Emil Stehle

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Emil Stehle, 1977

Emil Lorenz Stehle, auch: Emilio Lorenzo Stehle, (* 3. September 1926 in Mühlhausen) ist ein römisch-katholischer Priester und war bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2002 der erste Bischof der 1987 gegründeten Diözese Santo Domingo de los Colorados mit Sitz in der ecuadorianischen Stadt Santo Domingo de los Colorados. Im Jahre 1994 wurde er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen, den dann Jassir Arafat erhielt.

Leben

Stehle wurde in Mühlhausen (heute Ortsteil von Herdwangen-Schönach nahe dem Bodensee), in einer kinderreichen Bauernfamilie geboren. Mit Notabitur wurde Stehle als Frontsoldat im Zweiten Weltkrieg eingesetzt. Als Kriegsgefangener war Emil Stehle Seminarist im so genannten Stacheldrahtseminar von Chartres, welches zwischen 1945 und 1947 von Abbé Franz Stock als Regens geleitet wurde. Sein Theologiestudium beendete er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Nach dem Empfang der Priesterweihe am 24. Juni 1951 im Freiburger Münster, war er zunächst als Priester im Erzbistum Freiburg tätig, zuletzt in Dossenheim.

Im Jahre 1957 wurde er Auslandsseelsorger in Bogotá in Kolumbien und war Pfarrer für die deutschsprachigen Katholiken in Kolumbien und Panama. In Bogota baute er das Pfarrzentrum der katholischen deutschsprachigen Pfarrgemeinde St. Michael mit einem Kindergarten und einer Kirche, die gleichzeitig Pfarrkirche der kolumbianischen Pfarrei Santos Ángeles Custodios wurde. Parallel engagierte er sich als Berater für Adveniat. Von 1977 bis 1988 war Emil Stehle Geschäftsführer der Bischöflichen Aktion Adveniat mit Sitz im Bistum Essen; er arbeitete eng zusammen mit Franz Kardinal Hengsbach. Während seiner Tätigkeit hatte Stehle intensiven Kontakt zu allen Bischofskonferenzen Lateinamerikas.

1983 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Titularbischof von Heraclea ernannt und zum Weihbischof im Erzbistum Quito bestellt. Die Bischofsweihe in Rom spendete ihm der Kurienkardinal Sebastiano Baggio, Kardinalpräfekt der Kongregation für die Bischöfe; Mitkonsekratoren waren der Erzbischof von Quito, Pablo Kardinal Muñoz Vega, und der Bischof von Essen, Franz Kardinal Hengsbach.

1987 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum ersten Bischof der neu gegründeten ecuadorianischen Diözese Santo Domingo de los Colorados ernannt. Auf seine Initiative hin wurden in den etwa 40 Pfarreien, zahlreiche Kirchen und Kapellen, Schwesternhäuser, Schulungszentren, Schulen, ein Lehrerseminar, eine Universität, Waisenhäuser, ein Dorf für Straßenjungen, das erste Altersheim der ganzen Region, eine Sozialstation für unterernährte Mütter und Kinder sowie eine Sozialstation für behinderte Kinder realisiert.[1]

2002 wurde seinem Rücktrittsgesuch durch Papst Johannes Paul II. stattgegeben. Bischof Stehle hat seinen Ruhesitz in Konstanz. Er war bis 2006 weiterhin als Firmbischof, Priester und Referent sowie als Zelebrant in der ältesten Pfarrkirche St. Stefan in Konstanz tätig.

Emil Stehle ist Ehrenmitglied der 1610 gegründeten Marianischen Männerkongregation Mariä Verkündigung am Bürgersaal zu München.[2] Emil Stehle wurde 1950 Mitglied der katholischen Studentenverbindung Bavaria Freiburg im KV. Er ist seit 2003 Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Bodensee Konstanz im CV. Aus seiner Essener Zeit war er als aktiver und erfolgreicher Freizeitsportler (Squash) bekannt; er erwarb regelmäßig das goldene Sportabzeichen.

Wirken als Vermittler in politischen Konflikten in Lateinamerika

Von 1983 bis zum Friedensabkommen 1992 war Bischof Stehle zusammen mit dem Erzbischof von San Salvador Arturo Rivera y Damas (SDB) aktiv an Vermittlungen zur Beendigung des Bürgerkrieges mit der Guerilla-Organisation FMLN beteiligt. Dafür wurde er zusammen mit Bischof Rivera 1994 für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Wegen der Verdienste um den Friedensprozess in El Salvador und wegen der Befreiung von sieben deutschen Aufbauhelfern in Nicaragua erhielt er 1986 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Im Mai 1990 erhielt Bischof Stehle ein Einreiseverbot für Kolumbien, da er entgegen dem dort geltenden Recht an Verhandlungen zur Beendigung von Entführungen teilgenommen habe. Im Jahr 2002 entging Bischof Stehle nur knapp einer Entführung.

Er war befreundet mit dem Geistlichen und späteren Guerilla-Führer Camilo Torres. Stehle war Südamerika-Vertrauter von Papst Johannes Paul II.

Ehrungen und Auszeichnungen

Stiftung Bischof Emil Stehle

Im Jahre 2009 wurde die Stiftung Bischof Emil Stehle ins Leben gerufen. Sie beschäftigt sich mit Straßenkinderheimen, Schulmaterial für Kinder, Alten- und Pflegeheime in den Armenvierteln.

Schriften

  • Emil Stehle: Indio - Latein Amerika: Skizzen für Ansprachen und Betrachtungen, Bogota 1971
  • Emil Stehle: Der Weg der Gewalt: Camilo Torres (Erstauflage Aschaffenburg 1975) Pattloch Verlag, München 1993, ISBN 3-557-91117-9
  • Emil Stehle: Zeugen des Glaubens in Lateinamerika: von der Entdeckung bis zur Gegenwart, Matthias-Grünewald-Verlag Mainz 1980, ISBN 3-7867-0835-5
  • Emil Stehle: Die Zivilisation der Liebe: von Rom nach Puebla; Anmerkungen zu den lateinamerikanischen Bischofsversammlungen, Bischöfliche Aktion Adveniat Essen 1980
  • Emil Stehle: Sie verteidigten die Menschenwürde: Zeugen d. Glaubens in Lateinamerika, Matthias-Grünewald-Verlag Mainz 1982, ISBN 3-7867-1009-0
  • Emil Stehle: Der Papst im Feuerofen: Johannes Paul II. in Zentralamerika, Bischöfliche Aktion Adveniat Essen 1983
  • Emil Stehle (Hrsg.): Du, unsere Befreiung: Lateinamerikanische Gebete, Herder Verlag Freiburg im Breisgau 1986, ISBN 3-451-20708-7
  • Oscar Romero, Emil Stehle (Hrsg.): In meiner Bedrängnis: Tagebuch eines Märtyrerbischofs, Herder Verlag Freiburg im Breisgau 1993, ISBN 3-451-23095-X

Literatur

  • Arturo Rivera y Damas u.a.: Emilio, servidor de la paz. Editorial Radio Católica Nacional del Ecuador, Quito 1993.
  • Enrique Rosner: Pontífice y compañero de camino: Homenaje a Mons. Emilio Lorenzo Stehle con motivo de sus 70 años de vida, 1996 (Festschrift)

Einzelnachweise

  1. Klaus Wilkens: Emil Stehle bat Brücken über verhärtete Fronten. In: Der Überblick. Zeitschrift für ökumenische Begegnung und internationale Zusammenarbeit. ISSN: 0343-0553. Jg. 33 (1997). Heft 4, S. 95–97, hier S. 97.
  2. Die Ehrenmitglieder der Marianischen Männerkongregation Mariä Verkündigung am Bürgersaal zu München, abgerufen am 29. Juni 2012
  3. Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg - Liste der Ordensträgerinnen und Ordensträger 1975–2023 (PDF; 307 KB). Staatsministerium Baden-Württemberg, 19. April 2024, S. 50
  4. Avenida al Búa llevará el nombre de “Monseñor Emilio Lorenzo Stehle”, Stadt Santo Domingo, abgerufen am 12. September 2012 (spanisch)
  5. Monseñor Emilio Lorenzo Stehle es declarado Ciudadano Ilustre de Santo Domingo, Stadt Santo Domingo, abgerufen am 12. September 2012 (spanisch)
  6. Pressemeldung der Deutschen Botschaft in Quito vom 3. September 2012: „Homenaje a Monseñor Emilio Lorenzo Stehle en Santo Domingo de los Tsáchilas
  7. Homenaje a Monseñor Emilio Lorenzo Stehle en Santo Domingo de los Tsáchilas, Camara en Accion TV, 10. September 2012 (You Tube; spanisch)
VorgängerAmtNachfolger
-Bischof von Santo Domingo de los Colorados
1987–2002
Wilson Moncayo