Karl von Drais

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Karl Drais, noch Freiherr, 1820

Karl Frh. von Drais (* 29. April 1785 in Karlsruhe; † 10. Dezember 1851 in Karlsruhe, vollständig: Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, 1849 für einige Zeit Bürger Karl Drais, war ein deutscher Forstmann und bedeutender Erfinder in der Goethezeit.

Leben und Wirken

Sein Vater war der badische Oberhofrichter Karl Wilhelm Ludwig Friedrich Drais Freiherr von Sauerbronn. Seine Mutter war Margarete Ernestine von Kaltenthal. Markgraf Carl Friedrich von Baden übernahm seine Patenschaft.

1803 bis 1805 studierte Drais Baukunst, Landwirtschaft und Physik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Aus Drais’ Beschreibung von 1817

1810 wurde er badischer Forstmeister ohne Forstamt. Er wurde jedoch bereits 1811 vom Dienst freigestellt, um seiner Tätigkeit als Erfinder nachzugehen. 1818 wurde er von Großherzog Carl zum Professor für Mechanik ernannt und als Forstmeister pensioniert. Sein Gehalt wurde ihm weiter gezahlt — als eine Art Erfinderpension.

Zu seinen Erfindungen gehören ein Klavierrekorder, der Tastendrücke auf Papierband aufzeichnet; die erste Tastenschreibmaschine für 25 Buchstaben; eine Stenomaschine mit 16 Tasten sowie erstmals mit Lochstreifen, der Fleischwolf; und vor allem das Zweiradprinzip in Form der Laufmaschine oder Draisine, das erste Fahrzeug mit zwei Rädern auf einer Spur.

1813 entwickelte Drais einen Wagen mit vier Rädern, der zunächst über eine Tretmühle, dann über eine Kurbelwelle zwischen den Hinterrädern verfügte und den er Fahrmaschine nannte.

Die Konstruktion solcher pferdeloser Fahrzeuge schien wegen der seit 1812 steigenden Haferpreise geboten. Erst recht aktuell wurde diese Technik durch katastrophale Ernteausfälle im "Jahr ohne Sommer", welche 1816/17 von der Explosion des Vulkans Tambora verursacht wurden.

Die erste Fahrt mit seiner Laufmaschine, auch „Draisine“ oder „Veloziped“ genannt, von Mannheim zum Schwetzinger Relaishaus im heutigen Mannheimer Stadtteil Rheinau unternahm er am 12. Juni 1817. Seine zweite Zweiradfahrt unternahm er am 28. Juli von Gernsbach über den Berg nach Baden-Baden.

Lizenzmarke

Um seine Erfindung bekanntzumachen, veranstaltete Drais öffentliche Fahrten. Gekrönt wurden diese Veranstaltungen durch eine Fernfahrt von Karlsruhe nach Kehl in der letzten Augustwoche. Zudem veröffentlichte er Artikel in Zeitschriften.

Er erhielt am 12. Januar 1818 für seine Erfindung ein Großherzogliches Privileg, vergleichbar mit einem heutigen Patent (Baden hatte damals kein Patentgesetz). Von da an musste jede Draisine eine Drais-Lizenzmarke auf der Lenkstange haben.

Drais war überzeugter Demokrat und legte 1849 am Tag der Soldatenaufstände öffentlich seinen Adelstitel ab, musste ihn jedoch unter der preußischen Besatzung drei Monate später notgedrungen wieder annehmen.

Drais’ Verfolgung

Als freigestellter Beamter durfte Drais keine Nebentätigkeit als Unternehmer anfangen. Auch nach seiner Frühpensionierung, die Minister von Reitzenstein oktroyiert hatte, wollte er wieder in den Forstdienst zurück. Die Wagner bauten überall Kopien der Laufmaschine, so dass eine Manufaktur für Laufmaschinen aussichtslos gewesen wäre. Das Verbot der Laufmaschinen auf den Bürgersteigen, wo allein man sie balancieren konnte, auch in England, den USA und sogar in Kalkutta, würgte diesen frühen Individualverkehr für fünfzig Jahre ab. Nach der Hinrichtung des Kotzebue-Mörders Karl Ludwig Sand begannen die Sand-Anhänger ihn in einer Art Sippenhaft für den Vater und Oberhofrichter systematisch zu mobben. Deshalb wanderte er für ein paar Jahre als Geometer nach Brasilien aus. Nach seiner Rückkehr und dem Tod des Vaters wollte man ihm seine Erfinderpension kürzen, wogegen er erfolgreich prozessierte. Darauf wurde er das Opfer von Privatrache des unterlegenen, gegnerischen Anwalts. Man inszenierte eine Kneipenschlägerei mit Konsequenzen. Daraufhin verlor er seinen Kammerherrenstatus, das heißt, er wurde bei Hofe nicht mehr vorgelassen. Nachdem er sich öffentlich als Demokrat geäußert hatte, entging er 1838 nur knapp einem Mordanschlag und zog nach Waldkatzenbach im Odenwald.

1842 hörte man von ihm, dass er in Karlsruhe mit Genehmigung der Staatseisenbahn eine vierrädrige Schienendraisine mit Fußantrieb erprobte. Das erste derartige Hilfsfahrzeug für Bahnbeamte war in Wien ein Zweirad auf nur einer Schiene gewesen – daher der Name „Draisine“.

Wieder nach Karlsruhe umgezogen, wurde Drais wegen seines Demokratentums und öffentlicher Niederlegung seiner Adelstitel nach Niederschlagung der Badischen Revolution von der preußischen Besatzung verfolgt und zu entmündigen versucht, was seine Geschwister verhindern konnten. Da seine Pension restlos zur Bezahlung der Revolutionskosten beschlagnahmt wurde, starb er mittellos.

Literatur

  • Hans-Erhard Lessing: Automobilität – Karl Drais und die unglaublichen Anfänge. Maxime-Verlag, Leipzig 2003. ISBN 3-931965-22-8 (umfassende, auch politische Neubewertung dank neuer Quellen)
  • Hermann Ebeling: Der Freiherr von Drais: das tragische Leben des „verrückten Barons“. Ein Erfinderschicksal im Biedermeier. Braun, Karlsruhe 1985. ISBN 3-7650-8045-4 (durch Lessing größtenteils widerlegt)
  • Heinz Schmitt: Karl Friedrich Drais von Sauerbronn: 1785–1851; ein badischer Erfinder; Ausstellung zu seinem 200. Geburtstag; Stadtgeschichte im Prinz-Max-Palais, Karlsruhe, 9. März-26. Mai 1985; Städt. Reiss-Museum Mannheim, 5. Juli – 18. August 1985. Stadtarchiv Karlsruhe, Karlsruhe 1985. (enthält selbst von Lessing wieder aufgegebene Thesen)
  • Michael Rauck: Karl Freiherr Drais von Sauerbronn: Erfinder und Unternehmer (1785–1851). Steiner, Stuttgart 1983. ISBN 3-515-03939-2 (Personalakte vollständig abgedruckt; Prioritätenschwindel noch unerkannt)
  • Karl Hasel: Karl Friedrich Frhr. Drais von Sauerbronn, in Peter Weidenbach (Red.): Biographie bedeutender Forstleute aus Baden-Württemberg. Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg, Band 55. Herausgegeben vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Umwelt Baden-Württemberg. Landesforstverwaltung Baden-Württemberg und Baden-Württembergische Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, Stuttgart und Freiburg im Breisgau 1980, S. 99–109 (politische Verfolgung unerkannt)
  • Artikel in der Neuen Deutschen Biographie von Sigfrid von Weiher