„Stanislav Grof“ – Versionsunterschied

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== Auszeichnungen ==
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Am 5. Oktober 2007 wurde Stanislav Grof für sein Lebenswerk mit dem Preis ''Vision 97'' der Dagmar-und-[[Václav Havel|Vaclav-Havel]]-Stiftung in Prag ausgezeichnet.<ref>Jährlicher tschechischer Preis "Vision 97" an "bedeutende Denker" 2006: [http://klaus-john.de/html/vision_97.html Reden zur Preisverleihung von V. Havel und S. Grof] – übersetzt auf Klaus-John.de.</ref>
Am 5. Oktober 2007 wurde Stanislav Grof für sein Lebenswerk mit dem Preis ''Vision 97'' der Dagmar-und-[[Václav Havel|Vaclav-Havel]]-Stiftung in Prag ausgezeichnet.<ref>Jährlicher tschechischer Preis "Vision 97" an "bedeutende Denker" 2006: [http://klaus-john.de/html/vision_97.html Reden zur Preisverleihung von V. Havel und S. Grof] – übersetzt auf Klaus-John.de.</ref>

== Kritik ==
Der tschechische Psychiater J. Vacek bezeichnete die ''Transpersonale Psychologie'' Grofs als einen Rückfall in den [[Neuplatonismus]]. Sie repräsentiere einen antirationalen, [[agnostisch]]en [[Spiritualismus (Philosophie)|Spiritualismus]] mit [[utopisch]]en [[Antipsychiatrie|antipsychiatrischen]] Elementen.<ref name="PMID1913937">J. Vacek: ''Irrationality in psychiatry. I. Irrationality in analytical psychology.'' In: ''Ceskoslovenska psychiatrie.'' Band 87, Nummer 1, Februar 1991, S.&nbsp;12–16, PMID 1913937.</ref>


== Veröffentlichungen (Auswahl) ==
== Veröffentlichungen (Auswahl) ==

Version vom 11. Oktober 2023, 14:10 Uhr

Stanislav Grof, 2009

Stanislav Grof (* 1. Juli 1931 in Prag) ist ein tschechischer Psychiater und Psychotherapeut. Er rief 1978 zusammen mit den Gründern des Esalen-Instituts, Michael Murphy und Dick Price, die ITA (International Transpersonal Association) ins Leben und gilt als einer der Begründer der transpersonalen Psychologie. In ihr werden neben humanistischen Aspekten auch religiöse und spirituelle Erfahrungen berücksichtigt. Er war außerdem ein Vertreter der Psycholytischen Psychotherapie.

Leben

Stanislav Grof studierte an der Karls-Universität in Prag Medizin und Medizinphilosophie. Bei seiner Arbeit am psychiatrischen Forschungszentrum in Prag erforschte er die Wirkung psychedelischer Substanzen (unter anderem LSD) bei Patienten und an sich selbst. Im Rahmen des wissenschaftlichen Interesses in den in den 1950er und 1960er Jahren verwendete Grof LSD in seiner Forschung als Mittel zum Hervorrufen so genannter Modellpsychosen in der Absicht, auf diese Weise Erkenntnisse über Psychosen im Allgemeinen zu finden. Nachdem die Einnahme von LSD auch zu Forschungszwecken in vielen Ländern verboten wurde, entwickelte Grof zusammen mit seiner Frau die Technik des holotropen Atmens, eine Technik zur Therapie von psychischen, psychosomatischen und psychiatrischen Störungen, für die bislang jedoch kein wissenschaftlicher Nachweis einer Wirkung existiert.[1]

Im Jahr 1967 nahm er ein zweijähriges Forschungsstipendium an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore an und blieb anschließend in den USA. Er war Leiter des Psychiatrischen Forschungszentrums in Maryland und Assistenzprofessor für Psychiatrie an der Universitätsklinik der Johns-Hopkins-Universität. 1972 schloss er eine kurzlebige Ehe mit der Anthropologin Joan Halifax. Von 1972 bis 1975 arbeitete er mit ihr am Maryland Psychiatric Research Center mit sterbenden Krebspatienten. Sie veröffentlichten 1977 das Buch The Human Encounter With Death.[2]

Von 1973 bis 1987 unterrichtete und forschte er am Esalen-Institut in Big Sur in Kalifornien. Grof hat sich immer wieder als Befürworter der Legalisierung psychedelischer Substanzen ausgesprochen und ist ein Gegner der Prohibition von Drogen. Als Mitbegründer war er von 1978 bis 1982 auch der Vorsitzende der International Transpersonal Association.

2016 heiratete Stanislav Grof erneut. Er wohnt mit seiner Frau seitdem abwechselnd in Mill Valley (Kalifornien) und Wiesbaden, wo er weiterhin an Vorlesungen und Seminaren arbeitet.[3]

Werk

Grof hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, ungewöhnliche Bewusstseinszustände bzw. „Bewusstseinserweiterungen“ zu erforschen, zunächst erzeugt durch psychotrope Substanzen, später durch Atemtechniken oder hervorgerufen durch psychische Erkrankungen (wie Psychosen) und in Ausnahmesituationen. Bei den Patienten, die er begleitete, handelte es sich insbesondere um an Neurosen Erkrankte, Drogen- und Alkoholabhängige sowie Krebskranke mit schlechter Prognose, aber auch um Menschen mit Psychosen.

Grof betrachtet das Leben wie auch die Therapie als Spiel. Seine den Therapiemethoden zugrunde liegende Weltanschauung hat einen hinduistischen Hintergrund. Kosmos und Psyche gehören demnach zusammen.

Im Laufe der vielen von ihm geleiteten therapeutischen Sitzungen entdeckte Grof Erfahrungsmuster, die er perinatale Matrizen nannte. Die Gesamtheit der im Rahmen des von ihm geleiteten „Selbsterfahrungstrainings“ bei Klienten durch besondere therapeutische Methoden hervorgerufenen Erfahrungen (und damit von Erfahrungen, die therapeutisch bearbeitet, modifiziert und „transformiert“ werden können) kategorisiert er wie folgt:

  • Erfahrungen psychosomatischer Natur
  • Biographische Erfahrungen
    • sie bestehen im Wiedererinnern von Erfahrungen aus der eigenen Biographie.
  • Perinatale Erfahrungen
  • Transpersonale Erfahrungen

Für Grof sind Geburt und Tod die wichtigsten Erfahrungen im menschlichen Leben.

Vor und während der Geburt unterscheidet Grof vier Phasen des psychischen Erlebens:

  1. Das „Eins-Sein“ mit der Mutter empfindet der Fötus während der Schwangerschaft (Perinatale Matrix 1).
  2. Das Leben „als Hölle“ empfindet er ab dem Einsetzen der Wehen und Kontraktionen beim Geburtsbeginn (Perinatale Matrix 2).
  3. Das Leben „als Kampf“ empfindet er während der Austreibungsphase der Geburt (Perinatale Matrix 3).
  4. Das „Heraustreten in das Licht des Lebens“ empfindet er am Ende des Geburtsvorganges (Perinatale Matrix 4).

Die Psyche des menschlichen Individuums wird demnach für die ganze Zeit des Lebens zutiefst davon geprägt, welche dieser Phasen ganz am Anfang für die jeweilige Person bestimmend war und wie sie von dem Individuum erlebt wurde (daher der Ausdruck „perinatale Matrizen“, den er dafür prägte; er bedeutet übersetzt etwa „Muster, die aus der Zeit um die Geburt herum stammen“).

Der Austritt aus dem Geburtskanal wird außerdem auch als erste Erfahrung des Sterbens gedeutet.

In ähnlicher Weise teilt Grof auch den Sterbeprozess – hierbei Elisabeth Kübler-Ross folgend – in mehrere aufeinander folgende Phasen des psychischen Erlebens ein:

  • „Verleugnung“
  • Wut
  • „Feilschen“
  • Depression
  • „Versöhnung mit dem Schicksal“

Er vertritt die Auffassung, dass die Naturwissenschaften nicht das Instrumentarium böten, das Leben und all seine Phänomene zu erklären. Daher müsse der Tunnelblick überwunden werden, der resultiere, wenn man sich auf diese beschränkt. Es existiere ein universaler Geist, der auch eine politische Dimension habe. Politische und wirtschaftliche Ungerechtigkeiten seien in diesem universellen Geist überwunden. Die Transpersonale Psychologie werde jeweils durch Kommunikation weitergegeben. Sie erkenne so genannte Gipfelerfahrungen (peak experiences) an, die über das „Alltagsbewusstsein“ hinausreichten. Solche Erfahrungen hätten beispielsweise auch Schamanen beschrieben. „Gipfelerfahrungen“ seien im psychotherapeutischen Prozess hervorzurufen durch bestimmte Drogen bzw. holotrope Atemtechniken. Dabei müsse der Psychotherapeut ein „Begleiter ohne Angst“ sein, wenn die Therapie gelingen solle.

Grof ist Mitherausgeber der Zeitschrift Transpersonale Psychologie und Psychotherapie und hat umfangreich publiziert. Einige seiner Aufsätze und Bücher sind ins Deutsche übersetzt worden.

Auszeichnungen

Am 5. Oktober 2007 wurde Stanislav Grof für sein Lebenswerk mit dem Preis Vision 97 der Dagmar-und-Vaclav-Havel-Stiftung in Prag ausgezeichnet.[4]

Kritik

Der tschechische Psychiater J. Vacek bezeichnete die Transpersonale Psychologie Grofs als einen Rückfall in den Neuplatonismus. Sie repräsentiere einen antirationalen, agnostischen Spiritualismus mit utopischen antipsychiatrischen Elementen.[5]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Topographie des Unbewußten. LSD im Dienst der tiefenpsychologischen Forschung. (Erstauflage 1975, Deutsche Übersetzung 1978), mit Joan Halifax, ISBN 3-608-95232-2. Wiederauflage Souvenir Press, 2010.
  • Die Begegnung mit dem Tod. (1980), mit Joan Halifax, ISBN 3-608-94298-X.
  • LSD-Psychotherapie. (1983), mit Christina Grof, ISBN 3-608-94017-0.
  • Jenseits des Todes. An den Toren des Bewußtseins. (1984), ISBN 3-466-34090-X.
  • Geburt, Tod und Transzendenz. Neue Dimensionen in der Psychologie. Kösel-Verlag, 1985, ISBN 3-466341175. rororo 1991–1995, ISBN 3-499187647.
  • Alte Weisheit und modernes Denken. Spirituelle Traditionen in Ost und West im Dialog mit der neuen Wissenschaft. (1986), ISBN 3-466-34148-5.
  • Die Chance der Menschheit. (1988) ISBN 3-466-34207-4.
  • Spirituelle Krisen. (1990), ISBN 3-466-34251-1, mit Christina Grof, Roberto Assagioli, R. D. Laing, John Weir Perry, Holger Kalweit, Lee Sannella, Jack Kornfield, Ram Dass, Bruce Greyson und Barbara Harris, Paul Rebillot, Jeneane Prevatt und Russ Park.
  • Die stürmische Suche nach dem Selbst. (1991) mit Christina Grof, ISBN 3-466-34265-1.
  • Die Welt der Psyche. (1993), ISBN 3-466-34298-8.
  • Das Abenteuer der Selbstentdeckung. (1994) mit Hal Zina Bennet, ISBN 3-499-19640-9.
  • Totenbücher. Bilder vom Leben und Sterben. (1994), ISBN 3-466-34309-7.
  • Kosmos und Psyche. (1997), ISBN 3-596-14641-0.
  • Die Psychologie der Zukunft. Erfahrungen der modernen Bewusstseinsforschung. (2002) mit Richard Tarnas, ISBN 3-907029-76-3.
  • Wir wissen mehr als unser Gehirn. Die Grenzen des Bewusstseins überschreiten. (2003) mit Peter Fenwick, Michael Grosso, Erlendur Haraldsson, Charles T. Tart, Roger Woolger, ISBN 3-451-05284-9.
  • Impossible. Wenn Unglaubliches passiert. (2008), ISBN 978-3-466-34516-8.
  • Revision der Psychologie. Das Erbe eines halben Jahrhunderts Bewusstseinsforschung. Aus dem Englischen übersetzt von Dr. Hans Peter Weidinger. Nachtschatten-Verlag, Solothurn 2015, ISBN 978-3-03788-359-4.
  • Die menschliche Natur und die Beschaffenheit der Realität. Vortrag, gehalten auf den Basler Psychotherapietagen 1999.
  • Der Weg des Psychonauten. Enzyklopädie für Reisen in innere Welten. Band 1 Aus dem Englischen übersetzt von Chris Heidrich, Nina Seiler. Nachtschatten-Verlag, Solothurn 2019, ISBN 978-3-03788-577-2.

Filmdokumentation

  • The Way of the Psychonaut. Stanislav Grof's Journey of Consciousness. Dokumentarfilm/Filmbiografie. 86 min. Ein Film von Susan Hess. Produktion: USA 2020.[6][7]

Einzelnachweise

  1. J. P. Rhinewine, O. J. Williams: Holotropic Breathwork: the potential role of a prolonged, voluntary hyperventilation procedure as an adjunct to psychotherapy. In: Journal of alternative and complementary medicine. Band 13, Nummer 7, September 2007, S. 771–776, doi:10.1089/acm.2006.6203, PMID 17931070 (Review), PDF.
  2. Roshi Joan Halifax. In: Upaya Zen Center. Abgerufen am 20. Dezember 2021 (amerikanisches Englisch).
  3. holotropic.com: Stanislav Grof (emeritus)
  4. Jährlicher tschechischer Preis "Vision 97" an "bedeutende Denker" 2006: Reden zur Preisverleihung von V. Havel und S. Grof – übersetzt auf Klaus-John.de.
  5. J. Vacek: Irrationality in psychiatry. I. Irrationality in analytical psychology. In: Ceskoslovenska psychiatrie. Band 87, Nummer 1, Februar 1991, S. 12–16, PMID 1913937.
  6. Susan Hess: The Way of the Psychonaut: Stanislav Grof's Journey of Consciousness. Hot Flash Films PDX, 13. Oktober 2020, abgerufen am 21. Dezember 2022.
  7. The Way of the Psychonaut | Documentary. Abgerufen am 21. Dezember 2022 (englisch).