Pilsumer Kreuzkirche

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Pilsumer Kreuzkirche
Hauptapsis und Nordquerhaus

Die evangelisch-reformierte Pilsumer Kreuzkirche liegt im ostfriesischen Warftdorf Pilsum, in der Krummhörn. Das heutige Gotteshaus wurde in drei Bauabschnitten errichtet, geht in seiner Bausubstanz auf die Mitte des 13. Jahrhunderts zurück und war dem heiligen Stephanus geweiht.

Geschichte

Die Pilsumer Kirche hatte vermutlich einen Vorgängerbau aus Holz. Darauf deuten die Ergebnisse einer 1980 vorgenommenen Untersuchung der Kirchwarft hin.[1] Im 13. Jahrhundert wurde die Kirche durch den heutigen Bau ersetzt. Dessen ältester Teil ist das um 1240 errichtete Langhaus. Im dritten Viertel des 13. Jahrhunderts folgten Querschiff und Chor. Der Vierungsturm wurde wahrscheinlich um 1300 errichtet. Er steht auf so unsicherem Grund, dass er sich schon im Mittelalter neigte und die Glocken in einen neu gebauten niedrigen Glockenturm südöstlich der Kirche gebracht wurden.[2] Die Pilsumer Kreuzkirche ist als Baudenkmal von nationaler Bedeutung in den Jahren 1976 bis 1994 restauriert worden.[1]

Baubeschreibung

Wie auch mehrere andere friesische Kirchen vereinigt die Pilsumer Dorfkirche in sich Züge der Romanik und der Gotik. Trotz mehrerer Bauphasen sind die romanischen Elemente nicht durchgängig älter als die gotischen. Herausragende Eigentümlichkeit dieser Kirche im friesischen Kulturgebiet ist ihr Vierungsturm. Dorfkirchen mit kreuzförimigem Grtundriss gibt es hingegen mehrere, so in Reepsholt im Osten, in Bunde im Süden und in Holwierde am linken Ufer des Emsästuars in der Provinz Groningen.

Blick aus dem holzgedeckten Schiff in die gewölbten Ostteile

Zu Zeiten seiner Errichtung hatte das Langhaus im Norden, Westen und Süden, ähnlich der Kirche in Eilsum, eine zweigeschossige Blendengliederung, von denen die oberen Blendbögen zur Mitte hin etwas ansteigen. Ursprünglich befanden sich Eingänge im Norden und Süden des Gebäudes. Sie wurden später vermauert und durch das Westportal ersetzt. Ein ursprünglich in der Südwand vorhandenes, inzwischen zugemauertes Hagioskop ist nur noch innen an einer schmalen Nische erkennbar.[3] Die romanischen Fenster im Langhaus wurden erweitert, um mehr Licht ins Innere der Kirche zu lassen. In ihrer ursprünglichen Form erhalten geblieben sind die Fenster von Querhaus, Chor und Hauptapsis.[2]

In einer späteren Bauphase wurde der Dachstuhl erhöht. Dafür wurden die Wände des Langhauses entsprechend aufgemauert, was bis heute an den verwendeten kleineren Ziegeln im Mauerwerk erkennbar ist. Die Flachdecke des Langhauses ist anschließend durch eine Muldendecke ersetzt worden. Das Querschiff ist in drei nahezu quadratische Joche gegliedert.

Der Ostteil des Gebäudes wird durch das quadratische Chorjoch und die halbrunde Apsis gebildet, deren Wand innen und außen mit Rundbogenblenden sowie drei Fenstern gegliedert ist.[1] Die Gewölbe über Vierung, Chor und Querschiff wurden von Marienfelder Bauleuten gestaltet.[2] Während der Chorquadrat schon der Frühgotik angehört, ist die Apsisn nach dem Vorbild großer romanischer Kirchen des Rheinlandes, vor alle Kölns, gestaltet.

Der südöstlich der Kirche stehende Glockenturm ist ein zweigeschossiger Backsteinbau auf quadratischem Grundriss unter einem Zeltdach.[1] Neben der Kreuzkirche mit Kirchenwarft, Friedhof und Umfassungsmauer steht auch das Pfarrhaus unter Denkmalschutz.

Ausstattung

Die Deckenmalereien wurden bei der Renovierung 1976 bis 1994 fragmentarisch wieder freigelegt. Sie werden auf das frühe 14. Jahrhundert datiert und zeigen in der Hauptapsis Christus in der Mandorla. An den Gewölberippen sind ornamentale Malereien zu sehen, während die Darstellungen des Jüngsten Gerichts am Triumphbogen zwischen Langhaus und Vierung sowie der Maria mit dem Kind im Strahlenkranz spätgotische Elemente aufweisen. Ursprünglich hatte das Gebäude auch einen Lettner, dessen Reste am Triumphbogen ergraben wurden.

Das von Hinrich Klinghe, einem Sohn des berühmten Bremer Bronzegießers Ghert Klinghe gegossene Bronzetaufbecken aus dem Jahr 1469 wird bis heute benutzt. Es wird von vier Evangelisten getragen und ist mit Darstellungen der Kreuzigung mit Maria und Johannes sowie von Aposteln, Heiligen und musizierenden Engeln verziert.[1]

Die Kanzel wurde im Jahre 1704 von Peter Gerkes Husmann aus Emden angefertigt. Unter einem übergroßen Schalldeckel befindet sich der Kanzelkorb mit freistehenden gedrehten Säulen, zwischen denen sich Fruchtgehänge befinden. Der Kanzelfuß ist mit Putten und einem am Kanzelboden hängendem Tannenzapfen verziert.

Zu den Vasa Sacra gehören zwei zinnerne Brotteller und eine zinnerne Kanne sowie zwei Becher, von denen einer im Jahre 1708 von dem Emder Goldschmied Arent Payn gefertigt wurde. Der zweite ist undatiert und ohne Meisterzeichen.[1]

Die Orgel der Pilsumer Kreuzkirche auf der Westempore baute Valentin Ulrich Grotian im Jahre 1694. Sie gilt neben den Werken Arp Schnitgers als eine der bedeutendsten aus der Zeit um 1700 im Nordseeküstengebiet. Von dem Instrument ist der größte Teil des Pfeifenwerks erhalten geblieben. Im Jahre 1991 wurde die Orgel restauriert.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Bernd Rödiger, Heinz Ramm: Friesische Kirchen im Auricherland, Norderland, Brokmerland und im Krummhörn, Band 2. Verlag C. L. Mettcker & Söhne, Jever (2. Auflage) 1983, S. 77.
  • Edgar F. Warnecke: Alte Kirchen und Klöster im Land zwischen Weser und Ems. Verlag H. Th. Wenner, Osnabrück 1990, ISBN 3-87898-319-0, S. 147 ff.
  • Ernst Andreas Friedrich: Die Kreuzkirche zu Pilsum. In: Wenn Steine reden könnten. Band III. Landbuch-Verlag, Hannover 1995, ISBN 3-7842-0515-1, S. 153–155.
  • Hermann Haiduck: Die Architektur der mittelalterlichen Kirchen im ostfriesischen Küstenraum. 2. Auflage. Ostfriesische Landschaftliche Verlags- und Vertriebs-GmbH, Aurich 2009, ISBN 978-3-940601-05-6, S. 32, 64, 70 ff. 78, 82, 84 ff., 90 f., 94, 101, 113, 136, 155 f., 169 f., 208, 222.
Commons: Pilsumer Kreuzkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft: Pilsum, Gemeinde Krummhörn, Landkreis Aurich (PDF-Datei; 51 kB), eingesehen am 17. Mai 2011.
  2. a b c Reformiert.de: Ev.-ref. Gemeinde Pilsum, eingesehen am 17. Mai 2011.
  3. Ingeborg Nöldeke: Verborgene Schätze in ostfriesischen Dorfkirchen – Hagioskope, Lettner und Sarkophagdeckel – Unbeachtete Details aus dem Mittelalter. Isensee Verlag, Oldenburg 2014, ISBN 978-3-7308-1048-4, S. 104 ff.

Koordinaten: 53° 28′ 58,9″ N, 7° 3′ 46,3″ O