St. Galler Klosterplan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Mai 2008 um 23:02 Uhr durch Lagin (Diskussion | Beiträge) (den Forschungsstand ergänzt und Aufbau des Artikels umstruturiert; Quellen: Duft (Hg.): Klosterplan; Schmuki, Ochsenbein (Hg.): Klosterplan II). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
St. Galler Klosterplan. Reichenau, frühes 9. Jahrhundert

Der St. Galler Klosterplan ist die berühmte mittelalterliche architektonische Zeichnung eines Klosterbezirkes aus dem frühen 9. Jahrhundert (nicht vor 826). Es ist die einzige derartige architektonische Zeichnung in Europa zwischen dem Ende des Römischen Reiches und dem 13. Jahrhundert.

Übersicht

Der Plan beschreibt ein vollständiges Benediktinerkloster mit Kirchen, Häusern, Ställen, Küchen, Gärten, Werkstätten, Brauereien, Krankenstationen, und sogar einem speziellen Haus zur Abnahme von Blut. Er enthält ungefähr 350 Beschriftungen, welche die dargestellten Gebäude und ihre Funktionen erläutern. Diese sind teils in Hexametern formuliert. Am Rande findet sich ein Widmungsschreiben, das an einen cozbertus gerichtet ist - vermutlich ist damit Abt Gozbert vonSt. Gallen (816-837) gemeint. Paläographische Untersuchungen ergaben, dass er in dem Skriptorium des Klosters Reichenau von zwei Schreibern verfasst wurde, deren Identität allerdings unklar ist.

Deutungen

Der Sinn und Zweck des Planes wird noch immer kontrovers diskutiert. Oft wird die These vertreten, er stelle die Idealform eines Benediktinerklosters dar und sei im Zuge der Anianischen Klosterreform entstanden. Auch wurde in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang häufig formuliert, dass es sich hierbei um eine Kopie handle; diese These wurde jedoch nach mehreren technischen Untersuchungen hinfällig. Andere Forscher fassen ihn als einen maßstäblichen Bauplan auf. In der neueren Forschung wird oft sein didaktischer Charakter und sein Zweck als monastische Hilfestellung betont.

Sonstiges

Er wird als nationales Kulturgut der Schweiz betrachtet und ist aufgrund seiner Einzigartigkeit, Schönheit und der Möglichkeiten des Einblickes in die mittelalterliche Kultur Objekt intensiven Interesses unter vielen Gelehrten, Architekten, Künstlern und Handwerkern der Neuzeit. Es gibt über 200 Publikationen sowie mehrere Faksimileausgaben zum Klosterplan. Aufbewahrt wird er in der Stiftsbibliothek von St. Gallen, allerdings ist er dort vor den Augen der Öffentlichkeit geschützt; ausgestellt wird lediglich ein Faksimile.


Literatur

  • Konrad Hecht: Der St. Galler Klosterplan, Wiesbaden 2005, ISBN 978-3-928127-48-6.
  • Walter Horn and Ernest Born (1979). The Plan of St. Gall (Berkeley, Calif., University of California Press, 1979).
  • Edward A. Segal (1989). Monastery and Plan of St. Gall Dictionary of the Middle Ages. Volume 10. ISBN 0684182769.
  • Studien zum St. Galler Klosterplan, hrsg. von Johannes Duft, St. Gallen 1962.
  • Studien zum St. Galler Klosterplan II, hrsg. von Peter Ochsenbeim und Karl Schmuki, St. Gallen 2002.
  • Alfons Zettler: Der St. Galler Klosterplan. Überlegungen zu seiner Herkunft und Entstehung, in: Charlemagne’s Heir. New Perspectives on the Reign of Louis the Pious (814 – 840), hrsg. von Peter Godman und Roger Collins, Oxford 1990, S. 655-687.