Begriff

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Mit dem Ausdruck Begriff (mittelhochdeutsch und frühneuhochdeutsch begrif oder begrifunge) ist allgemein der Bedeutungsinhalt einer Bezeichnung angesprochen. Die Abgrenzung zwischen Begriffen und rein gedanklichen (mentalen) Einheiten erfolgt jedoch oft unscharf: Teilweise wird ein Begriff als „mentale Informationseinheit“ beschrieben,[1] (also genauso wie in der Kognitionswissenschaft das Konzept). Präziser ist die Abgrenzung des Begriffes als „Konzept, das sprachlich benannt ist“, oder geradezu als die „Kombination aus einer sprachlichen Bezeichnung und dem entsprechenden Konzept.“[2]

In der Darstellungsweise des sogenannten semiotischen Dreiecks handelt es sich also um die Komponente, die zwischen Bezeichnung und Bezeichnetem vermittelt. Der Begriff ist daher in jedem Fall zu unterscheiden vom Wort oder Ausdruck, also von sprachlichen Einheiten, die über äußerliche Erscheinungsformen abgegrenzt sind.

Es existieren unterschiedliche Schattierungen des Begriffs Begriff in verschiedenen philosophischen Disziplinen, in Psychologie, Neurowissenschaften, Linguistik, in Ansätzen formaler Wissensrepräsentation (vgl. insbesondere Formale Begriffsanalyse) und angrenzenden Wissenschaften. In den Kultur- und Geschichtswissenschaften fallen unter „Begriffsgeschichte“ Forschungen, die sich an historischer Semantik orientieren. Die Abhandlung Über Begriff und Gegenstand von Gottlob Frege ist einer von vielen philosophischen Klassikern zum Thema. In der strukturalistischen Linguistik und Semiotik (Zeichentheorie) wird die Inhaltsseite eines Zeichens als Signifikat bezeichnet, als das Vorstellungsbild – aufgefasst als Begriff, Bedeutung oder Sinn –, auf welches mittels Buchstaben bzw. Lauten die Ausdrucksseite eines Zeichens, Signifikant genannt verweist. In einfacher Lesart entspricht ein Signifikat damit auch einem Begriff.

Etymologie

Das Verb begreifen ist bereits seit dem 8. Jahrhundert nachweisbar (ahd. bigrīfan, mhd. begrīfen), die ursprüngliche Bedeutung war „ergreifen, umgreifen“.[3] Eine Bedeutungsausdehnung beginnt schon im Althochdeutschen, mit der Verwendung als Übersetzung des lateinischen comprehendere („begreifen“).[4] Insbesondere in Texten mystischer Theologie wird der Ausdruck in erweitertem Sinne gebraucht, indem körperliches „Fassen, Greifen“ auf geistiges Begreifen als „mit dem Verstande erfassen, verstehen“ ausgedehnt wird.[4]

Das Substantiv Begriff ist, als begrif, bereits im Mittelhochdeutschen mit der Bedeutung „Umfang, Bezirk“ belegt.[3] Später übertrug sich dessen Bedeutung, analog zum Verb, auf „Vorstellung“.[3] Das Wort kommt im 18. Jahrhundert insbesondere durch Christian Thomasius und Christian Wolff in Gebrauch.[4] Seine Bedeutung wird in der Zeit der Aufklärung auf „Allgemeinvorstellung“ eingeengt und zur Übersetzung von „Idee“ verwendet.[3] In der philosophischen Terminologie werden schließlich „Begriff“ und „Vorstellung“ voneinander abgegrenzt.[4]

Das Adjektiv begreiflich, mit der heutigen Bedeutung „verständlich“, ist aus dem mittelhochdeutschen begri-flich („fassbar, leicht fassend, begreifend“) entstanden.[4] Demgegenüber ist begrifflich, mit der Bedeutung „einen Begriff, eine gedankliche Einheit betreffend“, aus dem Substantiv abgeleitet.[4] Das Adjektiv begriffsstutzig („schwerfällig im Begreifen, schwer von Begriff“) entstand Mitte des 19. Jahrhunderts.[4]

Über- und Unterordnung von Begriffen

Ein übergeordneter Begriff liegt in einem hierarchischen Begriffssystem auf einer höheren Ebene und fasst mehrere Begriffe einer anderen Ebene zusammen. Ein untergeordneter Begriff liegt in einem hierarchischen Begriffssystem auf einer niedrigeren Ebene.

Ein Oberbegriff ist ein übergeordneter Begriff, der auf Abstraktionsbeziehungen innerhalb des Begriffssystems beruht. So ist beispielsweise „Fahrzeug“ ein Oberbegriff von „Landfahrzeug, Wasserfahrzeug und Luftfahrzeug“. Analog ist ein Unterbegriff ein untergeordneter Begriff, wo innerhalb des Begriffssystems Abstraktionsbeziehungen bestehen. So ist beispielsweise „Auto“ ein Unterbegriff von „Fahrzeug“.

Ein Verbandsbegriff ist ein übergeordneter Begriff in einem anderen Sinn: Er fußt darauf, dass innerhalb des zugrunde liegenden Begriffssystems Bestandsbeziehungen gegeben sind. So ist beispielsweise „Europa“ ein Verbandsbegriff von „Frankreich, Schweiz und Italien“. Man nennt diese Begriffsbeziehung in der Sprachwissenschaft Meronymie.

Benennung und Gegenstand

Begriffe vermitteln zwischen Gegenständen und Benennungen für diese, dies wird traditionell im Semiotischen Dreieck veranschaulicht:

Repräsentationsebene
Die Benennung sowie die Definition eines Begriffs
Begriffsebene
Der Begriff mit seinen Merkmalen
Gegenstandsebene
Mehrere Gegenstände mit bestimmten gemeinsamen Eigenschaften

Begriffe und die sie verbindenden Relationen (Äquivalenz, Hierarchie usw.) spielen eine entscheidende Rolle beim Information Retrieval sowie beim Aufbau des sogenannten „semantischen Web“.[5]

Wiktionary: Begriff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Monika Schwarz, Jeannette Chur: Semantik: Ein Arbeitsbuch. 4. Auflage. Narr, Tübingen 2004. S. 219.
  2. Sebastian Löbner: Begriffswörterbuch Semantik s.v. „Begriff“. (Webseite als Ergänzung zu: S. Löbner: Semantik. Eine Einführung. 2. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2015)
  3. a b c d Satz nach Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage, 2002, Lemma begreifen
  4. a b c d e f g Satz nach Autorenkollektiv des Zentralinstituts für Sprachwissenschaft der Akademie der Wissenschaften der DDR unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Akademie-Verlag, Berlin 1989, Lemma begreifen
  5. W. G. Stock: Begriffe und semantische Relationen in der Wissensrepräsentation. (PDF; 831 kB) Information – Wissenschaft und Praxis, 60(8), 2009, S. 403–420.