Anschlag in Nizza 2016

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Die Promenade des Anglais, 2004
Personalausweisfoto von Mohamed Lahouaiej Bouhlel
Personalausweisfoto von Mohamed Lahouaiej Bouhlel

Bei dem Terroranschlag[1] in Nizza am 14. Juli 2016 wurden auf der Promenade des Anglais durch den Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel mindestens 84 Menschen getötet und mehr als 200 zum Teil schwer verletzt.

Tathergang

Anschlagsverlauf (in östlicher Richtung)
Straßenszene am Hôtel des Postes
Symbolfoto: Lkw vom Typ Renault Midlum 300, wie er beim Anschlag benutzt wurde

Aus Anlass der Feierlichkeiten zum französischen Nationalfeiertag hatte sich auf der Strandpromenade von Nizza eine Menschenmenge zur Beobachtung des Feuerwerks versammelt. Auf der Promenade des Anglais hielten sich am Abend um die 30.000 Menschen auf.[2]

Gegen 22:40 Uhr fuhr ein weißer Lkw vom Typ Renault Midlum 300 in östlicher Richtung. Als ein Polizist neben dem Lkw herlief und das Führerhaus zu erreichen versuchte, beschleunigte der Fahrer. Er überfuhr dann zahlreiche Passanten. Bürgermeister Christian Estrosi zufolge seien Passanten auch beschossen worden.[3] Etwa zwei Kilometer weiter kam der Lkw unweit des Palais de la Méditerranée zum Stehen. Nach Angaben der Zeitung Nice-Matin sprang der Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel[4] aus dem Wagen, wobei er das Feuer auf die Polizei eröffnet habe.[3] Nach unbestätigten Zeugenaussagen rief er dabei mehrfach „Allahu Akbar“.[5] Der Attentäter wurde von der Polizei erschossen. Im Fahrzeug wurden mehrere Gewehr-Attrappen sowie eine nicht funktionsfähige Granate gefunden.[6] Der Lkw war einige Tage zuvor in der Region Nizza angemietet worden.[7]

Opfer

Einer vorläufigen Bilanz der Staatsanwaltschaft vom 15. Juli zufolge wurden 84 Menschen getötet und mehr als 202 weitere zum Teil schwer verletzt, darunter zehn Kinder und Jugendliche.[8][9] Unter den Todesopfern sind auch Ausländer, so zwei Schülerinnen und eine Lehrerin aus Berlin,[10] zwei Schweizer Staatsbürger[11] sowie Bürger der USA, Russlands, der Ukraine, Armeniens, Marokkos und Tunesiens. Das Außenministerium Belgiens gab am 15. Juli an, ohne Nachricht von 20 Belgiern zu sein.[12]

Täter

Bei dem Täter handelte es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um Mohamed Lahouaiej Bouhlel, einen 31-jährigen Einwohner von Nizza mit tunesischer Staatsbürgerschaft und Geburtsort in Tunesien. Er war nach Angaben der ermittelnden Behörden als Kleinkrimineller polizeibekannt. Vor einiger Zeit war er wegen einer gewalttätigen Auseinandersetzung verurteilt worden. Insbesondere habe die Polizei über keine Erkenntnisse bezüglich einer etwaigen Radikalisierung verfügt.[9] Gleichwohl bezeichneten alle Polizeiquellen nach dem Anschlag den Täter als „Terroristen“.[13] Auch am Tag nach dem Attentat hat sich keine Organisation zu dem Anschlag bekannt.[14]

Reaktionen

Präsident François Hollande sagte nach dem Anschlag in einer nächtlichen Ansprache an die Nation: „Frankreich ist an einem 14. Juli angegriffen worden, dem Symbol der Freiheit.“ Das Land werde den Angriff auf die Freiheit nicht hinnehmen. Frankreich werde seine Werte verteidigen.[15] Hollande kündigte an, die Angriffe auf die Terrororganisation Islamischer Staat auszuweiten. Weil ganz Frankreich vom islamistischen Terrorismus bedroht sei, sollten zusätzlich Soldaten und Reserven bei den Sicherheitskräften mobilisiert werden. Insbesondere das Personal an den französischen Grenzen solle aufgestockt werden.[16] Hollande entschied, den Notstand, der bereits als Reaktion auf die Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris für ganz Frankreich verhängt worden war und seither ununterbrochen gegolten hatte, um drei Monate zu verlängern; noch wenige Stunden vor dem Anschlag hatte er in seinem Interview zum Nationalfeiertag die Aufhebung des Ausnahmezustands zum 26. Juli 2016 angekündigt.[15][14]

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Anschlag.[16] Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sagte: „Ein Angriff auf Frankreich ist […] ein Angriff auf die gesamte freie Welt.“[17] Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte: „Deutschland steht im Kampf gegen den Terrorismus an der Seite Frankreichs.“[18]

Österreichs Bundeskanzler Christian Kern versicherte Frankreich am 15. Juli seine Solidarität; Außenminister Sebastian Kurz forderte das „Verteidigen gegen Terror“.[19]

Folgen, Auswirkungen

Das Rihanna-Konzert und das Jazz-Festival in Nizza wurden abgesagt, andere Festivals in nahen Orten halten Gedenkminuten ab.[20]

Ruefa und TUI als Reiseveranstalter bieten bis 31. Juli eine kostenlose Stornomöglichkeit an. AUA bietet für Flugtickets nach Nizza bis 31. Juli eine kostenlose Umbuchungsmöglichkeit.[21]

Deutschland

In Berlin wurde ein geplantes deutsch-französisches Volksfest auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor abgesagt. Die französische Botschaft am Platz hat die Tricolore auf Halbmast gehängt. Auch der Brandenburger Landtag hisste Trauerbeflaggung. Ebenso ordnete Stefan Studt, Minister für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein im Kabinett Albig, die Halbmastbeflaggung der Dienstgebäude aller Behörden und Dienststellen des Landes für den Zeitraum von Freitag, den 15. Juli 2016, bis Samstag, den 16. Juli 2016 an.[22]

Italien

Italiens Innenminister Angelino Alfano kündigt verschärfte Kontrollen an drei Grenzübergängen zwischen Italien und Frankreich an. Auch Züge auf der Strecke über Ventimiglia sollen kontrolliert werden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Nice terror attack prompts new right-wing calls for war against Islam. In: Washington Post. Abgerufen am 15. Juli 2016.
  2. tagesschau.de: Ellis Fröder, ARD Paris, mit Informationen zum Attentäter. In: tagesschau.de. Abgerufen am 15. Juli 2016 (deutsch).
  3. a b Angreifer wollte so viel Menschen wie möglich töten. n-tv, 15. Juli 2016.
  4. Attentat de Nice : ce que l'on sait du tueur du 14 juillet. Abgerufen am 15. Juli 2016.
  5. VIDEO. "On a entendu plusieurs fois Allah akbar", les témoins racontent après l'attentat de Nice. Abgerufen am 15. Juli 2016 (fr-FR).
  6. Anschlag in Nizza: Lastwagen rast in Menschenmenge – mindestens 84 Tote. In: Spiegel Online. Abgerufen am 15. Juli 2016.
  7. SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Tathergang, Opfer, Attentäter: Terror in Nizza - was bisher bekannt ist. In: spiegel.de.
  8. Naemi Goldapp: Mindestens 84 Tote in Nizza – Terrorist von Polizei ausgeschaltet. In: Welt Online. 14. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016.
  9. a b Laura Thouny: Attentat de Nice : le point sur l'enquête 18 heures après les faits. In: nouvelobs.com. 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016 (französisch).
  10. Ermittlungen laufen – drei deutsche Opfer. tagesschau.de. Vom 15. Juli 2016
  11. Anschlag in Nizza: Zweites Schweizer Todesopfer – Attentäter identifiziert – Le Pen kritisiert Regierung. nzz.ch. Vom 15. Juli 2016.
  12. Attentat de Nice : plusieurs étrangers figurent parmi les victimes. In: LeParisien.fr. 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016 (französisch).
  13. Ce que l’on sait sur l’auteur de l’attentat de Nice. In: LePoint.fr. 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016 (französisch).
  14. a b Attentat à Nice: bilan, auteur identifié, perquisition en cours, ce que l’on sait. In: FranceSoir.fr. 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016 (französisch).
  15. a b Hollande: „Ganz Frankreich von islamistischem Terror bedroht“. FAZ, 15. Juli 2016.
  16. a b Reaktion auf Attentat: "Ganz Frankreich ist vom islamistischen Terrorismus bedroht". Zeit Online, 15. Juli 2016.
  17. Deutschland: Gauck wertet Nizza-Tat als "brutalen Anschlag auf friedlich feiernde Menschen". In: zeit.de. 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016.
  18. Reaktionen auf den Lkw-Anschlag mit 84 Toten. Focus, 15. Juli 2016.
  19. Tiefe Betroffenheit auch in Österreich oe1.orf.at, gesendet 15. Juli 2016, abgerufen 15. Juli 2016.
  20. dpa: Rihanna-Konzert und Jazz-Festival in Nizza abgesagt sueddeutsche.de, 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016.
  21. ORF Ö1 Journal um 6, 15. Juli 2016 18 Uhr 10.
  22. Trauerbeflaggung für die Opfer des Terroranschlags in Nizza. In: Landesportal Schleswig-Holstein. Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, 15. Juli 2016, abgerufen am 15. Juli 2016.

Koordinaten: 43° 41′ 41,8″ N, 7° 15′ 48,8″ O