Stereodecoder

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Stereodecoderplatine mit vier Transistoren (Telefunken, 1971)

Als Stereodecoder wird eine elektronische Baugruppe bezeichnet, die das von einem stereofonen UKW-FM-Sender ausgestrahlte Tonsignal decodiert und als linker und rechter Kanal dem Audioverstärker zur Verfügung stellt.

Technischer Hintergrund

Das Verfahren der analogen Codierung eines Stereosignales (siehe auch FM-Stereo) auf einen frequenzmodulierten UKW-Sender im Rahmen des zur Verfügung stehenden Frequenzhubes muss sicherstellen, dass ein einfacher (monophoner) UKW-Empfänger das Summensignal aus linkem und rechten Stereokanal (L + R) wiedergeben kann (Abwärtskompatibilität).

Man erreicht das, indem zusätzlich zum Summensignal durch Amplitudenmodulation mit unterdrücktem Träger auf einen Hilfsträger von 38 kHz das aus linkem und rechten Stereokanal gebildete Differenzsignal (L - R) übertragen wird. Die zur Übermittlung benötigte Bandbreite reicht nun bis ca. 53 kHz – dem Ende des oberen Seitenbandes des Differenzsignales und passt damit noch in das verfügbare UKW-Kanalraster von 75 kHz. Das untere Seitenband beginnt ab ca. 23 kHz, also außerhalb der menschlichen Hörfläche (Hörbereich). Zur Rückgewinnung des unterdrückten Hilfsträgers im Empfänger wird mit halber Frequenz von 19 kHz ein phasengleicher, abgeschwächter Pilotton übertragen.

Funktion des Stereodecoders

Stereodecoder Blockschaltbild TDA7040 (PHILIPS NXP Semiconductors, 1986)

Der Stereodecoder im Empfänger erhält das Signal eines FM-Demodulators, wie er auch in einem Monoempfänger enthalten ist. Dieses Signal besteht aus dem Summensignal von linkem und rechten Kanal (L + R), dem 19-kHz-Pilotton sowie den Seitenbändern des auf den unterdrückten Hilfsträger von 38 kHz modulierten Differenzsignales (L - R).

Der Stereodecoder muss nun folgende Aufgaben erfüllen:

  • Frequenz- und phasenrichtige Rückgewinnung der Hilfsträgerfrequenz von 38 kHz aus dem Pilotton
  • Gewinnung des Differenzsignales (L - R) durch Demodulation der Seitenbänder mit Hilfe des wiederhergestellten 38-kHz-Hilfsträgers
  • Bildung der Summe von (L + R) + (L - R) = 2 L (linker Kanal)
  • Bildung der Differenz aus (L + R) - (L - R) = 2 R (rechter Kanal)
  • Aktivierung der Anzeige „Stereo-Empfang“ auf dem Display/der Skala

Diese Aufgaben werden heute mittels kohärenter Demodulation des Differenzsignals D und je nach Kanal einer Addition bzw. Subtraktion des Summen- und Differenzsignales erreicht. Da hierbei die Phasenlage des synthetisierten Trägers stabil und exakt sein muss, wird eine PLL-Regelung eingesetzt, die die mit einem VCO erzeugte Trägerfrequenz teilt und ständig auf richtige Frequenz und Phasenlage zum Pilotton ausregelt. Die Demodulation kann dann zum Beispiel mit einem Ringmischer erfolgen, der aus Träger und Seitenbändern das Differenzsignal erzeugt. Nachfolgend muss dieses mit dem richtigen Pegel und jeweils unterschiedlichem Vorzeichen zum Summensignal addiert werden, um mit geringem Übersprechen die beiden Stereokanäle zu gewinnen.

Bei voll digitaler Signalverarbeitung der heute üblichen UKW-Empfänger werden jedoch Schalt-Demodulatoren angewendet: Der Decoder erzeugt aus dem synthetisierten Träger ein 38-kHz-Schaltsignal, das das komplette Summen- und Differenzsignal über Analogschalter im Takt der synthetisierten Trägerfrequenz auf zwei getrennte digitale Tiefpässe mit je 15 kHz Grenzfrequenz leitet. Am Ausgang der beiden Tiefpässe erhält man dann jeweils direkt den linken bzw. rechten Audiokanal. Das Summen- und Differenzsignal wird vorher durch ein 19-kHz-Notchfilter geführt, um den Pilotton zu entfernen. Diese Schalter-Stereodecoder kommen ohne Additions- bzw. Subtraktionsstufen und Mischstufen zur Gewinnung des Differenzsignals in Basisbandlage sowie ohne Kondensatoren und Induktivitäten aus und können daher vollständig als integrierter Schaltkreis beziehungsweise als Signalprozessor realisiert werden.

Geschichte und technische Umsetzung

Früher volltransistorisierter Stereodecoder der Fa. PGH TonfunkErmsleben/Harz, etwa 1968
Professioneller Stereodecoder von R&S, Ende der 1970er

Erste Stereodecoder arbeiteten mit diskreten Bauteilen wie Spulen, Schwingkreisen und Transistoren – es gab sogar kurze Zeit röhrenbestückte Stereodecoder. In den ersten Stereodecodern wurde der Pilotton herausgefiltert, frequenzverdoppelt und hiermit wurde das Differenzsignal demoduliert. Modernere Stereodecoder synthetisieren den 38-kHz-Träger mit einer PLL-Regelschleife (PLL-Decoder), wodurch sich niederfrequentes Rauschen wesentlich verringert.

Das demodulierte Differenzsignal wird nun in je einer Matrixschaltung pro Kanal zum Summensignal ohne Invertierung bzw. mit Invertierung addiert (Subtraktion).

Der Stereodecoder muss den Pilotton aus den beiden NF-Kanälen entfernen, da dieser knapp unterhalb der Hörgrenze liegt. Weiterhin muss er abhängig von der Empfangsqualität die Stereodecodierung zu- bzw. abschalten, um bei schlechten Empfangsbedingungen ein übermäßiges Rauschen der Stereosignale zu vermeiden. Stereodecoder haben meist einen Schaltausgang, an dem eine Signallampe angeschlossen werden kann, die anzeigt, ob ein Stereosender empfangen wird.

In West-Deutschland wurden ab ca. 1964 bei hochwertigen FM-Empfängern bereits volltransistorisierte Stereodecoder eingesetzt und konnten bei älteren, schon dafür vorgesehenen Geräten nachgerüstet werden − erste Stereo-Sendungen strahlte die ARD ab 1963 aus. In der ehemaligen DDR wurde der erste volltransistorisierte Stereodecoder für Rundfunkempfänger im Jahre 1965 bei der PGH Tonfunk Ermsleben/Harz produziert. Er wurde in Zusammenarbeit mit dem VEB Zentrallaboratorium für Rundfunk und Fernsehempfangstechnik (ZRF) Dresden entwickelt und bis 1969 hergestellt. Heute kommen Stereodecoder ohne jegliche Spulen aus und sind in speziellen integrierten Schaltkreisen (z. B. die Typen LM1310, MC1310, SN76114, TDA7040, TCA4500 und A290) zusammengefasst. Es sind nur wenige externe Widerstände und Kondensatoren erforderlich.

Mit Aufkommen des digitalen Rundfunks (engl. digital audio broadcastingDAB) wurde es durch Signalkomprimierung möglich, bei verringerter Bandbreite nicht nur zwei Stereosignale, sondern auch ein Raumklangsignal (4 bzw. 5 Kanäle) zu übertragen. Die entsprechenden digitalen Codierverfahren sind wiederum abwärtskompatibel gestaltet, sodass ein lediglich stereofoner DAB-Decoder auch bei einem Raumklangsignal in der Lage ist, die beiden Stereokanäle zu gewinnen.

Literatur