„Wiener Teilung“ – Versionsunterschied

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Version vom 17. Mai 2007, 17:50 Uhr

Ein wesentlicher Bestandteil der Schlachtung von Rindern ist das richtige Teilen der verwertbaren Teile des Schlachttieres. Durch die Trennung unterschiedlicher Fleischteile und -qualitäten hat sich im Laufe der Zeit auch eine sehr spezifische Kochkultur entwickelt, welche sich gerade in Wien als ein Teil des alltäglichen Lebens darstellt.

Bei der heute üblichen, der sogenannten internationalen Teilungsmethode erfolgt diese so, dass das Tier halbiert und dann oberhalb der fünften Rippe in jeweils ein Vorder- und ein Hinterviertel geteilt wird. In diesem Fall besteht das Vorderviertel aus Spitz und Schulter, das Hinterviertel aus dem Englischen Viertel, dem Schlegel oder der Keule und dem Riedhüfel.

Die Wiener Methode wird heute in Österreich nur noch in wenigen Fällen praktiziert, es ergeben sich gegenüber der internationalen Methode fünf Teile. Die Brust wird als Ganzes abgetrennt und zerfällt in zwei Teile: in den Brustkopf und in den noch weiter unterteilbaren Frack.

Einteilung des Schlachtviehs für die Gourmetküche

  • Mastochsen: vier bis sechsjährig, das Fleisch ist lebhaft rot marmoriert und damit von Fett durchwachsen, rosa Knochenmark
  • Almochse: Jungstier, 2,5-3 Jahre, der mindestens zwei Sommer auf einer Alm verbracht hat und nicht ausschließlich mit Mastfutter auf Gewicht gebracht wurde. Zugabe von Mastfutteranteilen in der winterlichen Stallhaltung ist üblich.
  • gemästete Stiere: zumindest 1,5 Jahre alt, kupferfarbenes Fleisch und gelbes Fett
  • gemästete nichtträchtige Kühe: 3-5 Jahre alt, dunkelrotes Fleisch mit wenig gelbem Fett.

Geschichte des Rindfleischs für die Wiener Küche

Rindfleisch gehörte schon seit dem ausgehenden Mittelalter zu den billigsten Nahrungsmittel der städtischen Bevölkerung. Der Fleischkonsum sank seit damals hin zum beginnenden 19. Jhdt. von 100 kg pro Kopf auf ca 20 kg jährlich. Der Berliner Reiseschriftsteller Nicolai bemerkte, dass Die Wiener gegenüber der Berliner Bevölkerung einen deutlich höheren Fleischkonsum hatten, weniger aber als die Londoner.

Die Versorgung der Wiener Bevölkerung mit Rindfleisch war von den politischen Umständen beeinflußt, so störten z. B. die Türkenkriege die Versorgung empfindlich. Die Fleischer wurden angehalten, die Bevölkerung ausreichend mit billigem Rindfleisch zu versorgen, wenn dies nicht möglich war, zahlte z. B. 1561 die Stadt eine Schlachtprämie um die Fleischpreise zu stützen.

Ursprünglich wurde Rindfleisch nicht nach Sorten getrennt verkauft, sondern nur nach Gewicht. Nach einer Verordnung des Wiener Magistrats aus dem Jahre 1460 durfte Rindfleisch nur nach Gewicht verkauft , nur der Lungenbraten konnte getrennt verrechnet werden. Demzufolge war die sogenannte Zuwaage wesentlicher Bestandteil des Rindfleischpreises, dieses umfasste zumindest 10% des gekauften, und bestand aus sog. "Ingereisch", was als Eingeweide übersetzt werden kann, nicht jedoch das Gedärm. Dieses umfasste Füße, Gräb, Hauptschädel und Vozmaul. Später auch Wadschunken, dieser musste vom Kunden mitbezahlt werden. Ansonsten wären die Schlachter auf den minderwertigen Fleischteilen sitzen geblieben. So musste der Käufer der "vier vordern gueten Praten" als Zuwaage ein viertel Fleck (Kutteln) nehmen.[1]

Alles hat in Österreich seine Ordnung, man fühlt sich wohl wenn etwas amtlich bescheinigt ist. Dies geschieht in der Regel über jahrzehntelange, erprobte und überprüfte Provisorien, welche irgendwann in amtliche Regelwerke gegossen werde. So auch damit, das die Qualifikation des Ochsen durch eine amtliche Verordnung beglaubigt wurde. Am 21. Februar 1873 beschloss der Wiener Gemeinderat die Qualifikationstabelle der Ochsen als Analyse des kochbaren Ochsenthums, wie es der Feuilletonist Friedriche Schlögl in der Zeitung "Wiener Blut" humoristisch beschrieb. Die bisherige Arbeit des bekannten Fleischhauers Bahl im Souterrain der Wiener Großmarkthalle: [..]ein anachronistisches Überbleibsel lächerlich-ehrlicher Bankwissenschaft[2], denn der Ochse - das anspruchloseste Thier der Schöpfung - ist nach der Gründerära endlich auf seinen wahren Wert gebracht, nach seinen wirklichen Eigenschaften taxirt und von den uneigennützigen Gelehrten unserer Approvisionirungssection bis in des kleinste Kruspeldetail abgeschätzt, qualificiert und classificiert worden.[..]

Damit war der Ochse nun amtlich in 22 Teile zerlegt worden, entgegen bisheriger sechs Teile. Dies ist dadurch erklärlich, da bisher als minderwertig geltende Teile wie zB der Wadschunken nur als Zuwaage zu anderen hochwertigen Fleischteilen an die Kunden abgegeben wurden.

Bedeutung von Rindfleisch in der österreichischen Küche

Die lange Tradition wurde ausführlich beschrieben, die Tradition des gekochten Rindfleischs in Wien entstammt aber erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass abseits vom höfischen Zeremoniell, Kaiser Franz Josef I gekochtes Rindfleisch als ständigen Bestandteil seiner Privattafel und auch als eines seiner Lieblingsgerichte bezeichnete. Das wird mehrfach in der Literatur erwähnt[3] und fand dadurch Eingang in die Speisenfolge der "gutbürgerlichen" Haushalte der österreich-ungarischen Monarchie.

Bis dahin wurde um die beste, oder sogar richtige Zubereitungsart, ob gekocht oder gebraten, lange Zeit sehr gestritten. Gebratenes Rindfleisch wurde u.a. deshalb als bedeutsamer bezeichnet, da es dieses ja schon vor der Erfindung des Topfes gegeben hätte, durch das Kochen würde außerdem viel vom Inhalt des Fleisches verloren gehen. Jedoch ließen sich die Österreicher von internationaler Kritik in diesem Fall nicht beeinflussen, obschon Jean Anthèlme Brillat-Savarin in seinem 1826 erschienenen Buch "La Physiologie du Goût" (Die Physiologie des Geschmacks, welches 1865 ins Deutsche übersetzt wurde), folgendes über das gekochte Rindfleisch abschließend sagte:

Die Leute vom Fach essen niemals gekochtes Rindfleisch, einmal aus Achtung vor den strengen Grundsätzen un dzum anderen, weil sie vom hohen Katheder aus diese unbestreitbare Wahrheit verkündet haben: Das Suppenfleisch ist ein Fleisch ohne Saft.

Ebenso der deutsche Autor, Politiker und und Psychiater Antonius Anthus, der in Wirklichkeit Gustav P. Blumröder hieß, in seinen 1838 als Buch erschienenen Vorlesungen über Esskunst:

Der lieben Suppe folgt nun in der Regel das liebe gesottene Rindfleisch, welchem jene ihre Existenz verdankt, ohne welche sie gar nicht auf der Welt wäre. Und dieses ab- und ausgekochte, saft- und kraftlose Fasergewebe, welches schon als Mittel zu einem anderen Zweck gedient, dieser schöne Abhub, dieses bereits verbrauchte Überbleibsel, dieser Altweibersommer gilt als Speise. Gekochtes Rindfleisch ist eigentlich bloß etwas mehr als gar keines...

Freundlicher äußerte sich der französische Küchenchef Antoine Carême: Rindfleisch ist die Seele der guten Küche welches wiederum Joseph Wechsberg zur Schlußfolgerung brachte: Gekochtes Rindfleisch ist die Seele der Wiener Küche.

Aus all dem entstand in Wien eine Gasthaustraditon, in welcher man verschiedenerorts bis zu 24 unterschiedliche Rindfleischgerichte servierte. Aber nicht nur das Angebot war groß, auch die Sachkenntnis der Wiener wurde schon fast kulthaft zelebriert.

Die Teilung

Die nachfolgende Darstellung folgt der erweiterten traditionellen Wiener Teilung[4].

Vorderviertel

Das Vorderviertel besteht aus dem Spitz und der Schulter. In Wien wird dieser Teil auch als Bug bezeichnet. Dieses unterteilt sich in:

Spitz

    • Tristel
    • Rindskamm
    • das hintere Ausgelöste
    • der Spitz
    • Die Rinderbrust

dazu gehören auch:

    • Kronfleisch
    • Der Frack
    • Stichfleisch
    • Ohrwangerl
    • Ochsengaumen
    • Fotzmaul
    • Rindszunge

Schulter

    • Rieddeckel oder Zwerchried
    • Das magere Meisel
    • Der Kavalierspitz
    • Das fette Meisel
    • Das Schulterscherzel
    • Die dicke Schulter
    • der vordere Wadschinken (Bugschnitzel und vorderes Pratzel)
    • Das Ludel

Die Brust

Die Brust besteht aus

  • dem Brustkern oder Brustkopf sowie dem

Frack, der aus:

  • dem dicken Kügerl
  • dem mittleren Kügerl
  • dem dünnen Kügerl und dem
  • dem Bauchfleisch besteht.

Hinterviertel

Das Hinterviertel besteht aus dem sogenannten Englischen, dem Knöpfel (Schlegel oder Keule) und dem Riedhüfel. In Wien wird der hintere Teil auch Diech (Diach, mhd. für Oberschenkel von Mensch und Tier) genannt.

Das Englische

Unter dem Englischen versteht man nach der Längsteilung halben Rücken von der Schulterhöhe bis zum Schwanzansatz. Es besteht aus dem:

    • Lungenbraten
    • dem Beiried und
    • dem Ried, oder auch bekannter, der Rostbraten genannt.

Das Knöpfel (Schlegel oder Keule)

Das Knöpfel besteht aus:

    • der Schale (Ortschwanzel)
    • dem Schalblattel (in Wien Fledermaus genannt)
    • dem Zapfen
    • dem Hieferschwanzel (Rose)
    • dem Hieferscherzel
    • dem Tafelspitz
    • dem Tafelstück
    • dem G´stutzten, auch schwarzes Scherzel genannt
    • dem weissen Scherzel
    • dem Gschnatter, oder der sogenannte Anschnitt
    • dem hinteren Wadschinken (in Wien auch Wadschunken genannt)
    • dem Bratzel, der Vordere Teil
    • dem dicken und dem dünnen Ochsenschlepp

Das Riedhüfel

Das Riedhüfel besteht aus:

    • dem Zwerchried oder dem Rippenfleisch
    • dem Riedhüfel oder oder auch das Schlemmried genannt.

Literatur

  • August Mauer, Ilustrirtes Wiener Kochbuch, 1885
  • Ewald Plachutta, Christoph Wagner: Die gute Küche. ISBN 3701503109
  • Albert Kofranek: Die gute Wiener Küche.
  • Franz Maier-Bruck: Das große Sacher-Kochbuch. Die österreichische Küche. ISBN 3929626276
  • Meindl-Dietrich, Lechner: Kochbuch für ländliche Haushalte. ISBN 3704019674

Quellen

  1. aus einer Wiener Fleischsatzung vom 3. Juni 1574
  2. Fleischbank wird in Österreich auch der Schlachthof genannt
  3. Hess, Scheichelbauer und Sirowy: Servierkunde. Ein Hilfsbuch für den Servierunterricht an Schulen der Gastwirte und Hoteliers, 1912, 3. Aufl.
  4. Maier-Bruck, Das grosse Sacher Kochbuch, S. 207ff