Shimano Biopace

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Biopace-Kettenblätter
Shimano-Exage-500-Kurbel mit Biopace-Kettenblättern

Biopace war eine von 1983 bis 1993 eingetragene Marke der japanischen Firma Shimano und bezeichnete Kettenblätter für Fahrräder mit Kettenschaltung, die nicht kreisrund, sondern oval sind.

Prinzip

Mit der unrunden Form des Kettenblattes sollte berücksichtigt werden, dass die Krafteinleitung über die Tretkurbel über eine Umdrehung des Kettenblattes gesehen periodisch erfolgt. Den Verlauf der Krafteinleitung an der Tretkurbel bezeichnet man als Tretzyklus. Die maximale Kraft wird im vorderen Quadranten des Trittkreises eingeleitet. Messdaten belegen, dass die maximale vortriebswirksame Kraft tatsächlich vor der 3 Uhr-Stellung und nach vorne-unten gerichtet aufgebracht wird, und dass dies aus physikalischen Gründen sinnvoll ist. Umgekehrt wird vom Fahrer nur ein vergleichsweise kleines Moment auf die Tretlagerwelle aufgebracht, wenn sie sich in der senkrechten Stellung, also im oberen bzw. unteren Totpunkt (OT bzw. UT), befindet.[1]

Bei Biopace wirkt in der 3-Uhr-Position ein verkleinerter Teilkreisdurchmesser, sodass man mit einem Gang mit kleinerer Übersetzung fährt.

Die Form eines Biopace-Kettenblattes entspricht annähernd einer Ellipse, wobei im montierten Zustand die größere der beiden Hauptachsen in etwa in Richtung der Tretkurbel liegt. Shimano selbst bezeichnete die Form als „punktsymmetrische eiförmige Krümmung“.

Die unrunden Kettenblätter wurden jahrelang an zahlreichen Neurädern und auch einzeln bzw. mit Kurbeln angeboten, konnten sich jedoch letztlich nicht durchsetzen. Sie wurden Anfang der 90er Jahre von Shimano aus dem Programm genommen.

Versionen

Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Versionen von Biopace-Kettenblättern. Alle wurden – je nach Qualitätsstufe des Kurbelsatzes – aus Stahl (mattchrom oder schwarz) oder Aluminiumlegierung (ungefärbt, später auch grau, braun, silber und schwarz) gefertigt.

  • Biopace: „original“ Biopace, erste Generation
  • Biopace II: zweite Generation, wurde etwas „runder“ konzipiert, nachdem von Radrennprofis und Enthusiasten schlechte Effizienz bei hohen Trittfrequenzen bemängelt wurde („Hüpfen am Sitz“)
  • Biopace HP (High Performance): Form noch etwas runder als Biopace II
  • Biopace SG (Super Glide): wurde für schmalere Ketten entwickelt, außerdem gab es Änderungen an den Kettenblättern zugunsten leichtgängigeren Schaltens (2 Rampen am großen Ring sowie modifizierte Zähne auf den kleineren Kettenblättern)

Shimano empfahl damals, für optimales Schalten die Kombination 44-50T sowie 38-48T von mittlerem und äußerem Kettenblatt zu wählen. Außerdem riet der Hersteller davon ab, ovale (Biopace) und runde Kettenblätter am selben Kurbelsatz gemischt einzusetzen.[2]

Markenrecht

Die Marke BIOPACE wurde von Shimano beim Deutschen Patent- und Markenamt am 7. Juni 1983 für die Klasse 12 (Fahrräder und deren Teile) und am 9. August 1983 für die Klasse 28 (Turn- und Sportgeräte) eingetragen. Beide Marken sind mittlerweile nicht mehr in Kraft.[3][4]

Ähnliche/Aktuelle Konzepte und Weiterentwicklungen

Die Idee ovaler Kettenräder gab es bereits in den frühen 20er Jahren, sie wurde immer wieder aufgegriffen, konnte sich aber nie durchsetzen. Erst mit Biopace wurde eine nennenswerte Verbreitung erreicht. Das Konzept der Kettenblätter mit variablem Durchmesser wurde in den 1990er und 2000er Jahren von anderen Herstellern weitergeführt. Von Biopace unterscheiden sie sich u. a. dadurch, dass bei größter Kraftentfaltung, d. h. bei waagrechter Pedalstellung der maximale Kettenblattdurchmesser wirksam wird, da dieser genau senkrecht zum Kurbelarm steht und nicht versetzt wie bei Biopace. Asymmetrische Kettenblätter finden aktuell vereinzelt auch im Triathlon und Profiradsport Einsatz.

  • Stronglight produziert seit den 1990er-Jahren ovale Kettenblätter, aktuell unter dem Namen O.SYMETRIC. Die z. B. im Zeitfahren von Bradley Wiggins eingesetzten Kettenblätter mit 54-Zähnen haben einen zwischen umgerechnet 58 Zähnen in horizontaler Pedalposition und 50 Zähnen in vertikaler Pedalposition schwankenden Durchmesser. Durch die im Vergleich mit Biopace noch stärkere Abweichung von der Kreisform verursacht das beim Fahren eine hörbare Geräuschentwicklung.[5]
  • Die sogenannten Q-Rings-Kettenblätter der Firma ROTOR sind konstruktiv ähnlich wie Osymetric, d. h. der maximale Durchmesser liegt senkrecht zur Pedalachse. Der Grad der „Ovalität“ ist nicht fix, sondern lässt sich durch eine um ein Loch versetzte Montage in drei Stufen einstellen. In der mittleren Einstellung hat ein Kettenblatt mit 53 Zähnen einen analogen Durchmesser von umgerechnet 56 Zähnen in horizontaler Pedalposition und 51 Zähnen in vertikaler Pedalposition. Sie werden unter anderem von Bobby Julich eingesetzt.[6]
  • Auch der französische Hersteller von Antriebskomponenten, Spécialités TA, führt nicht-runde Kettenblätter in seinem Programm.[7]
Der cyfly-Antrieb bei seiner Einführung.

Geschichte

Möve begann im Jahr 2013 mit der Entwicklung des Cyfly-Antriebs, nachdem ein pensionierter Erfinder aus Leipzig auf das Unternehmen mit der grundsätzlichen Idee für den Antrieb zukam[9]. Gemeinsam mit Partnern, etwa Spezialisten für Lagertechnik von Schaeffler Technologies oder dem Unternehmen Kappstein, dass das Cyfly-typische ovale Kettenblatt herstellt, wurde 2014 ein Fahrrad mit einem ersten Prototypen des Antriebs ausgestattet[10][11]. Im selben Jahr wurde das Unternehmen aufgrund des Antriebs mit dem Kfw-Award GründerChampions als Landessieger Thüringen ausgezeichnet.[12] Im November 2015 erhielt es den Publikumspreis des Thüringer Innovationspreises. 2017 kam unter dem Markennamen Franklin das erste Trekkingrad mit Cyfly-Antrieb auf den Markt.[13] Im Jahr 2018 folgten zwei Stadträder mit dem Antrieb.[14] Im selben Jahr kam auch ein E-Bike mit Cyfly-Antrieb auf den Markt.

Technik

Der 100-teilige Cyfly-Antrieb[15] besteht aus einem Viergelenk-Mechanismus in Verbindung mit einem Stirnradgetriebe.[16] Da die Tretkurbel nicht zentral montiert ist, eilt sie dem Kettenblatt zwischen 1 und 5 Uhr sowie zwischen 7 und 11 Uhr voraus und wird jeweils in den Totpunkten vom Kettenblatt eingeholt. Bei horizontaler Tretkurbelstellung (3 Uhr und 9 Uhr Stellung) soll laut Angaben des Unternehmens, im Vergleich zur herkömmlichen Tretkurbel mit einer Länge von 175 Millimeter, bei senkrechter Krafteinleitung 30 Prozent mehr Drehmoment am Kettenblatt erzeugt werden können. In dieser 3 Uhr Position beträgt die insgesamt 224 Millimeter lange Cyfly-Tretkurbellänge effektiv 158 Millimeter, da das Viergelenk hinter die Tretlagerachse pendelt.[17][18]

Animation des cyfly-Antriebes in Bewegung.

In den vertikalen Tretkurbelpositionen, also den Totpunkten auf 12 Uhr und 6 Uhr, soll dafür dreißig Prozent weniger Drehmoment am Kettenblatt generiert werden und die effektive Tretkurbellänge 177,5 Millimeter betragen. In dieser Tretkurbelposition wird weniger Kraft beim Pedalieren aufgebracht. Das Pedal beschreibt eine punktsymmetrische zykloide Bahnform und der Pedalweg verkürzt sich pro Pedalumdrehung um 20 Prozent. Die Erhöhung der Winkelgeschwindigkeit am Cyfly-Pedal zwischen 1 Uhr und 6 Uhr im Vergleich zur herkömmlichen Tretkurbel mit rundem Kettenblatt wird vom punktsymmetrischen zykloiden (ovalen) Kettenblatt kompensiert. Die Winkelgeschwindigkeit entspricht in der Serieneinstellung von Cyfly (cf +12°) in der Spitze (auf 3 Uhr) der einer konventionellen Tretkurbel mit rundem Kettenblatt und ist im Minimum (in den Totpunkten) 43 Prozent geringer als bei der herkömmlichen Tretkurbel mit rundem Kettenblatt. Angestrebt ist eine bessere Kraftübertragung mit höherer Ausgangsleistung.[19]

Tests und Bewertungen

Tester berichten von einem ungewohnten Fahrgefühl zu Beginn des Umstieges auf den Cyfly-Antrieb, an das man sich aber gewöhne. Ein unabhängiges Radlabor GmbH schätzt die kraftsteigernde Wirkung des Antriebs „vorsichtig“ auf „bis zu 20 Prozent“[20]. Besonders vorteilhaft sei der Antrieb für „Alltags- und Freizeitfahrer“, die davon profitieren, dass der Möve-Antrieb eine evolutionsbedingte, typische Fehlbedienung der kreisenden Pedale kompensiere. Profiradfahrer wären darauf trainiert, dieses typische Verhalten zu unterdrücken. Besonders stark würde sich der Vorteil bei Steigungen bemerkbar machen.

Der Spiegel schreibt in seinem Artikel "Poesie des Sausens"[21]:

„Ein deutscher Fahrradhersteller hat einen neuartigen Pedalantrieb entwickelt. Der sieht merkwürdig aus - macht aber tatsächlich schneller.“

Christian Wüst: http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/153371548

Das Manager Magazin schreibt im Onlineartikel "Mehr Kick dank 100-teiligem Ingenieurs-Trick":

„Hat man sich an das In-die-Pedale-Stampfen gewöhnt, bringt die Cyfly-Pedalerie bei höheren Geschwindigkeiten einen großen Vorteil gegenüber Elektro-Fahrrädern: Die Mechanik riegelt nicht bei 25 km/h ab, wie es die batteriegestützten Drahtesel-Varianten tun.“

Velomotion schreibt im Fazit nach einem ausführlichen Produkttest "Das Möve Franklin Pro mit Cyfly-Antrieb - Das Rad neu erfunden?":

„Mit Cyfly fährt es sich anders als man es gewohnt ist. Wer bereit ist sich auf Neues einzulassen, der ist damit zügiger unterwegs als mit einem konventionellen Rad.“

Ein Testfahrer mit sportlichem Hintergrund sagt:[22]

„Das große Versprechen vom mühelosen Fahren erfüllt der Cyfly-Antrieb nicht. Ich tat mich damit bei echter Belastung schwerer als mit normalen Kurbeln. [...] Für die sportliche Nutzung sehe ich nur Nachteile [...].“

Ein Dauertest kommt zu dem Ergebnis:[23]

„Die theoretischen Vorteile der Antriebsmechanik sind in der Praxis allerdings nicht zu spüren, eher im Gegenteil: Die Summe der Reibungswiderstände in den zusätzlichen bewegten Teilen und Lagern des cyfly-Antriebs neutralisieren die mechanischen Vorteile des größeren Hebels weitgehend.“

  • DE3405791C2 – Deutsche Patentanmeldung aus dem Jahr 1984

Einzelnachweise

  1. Der „runde Tritt“ beim Radfahren - Mythos oder Realität. Abgerufen am 16. Mai 2019.
  2. Ausschnitt aus Original-Umverpackung Shimano Biopace
  3. Registerauszug der Marke 1061314
  4. Registerauszug der Marke 1061499
  5. Osymetric.com: OSYMETRIC trails are nor oval nor elliptical this is a TwinCam (Memento des Originals vom 14. Juli 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.osymetric.com
  6. rouesartisanales.com: Rotor Q-Rings (7. Mai 2008)
  7. specialites-ta.com: Ovalution chainring (4. April 2016) (Memento des Originals vom 4. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/specialites-ta.com
  8. SPS: Das erste Cyfly-Fahrrad ist da. Focus Online, 18. August 2017, abgerufen am 18. August 2017 (deutsch).
  9. Möve wieder zum Fliegen bringen. Möve Bikes GmbH, 1. Januar 2018, abgerufen am 20. Januar 2020.
  10. Christian Ettl: Test: Das Möve Franklin Pro mit Cyfly Antrieb – Das Rad neu erfunden? Velomotion GmbH, 27. Juni 2018, abgerufen am 20. Januar 2020.
  11. Sprötes Mannschaft träumt jetzt vom Weltrekord-Projekt. Thüringer Allgemeine, 26. Januar 2015, abgerufen am 20. Januar 2020.
  12. Ostthüringen sahnt ab: Das sind die Thüringer Innovationspreis-Gewinner. Ostthüringer Zeitung, 26. Januar 2015, abgerufen am 20. Januar 2020.
  13. Das erste Cyfly-Fahrrad ist da. Focus Online, 18. August 2017, abgerufen am 20. Januar 2020.
  14. Neue Cyfly-Modelle. Focus Online, 2. Mai 2018, abgerufen am 20. Januar 2020.
  15. Andreas Remien und Marco Völklein: In der Kurbel liegt die Kraft. Süddeutsche Zeitung, 19. März 2019, abgerufen am 20. Januar 2020.
  16. Mario Hommen: Sechs spannende E-Bike-Neuheiten für den Sommer. Handelsblatt, 30. April 2019, abgerufen am 20. Januar 2020.
  17. Möve Bikes Cyfly. Welt Online, 20. September 2016, abgerufen am 20. Januar 2020.
  18. Zahnrad für ein Fahrradgetriebe. Deutsches Patent- und Markenamt, 4. Januar 2018, abgerufen am 20. Januar 2020.
  19. Christian Wüst: Schneller Radfahren mit weniger Kraft. Spiegel, 30. September 2017, abgerufen am 20. Januar 2020.
  20. Christian Wüst: Poesie des Sausens. 1. September 2017, abgerufen am 20. Januar 2020.
  21. Christian Wüst: Poesie des Sausens. 26. September 2018, abgerufen am 17. Januar 2020 (deutsch).
  22. Magazin "Bike", Ausgabe 03/2019, Artikel "Innovations-Check Cyfly - Zu gut, um wahr zu sein?" von Robert Kühnen, S. 42.
  23. Magazin "Aktiv Radfahren", Ausgabe 3/2019, Artikel "Dauertest Möve Stuart Pro" von Jens Kockerbeck und Hartmut Ulrich, S. 94. Hartmut Ulrich schreibt dort außerdem: "Ich wollte diesen Antrieb gut finden [...]. Doch nach über 800 Testkilometern steht für mich fest: Leichtbau ist durch nichts zu ersetzen. Außer durch einen Motor.

Kategorie:Fahrradbauteil