Stadtkirche (Bad Wimpfen)

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Stadtkirche Bad Wimpfen, Ansicht von Osten mit Sakristei (links) und dem Chor zwischen den beiden Türmen

Die Stadtkirche in Bad Wimpfen im Landkreis Heilbronn im nördlichen Baden-Württemberg ist eine evangelische Pfarrkirche, deren älteste Teile, die Sockel der beiden schlanken Osttürme, aus dem frühen 13. Jahrhundert stammen, und die ihr heutiges Äußeres im Wesentlichen durch Umbauten um 1500 erhielt. Zu ihren bedeutenden Kunstschätzen zählen zwei historische Flügelaltäre.

Lage

Die Kirche steht auf dem vom Neckar zum Kraichgau hin ansteigenden Eulenberg, am höchsten Punkt der Altstadt des Hauptorts Wimpfen am Berg. Südöstlich der Kirche erstreckt sich die Pfalz Wimpfen, während die bürgerliche Siedlung vor allem im Südwesten der Kirche liegt. Nördlich der Kirche befindet sich der Wormser Hof, ursprünglich Verwaltungssitz des Bistums und Pfarrerwohnung, dessen Nordwand zum steilen Neckarufer hin mit der Stadtmauer verbaut ist.

Geschichte

Westlich oberhalb der älteren Wimpfener Talsiedlung entstand auf dem Eulenberg im hohen Mittelalter die Pfalz Wimpfen, eine staufische Königspfalz. Der Baugrund und das umliegende Gebiet gehörten ursprünglich dem Bistum Worms. Die Kirche wurde unmittelbar westlich der Pfalz errichtet; das heute mit dem Wimpfener Rathaus überbaute Areal zwischen der Kirche und dem Blauen Turm war einst der Halsgraben der Pfalz und wurde erst später verfüllt.

Auf die frühe Geschichte der Kirche vor ihrer ersten urkundlichen Erwähnung 1234 kann nur aufgrund architektonischer Befunde geschlossen werden. Bodenfunden zufolge stand an der Stelle der Kirche einst ein einschiffiges Kirchengebäude, das sich in etwa vom Chor bis zum Kanzelpfeiler der heutigen Kirche erstreckte und in etwa die Breite von deren jetzigem Mittelschiff hatte. Die Kirche war wohl bereits dreischiffig ausgebaut und nach Westen verlängert, als sie um 1210 zur Zeit des Baus der benachbarten Pfalz ihre zwei Osttürme erhielt. Im Südturm wurde dabei ein römischer Viergötterstein vermauert; der Nordturm könnte aufgrund eines hochgelagerten Außenzugangs einst ein Wehrturm gewesen sein. Gleichzeitig mit dem Bau der Pfalz und der Kirche entstand als Verwaltungssitz des Bistums Worms der benachbarte Wormser Hof, in dem auch der jeweilige Pfarrer der Kirche seinen Sitz hatte.[1]

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde der zwischen den Türmen liegende Chor der Kirche im Stil der Gotik erneuert. 1468 wurde südlich an Chor und Südturm eine Sakristei angebaut, danach das dreischiffige Langhaus zu seiner heutigen Gestalt vergrößert. 1489 entstand die Empore, 1491 bis 1493 die Westfassade, 1510 wurden die Umfassungsmauern vollendet, die Wölbung des Daches wurde 1512 begonnen. Schließlich wurden 1521 bis 1523 beide Türme um jeweils ein Stockwerk erhöht, um sie in der Proportion dem vergrößerten Langhaus anzupassen. Als Baumeister der Kirche um 1500 gelten Anton Pilgram oder einer seiner Lehrer oder Schüler und der ab 1510 urkundlich als Baumeister belegte Bernhard Sporer.[2]

Die Kirche war ursprünglich der Jungfrau Maria geweiht und blieb auch über die Reformationszeit hinaus noch katholische Kirche, bevor sie 1588 der inzwischen die überwiegende Bevölkerungsmehrheit in Wimpfen bildenden evangelischen Gemeinde als Stadtkirche anstelle der kleineren, in der Talsiedlung gelegenen Cornelienkirche zugesprochen wurde. Die Katholiken klagten vergeblich vor dem Reichskammergericht gegen diese Entscheidung.[3]

Um die Kirche befand sich ursprünglich der Friedhof der Stadt, bis dieser um 1600 vor die Stadtmauern verlegt wurde. Bei der Kirche verblieb das später ebenfalls aufgegebene Erbbegräbnis einiger Wimpfener Patrizierfamilien.[4]

Nach dem Ende der reichsstädtischen Blüte zu Beginn des 17. Jahrhunderts und vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde Wimpfen zu einer Ackerbürgerstadt. Größere Baumaßnahmen am Gebäude fanden daraufhin nicht mehr statt. Die Kirchengemeinde war vielmehr aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, Teile ihres Besitzes zu verkaufen. 1648 wurde die mittlere Glocke der Kirche sowie der 44 Messgewänder umfassende Kirchenornat verkauft. Ein Verkauf der großen Glocke im Jahr 1649 konnte nur äußerst kurzfristig durch anderweitig aufgebrachte Geldmittel abgewendet werden, so dass der bereits erschienene Käufer einen Reuetaler als Entschädigungszahlung erhielt.[3]

Um 1870 setzte durch die inzwischen erschlossene Saline und den Eisenbahnanschluss des Ortes ein wirtschaftlicher Aufschwung in Wimpfen ein. Damit einhergehend wurden zahlreiche Wandmalereien in der Kirche renoviert. Von 1969 bis 1972 fand eine umfassende Innen- und Außenrenovierung statt.[5]

Beschreibung

Blick ins Innere der Stadtkirche
Netzgewölbe im Mittelschiff
Kanzel, dahinter Aposteldarstellungen an der Nordwand

Türme

Die eng beieinander stehenden, schlanken Osttürme, die ursprünglich für einen viel kleineren Bau errichtet wurden, geben der Kirche ihr architektonisch markantes Äußeres. Die unteren beiden Geschosse der Türme aus dem frühen 13. Jahrhundert sind aus Kalkstein. Sie sind die ältesten Teile der Kirche. Der Nordturm wurde gemäß einer Bauinschrift 1521 um ein Geschoss erhöht, der Südturm gemäß einer Inschrift am obersten Gesims im Jahr 1523. Die Grundfläche der Türme beträgt jeweils 4,25 × 4,25 Meter, ihre Höhe mit Dachaufbauten 44,50 Meter.[6]

Langhaus

Das Langhaus ist als dreischiffige Hallenkirche aus Heilbronner Sandstein erbaut; die drei Schiffe haben dieselbe Höhe unter einem gemeinsamen Satteldach. Die Maße des Langhauses betragen 37,35 × 19 Meter. Die Raumhöhe beträgt 11,50 Meter, der Dachaufbau ist 13,75 Meter hoch. Im östlichen Teil der Längswände sind kleine Seitenkapellen angebaut. Der Hauptzugang erfolgt durch das Hauptportal an der westlichen Giebelseite; ihm ist eine schmale, überwölbte Vorhalle vorgelagert, in der zwei Eisenbänder vermutlich das Wimpfener Normalmaß markieren. Die Seitenportale an den Längsseiten hatten ebenfalls kleine Vorhallen, allerdings ist nur die auf der Südseite erhalten. Nach Osten öffnet sich das Langhaus zwischen den Türmen zum schmalen Chor.[7]

Die Schiffe des Langhauses sind jeweils in sechs Joche untergliedert, die von gotischem Netzgewölbe überspannt sind. Die östliche Jochreihe am Ostgiebel ist sehr schmal, während die restlichen Joche annähernd die gleiche Spannweite haben. Das Netzgewölbe des Mittelschiffs ist aus Kreisen konstruiert, die Joche der Seitenschiffe sind hingegen von rautenförmigem Netzgewölbe überspannt. Die Schlusssteine zeigen Maria, den Reichsadler, das Stadtwappen sowie verschiedene Familien- und Handwerkerzeichen. Die Schiffe werden durch zwei unregelmäßige Reihen aus schmalen Rundsäulen voneinander getrennt, die das Gewölbe tragen. Diese Säulen haben nur wenig ausgeprägte Kapitelle, ebenso wurde am Wandabschluss des Gewölbes auf Konsolen verzichtet, wodurch die Weite des Raumes betont wird, die mit dem schmalen, hohen Chor kontrastiert. Seitlich des Triumphbogens zum Chor führen Türen in der östlichen Giebelwand des Langhauses jeweils in die Turmuntergeschosse.[8][9]

Im Westen des Langhauses ist eine steinerne Empore eingezogen, deren zwei steinerne Rundtreppen eine konstruktive Meisterleistung sind, da sie ohne die üblicherweise benötigte Bogenunterstützung nach oben führen.[10]

Chor und Sakristei

Der Chor hat eine Tiefe von etwa zehn und eine Breite von etwa fünf Metern. Er entstand in seiner heutigen Form im späten 13. Jahrhundert und weist außen am Maßwerk noch romanische Charakteristika auf, während die gleichen Bauteile im Inneren bereits in der Formensprache der Gotik gestaltet sind. Der Chor wurde aus Heilbronner Sandstein erbaut. Der direkt an den Nordturm angebaute Teil des Chores könnte möglicherweise noch ein Überrest des älteren (romanischen) Chores sein, da sich dieser Teil architektonisch vom restlichen Chorraum unterscheidet. Der nach Osten mit 5/8-Schluss ausgestaltete Chor ist von einem gotischen Kreuzgewölbe mit gekehlten Rippen überspannt. Die Kapitelle und Schlusssteine sind teilweise mit Blattwerk verziert.

Die südlich an den Chor und den Südturm angebaute Sakristei entspricht in Länge, Breite und Grundriss des 5/8-Schlusses fast exakt dem Chor; sie ist jedoch niedriger und ihre Innenfläche ist gegenüber dem Chor um die Grundfläche des südlichen Turmes reduziert. Die Decke der Sakristei ist als Netzgewölbe ausgeführt.[11]

Ausstattung

Flügelaltäre

Hochaltar im Chor der Stadtkirche

Der Hochaltar (Vesperaltar) im Chor zeigt im Schrein ein dreiviertelplastisches Vesperbild (Maria mit dem leblosen Körper des Gekreuzigten), dem Figuren der Heiligen Barbara (links) und Apollonia (rechts) zur Seite gestellt sind. Über den Figuren im Schrein sind sechs kleine Engelsfiguren angebracht, die Leidenswerkzeuge mit sich führen, außerdem Wappenschilde mit den Wundmalen Christi. Die Innenseiten der Altarflügel zeigen reliefartige Darstellungen der Heiligen Georg und Johannes (links) sowie des Christophorus und des Theobald[12] (rechts). Die Außenseiten der Flügel zeigen Bildnisse von Papst Urban und Johannes dem Täufer. Die Predella (Altarfuß) enthält in einem weiteren Schrein eine plastische Darstellung des Fegefeuers mit elf kleinen Figuren inmitten lodernder Flammen. Der Altar ist auf dem Schrein und der Predella mit 1519 datiert. Der Schöpfer des Hochaltars ist unbekannt. Ältere Zuschreibungen sprachen aufgrund von handwerklichen Details u. a. von Hans Backoffen[13] oder Tilman Riemenschneider[14] als möglichen Schöpfern der Figuren. Die Gestaltung der Außenseiten der Altarflügel lässt eine Nähe zu Malereien von Matthias Grünewald erkennen, doch werden die Außenflügel nicht mehr ihm, sondern lediglich der Nürnberger Schule zugeschrieben.[15]

Seitenaltar

Der Seitenaltar (Quirinusaltar) im nördlichen Seitenschiff befand sich ursprünglich in der südlichen Seitenkapelle, entstammt der Zeit der Gotik und zeigt in der Mitte des Schreins den Heiligen Quirinus mit Kreuzfahne und seinem Attribut, dem roten Schild mit neun goldenen Kugeln. Ihm beigestellt sind die Heilige Katharina mit Krone, Buch und Schwert und die Heilige Dorothea mit Rosenkorb und einem Knaben. Auf der Innenseite der Altarflügel befinden sich reliefartige Darstellungen der Martyrien von Katharina und Quirinus: Auf dem linken Innenflügel wird Katharina enthauptet, der rechte Innenflügel zeigt, wie Quirinus’ Hände und Füße vor den Augen seiner Tochter Balbina und des Papstes Alexander I. abgehackt werden. Der Schrein und die Innenflügel sind oben mit Laubwerkranken verziert; die vier Hohlsäulen im Hauptschrein trugen wohl einst noch vier kleine Figuren. Auf den Außenseiten der Altarflügel sind abermals Darstellungen von Quirinus mit Fahne und Schild (links) sowie Katharina mit Rad und Märtyrerpalme (rechts) zu finden. Außer den beweglichen hat der Altar noch feststehende Flügel mit Bildern von Stephanus (links) und Papst Gregor (rechts), die nur bei geschlossenem Altar zu sehen sind. Die Predella zeigt weitere Heiligendarstellungen, teils als Büsten, teils als Malerei. Gemalt ist links Gangolf mit Stab und Quelle, rechts Agnes mit einem Lamm. Von den drei Büsten ist links Lucia mit einem Schwert durch den Hals und einem Buch und rechts Maria Magdalena mit Salbtopf dargestellt. Die Heiligenbüste in der Mitte mit den beiden Geldsäcken kann nicht mehr eindeutig zugeordnet werden, möglicherweise handelt es sich um Elisabeth. Der Altar ist auf das Jahr 1500 datiert. Der Schrein hat eine Breite von 183, eine Höhe von 148 und eine Tiefe von 27 Zentimetern. Als Künstler kommt ein Meister Moler aus Wimpfen in Betracht, dessen Kunstfertigkeit den Familiennamen der gleichnamigen Wimpfener Familie ergeben haben könnte. Deren Hausmarke befindet sich am Altar. Möglicherweise handelte es sich bei den Molers aber auch nur um die Stifter des Altars.[16]

Vor dem Chor steht ein schlichter moderner Altar, der bei den Gottesdiensten verwendet wird. In der südlichen Seitenkapelle befindet sich ein weiterer schlichter Altar mit einer Pietà aus dem späten 14. Jahrhundert.

Jüngstes Gericht an der östlichen Giebelwand
Detail der Malerei an der Empore

Wandmalereien

In der Sakristei befindet sich die älteste Wandmalerei der Kirche. Diese Malerei schmückte ursprünglich die Außenwand des südlichen Turms zum einst der Kirche benachbarten Friedhof hin. Seit dem Anbau der Sakristei befindet sich diese ausgemalte Wand im Innenraum. Die Szene stellt Maria mit dem Kind unter einem Baldachin dar und stammt wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert.[17]

Im Langhaus befinden sich weitere Wandmalereien, die aus dem 16. Jahrhundert stammen dürften, allerdings bei einer Restaurierung um 1870 durch den Darmstädter Maler August Noack[18] im Stil der Zeit restauriert wurden und ihre Ursprünglichkeit verloren haben. An den Längswänden des Langhauses sind die zwölf Apostel zu sehen. Jedem Apostel ist zu seinen Füßen einer der zwölf Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses in lateinischer Sprache beigegeben. Die drei Meter hohen Apostelfiguren sind jeweils mit Initialen, Wappen oder Hausmarken von Stiftern versehen. An der östlichen Giebelwand des nördlichen Seitenschiffes befindet sich eine große, 8,25 Meter hohe Darstellung des Jüngsten Gerichts. Die Empore zeigt ein Gemälde der Verkündigungsszene (vermutlich von Heinrich Vogtherr d. Ä. um 1523/25), das von Noack um Prophetenbilder ergänzt wurde.[19]

Glasfenster

Das mittlere Fenster des Chores enthält die ältesten Glasmalereien der Kirche, die wohl beim Bau des Chors im späten 13. Jahrhundert entstanden sind. In Wimpfen hatten sich, u. a. auch in der Stiftskirche St. Peter, bis ins 19. Jahrhundert zahlreiche Glasmalereien von vor und um 1300 erhalten, die dann jedoch größtenteils verkauft wurden und später nach Darmstadt und Stuttgart in die Landesmuseen gelangten. Die im mittleren Chorfenster erhaltenen Glasmalereien aus jener Zeit wurden bei einer Restaurierung 1953 neu zusammengestellt. Sie zeigen verschiedene, teils erneuerte biblische Szenen, darunter die Flucht nach Ägypten, die Geburt Christi, die Anbetung der Könige, die Taufe Christi und Simson mit den Stadttoren von Gaza.

Die Glasfenster der Seitenkapellen wurden 1869 aus historischen Glasfenstern zusammengestellt. Eine Kreuzigungsgruppe sowie eine Anna selbdritt eines großen Fensters der südlichen Seitenkapelle sowie ein ganzes Fenster der nördlichen Kapelle mit ebenfalls einer Kreuzigungsszene sowie Bischofsgestalten werden dem Heidelberger Glasmaler Hans Konberger zugeschrieben und auf 1496 bis 1499 datiert. Die Scheibe mit der Anbetung der Könige im Fenster der Südkapelle ist von 1522, die von zwei Wimpfener Rosenkranzbrüdern gestiftete Madonnen- und Dorotheendarstellung in der Nordkapelle von 1552.[19]

Fleckenstein-Epitaph

Epitaphien

In der Kirche sind mehrere historische Epitaphien erhalten. Das größte und schmuckvollste ist das Grabmal des Philipp Jakob von Fleckenstein, das den in der Schlacht bei Wimpfen 1622 gefallenen Oberst als überlebensgroße Steinplastik in Rüstung vor einem Gehäuse mit Ahnenwappen zeigt und in der Werkstatt des Heilbronner Bildhauers Melchior Schmidt geschaffen wurde. Zu den weiteren Epitaphien in der Kirche zählen u. a. die Bronzeepitaphien der Altaristen Johannes Faber und Johannes Bartenbach von 1551 bzw. 1557 sowie zwei schmuckvoll bemalte aus dem 16. Jahrhundert unterhalb der Empore, darunter das des Bartholomäus Barthel († 1574), der Organist in der Pfarrkirche war. Neben den gezeigten Epitaphien haben sich im Besitz der Kirchengemeinde weitere historische Grabdenkmäler erhalten, die einst ebenfalls in der Kirche aufgestellt waren. Zu den Grabmälern im Besitz der Kirchengemeinde zählen das des Altbürgermeisters Balthasar Eisenmenger († 1595), des Pfarrers Andreas Wünst um 1600 mit Monogrammen und Hausmarken von 64 Stiftern, sowie die der Pfarrer J. G. Glockner († 1654) und Christian Winckler († 1747).[20][21]

Orgel

Ehrlich-Orgel auf der Westempore

Die Orgel der Stadtkirche wurde 1747 von Johann Adam Ehrlich erbaut. Bevor die im Stil des Rokoko verzierte Orgel an ihrem heutigen Platz auf der Westempore aufgestellt wurde, befand sie sich auf einem heute nicht mehr erhaltenen Lettner vor dem Chor. Die Orgel besitzt 23 Register auf zwei Manualen und einem Pedal; insgesamt verfügt sie über drei Werke (Hauptwerk, Hinterwerk und Pedalwerk). Seit 1748 wurden bei der Disposition keine Änderungen mehr vorgenommen.[22]

I Hinterwerk C–c3
Mixtur III 1′
Quint 11/2
Octav 2′
Flöte gedackt 4′
Spitzflöte 4'
Principal 4′
musical. Still Gedackt 8′
II Hauptwerk C–c3
Principal 8′
Octave 4′
Quint 3′
Octave 2′
Quintade 8′
Viola da Gamba 8′
Klein Gedackt 2′
Mixtur IV–V 11/2
Cornet 1′
Groß Gedackt 8′
Pedal C–c1
Principalbass 16′
Subbass 16′
Oktavbass 8′
Posaunenbass 16′
Octav 4′
Pardon fleute 4′

Sonstige Ausstattung

Die steinerne Kanzel an der mittleren linken Rundsäule des Langhauses stammt noch aus dessen Bauzeit um 1515 und wurde von Bernhard Sporer oder einem seiner Gehilfen gefertigt, erhielt im 17. Jahrhundert einen barocken Schalldeckel und wurde im 19. Jahrhundert an den Außenseiten mit Evangelistendarstellungen bemalt. Auch der Taufstein ist aus der Zeit der Errichtung des Langhauses.[19][23]

Dreisitz und Sakramentshaus im Chor stammen aus dem späten 15. Jahrhundert. Das reich mit Schnitzereien verzierte Chorgestühl weist renaissancezeitliche Formen auf und ist möglicherweise noch jenes Chorgestühl, das von dem Altaristen Johannes Faber († 1551) gestiftet wurde, dessen Epitaph in der nördlichen Seitenkapelle erhalten ist. In der nördlichen Seitenkapelle befindet sich außerdem ein altes Holzkruzifix, das um 1481 von Oswald Bockstorffer aus Memmingen gefertigt wurde, und bei dem die Figur des Gekreuzigten mit hohlem Körper, beweglichen Armen und Naturhaaren versehen ist. Aus dieser Ausführung wird geschlossen, dass die Figur einst für österliche Aufführungen genutzt wurde, bei denen der Gekreuzigte vom Kreuz abgenommen und symbolisch bestattet wurde. Zu den ebenfalls in der nördlichen Seitenkapelle ausgestellten Teilen des Kirchenschatzes zählen ein vergoldeter Silberkelch mit Schmuckmedaillons um 1330 und ein mit Malereien versehenes Korporalienkästchen von 1488.[19][24]

Im Kircheninneren werden außerdem zwei alte Gemälde präsentiert: eine Taufe Christi um 1500 im Stile der niederländischen oder niederrheinischen Malerei sowie eine Szene der Kreuzlegung Jesu, datiert 1516 und signiert K.S..[25]

Kirchhof

Der Kalvarienberg von Hans Backoffen

Vom einstigen Kirchhof der Stadtkirche haben sich auf dem heutigen Kirchplatz verschiedene Relikte erhalten.

Der sogenannte Kalvarienberg ist eine aus Sandstein gefertigte Kreuzigungsgruppe aus dem frühen 16. Jahrhundert, die von Hans Backoffen gestaltet wurde und als Grabmal der Bürgermeisterfamilie Koberer diente. Das aus Tuff auf einem Sandsteinsockel geschaffene Kunstwerk zeigt in überlebensgroßen Figuren Jesus am Kreuz, der von zwei weiteren Gekreuzigten flankiert und von der knieenden Maria Magdalena und der stehenden Maria beweint wird. Von einer einstmals ebenfalls vorhandenen Johannesfigur, die das Ensemble komplettiert hatte, ist lediglich der Sockel zwischen den beiden rechten Kreuzen erhalten. Ebenso fehlt eine kleine Teufelsfigur, die sich über dem gekreuzigten Landsknecht rechts befunden hatte, während über dem vollbärtigen bußfertigen Schächer am linken Kreuz noch eine kleine Engelsfigur erhalten ist, die symbolisch die Seele zum Himmel trägt. Die beiden Nischen des Sockels nahmen Grablichter auf. Die Überdachung für die stark verwitterte Figurengruppe wurde an das einstige Beinhaus des Kirchhofs (eine alte Michaelskapelle) angebaut. Ein völlig erneuerter Eckpfosten trägt die Jahreszahl 1551 sowie die Hausmarken der Koberer und weiterer Wimpfener Familien.[26]

Unter den auf dem Kirchhof erhaltenen historischen Grabplatten hat die um 1400 entstandene des Peter Werrich mit der Darstellung von Lilienkreuz und Balkenwaage besondere Bedeutung. Ein solches nasenbesetztes Lilienkreuz ist zumeist nur auf älteren Grabplatten anzutreffen, während die Balkenwaage allgemein auf deutlich jüngeren Grabplatten zu finden ist. Die Balkenwaage sowie die neben dem Lilienkreuz dargestellte 60,5 cm lange Wimpfener Elle weisen Werrich als Krämer und Gewandschneider aus. Die Darstellung der Elle ist bedeutend für die lokale Rechtshistorie.[27]

Einzelnachweise

  1. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 40f.
  2. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 41–47.
  3. a b Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 22.
  4. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 53 ff.
  5. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 40 u. 50.
  6. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 41.
  7. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 42 ff.
  8. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 40 ff.
  9. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 44 ff.
  10. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 47.
  11. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 41 ff.
  12. Arens/Bührlen schreiben Leopoldus, Kautzsch schreibt Theobaldus, Gräf bezeichnet die Figur als „Deopoldus (Theobald, Diepold, 1033–1066), einen Bischof“.
  13. Rudolf Schnellbach: Spätgotische Plastik im unteren Neckargebiet, Heidelberg 1931, S. 103 ff.
  14. Luise Böhling: Die spätgotische Plastik im württembergischen Neckargebiet, Reutlingen 1932, S. 57 ff.
  15. Hartmut Gräf: Unterländer Altäre 1350–1540. Eine Bestandsaufnahme. Städtische Museen Heilbronn, Heilbronn 1983, S. 31 ff.
  16. Hartmut Gräf: Unterländer Altäre 1350–1540. Eine Bestandsaufnahme. Städtische Museen Heilbronn, Heilbronn 1983 S. 27 ff.
  17. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 49.
  18. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 47.
  19. a b c d Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 48 ff.
  20. Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991, S. 53.
  21. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 54f.
  22. a b Verein zur Förderung der Orgeln und der Orgelmusik Bad Wimpfen, aufgerufen am 27. Dezember 2009.
  23. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 52.
  24. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 53ff.
  25. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 55.
  26. Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923, S. 57–59.
  27. Friedrich Karl Azzola: Grabplatten des späten Mittelalters in Wimpfen am Berg. In: Regia Wimpina. Beiträge zur Wimpfener Geschichte. Band 7. Verein „Alt Wimpfen“, Bad Wimpfen 1995, S. 30ff.

Literatur

  • Fritz Arens, Reinhold Bührlen: Wimpfen – Geschichte und Kunstdenkmäler. Verein Alt Wimpfen, Bad Wimpfen 1991
  • Rudolf Kautzsch: Die Kunstdenkmäler in Wimpfen am Neckar, Bad Wimpfen 1923
  • Hartmut Gräf: Unterländer Altäre 1350–1540. Eine Bestandsaufnahme. Städtische Museen Heilbronn, Heilbronn 1983 (Heilbronner Museumsheft. Nr. 2)
    Mit Kapiteln zu Hoch- und Seitenaltar der Stadtkirche.
  • Friedrich Karl Azzola: Grabplatten des späten Mittelalters in Wimpfen am Berg. In: Regia Wimpina. Beiträge zur Wimpfener Geschichte. Band 7. Verein „Alt Wimpfen“, Bad Wimpfen 1995
Commons: Stadtkirche in Bad Wimpfen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 49° 13′ 51″ N, 9° 9′ 42,5″ O

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