Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris

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Die Terroranschläge in Paris am Abend des 13. November 2015 waren Anschläge und Geiselnahmen an sechs verschiedenen Stellen in und um Paris, bei denen mindestens 127 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt wurden.[1]

Am Freitag, dem 13. November 2015 um 21:16 Uhr MEZ begann die Serie von Angriffen im 10. und 11. Arrondissement von Paris. Mindestens drei Explosionen und sechs Schießereien sowie eine Geiselnahme einer größeren Menschenmenge in der Bataclan-Konzerthalle wurden berichtet. Die Explosionen ereigneten sich unter anderem in unmittelbarer Nähe des Stade de France in Saint-Denis, wo zu diesem Zeitpunkt ein Freundschaftsspiel zwischen der französischen und der deutschen Fußballnationalmannschaft stattfand.[2][3]

Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris (Paris)
Terroranschläge am 13. November 2015 in Paris (Paris)
Le Petit Cambodge
Le Carillon
Anschlagsorte in Paris und Saint-Denis

Einzelne Tatorte

Geiselnahme im Bataclan-Theater

Das Bataclan-Theater

Bei einer halbstündigen, gegen 21:30 Uhr beginnenden Schießerei im Bataclan-Theater,[4] wo die US-amerikanische Rockband Eagles of Death Metal vor etwa 1500 Konzertbesuchern spielte, sollen mehr als 100 Menschen getötet worden sein, darunter auch vier Polizisten,[5] so die Nachrichtenagentur AFP.[6] Die Bandmitglieder der Vorband White Miles aus Österreich entkamen unverletzt aus der Halle, wie diese via Twitter berichteten.[7] Im Theater gab es laut Augenzeugenberichten schon zu Beginn des Anschlags mindestens 20 Todesopfer, nachdem die vier Attentäter dort sofort das Feuer eröffnet hatten und Garben aus AK-47 in die Menge abgaben.[8] Gegen 22:00 Uhr begannen die Attentäter Geiseln zu nehmen.[4] Laut Medienberichten meldeten einige der Geiseln regelrechte Hinrichtungen.[9] Dabei sollen sie Allahu Akbar gerufen haben.[10] Andere Augenzeugen berichten allerdings, dass die Attentäter nichts gerufen haben, „nicht 'Allahu Akbar' oder sonst irgendetwas. Sie waren ruhig und zielten einfach.“[11] Augenzeugen berichten auch von Handgranaten, die in die Konzerthalle geworfen wurden und Geiselnehmern, die Sprengstoffwesten zur Detonation brachten.[8] Bei der Erstürmung des Theaters ab 00:15 Uhr durch Polizeikräfte, namentlich die Brigade de recherche et d’intervention, wurde einer der Attentäter erschossen und drei der Attentäter töteten sich durch Auslösen ihrer Sprengstoffwesten.[10] Die Geiselnahme war gegen 00:50 Uhr beendet.[8] Des Weiteren soll es mindestens fünf Explosionen rund um das Theater gegeben haben.[12]

Angriff nahe dem Stade de France

Das Stade de France

Nach ersten Berichten sollen im Umfeld des Stade de France zwei Selbstmordattentäter vor Fast-Food-Restaurants Bomben gezündet haben.[13] Mindestens zehn Menschen wurden dabei verletzt oder getötet. Der französische Präsident François Hollande war im Stadion, wie der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier besuchte er ein Freundschaftsspiel zwischen der französischen und der deutschen Fußballnationalmannschaft.

Mehrere größere Explosionen während der ersten Spielhälfte waren auch im Stadion und in der Liveübertragung wahrnehmbar. Während Hollande in der Halbzeitpause das Stadion verließ, nahm Steinmeier in der zweiten Halbzeit seinen Platz auf der Ehrentribüne wieder ein.[14] Das Spiel wurde fortgesetzt, um eine größere Panik zu vermeiden.[15] Zeitweise waren während der zweiten Spielhälfte die Ausgänge des Stadions abgeriegelt.[14] Nach Spielende wurden die Zuschauer geordnet aus dem Stadion geleitet. Da nicht alle Ausgänge geöffnet waren, strömten viele auf das Spielfeld.[14] Zunächst hieß es, die deutsche Mannschaft habe aus Sicherheitsgründen erst nach Stunden das Stadion verlassen und sei anschließend statt mit dem Mannschaftsbus in unauffälligen Kleinbussen zum Teamhotel transportiert worden.[16] Dies stellte sich später als eine aus Sicherheitsgründen motivierte Desinformation heraus. Die Mannschaft hatte die Nacht im Stade de France verbracht und wurde am Morgen zum Flughafen gebracht.[17]

Bereits einige Stunden vor dem Spiel hatte die deutsche Delegation wegen einer Bombendrohung vorübergehend ihr Mannschaftshotel verlassen müssen.[16][18]

Rue de la Fontaine au Roi

Auf der Terrasse der Pizzeria La Casa Nostra, nach anderen Angaben Café Bonne Bière, soll es fünf Tote gegeben haben.[19]

Rue Alibert/Rue Bichat

Bei einem Angriff mit Schusswaffen auf das Restaurant Petite Cambodge („Kleines Kambodscha“) im 10. Arrondissement von Paris wurden vier Personen getötet.

Canal Saint-Martin

Die Angreifer erschossen auch Menschen außerhalb einer Bar namens Le Carillon in der Nähe des Canal Saint-Martin.[20][21] Insgesamt starben an diesem Ort mindestens zwölf Personen.[22]

Rue de Charonne

Hier sollen nahe der Bar „La Belle Équipe“ 18 Menschen umgekommen sein.[19]

Boulevard Voltaire

Aus Justizkreisen verlautete, dass ein Attentäter sich mit einem Sprengstoffgürtel zur Explosion gebracht habe und tot sei.[23] Die Straße ist rund 900 Meter vom Konzertsaal Bataclan entfernt.

Täter

Über die Täter ist derzeit nichts bekannt. Einige befinden sich noch auf der Flucht. Augenzeugenberichte liefern widersprüchliche oder größtenteils unverifizierte Aussagen.

Reaktionen in Frankreich

Datei:Peace for Paris.svg
Peace for Paris von Jean Jullien

Die für die gesamte Île-de-France koordinierend tätige Préfecture de Police de Paris hat die Bevölkerung aufgefordert, das Haus nicht zu verlassen und öffentliche Veranstaltungen zu unterbrechen.[24]

Viele Einwohner haben begonnen, sich auf sozialen Netzwerken über den Stand der Vorgänge zu informieren und bieten auf Twitter unter dem Hashtag #porteOuverte Unterkünfte für gestrandete Reisende an.[25] Der U-Bahnverkehr auf den Linien 3, 5, 8, 9 und 11 ist eingestellt worden. Die Schul- und Ausbildungseinrichtungen werden einschließlich Samstag geschlossen.

François Hollande hat kurz vor Mitternacht Maßnahmen nach dem Notstandsplan Plan rouge beschlossen und verkündet.[26] Sämtliche französische Staatsgrenzen wurden geschlossen[27][28] und das Heer sowie die Antiterroreinheit RAID zu Hilfe gerufen.[29] Präsident Hollande hat den Notstand ausgerufen.[30] Der Flughafen Paris-Orly wurde geschlossen, alle Flüge storniert.[31]

Nach den Anschlägen sagte Präsident Hollande seine Teilnahme am G-20-Gipfel ab, der am 15. November im türkischen Antalya beginnen soll.[32]

Der Conseil français du culte musulman (CFCM) verurteilte die Attentate und appellierte an die Einigkeit und Solidarität aller Franzosen.[33]

In sozialen Netzwerken etablierten sich rasch Hashtags wie #peaceforparis oder #prayforparis und ein von dem französischen Grafiker Jean Jullien noch in der Nacht der Anschläge auf Twitter veröffentlichtes Symbolbild, eine Kombination aus dem CND-Friedenszeichen und der Silhouette des Eiffelturms, fand weite Verbreitung.[34]

Internationale Reaktionen auf Regierungsebene

Die Angriffe fanden ähnlich dem Anschlag auf Charlie Hebdo und weiteren Attentaten ein weltweites Echo:

  • Deutschland: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck zeigten sich in ersten Stellungnahmen schockiert und erschüttert.[35][36] Bundesinnenminister Thomas de Maizière bot der französischen Regierung Unterstützung durch deutsche Spezialkräfte an.[37]
  • Belgien: Die belgische Regierung setzte Grenzkontrollen an den Außengrenzen sowie im Flug- und Schienenverkehr ein.[38]
  • Kanada: Premierminister Justin Trudeau drückte seine Solidarität aus und verurteilte die Anschläge.[39][40]
  • Iran: Präsident Hassan Rohani sagte seinen für den 16. November geplanten Frankreichbesuch ab. Er nannte die Anschläge ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und sprach im Namen des iranischen Volkes sein Beileid aus. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bot Frankreich die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus an, da dieser keine Grenzen kenne.[41]
  • Spanien: Ministerpräsident Mariano Rajoy drückte sein Beileid aus.[42] Das spanische Konsulat richtete eine Notfallnummer ein.[42]
  • USA: Präsident Barack Obama zufolge stehen die USA an der Seite Frankreichs.[39] Die New Yorker Polizei hat verschiedene Antiterrorpläne aktiviert.[42]

Siehe auch

Commons: Terroranschläge vom 13. November 2015 in Paris – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Julien Pearce: Schießerei in Paris und Bombenexplosion in Paris - Disneyland Paris bleibt Samstag geschlossen. In: bild.de. 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  2. Dutzende Schießereien und Explosionen in Paris. In: orf.at. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  3. Explosionen, Schüsse und Geiselnahme: Terror in Paris – Dutzende Tote. In: Spiegel Online. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  4. a b The Attacks in Paris: What Happened at Each Location. nytimes.com, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015
  5. Anschlag in Paris. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  6. Mehrere Tote in französischer Hauptstadt – Liveblog zu den Anschlägen in Paris. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2014.
  7. Kilka Chatterjee: Hostages taken at Eagles Of Death Metal show after terrorist attacks, Alternative Press
  8. a b c Adam Nossiter, Rick Gladstone: Paris Attacks Kill More Than 100, Police Say; Border Controls Tightened. nytimes.com, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015
  9. Offensichtlich twitterten Geiseln aus #lebataclan, dass dort Hinrichtungen stattfinden und baten die Polizei um Erstürmung des Gebäudes. In: Twitter. 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  10. a b Adam Nossiter, Andrew Higgins: ‘Scene of Carnage’ Inside Sold-Out Paris Concert Hall. nytimes.com, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015
  11. Augenzeugenbericht aus Paris: "Es war ein Blutbad". Spiegel.de, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  12. Explosionen und Schießereien in Pariser Innenstadt – 60 Tote. In: Focus Online. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  13. Terror in Paris Polizei beendet Geiselnahme im Konzertsaal – etwa 100 Tote, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. November 2015
  14. a b c Explosionen und Schießereien: Paris während Länderspiel Frankreich – Deutschland unter Terror. Eurosport, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  15. Etat d’urgence en France après des attaques terroristes en série à Paris, au moins 42 morts. In: Libération.fr. Abgerufen am 13. November 2015.
  16. a b Anschläge in Paris: Deutsche Nationalelf hat Stadion verlassen. Spiegel Online, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  17. Terror in Paris – Nationalelf verbrachte die ganze Nacht im Stadion. Die Welt, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  18. Vor Testspiel: Bombendrohung gegen Hotel der DFB-Elf in Paris. Spiegel Online, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  19. a b Terror in Paris: Anschläge fast zeitgleich an mindestens sechs Orten, Spiegel Online, 14. November 2015
  20. 40 confirmed dead in Paris attacks, 100 held hostage. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  21. At least 46 dead in attacks in Paris; 100 taken hostage. In: USA Today. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  22. Attaques terroristes: la guerre en plein Paris, Les six lieux des attaques (7:47 Uhr), lefigaro.fr, 14. November
  23. Terror in Paris: Was Sie über die Terrorwelle wissen müssen, Die Welt, 14. November 2015
  24. Alerte fusillade à Paris. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015 (französisch).
  25. Fusillades et explosions à Paris: au moins 30 morts. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  26. Série de fusillades à Paris: au moins 60 morts. lepoint.fr, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  27. Polizeikreise: Etwa 100 Tote in Konzertsaal Bataclan (01:57 Uhr), Tagesspiegel, 14. November 2015 
  28. „L’État d’urgence sera proclamé et les frontières seront fermées“ – message du compte Twitter de l’Elysée du 14. November 2015
  29. EN DIRECT. Fusillades à Paris : au moins 60 morts. In: Le Point. https://plus.google.com/+LePointfr, abgerufen am 13. November 2015 (fr-FR).
  30. Live updates: Attacks in Paris. In: The Washington Post. 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015 (englisch).
  31. EN DIRECT – Attaques en série dans Paris: 7 lieux visés, au moins 120 morts
  32. Hollande sagt Teilnahme am G20-Gipfel ab. FAZ.net, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  33. Stellungnahme nach dem Webticker von 20minutes.fr
  34. #peaceforparis oder #prayforparis auf Instagram, Yahoo-News: Artist Jean Jullien’s Eiffel Tower Peace Sign Goes Viral After Paris Terror Attacks, 14. November 2015
  35. Merkel tief erschüttert über Anschläge in Paris. Bundesregierung, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  36. Merkel, Gauck und andere Politiker erschüttert über Attacken in Paris. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  37. De Maizière bietet Paris Hilfe durch Spezialkräfte an. europe online, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  38. Belgien Attaques à Paris: la Belgique instaure le contrôle aux frontières avec la France. Le Soir, 14. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  39. a b Fusillades et explosions à Paris: au moins 30 morts. leprogres.fr, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  40. Attentats à Paris: Justin Trudeau dénonce des actes «terribles et insensés». Radio-Canada.ca, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.
  41. ZDF Liveblog: 07:40 Rohani sagt Europareise ab, abgerufen am 14. November 2015.
  42. a b c Los ataques en París minuto a minuto. RTVE.es, 13. November 2015, abgerufen am 14. November 2015.