„Küchenlatein“ – Versionsunterschied

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* ''Caprum non iam habeo.'' (Ich habe den Bock nicht mehr) Ich habe keine Lust (keinen Bock) mehr.
* ''Caprum non iam habeo.'' (Ich habe den Bock nicht mehr) Ich habe keine Lust (keinen Bock) mehr.
* ''Navigare necesse est'' ([[Schiffen]] ist notwendig)
* ''Navigare necesse est'' ([[Schiffen]] ist notwendig)
* ''Caesar cum vidisset portum plenum esse juxta navigabat'' (Als Cäsar sah, dass der Hafen [süddeutsch = Topf] voll war, schiffte er daneben)


=== Englisches Pseudolatein ===
=== Englisches Pseudolatein ===

Version vom 24. November 2008, 18:33 Uhr

Küchenlatein (latinitas culinaria) im engeren Sinne ist eine spöttische Bezeichnung für ein als „schlecht“ oder „barbarisch“ geltendes Latein.

An der Klassischen Antike geschulte Humanisten bezeichneten damit das aus ihrer Sicht „verderbte Mönchslatein“ des Mittelalters, im Gegensatz zum erneuerten Humanistischen Latein. Ihnen war jene (aus heutiger Sicht durchaus natürliche) Weiterentwicklung der spätantiken lateinischen Sprache ein Gräuel, und sie propagierten eine Rückkehr zum Stil Ciceros oder Caesars.

Verwendung

Bewusst als komischer Effekt eingesetzt wurde das Küchenlatein in der sogenannten Makkaronischen Dichtung. Zum Beispiel wird es in den anonymen satirischen Epistolae obscurorum virorum (Dunkelmännerbriefen) als „sprachliche Tarnkappe“ benutzt, um die verknöcherte Klostergelehrsamkeit zur Zielscheibe des Spottes zu machen.

Küchenlatein wurde eingesetzt, um zu imponieren (Fachwörter), zu beschwören (Zaubersprüche) oder um einer Rede einen exotischen Reiz zu verleihen. Eine lange Tradition hat das bewusst falsche, mit moderner Sprache gemischte Latein im Theater, etwa bei den „Vecchi“-Figuren der Commedia dell'Arte, dann in der Haupt- und Staatsaktion und sogar noch in der Posse des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Diese Tradition zeigt sich in Stücktiteln: Horribilicribrifax (1663), Lumpazivagabundus (1833). Auch modernere Wortbildungen bedienen sich mit satirischer Absicht des Küchenlateins wie die „Reductio ad Hitlerum“ von Leo Strauss (1953).

Im weiteren Sinn steht der Begriff heute für eine absichtlich falsche oder groteske Verwendung lateinischer Wörter (bei der etwa nur die Wort-für-Wort-Übersetzung einen Sinn ergibt) oder gar für Zeichenfolgen, die zwar wie lateinische Wörter aussehen, aber nur beim Vorlesen in einer modernen Sprache einen Sinn ergeben. – Eine noch weiter gefasste Bedeutung hat der Begriff Kauderwelsch.

Beispiele

Theater

„HANS WURST. Ich bin generis Masculini, und wollte mit diesem meinem genere feminine in die Stadt hinein. STAHRENBERG. […] Hast du auch Kinder? HANS WURST. Ja der Singularis hat schon Pluralem propagiret, ich hab ä stuck Eilff Kinder, und mit dem zwölfften gehe ich und mein Weib schwanger.“

Josef Anton Stranitzky: Türckisch-bestraffter Hochmuth, I/5

Deutsches Pseudolatein

Das folgende Pseudolatein ist nur als solches verständlich, wenn man den geschriebenen Text vor sich hat. Hier ist der typografische Eindruck lateinisch, aber beim Lesen erklingt ein deutscher Satz. Zum Verständnis sind keine Lateinkenntnisse nötig:

  • Si taus vilat, einisses abanet! (Sieht aus wie Latein, ist es aber nicht!)
  • Oxdradium (Bairische Dialekte: „Ochs, dreh dich um!“ – Präparat, um das speziell am 1. April gerne Personen zur Apotheke geschickt werden)
  • Quo fortis stalleris! (Die Kuh ist fort, der Stall ist leer!)
  • Vena laus amoris, pax, beis, bistodis. (Bairische Dialekte: „Wenn eine Laus am Ohr ist, pack sie, beiß sie, bis sie tot ist.“)
  • Ergo tamen amor genitus emnestus (Er goht ame’n am morge nid us em Nescht us -> Baseldeutsch: „Er geht morgens nicht aus dem Bett raus.“)

Eine zweite Art Pseudolatein dient als Ratespiel für Lateinkundige, etwa mit wörtlich aus dem Deutschen übersetzten lateinischen Begriffen, die erst nach der Rückübersetzung einen Sinn ergeben:

  • Unus ignis quis vir multum ab audere et clamat: "Studium fuga, meum prohibere!" (ein, Feuer, wer, Mann, viel, vom, wagen, und, rief, Eifer, Flucht, mein, hindern) Ein Feuerwehrmann fiel vom Wagen und rief: "Ei verflucht, mein Hintern!"
  • Caesar equus consilium (Cäsar, Pferd, Rat) Der Kaiser fährt Rad
  • Vita pastor est (Leben, Hirte, ist) Das Leben ist hirt (hart)

Eine dritte Art verwendet lateinische Begriffe, deren übertragene, umgangssprachliche oder dialektale Bedeutung im Deutschen man kennen muss, um den Sinn zu verstehen:

  • Caprum non iam habeo. (Ich habe den Bock nicht mehr) Ich habe keine Lust (keinen Bock) mehr.
  • Navigare necesse est (Schiffen ist notwendig)
  • Caesar cum vidisset portum plenum esse juxta navigabat (Als Cäsar sah, dass der Hafen [süddeutsch = Topf] voll war, schiffte er daneben)

Englisches Pseudolatein

  • Ore stabit fortis arare placeto restat (O rest a bit, for ’tis a rare place to rest at)

Siehe auch

Mittellatein, Vulgärlatein, Kirchenlatein

Wiktionary: Küchenlatein – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen