„Cambaytherium“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
typo
K →‎Merkmale: Hätte es sich im Laufe der Zeit verkürzen sollen? s. a. Benutzer:Peter Gröbner/Weiterhin
Zeile 35: Zeile 35:


== Merkmale ==
== Merkmale ==
''Cambaytherium'' war ein mittelgroßes Tier, das Rekonstruktionen zufolge etwa 20 bis 35 kg wog und damit die Größe eines heutigen [[Pekari]] erreichte. Der Schädel zeigte Eigenschaften der frühen Unpaarhufer. Dazu gehören unter anderem der nur kleine Naseninnenraum. Weiterhin reichte das [[Nasenbein]] nicht in das [[Stirnbein]] hinein, so dass die Knochennaht zwischen diesen deutlich quer zur Längsrichtung des Schädels verlief und beide Knochen einen eher geraden Abschluss hatten. Die [[Orbita]] lag oberhalb der hinteren Backenzähne, was damit abweichend von den [[Tethytheria]] mit ihren sehr weit vorn im Schädel liegenden Augenfenstern ist. Der [[Jochbogen]] war vollständig ausgebildet. Am Unterkiefer trat eine geschlossene [[Symphyse]] auf, sie reichte etwa bis zum zweiten [[Prämolar]]en. Die Gelenkäste stiegen steil auf, so dass sich die Gelenke deutlich über den Zähnen befanden. Das Gebiss bestand aus der vollständigen Zahnanzahl der frühen [[Höhere Säugetiere|Höheren Säugetiere]] und lautete somit: <math>\frac{3?.1.4.3}{3.1.4.3}</math>. Die [[Schneidezahn|Schneidezähne]] waren relativ klein und von spatelartiger oder gerundeter Form. Der [[Eckzahn]] ragte deutlich über die Schneidezähne hinaus. Zum hinteren Gebiss bestand ein kurzes [[Diastema]], ebenso zwischen dem ersten und zweiten [[Prämolar]]. Die Prämolaren insgesamt zeigten keine Ansätze von Molarisierung, ähnelten den hinteren Backenzähnen also nur wenig. Charakteristisch für die [[Molar (Zahn)|Molaren]] war der höckerige (''bunodonte'') Aufbau der Kaufläche, wobei die Höcker relativ groß wurden und so eine [[Konus|konische]] hohe Form besaßen. Je zwei der Höcker bildeten eine Reihe. Aufgrund des Aufbaus der Höckerchen bestand noch keine Ausprägung der für die Unpaarhufer typischen ''lophodonten'' Zähne (mit quergestellten Zahnschmelzleisten). Auf den ersten beiden Molaren gab es zwei Reihen von Höckern, der letzte Molar wies eine zusätzliche dritte auf. Die Größe der Backenzähne nahm nach hinten zu. Der erste Molar erreichte im Unterkiefer eine Länge von 1,1 bis 1,3 cm, der dritte von 1,5 bis 1,9 cm.<ref name="Bajpai et al. 2005"/><ref name="Rose et al. 2014"/><ref name="Rose et al. 2014a"/>
''Cambaytherium'' war ein mittelgroßes Tier, das Rekonstruktionen zufolge etwa 20 bis 35 kg wog und damit die Größe eines heutigen [[Pekari]] erreichte. Der Schädel zeigte Eigenschaften der frühen Unpaarhufer. Dazu gehören unter anderem der nur kleine Naseninnenraum. Das [[Nasenbein]] reichte nicht in das [[Stirnbein]] hinein, so dass die Knochennaht zwischen diesen deutlich quer zur Längsrichtung des Schädels verlief und beide Knochen einen eher geraden Abschluss hatten. Die [[Orbita]] lag oberhalb der hinteren Backenzähne, was damit abweichend von den [[Tethytheria]] mit ihren sehr weit vorn im Schädel liegenden Augenfenstern ist. Der [[Jochbogen]] war vollständig ausgebildet. Am Unterkiefer trat eine geschlossene [[Symphyse]] auf, sie reichte etwa bis zum zweiten [[Prämolar]]en. Die Gelenkäste stiegen steil auf, so dass sich die Gelenke deutlich über den Zähnen befanden. Das Gebiss bestand aus der vollständigen Zahnanzahl der frühen [[Höhere Säugetiere|Höheren Säugetiere]] und lautete somit: <math>\frac{3?.1.4.3}{3.1.4.3}</math>. Die [[Schneidezahn|Schneidezähne]] waren relativ klein und von spatelartiger oder gerundeter Form. Der [[Eckzahn]] ragte deutlich über die Schneidezähne hinaus. Zum hinteren Gebiss bestand ein kurzes [[Diastema]], ebenso zwischen dem ersten und zweiten [[Prämolar]]. Die Prämolaren insgesamt zeigten keine Ansätze von Molarisierung, ähnelten den hinteren Backenzähnen also nur wenig. Charakteristisch für die [[Molar (Zahn)|Molaren]] war der höckerige (''bunodonte'') Aufbau der Kaufläche, wobei die Höcker relativ groß wurden und so eine [[Konus|konische]] hohe Form besaßen. Je zwei der Höcker bildeten eine Reihe. Aufgrund des Aufbaus der Höckerchen bestand noch keine Ausprägung der für die Unpaarhufer typischen ''lophodonten'' Zähne (mit quergestellten Zahnschmelzleisten). Auf den ersten beiden Molaren gab es zwei Reihen von Höckern, der letzte Molar wies eine zusätzliche dritte auf. Die Größe der Backenzähne nahm nach hinten zu. Der erste Molar erreichte im Unterkiefer eine Länge von 1,1 bis 1,3 cm, der dritte von 1,5 bis 1,9 cm.<ref name="Bajpai et al. 2005"/><ref name="Rose et al. 2014"/><ref name="Rose et al. 2014a"/>


Das Körperskelett zeigte eine relativ robuste Gestaltung. Auffällig sind die [[Wirbel (Anatomie)#Wirbelbogen|Wirbelbögen]] der Lendenwirbel, die stark miteinander artikulierten. Der [[Oberarmknochen]] war robust, besaß aber ein schmales unteres Gelenkende. Die [[Ulna|Elle]] zeichnete sich durch ein kräftiges oberes Gelenkende ([[Olecranon]]) und einen leicht gebogenen Lauf im unteren Bereich aus. Die [[Radius (Anatomie)|Speiche]] war vollständig vor der Elle positioniert. Der [[Oberschenkelknochen]] ist nicht vollständig bekannt, wies aber einen für Unpaarhufer typischen dritten Trochanter als Muskelansatzstelle am Schaft auf. [[Schienbein|Schien-]] und [[Wadenbein]] waren nicht miteinander verwachsen. Vorder- und Hinterbeine endeten in jeweils fünf Strahlen, was von den frühen Unpaarhufern abweicht. Die Innenstrahlen des Vorder- und Hinterfußes (Strahl I) waren möglicherweise in ihrer Länge bereits stark reduziert, sie sind bisher aber nur anhand der Gelenkfazetten nachgewiesen. Der Mittelstrahl der Hände und Füße (Strahl III) wies jeweils die größte Länge auf, womit die Füße schon die typische ''mesaxonische'' Ausprägung der Unpaarhufer zeigten. Insgesamt erwiesen sich die [[Metapodium|Metapodien]] als sehr robust und kurz. Die Gestaltung der Endphalangen der Finger und Zehen indiziert zudem das Vorhandensein von Hufen. Als weiterer Hinweis auf eine nahe Verwandtschaft mit den Unpaarhufern besaß das [[Sprungbein]] die für diese Gruppe charakteristische sattelförmige Einsenkung des unteren Gelenkendes des [[Sprungbein]]s.<ref name="Rose et al. 2014"/><ref name="Rose et al. 2014a"/>
Das Körperskelett zeigte eine relativ robuste Gestaltung. Auffällig sind die [[Wirbel (Anatomie)#Wirbelbogen|Wirbelbögen]] der Lendenwirbel, die stark miteinander artikulierten. Der [[Oberarmknochen]] war robust, besaß aber ein schmales unteres Gelenkende. Die [[Ulna|Elle]] zeichnete sich durch ein kräftiges oberes Gelenkende ([[Olecranon]]) und einen leicht gebogenen Lauf im unteren Bereich aus. Die [[Radius (Anatomie)|Speiche]] war vollständig vor der Elle positioniert. Der [[Oberschenkelknochen]] ist nicht vollständig bekannt, wies aber einen für Unpaarhufer typischen dritten Trochanter als Muskelansatzstelle am Schaft auf. [[Schienbein|Schien-]] und [[Wadenbein]] waren nicht miteinander verwachsen. Vorder- und Hinterbeine endeten in jeweils fünf Strahlen, was von den frühen Unpaarhufern abweicht. Die Innenstrahlen des Vorder- und Hinterfußes (Strahl I) waren möglicherweise in ihrer Länge bereits stark reduziert, sie sind bisher aber nur anhand der Gelenkfazetten nachgewiesen. Der Mittelstrahl der Hände und Füße (Strahl III) wies jeweils die größte Länge auf, womit die Füße schon die typische ''mesaxonische'' Ausprägung der Unpaarhufer zeigten. Insgesamt erwiesen sich die [[Metapodium|Metapodien]] als sehr robust und kurz. Die Gestaltung der Endphalangen der Finger und Zehen indiziert zudem das Vorhandensein von Hufen. Als weiterer Hinweis auf eine nahe Verwandtschaft mit den Unpaarhufern besaß das [[Sprungbein]] die für diese Gruppe charakteristische sattelförmige Einsenkung des unteren Gelenkendes des [[Sprungbein]]s.<ref name="Rose et al. 2014"/><ref name="Rose et al. 2014a"/>

Version vom 27. November 2014, 06:39 Uhr

Cambaytherium
Zeitliches Auftreten
Unteres Eozän
54,5 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Amnioten (Amniota)
Säugetiere (Mammalia)
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Laurasiatheria
Cambaytheriidae
Cambaytherium
Wissenschaftlicher Name
Cambaytherium
Bajpai, Kapur, Das, Tiwari, Saravanan & Sharma, 2005

Cambaytherium ist eine ausgestorbene Gattung aus der Familie der Cambytheriidae. Sie lebte während des Unteren Eozäns vor nahezu 55 Millionen Jahren auf dem Indischen Subkontinent. Funde von Cambaytherium stammen bisher nur aus der Cambay-Shale-Formation im westlichen Indien und umfassen mehr als 200 Fundobjekte mit Resten von Schädeln, Zähnen und des Körperskeletts. Die wissenschaftliche Erstbeschreibung der Gattung ebenso wie der Familie erfolgten im Jahr 2005. Anfänglich wurde eine Zuordnung an die Basis der Unpaarhufer fevorisiert, wobei einige Wissenschaftler auch eine Stellung nahe zu den Rüsseltieren innerhalb der Tethytheria vorschlugen. Die an dem umfangreichen Material durchgeführten neuen Studien zu den systematischen Beziehungen erlauben nun eine Zuordnung in ein nahes Verwandtschaftsverhältnis mit den Unpaarhufern. Das Auffinden der Gattung auf dem Subkontinent, der damals eine Insel darstellte und gen Norden in Richtung der asiatischen Festlandsmasse driftete, ermöglicht Einblicke in den Ursprung und die frühe Entwicklung der Unpaarhufer, die Überlegungen zufolge in Asien entstanden.

Merkmale

Cambaytherium war ein mittelgroßes Tier, das Rekonstruktionen zufolge etwa 20 bis 35 kg wog und damit die Größe eines heutigen Pekari erreichte. Der Schädel zeigte Eigenschaften der frühen Unpaarhufer. Dazu gehören unter anderem der nur kleine Naseninnenraum. Das Nasenbein reichte nicht in das Stirnbein hinein, so dass die Knochennaht zwischen diesen deutlich quer zur Längsrichtung des Schädels verlief und beide Knochen einen eher geraden Abschluss hatten. Die Orbita lag oberhalb der hinteren Backenzähne, was damit abweichend von den Tethytheria mit ihren sehr weit vorn im Schädel liegenden Augenfenstern ist. Der Jochbogen war vollständig ausgebildet. Am Unterkiefer trat eine geschlossene Symphyse auf, sie reichte etwa bis zum zweiten Prämolaren. Die Gelenkäste stiegen steil auf, so dass sich die Gelenke deutlich über den Zähnen befanden. Das Gebiss bestand aus der vollständigen Zahnanzahl der frühen Höheren Säugetiere und lautete somit: . Die Schneidezähne waren relativ klein und von spatelartiger oder gerundeter Form. Der Eckzahn ragte deutlich über die Schneidezähne hinaus. Zum hinteren Gebiss bestand ein kurzes Diastema, ebenso zwischen dem ersten und zweiten Prämolar. Die Prämolaren insgesamt zeigten keine Ansätze von Molarisierung, ähnelten den hinteren Backenzähnen also nur wenig. Charakteristisch für die Molaren war der höckerige (bunodonte) Aufbau der Kaufläche, wobei die Höcker relativ groß wurden und so eine konische hohe Form besaßen. Je zwei der Höcker bildeten eine Reihe. Aufgrund des Aufbaus der Höckerchen bestand noch keine Ausprägung der für die Unpaarhufer typischen lophodonten Zähne (mit quergestellten Zahnschmelzleisten). Auf den ersten beiden Molaren gab es zwei Reihen von Höckern, der letzte Molar wies eine zusätzliche dritte auf. Die Größe der Backenzähne nahm nach hinten zu. Der erste Molar erreichte im Unterkiefer eine Länge von 1,1 bis 1,3 cm, der dritte von 1,5 bis 1,9 cm.[1][2][3]

Das Körperskelett zeigte eine relativ robuste Gestaltung. Auffällig sind die Wirbelbögen der Lendenwirbel, die stark miteinander artikulierten. Der Oberarmknochen war robust, besaß aber ein schmales unteres Gelenkende. Die Elle zeichnete sich durch ein kräftiges oberes Gelenkende (Olecranon) und einen leicht gebogenen Lauf im unteren Bereich aus. Die Speiche war vollständig vor der Elle positioniert. Der Oberschenkelknochen ist nicht vollständig bekannt, wies aber einen für Unpaarhufer typischen dritten Trochanter als Muskelansatzstelle am Schaft auf. Schien- und Wadenbein waren nicht miteinander verwachsen. Vorder- und Hinterbeine endeten in jeweils fünf Strahlen, was von den frühen Unpaarhufern abweicht. Die Innenstrahlen des Vorder- und Hinterfußes (Strahl I) waren möglicherweise in ihrer Länge bereits stark reduziert, sie sind bisher aber nur anhand der Gelenkfazetten nachgewiesen. Der Mittelstrahl der Hände und Füße (Strahl III) wies jeweils die größte Länge auf, womit die Füße schon die typische mesaxonische Ausprägung der Unpaarhufer zeigten. Insgesamt erwiesen sich die Metapodien als sehr robust und kurz. Die Gestaltung der Endphalangen der Finger und Zehen indiziert zudem das Vorhandensein von Hufen. Als weiterer Hinweis auf eine nahe Verwandtschaft mit den Unpaarhufern besaß das Sprungbein die für diese Gruppe charakteristische sattelförmige Einsenkung des unteren Gelenkendes des Sprungbeins.[2][3]

Fossilfunde

Funde von Cambaytherium stammen bisher nur aus der Cambay-Shale-Formation im westindischen Bundesstaat Gujarat. Die Cambay-Shale-Formation ist 75 bis 1500 m mächtig und stellt eine fossilreiche Gesteinsablagerung dar, die die ältesten Wirbeltierreste des Känozoikums auf dem Subkontinent enthält. Aufgeschlossen ist sie weitgehend in den Kohleminen von Vastan und Mangrol rund 40 km nordöstlich von Surat. Die Formation besteht aus Schiefer, Ton- und Sandsteinen, in denen zwei Kohlelagen eingebettet sind. Die Vertebratenreste kamen in dünnen tonhaltigen Silten von 5 m Länge und 30 cm Mächtigkeit zu Tage, die rund 1 bis 3 m oberhalb des untersten Kohleflözes lagern.[4] Diese Linsen entstanden unter küstennahen Bedingungen, ihr Alter wurde mit Hilfe von Dinoflagellaten[5] und Isotopenuntersuchungen[6] auf über 54 Millionen Jahren datiert. Dies entspricht dem Unteren Eozän und liegt zeitlich etwa 1,5 bis 1 Millionen Jahre nach dem Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum. Die Funde können zahlreichen frühen Säugetieren zugewiesen werden, etwa urtümlichen Primaten,[7] Paarhufern[8] oder Nagetieren,[9] aber auch heute ausgestorbenen Linien wie den Tillodontia.[10] Neben den Säugetieren sind außerdem Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische nachgewiesen.[1]

Innerhalb der Wirbeltiergemeinschaft tritt Cambaytherium relativ zahlreich auf. Insgesamt sind über 120 Kiefer- und Zahnreste, darunter Schädel eines erwachsenen und juvenilen Tieres, und rund 100 Teile des Körperskeletts, etwa Wirbel und Gliedmaßenelemente, gefunden worden. Die ersten entdeckten Funde der Gattung umfassten weitgehend Gebissreste und isolierte Zähne und wurden kurz nach dem Erstnachweis fossilführender Schichten getätigt. Dieser wurde zu Beginn des dritten Jahrtausends erbracht und zog intensive Feldforschungen nach sich.[1][11] Aufgrund dieser Untersuchungen vor Ort konnte umfangreicheres Material entdeckt werden, das somit genauere Aussagen zur systematischen Zuordnung ermöglicht.[12][2]

Paläobiologie

Der gesamte Körperbau von Cambaytherium erscheint relativ robust und weniger an eine schnelläufige (cursoriale) Fortbewegung im Vergleich zu den frühen Unpaarhufern angepasst zu sein. Der Bau der Backenzähne wiederum spricht für eine stärker allesfresserische Ernährung.[2]

Systematik

Systematische Stellung der Cambytheriidae nach Rose et al. 2014[2]


 Artiodactyla


   



 Phenacolophidae


   

 Radinskya



   

 Afrotheria?



   
  Cambaytheriidae  

 Cambaytherium


   

 Nakusia



   

 Perissodactyla





Vorlage:Klade/Wartung/Style

Cambaytherium ist eine Gattung aus der ausgestorbenen Familie der Cambaytheriidae. Gattung und Familie wurden zusammen im Jahr 2005 von Sunil Bajpai und Forscherkollegen wissenschaftlich erstbeschrieben. Grundlage für die Erstbeschreibung bildeten mehrere Unter- und Oberkiefer sowie einzelne Zähne aus der Cambay-Shale-Formation im indischen Bundesstaat Gujarat. Der Holotyp (Exemplarnummer IITR/SB/VLM 505) umfasst einen Unterkiefer, an dem sowohl rechts als auch links die Zähne vom letzten Prämolaren bis letzten Molaren erhalten sind. Der Name Cambaytherium setzt sich aus der Bezeichnung für die Cambay-Shale-Formation, die wiederum nach der Stadt Khambhat (Cambay) und dem Golf von Khambhat benannt ist, und dem griechischen Wort θηρίον (thēríon „Tier“) zusammen. In der Erstbeschreibung wurden mit C. thewissi, C. bidens und C. minor drei Arten aufgestellt, allerdings ist erstere die heute einzige anerkannte Art. Der Artname thewissi ehrt J. G. M. Thewissen für seine Arbeit über fossile Säugetiere Indo-Pakistans (der Artname müsste korrekterweise thewisseni lauten[13]).[1][2] Innerhalb der Cambaytherien werden heute weitere Gattungen unterschieden. Dazu gehören unter anderem Kalitherium, das im Jahr 2006 anhand eines relativ vollständigen Schädels ebenfalls aus der Cambay-Shale-Formation beschrieben wurde,[11] und das anhand eines Oberkiefers aus Belutschistan im Jahr 1999 benannte Nakusia.[14] Eine weitere Gattung, Indobune, beruhte auf einigen Oberkieferteilen aus der der Cambay-Shale-Formation und wurde 2006 eingeführt,[4] sie ist aber neueren Untersuchungen zufolge als identisch mit Cambaytherium anzusehen.[12][2]

In der Erstbeschreibung wurden Cambaytherium und die Cambaytherien als zu den Unpaarhufern gehörig betrachtet und als stammesgeschichtlich ursprüngliche, durch ein bunodontes Kauflächenmuster der Backenzähne charakterisierte Gruppe innerhalb dieser gewertet. Dafür sprachen neben dem hohen, ins Untere Eozän zu datierende Alter der Formation auch der Umstand, dass frühe Unpaarhufer wie Cardiolophus oder Hallensia ebenfalls über derartig gebaute Zähne verfügten, allerdings zeigte Cambaytherium die bisher am einfachsten gestalteten Zähne unter der Unpaarhufern. Dies wurde anfänglich kritisiert mit dem Hinweis, dass auch die weitgehend nur aus Asien bekannten Anthracobunidae, die eigentlich als näher verwandt mit den Rüsseltieren angesehen wurden und damals nur über einzelne Zähne bekannt waren, über ein ähnliches Kauflächenmuster verfügten.[13] Aus diesem Grund wurden in der Folgezeit andere Vertreter der Cambaytheriidae wie Nakusia oder das ursprünglich als eigenständig gesehene Indobune als zu den Anthracobunidae gehörig beschrieben.[14][4] Das umfangreiche Fossilmaterial, dass seit dessen Erstbeschreibung zum Vorschein kam und auch postcraniale Skelettelemente beinhaltet, erlaubt nun eine genauere Einschätzung zur systematischen Stellung von Cambaytherium und den Cambaytherien. Demnach stellen sie nahe Verwandte der Unpaarhufer dar, was unter anderem an der Einbuchtung des Naviculargelenks am unteren Ende des Sprungbeins erkennbar ist, eines der definierenden Merkmale der Unpaarhufer, ebenso wie die bereits vorhandene mesaxonische Gestaltung der Hände und Füße mit einem kräftigen und verlängerten Mittelstrahl. Auch am Schädel treten einzelne verbindende Charakteristika auf, so die quer verlaufende Knochennaht zwischen dem Nasen- und Stirnbein. Andere Merkmale wiederum sind stammesgeschichtlich ursprünglich und kommen bei den Unpaarhufern nicht mehr vor wie die generell fünfstrahligen Hände und Füße. Die frühesten Unpaarhufer dagegen hatten vorn vier und hinten drei Strahlen (analog den heutigen Tapiren). Nur Sifrhippus, der bisher früheste bekannte Vertreter der Pferde, verfügte noch über einen stark verkümmerten Außenstrahl am Hinterfuß. Sie verweisen auf eine Abstammung von älteren Entwicklungslinien, die in der heterogene Gruppe der „Condylarthra“ zu suchen sind. Weiterhin fehlen Ansätze von quer stehenden Leisten auf den Kauflächen der Backenzähne, die diesen einen bilophodonten Charakter geben, letzteres wiederum ist generell typisch für Unpaarhufer. Aus diesem Grund werden die Cambaytherien und somit auch Cambaytherium heute als Schwestergruppe der Unpaarhufer gesehen, zudem stehen die Anthracobunidae in einem ebenfalls sehr nahen Verhältnis zu den Unpaarhufern.[2] Eine annähernd ähnliche Verwandtschaftsdiagnose ergab eine nahezu gleichzeitige Studie, die auf Schädel- und Unterkiefermaterial basierte. Auch hier stehen die Cambaytheriidae in einer engen Beziehung zu den Unpaarhufern und werden als „Stamm-Unpaarhufer“ angesehn. In den unmittelbar näheren Verwandtschaftskreis sollen dieser Untersuchung zufolge neben den Anthracobunidae auch die semiaquatisch lebenden Desmostylia gehören, denen sonst allgemein ebenfalls ein nahes Verhältnis zu den Rüsseltieren und somit den Tethytheria zugeschrieben wird.[15]

Die Unpaarhufer stellten in ihrer stammesgeschichtlichen Vergangenheit eine der vielfältigsten Gruppen der Höheren Säugetiere dar. Sie tauchten relativ unvermittelt zu Beginn des Unteren Eozäns vor rund 56 Millionen Jahren sowohl im heutigen Nordamerika als auch in Eurasien auf. Häufig wurde eine Herkunft aus dem asiatischen Bereich befürwortet. Die Funde von nahen Verwandten der Unpaarhufer in der Cambay-Shale-Formation könnten diese Ansicht unterstützen und die Entstehungsregion auf Südasien einschränken. Während des Untereozäns war der indische Subkontinent eine Insel, die sich nach ihrer Abtrennung von Madagaskar Richtung Norden auf Asien zubewegte, die Kollision erfolgte vor 50 Millionen Jahre oder später. Eine eventuelle Inselbrücken könnte die Insel damals mit der afroarabischen Landmasse verbunden haben, über die Vorfahren der Unpaarhufer den indischen Subkontinent erreichten. Dadurch wäre auch die Anwesenheit einiger eher originär europäischer Formen, etwa der frühen Primaten oder Nagetieren, in der Cambay-Shale-Formation zuz erklären. Etwa zeitgleich zu deren Funden treten in der Ghazij-Formation in Belutschistan frühe Unpaarhufer auf. Das heutige Belutschistan wird dabei als eigenständige, vom indischen Subkontinent durch eine Meerstraße getrennte Insel angesehen.[16] Um diese Überlegungen genauer zu überprüfen und zu testen fehlen in beiden Regionen aber bisher aber Fossilreste aus dem Paläozän.[2]

Einzelnachweise

  1. a b c d Sunil Bajpai, Vivesh Kapur, Debasis P. Das, B. N. Tiwari, N. Saravanan und Ritu Sharma: Early Eocene land mammals from Vastan Lignite Mine, District Surat (Gujarat), western India. Journal of the Palaeontological Society of India 50 (1), 2005, S. 101–113
  2. a b c d e f g h i Kenneth D. Rose, Luke T. Holbrook, Rajendra S. Rana, Kishor Kumar, Katrina E. Jones, Heather E. Ahrens, Pieter Missiaen, Ashok Sahni und Thierry Smith: Early Eocene fossils suggest that the mammalian order Perissodactyla originated in India. Nature Communications 5 (5570), 2014 doi:10.1038/ncomms6570
  3. a b Kenneth D. Rose, Luke T. Holbrook, Rajendra S. Rana, Kishor Kumar, Katrina E. Jones, Heather E. Ahrens, Pieter Missiaen, Ashok Sahni und Thierry Smith: Early Eocene fossils suggest that the mammalian order Perissodactyla originated in India. Nature Communications 5 (5570), 2014 (suppl.)
  4. a b c Kenneth D. Rose, Thierry Smith, Rajendra S. Rana, Ashok Sahni, H. Singh, Pieter Missiaen und A. Folie: Early Eocene (Ypresian) continental vertebrate assemblage from India, with description of a new anthracobunid (Mammalia, Tethytheria). Journal of Vertebrate Paleontology 26 (1), 2006, S. 219–225
  5. Rahul Garg, Khowaja-Ateequzzaman, Vandana Prasad, S. K. M. Tripathi, I. B. Singh, A. K. Jauhri und S. Bajpai: Age-diagnostic dinoflagellate cysts from lignite-bearing sediments of the Vastan lignite mine, Surat District, Gujarat, western India. Journal of the Palaeontological Society of India 53 (1), 2008, S. 99–105
  6. Mark Clementz, S. Bajpai, V. Ravikant, J. G. M. Thewissen, N. Saravanan, I. B. Singh uind V. Prasad: Early Eocene warming events and the timing of terrestrial faunal exchange between India and Asia. Geology 39 (1), 2011, S. 15–18
  7. Kenneth D. Rose, Rajendra S. Rana, Ashok Sahni, Kishor Kumar, Pieter Missiaen, Lachham Singh und Thierry Smith: Early Eocene Primates from Gujarat, India. Journal of Human Evolution 56, 2009, S. 366–404
  8. Kishor Kumar, Kenneth D. Rose, Rajendra S. Rana, Lachham Singh, Thierry Smith und Ashok Sahni: Early Eocene Artiodactyls (Mammalia) from Western India. Journal of Vertebrate Paleontology 30 (4), 2010, S. 1245–1274
  9. Rajendra S. Rana, Kishor Kumar, Gilles Escarguel, Ashok Sahni, Kenneth D. Rose, Thierry Smith, Hukam Singh und Lachham Singh: An Ailuravine Rodent from the Lower Eocene Cambay Formation at Vastan, Western India, and Its Palaeobiogeographic Implications. Acta Palaeontologica Polonica 53 (1), 2008, S. 1–14
  10. Kenneth D. Rose, Kishor Kumar, Rajendra S. Rana, Ashok Sahni und Thierry Smith: New Hypsodont Tillodont (Mammalia, Tillodontia) from the Early Eocene of India. Journal of Paleontology 87 (5), 2013, S. 842–853
  11. a b Sunil Bajpai, Vivesh Kapur, J. G. M. Thewissen, Debasis P. Das und B. N. Tiwari: New Early Eocene cambaythere (Perissodactyla, Mammalia) from the Vastan Lignite Mine (Gujarat, India) and an evaluation of cambaythere relationships. Journal of the Palaeontological Society of India 51 (1), 2006, S. 101–110
  12. a b Pieter Missiaen, Kenneth Rose, Heather Ahrens, Kishor Kumar und Thierry Smith: Revision of Indobune and Cambaytherium from the early Eocene of Vastan (India), and their affinities with anthracobunid and perissodactyl mammals. Journal of Vertebrate Paleontology 31 (suppl.), 2011, S. 159
  13. a b Kishor Kumar: Comments on ‘Early Eocene land mammals from Vastan Lignite Mine, District Surat (Gujarat), western India’ by Bajpai, S. et al. published in Journal of the Palaeontological Society of India 50, 1: 101-113, 2005. Palarch 1 (2), 2006, S. 7–13
  14. a b Léonard Ginsburg, Khadim Hussain Durrani, Akhtar Mohammad Kassi und Jean-Loup Welcomme: Discovery of a new Anthracobunidae (Tethytheria, Mammalia) from the Lower Eocene lignite of the Kach-Harnai area in Baluchistan (Pakistan). Comptes Rendus de l'Académie des Sciences - Series IIA - Earth and Planetary Science 328 (3), 1999, S. 209–213
  15. Lisa Noelle Cooper, Erik R. Seiffert, Mark Clementz, Sandra I. Madar, Sunil Bajpai, S. Taseer Hussain und J. G. M. Thewissen: Anthracobunids from the Middle Eocene of India and Pakistan Are Stem Perissodactyls. PlosONE 9 (10), 2014, S. e109232
  16. Pieter Missiaen and Philip D. Gingerich: New Early Eocene Tapiromorph Perissodactyls from the Ghazij Formation of Pakistan, with Implications for Mammalian Biochronology in Asia. Acta Palaeontologica Polonica 57 (1), 2012, S. 21–34