorbefall beider Gefäßnervenstränge entfernt der Chirurg beide samt den umgebenden Blutgefässen.

Entfernung der Bläschendrüsen

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Bei der radikalen Prostatektomie werden neben der Prostata auch beide Bläschendrüsen entfernt. Dies ist einerseits notwendig, weil die Bläschendrüsen ohne Prostata nicht mehr zu einem sinnvollen Ganzen verbunden werden können. Zum anderen wird damit sichergestellt, dass alle potenziell krebsbefallenen Gewebe entfernt werden.

Danach durchtrennt der Chirurg die Harnröhre, die durch die Prostata verläuft, und näht sie nach der Entfernung der Prostata wieder zusammen, um die Urinableitung wiederherzustellen (Anastomose). Weiterhin müssen beide Samenleiter durchtrennt, gekürzt und danach verödet werden. Wenn die Nerven, die die Prostata umgeben, bereits vom Tumor befallen sind, ist es nötig, diese ebenfalls zu entfernen. Das gleiche gilt für die Lymphknoten.

Wichtig bei dieser Operation ist, dass der Chirurg den äußeren Schließmuskel nicht verletzt oder dessen Lage nicht ändert, da sonst unweigerlich eine permanente Inkontinenz eintritt (siehe Risiken).

Das Ziel der Operation ist zum einen die vollständige Entfernung krankhaften Gewebes (R0-Resektion). Zum anderen versucht die Operation jeden weitere Befall von Prostatakarzinom den Nährboden zu entziehen, indem auch das vorhandene gesunde Gewebe der Prostata sowie der beiden Bläschendrüsen radikal entfernt wird.

Je nachdem, wie weit sich der Tumor ausgebreitet hat, bedeutet das, dass gegebenenfalls neben der Prostata und der beiden Bläschendrüsen auch die Gefäßnervenstränge, die die Prostata umgeben, sowie die Lymphknoten, über die sich der Tumor über die Region der Prostata hinaus ausbreiten könnte, entfernt werden.

Bei einer erfolgreichen Operation sinkt der PSA-Wert auf ein nicht nachweisbares Niveau. Ist das der Fall, lässt sich ein erneuter Befall von einem Prostatakarzinom (Rezidiv) sehr leicht nachweisen.

Durch das Entfernen der Prostata samt des inneren Schließmuskels und der beiden Bläschendrüsen hebt die Operation die körperliche Integrität im Genitalbereich auf. Als Konsequenz der veränderten Anatomie ist der Ablauf der Kontinenz- und der sexuellen Funktionen des Patienten nach der Operation prinzipiell gestört. Daraus ergeben sich eine Reihe von Nebenwirkungen.

Postoperative Harninkontinenz

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Da der Operateur beim Entfernen der Prostata den inneren Schließmuskel zerstören muss, kommt es postoperativ typischerweise zum unwillkürlichen Harnverlust (Harninkontinenz). Ein Teil der Patienten kann den fehlenden inneren Schließmuskel durch das bewusste Verwenden des äußeren Schließmuskels kompensieren. [Quelle Beckenbodentraining]. Ein Teil der Patienten leidet dennoch nach der Operation unter einer Belastungsinkontinenz. Ein Beispiel für eine Belastungsinkontinenz ist die Klimakturie, der Verlust von Harn während des sexuellen Höhepunkts.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28459142/

Sexualfunktionen

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Dauerhafte Zeugungsunfähigkeit

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Patienten sind nach einer radikalen Prostatektomie nicht mehr auf natürliche Weise zeugungsfähig. Zwar produzieren die Hoden weiterhin Spermien. Diese lassen sich jedoch nicht mehr zur Fortpflanzung verwenden. Hat der Patient den Wunsch, weiterhin Kinder zu bekommen, muss er sein Ejakulat vor der radikalen Prostatektomie konservieren lassen (Kryokonservierung).

Erektile Dysfunktion

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Ob ein Patient nach der Operation unter einer erektilen Dysfunktion leiden wird, ist von mehreren Faktoren wie der Operationstechnik und der Konstitution des Patienten abhängig. Kann keine nervenschonende Operation durchgeführt werden, tritt in der Regel eine bleibende erektile Dysfunktion ein. Der Verlust der Fähigkeit zur natürlichen Erektion kann in diesem Fall auch nicht ausgeglichen werden. Anders sieht es aus, wenn die Nerven einseitig oder beidseitig erhalten werden können. In diesem Fall ist ein Teil der Patienten wieder nach einer Zeit fähig, eine natürliche Erektion zu bekommen. [Erektionen durch Nervenerhalt]

Orgasmische Dysfunktion

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Sollte der Patient nach der Operation noch fähig sein, einen sexuellen Höhepunkt zu erleben, so fehlt diesem die von der Prostata und den Bläschendrüsen produzierte Samenflüssigkeit. Der Höhepunkt entspricht nicht mehr dem natürlichen Orgasmus, da der Ablauf dauerhaft physiologisch verändert ist (Abbildung). Manche Patienten berichten nach einer radikalen Prostatektomie infolgedessen, dass der sexuelle Höhepunkt nicht mehr so intensiv ist oder sogar Schmerzen bereitet.

[Orgasmus] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28459142/ https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29108976/

Veränderter Hormonhaushalt

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In der Prostata findet ein Teil der Umwandlung des Testosterons in Dihydrotestosteron (DHT) statt. Wissenschaftliche Studien haben einen veränderten Hormonhaushalt nach einer radikalen Prostatektomie nachgewiesen. [Hormonhaushalt] Insbesondere der Spiegel des DHT nimmt nach der Operation laut diesen Studien ab. Der Effekt ist laut diesen Studien abhängig von individuellen körperlichen Unterschieden und der Restaktivität der 5α-Reduktase in anderen Körpergeweben.[Hormonhaushalt] Die Rolle der Prostata als aktives endokrines Organ und die hormonellen Veränderungen nach einer radikalen Prostatektomie sind aber noch nicht ausreichend untersucht worden. [Hormonhaushalt]

Veränderter Penis

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Abhängig von der Größe der Prostata, der Operationstechnik, einer erektilen Dysfunktion und der Elastizität des Gewebes kann es dazu kommen, dass der Penis postoperativ oder dauerhaft an Größe verliert.

Eine postoperative Verkürzung des Penisses nach einer radikalen Prostatektomie stellt sich ein, da beim Entfernen der Prostata auch ein Stück der Harnröhre entfernt werden muss. Um die beiden losen Enden der Harnröhre wieder zusammenzunähen, muss der Chirurg Blase und Penis näher zusammenzubringen, wodurch die Blase ein Stück nach unten und der Penis ein Stück nach oben gezogen wird. Der Grad der Kürzung der Harnröhre ist abhängig von der vertikalen Größe der Prostata und der Operationstechnik. Ein deutlich sichtbare Verminderung der Penislänge kann vermieden werden, indem der Chirurg die Prostata vor dem Durchtrennen der Harnröhre ein wenig nach oben schiebt, so dass die Kürzung der Harnröhre gering ist. [Quelle Penislänge]

https://www.health.harvard.edu/blog/preserving-penis-length-after-radical-prostatectomy-20090408165

Eine Veränderung der Penisgröße in Länge und Umfang ist eine Begleiterscheinung der erektilen Dysfunktion. Durch eine erektile Dysfunktion bleiben auch nächtliche Erektionen aus, das Muskelgewebe des Penisses reduziert sich und der Penis nimmt in Länge und Umfang ab. [Quelle Penisgröße]

Sofern eine Erektion nach der Operation noch möglich ist, kann die ursprüngliche Penisgröße durch die natürliche Elastizität des Gewebes mit der Zeit wieder ausgeglichen werden. Eine Beschleunigung der Wiederherstellung der ursprünglichen Penislänge lässt sich dann durch Penispumpen erreichen. [Quelle Wiederherstellung Penisgröße]

Neben den oben erwähnten Folgen der Operation, die typisch für alle Arten der radikalen Prostatektomie und in der Regel nicht zu vermeiden sind, birgt die Operation zusätzlich auch Risiken für weitere Komplikationen.

Harnkontinenzfunktion

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Die meisten Patienten erlangen durch Beckenbodentraining wieder ihre Harnkontinenz. Sie lernen, die unbewusste Funktion des entfernten inneren Schließmuskels durch eine bewusste Steuerung des noch intakten äußeren Schließmuskels zu ersetzen. Bei einem kleinen Teil der Patienten besteht lebenslange Harninkontinenz. Das Risiko hierfür ist jedoch sehr klein.[Harninkontinenz]

Eine Inkontinenz bei Belastung tritt bei vielen Patienten hingegen lebenslang auf. Das kann zum Beispiel beim Orgasmus vorkommen. Diese sogenannte (Klimakturie) tritt Berichten zufolge bei 20 bis 93 % der Patienten nach einer radikalen Prostatektomie auf. Den Patienten, bei denen eine Klimakturie auftritt, wird geraten, entweder die Blase vor dem Sex zu entleeren oder ein Kondom zu verwenden. [Klimakturie]

Sexualfunktionen

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Bei einem sehr großen Teil der Patienten besteht das Risiko einer bleibenden erektilen Dysfunktion. Das Risiko ist abhängig vom Grad der Nervenerhaltung und dem Können des Operateurs.

Operation ohne Nervenerhaltung

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Werden die Nerven beidseitig bei der Operation verletzt, ist eine erektile Dysfunktion die Folge. Sie kann nicht behoben werden.

Operation mit teilweiser Nervenerhaltung

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Werdem die Nerven während der Operation einseitig verletzt, kann nur ein Teil der Patienten Geschlechtsverkehr ohne Hilfsmittel ausführen.

Operation mit vollständiger Nervenerhaltung

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Aber auch bei vollständiger Nervenerhaltung ist eine bleibende erektile Dysfunktion ein großes Risiko.

Dazu zählt die versehentliche Verletzung der Nerven, Blutgefäße, benachbarter Organe oder Muskeln. Aufgrund der räumlichen Nähe kann es zum Beispiel passieren, dass der Enddarm oder der äußere Schließmuskel verletzt wird. Postoperative Komplikationen können Infektionen, Blutungen und Narbenbildung umfassen.

Eine vollständige Entfernung des Krebses (R0-Resektion) kann nicht garantiert werden, wenn die Operation zu spät kommt und die Schnittränder nicht krebsfrei sind. Zudem ist ein Rezidiv möglich, wenn das Prostatagewebe nicht vollständig entfernt wurde. Man unterscheidet generell zwischen biochemische Rezidiven und klinischen Rezidiven.

Biochemisches Rezidiv

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Bei einen Anstieg des PSA-Werts auf 0,2 ng/ml oder höher, gemessen bei zwei aufeinanderfolgenden Tests, oder ein PSA-Wert, der kontinuierlich ansteigt, sprich man von einem biochemischen Rezidiv. Es entsteht entweder durch Restgewebe der Prostata, das weiterhin PSA produziert oder durch Krebszellen, die nicht entfernt wurden.

Klinisches Rezidiv

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Tbd

Die postoperative Erholungszeit variiert je nach Operationstechnik und Konstitution des Patienten zwischen wenigen Tagen und mehrere Wochen, während derer der Patient körperlich eingeschränkt ist. Narbenbildung und postoperative Schmerzen sind üblich.

Die radikale Prostatektomie wird aufgrund ihrer hohen Invasivität und den Auswirkungen auf die Lebensqualität des Patienten selbst in Fachkreisen kontrovers diskutiert.

Befürworter der radikalen Prostatektomie führen an, dass die Operation eine hohe Heilungsrate aufweise, sie eine pathologische Untersuchung des gesamten Gewebes erlaube, sie durch die Senkung des PSA-Werts auf nahezu null eine einfache Überwachung von Rezidiven erlaube und viele Studien gezeigt haben, dass damit eine sehr lange krankheitsfreie Lebenszeit erreicht wird.

Der Urologe Dr. Bert Vorstman zieht in seinem Artikel "The Radical (Robotic) Prostatectomy: Unsafe In Any Hands" das Fazit: "Traurigerweise hat es etwa siebzig Jahre gedauert, bis die Chirurgen die radikale Operation bei Brustkrebs aufgegeben haben, weil die Schäden die Vorteile überwogen, und die Urologen überreden die Männer immer noch zur radikalen robotergestützten Operation bei Prostatakrebs, obwohl die Schäden die Vorteile überwiegen." (Sadly, while it took some seventy years or so for surgeons to quit doing radical surgery for breast cancer because the harms outweighed the benefits urologists still railroad men towards radical robotic surgery for treating prostate cancer despite its harms outweighing benefits) [Vorstman].

Dr. Otis Brawley, ehemaliger Chief Medical Officer der American Cancer Society, hat auf die Problematik der Überdiagnose und Übertherapie hingewiesen. Er betont, dass viele Männer mit Prostatakrebs nie Symptome entwickeln oder an der Krankheit sterben würden und dass aggressive Behandlungen wie die radikale Prostatektomie oft unnötig sind und erhebliche Nebenwirkungen haben können. [Brawley]

Dr. Mark Scholz, ein Onkologe und Mitbegründer des Prostate Cancer Research Institute, hat ebenfalls kritische Kommentare abgegeben. Er hebt hervor, dass die radikale Prostatektomie zu erheblichen Lebensqualitätseinbußen führen kann, einschließlich Inkontinenz und erektiler Dysfunktion, und dass alternative, weniger invasive Behandlungsoptionen in vielen Fällen angemessener sein könnten. [Scholz]

Dr. Richard Ablin, der Entdecker des PSA-Tests, hat die weitverbreitete Verwendung der radikalen Prostatektomie aufgrund von PSA-Ergebnissen kritisiert. Er argumentiert, dass der PSA-Test oft zu Überdiagnose und unnötigen chirurgischen Eingriffen führt, die mehr Schaden als Nutzen anrichten können.

[Vorstman]https://urologyweb.com/radical-robotic-prostatectomy-unsafe/

[Brawley] Brawley, O. W. (2012). "The role of screening in the decline in prostate cancer mortality." New England Journal of Medicine, 367(26), 2435-2443. [Scholz] Scholz, M. C., Strum, S. B., & Pogliano, S. (2010). Invasion of the Prostate Snatchers: An Essential Guide to Managing Prostate Cancer for Patients and their Families. Other Press.

[Ablin] Ablin, R. J., & Piana, R. (2014). The Great Prostate Hoax: How Big Medicine Hijacked the PSA Test and Caused a Public Health Disaster. Palgrave Macmillan.

Es gibt laut der Leitlinie Prostatakarzinom mehrere Alternativen zur radikalen Prostatektomie, die je nach Stadium und Aggressivität des Krebses sowie den individuellen Präferenzen des Patienten in Betracht gezogen werden können:

Perkutane Strahlentherapie

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Die perkutane Strahlentherapie ist laut den Leitlinien Prostatakarzinom eine Primärtherapie bei lokalisiertem Prostatakrebs. Die Therapie behandelt den Krebs mit hochenergetischen Strahlen.

Setzt radioaktive Seeds direkt in die Prostata ein.

Fokale Therapien

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Es gibt mehrere fokale, also lokal begrenzte Therapien wie die Hochintensitäts-Fokussierte Ultraschalltherapie (HIFU) oder Irreversible Elektroporation (IRE), die gezielt den Tumor zerstören.

Aktive Überwachung

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Regelmäßige Kontrollen, um das Fortschreiten des Krebses zu beobachten, ohne sofortige Behandlung.

Heidenreich, A., et al. (2014). EAU Guidelines on Prostate Cancer. European Urology. Walsh, P.C., et al. (2008). Radical Prostatectomy: Anatomical Foundations and Surgical Techniques. Elsevier. Quellen

European Association of Urology (EAU) American Urological Association (AUA) RadiologyInfo.org: Prostate MRI

Weblinks

Einzelnachweise

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[1]:

Operateur https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15538220/

Verkürzte Penislänge https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0022534707007677 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17570431/

DHT-Verlust https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19760638/ https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022534701629227 https://www.auajournals.org/doi/10.1016/S0022-5347%2801%2962922-7


DHT-Verlust und ED: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24836599/

Veränderter Orgasmus: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5419114/


Harninkontinenz https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Inkontinenz-nach-Prostata-OP-Was-hilft,inkontinenz103.html

[Harninkontinenz] Neal DE, Metcalfe C, Donovan JL et al.: Ten-year Mortality, Disease Progression, and Treatment-related Side Effects in Men with Localised Prostate Cancer from the ProtecT Randomised Controlled Trial According to Treatment Received. Eur Urol. 2020 Mar;77(3):320-330.

[Klimakturia] https://www.maennergesundheit.info/maennergesundheit/prostata/krebs/operation.html

[Übertherapie] Kattan MW, Eastham JA, Ohari M, (2003) Coenselling men with prostate cancer : a nomogram for predicting the presence of small, moderately differentiated, confine tumors. JUrol 170; 1792-1797

[Kritik] https://urologyweb.com/radical-robotic-prostatectomy-unsafe/

[Penisverkürzung] https://www.health.harvard.edu/blog/preserving-penis-length-after-radical-prostatectomy-20090408165 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17570431/ https://www.kup.at/kup/pdf/9889.pdf Kadono Y, et al. Changes in penile length after radical prostatectomy: investigation of the underlying anatomical mechanism. BJU Int. 2017; doi: 10.1111/bju.13777.


Kategorie:Prostata Kategorie:Therapeutisches Verfahren in der Urologie Kategorie:Therapeutisches Verfahren in Hämatologie und Onkologie Kategorie:Operatives Therapieverfahren

  1. Gleason-Score: Status 2016. In: Deutsches Ärzteblatt, Perspektiven der Urologie und Nephrologie 2016, abgerufen am 10. August 2024.
  2. Objektive DNA-Malignitätsgradierung als Ergänzung zum histologischen Gleason-Score. In: Der Pathologe, Volume 36, Number 5, abgerufen am 10. August 2024.