Bundesregierung (Deutschland)
Die deutsche Bundesregierung, auch Bundeskabinett genannt, besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern. Sie ist die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und übt damit die Exekutivgewalt auf Bundesebene aus. Durch die Möglichkeit Gesetze in den Bundestag einzubringen, und die Möglichkeit, dass Mitglieder der Regierung die Richter des Bundesverfassungsgerichts mitbestimmen, hat die Regierung auch Einfluss auf Legislative und Judikative.
Regelungen
Verfassungsrechtlich ist die Rolle der Bundesregierung in Teil VI in den Art. 62 bis 69 Grundgesetz (GG) geregelt, wodurch sie zu den Verfassungsorganen zählt. Art. 76 erlaubt es der Bundesregierung Gesetzesvorlagen in den Bundestag einzubringen. Art. 64 Abs. 2 GG schreibt vor, dass die Mitglieder der Bundesregierung bei der Amtsübernahme den Amtseid (gemäß Art. 56 GG) leisten. Ihre Arbeitsweise wird in der Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg) und in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) geregelt – so ist dort auch festgelegt, dass die Bundesregierung nur beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder zusammengekommen sind.
Die administrativen Geschäfte der Bundesregierung leitet der Bundeskanzler, der diese an den Chef des Bundeskanzleramtes delegiert.
Der Bundeskanzler hat innerhalb der Bundesregierung die Richtlinienkompetenz (Kanzlerprinzip), das heißt er bestimmt die Grundzüge der Politik und ist dafür auch verantwortlich. Die Bundesminister leiten ihre jeweiligen Aufgabenbereiche im Rahmen der Richtlinien des Kanzlers eigenständig (Ressortprinzip). Den Umfang ihrer Aufgabenbereiche bestimmt der Bundeskanzler. Sind zwei Bundesminister sich in einem Punkt uneinig, so entscheidet die Bundesregierung mit Mehrheitsbeschluss (Kollegialprinzip).
Laut Bundesministergesetz hat ein ausgeschiedenes Mitglied der Bundesregierung Anspruch auf ein Ruhegehalt, „wenn es der Bundesregierung mindestens zwei Jahre angehört hat; eine Zeit im Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs bei einem Mitglied der Bundesregierung wird berücksichtigt“, ebenso wie eine „vorausgegangene Mitgliedschaft in einer Landesregierung“.
Beamtete und Parlamentarische Staatssekretäre sowie Staatsminister sind formalrechtlich keine Mitglieder der Bundesregierung, aber unterstützen diese bei ihren Aufgaben.
Das Bundeskabinett tagt in der Regel jeden Mittwoch um 9:30 Uhr im Bundeskanzleramt. Das amtliche Bekanntmachungsmedium ist das Gemeinsame Ministerialblatt (GMBl).
Zusammensetzung
Der Bundesregierung gehören im aktuellen Kabinett Merkel II nur Parteimitglieder von CDU/CSU und FDP an. Mit Ausnahme von Philipp Rösler und Johanna Wanka sind alle Mitglieder der Bundesregierung gegenwärtig auch Mitglied des Deutschen Bundestages.
Vertretungsreihenfolge in der Bundesregierung
§ 22 der Geschäftsordnung der Bundesregierung regelt die Vertretungsreihenfolge bei Sitzungen der Bundesregierung.
Bei Abwesenheit des Bundeskanzlers übernimmt der Stellvertreter des Bundeskanzlers den Vorsitz in der Bundesregierung. Ist auch dieser verhindert, so übernimmt derjenige Bundesminister den Vorsitz, der am längsten ununterbrochen der Bundesregierung angehört. Gibt es mehrere Bundesminister, die zur gleichen Zeit Bundesminister geworden sind, so übernimmt der an Lebensjahren älteste den Vorsitz. Diese Regelungen gelten nicht, wenn der Bundeskanzler eine gesonderte Reihenfolge bestimmt. Davon ist zurzeit nichts bekannt.
Daraus ergibt sich derzeit folgende Vertretungsreihenfolge:
Nr. | Name (Partei) | Beginn der Amtszeit | Geburtsdatum | Ministerium |
---|---|---|---|---|
Angela Merkel (CDU) | 22. November 2005 | 17. Juli 1954 | Bundeskanzlerin | |
1 | Philipp Rösler (FDP) | als Mitglied der Bundesregierung 28. Oktober 2009 im gegenwärtigen Ressort 12. Mai 2011 als Stellvertreter der Bundeskanzlerin 16. Mai 2011[1][Anm. 1] |
24. Februar 1973 | Stellvertreter der Bundeskanzlerin, Wirtschaft und Technologie |
2 | Wolfgang Schäuble (CDU) | als Mitglied der Bundesregierung 22. November 2005 im gegenwärtigen Ressort 28. Oktober 2009[Anm. 2] |
18. September 1942 | Finanzen |
3 | Thomas de Maizière (CDU) | als Mitglied der Bundesregierung 22. November 2005 im gegenwärtigen Ressort 3. März 2011[Anm. 3] |
21. Januar 1954 | Verteidigung |
4 | Ursula von der Leyen (CDU) | als Mitglied der Bundesregierung 22. November 2005 im gegenwärtigen Ressort 30. November 2009[Anm. 4] |
8. Oktober 1958 | Arbeit und Soziales |
5 | Ilse Aigner (CSU) | 31. Oktober 2008 | 7. Dezember 1964 | Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz |
6 | Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) | 28. Oktober 2009 | 26. Juli 1951 | Justiz |
7 | Peter Ramsauer (CSU) | 28. Oktober 2009 | 10. Februar 1954 | Verkehr, Bau und Stadtentwicklung |
8 | Ronald Pofalla (CDU) | 28. Oktober 2009 | 15. Mai 1959 | besondere Aufgaben (Kanzleramt) |
9 | Guido Westerwelle (FDP) | 28. Oktober 2009[Anm. 5] | 27. Dezember 1961 | Auswärtiges |
10 | Dirk Niebel (FDP) | 28. Oktober 2009 | 29. März 1963 | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |
11 | Kristina Schröder (CDU) | 30. November 2009 | 3. August 1977 | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |
12 | Hans-Peter Friedrich (CSU) | 3. März 2011 | 10. März 1957 | Inneres |
13 | Daniel Bahr (FDP) | 12. Mai 2011 | 4. November 1976 | Gesundheit |
14 | Peter Altmaier (CDU) | 22. Mai 2012[2] | 18. Juni 1958 | Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit |
15 | Johanna Wanka (CDU) | 14. Februar 2013[3] | 1. April 1951 | Bildung und Forschung |
Anteil der Volljuristen
Die bevorzugte Anstellung von Volljuristen im höheren Dienst der öffentlichen Verwaltung (das sogenannte Juristenprivileg) findet sich auch in der Bundesregierung wieder. Bezogen auf den Beginn der Bundesregierung und inklusive des Bundeskanzlers betrug der Anteil der Juristen abgesehen von 1998–2002 immer mindestens 25 Prozent.[4][5]
Tag der offenen Tür
Seit 1999 findet jeden Sommer ein Tag der offenen Tür der Bundesregierung statt. An diesem Tag können das Bundeskanzleramt, Bundespresseamt und 14 Ministerien besichtigt werden. Ein Blick in Büros von Referenten und Ministern soll einen Eindruck vom Arbeitsalltag der Politiker vermitteln.[6]
Siehe auch
- Politisches System Deutschlands
- Bundespolitik
- Liste der deutschen Bundesminister
- Liste der deutschen Bundesregierungen
- Reichsregierung
Literatur
- Volker Busse/ Hans Hofmann: Bundeskanzleramt und Bundesregierung. Aufgaben - Organisation - Arbeitsweise, Heidelberg (5., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage) 2010, ISBN 978-3-8114-7734-6
Weblinks
- Website der Deutschen Bundesregierung
- YouTube-Channel der Bundesregierung
- Online-Version der Edition "Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung"
Anmerkungen
- ↑ Vom 28. Oktober 2009 bis 12. Mai 2011 war Rösler Bundesminister für Gesundheit.
- ↑ Vom 22. November 2005 bis 28. Oktober 2009 war Schäuble Bundesminister des Innern.
- ↑ Vom 22. November 2005 bis 28. Oktober 2009 war de Maizière Bundesminister für besondere Aufgaben, der sogenannte Kanzleramtsminister. Vom 28. Oktober 2009 bis 3. März 2011 war er Bundesminister des Innern.
- ↑ Vom 22. November 2005 bis 30. November 2009 war von der Leyen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
- ↑ Vom 28. Oktober 2009 bis 16. Mai 2011 war Westerwelle Stellvertreter der Bundeskanzlerin.
Einzelnachweise
- ↑ Philipp Rösler neuer Vizekanzler, Bundesregierung, 18. Mai 2011
- ↑ Altmaier ist neuer Umweltminister. SPIEGEL ONLINE, 22. Mai 2012, abgerufen am 3. August 2012.
- ↑ Johanna Wanka ist neue Bildungsministerin. SPIEGEL ONLINE, 14. Februar 2013, abgerufen am 14. Februar 2013.
- ↑ Peter Schindler: Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 1999, Bd. I, Kap. 6.9, S. 1154 (1. bis 13. Legislaturperiode), zum Herunterladen verfügbar: dhb_49-99.zip (ZIP-Archiv; 48 MB)
- ↑ Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Hrsg.): Michael F. Feldkamp: Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1990 bis 2010 Baden-Baden 2011, ISBN 978-3-8329-6237-1 (online) Kap. 6.9, S. 553 (12. bis 17. Legislaturperiode).
- ↑ Tag der offenen Tür. Bundesregierung, abgerufen am 3. August 2012.