„NATO-Osterweiterung“ – Versionsunterschied

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→‎Sowjetische Rezeption von NATO-Nichtausweitungsaussagen: Wg. Überfrachtung vor allem gegen Ende gekürzt, dort fehlte auch etwas die direkte inhaltliche Anbindung an die Überschrift; ebenso Zitate oder diese umgewandelt.
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Von Baker existieren verschiedene handschriftliche, stichwortartige Notizen vom 8. Februar zu seinen Gesprächen mit Schewardnadse bei seinem Moskau-Besuch im Februar 1990. Darunter eine, die nach Sarottes ''1989'', 2014 erschienen, als eine der Kernaussagen Bakers – gegenüber Schewardnadse – bezeichnet wird, in ihrem Titel ''Not one Inch'' von 2022 andererseits als Zusammenfassung dieser Diskussionspunkte mit Schewardnadse: in einem vereinten Deutschland die NATO-Zuständigkeit oder die NATO-Militärstruktur nicht östlich auf das DDR-Gebiet auszuweiten.<ref>{{Literatur |Autor=Mary Elise Sarotte |Titel=1989. The Struggle to Create Post-Cold War Europe |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton |Datum=2014 |ISBN=978-0-691-16371-0 |Seiten=110 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=jmuYDwAAQBAJ |Seite=110}}}}</ref><ref name="SarotteNotOneInch55">{{Literatur |Autor=Mary Elise Sarotte |Titel=Not One Inch. America, Russia, and the Making of Post-Cold War Stalemate |Verlag=Yale University Press |Ort=New Haven |Datum=2021 |ISBN=978-0-300-25993-3 |Seiten=55 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=4ghMEAAAQBAJ |Seite=55}}}}</ref> {{" |Sprache=en |End result: Unified Ger. anchored* in a changed (polit.) NATO –* whose jurisd. would not move* eastwards!}}
Von Baker existieren verschiedene handschriftliche, stichwortartige Notizen vom 8. Februar zu seinen Gesprächen mit Schewardnadse bei seinem Moskau-Besuch im Februar 1990. Darunter eine, die nach Sarottes ''1989'', 2014 erschienen, als eine der Kernaussagen Bakers – gegenüber Schewardnadse – bezeichnet wird, in ihrem Titel ''Not one Inch'' von 2022 andererseits als Zusammenfassung dieser Diskussionspunkte mit Schewardnadse: in einem vereinten Deutschland die NATO-Zuständigkeit oder die NATO-Militärstruktur nicht östlich auf das DDR-Gebiet auszuweiten.<ref>{{Literatur |Autor=Mary Elise Sarotte |Titel=1989. The Struggle to Create Post-Cold War Europe |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton |Datum=2014 |ISBN=978-0-691-16371-0 |Seiten=110 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=jmuYDwAAQBAJ |Seite=110}}}}</ref><ref name="SarotteNotOneInch55">{{Literatur |Autor=Mary Elise Sarotte |Titel=Not One Inch. America, Russia, and the Making of Post-Cold War Stalemate |Verlag=Yale University Press |Ort=New Haven |Datum=2021 |ISBN=978-0-300-25993-3 |Seiten=55 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=4ghMEAAAQBAJ |Seite=55}}}}</ref> {{" |Sprache=en |End result: Unified Ger. anchored* in a changed (polit.) NATO –* whose jurisd. would not move* eastwards!}}


Genscher erneuerte bei seiner Rede auf der SIPRI-IPW-Konferenz am 9. Februar in Potsdam seine in Tutzing formulierte Aufgabe an die NATO:
Genscher erneuerte bei seiner Rede auf der SIPRI-IPW-Konferenz am 9. Februar in Potsdam seine in Tutzing formulierte Aufgabe an die NATO, diese könne gerade angesichts jener Entwicklungen einen wichtigen Stabilitätsbeitrag leisten, wenn sie unmissverständlich erkläre, was immer im Warschauer Pakt geschehe, eine Erweiterung der NATO nach Osten näher an die Sowjetunion heran werde es nicht geben.<ref>Hans-Dietrich Genscher: ''Unterwegs zur Einheit. Reden und Dokumente aus bewegter Zeit.'' Siedler, Berlin 1991, ISBN 3-88680-408-9, S. 246.</ref>
{{Zitat
|Text=Aber die NATO kann gerade angesichts dieser Entwicklungen einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität leisten, wenn sie eindeutig erklärt: Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung nach Osten, das heißt näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben.
|ref=<ref>Hans-Dietrich Genscher: ''Unterwegs zur Einheit. Reden und Dokumente aus bewegter Zeit.'' Siedler, Berlin 1991, ISBN 3-88680-408-9, S. 246.</ref>}}


Am 9. Februar formulierte Baker bei seinem Treffen mit Außenminister Schewardnadse und Gorbatschow inhaltlich fast gleiche Vorschläge wie Genscher.<ref>{{Internetquelle |url=https://nsarchive.gwu.edu/document/16115-document-04-memorandum-conversation-between |titel=Memorandum of Conversation between James Baker and Eduard Shevardnadze in Moscow |hrsg=National Security Archive |abruf=2022-03-28}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://nsarchive.gwu.edu/document/16117-document-06-record-conversation-between |titel=Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow. (Excerpts) |hrsg=National Security Archive |abruf=2022-03-28}}</ref> In der fünfseitigen, schriftlichen ''Gemeinsamen Erklärung'' der Außenminister Baker und Schewardnadse vom 10. Februar 1990 zu den Gesprächen in Moskau zwischen Baker und Schewardnadse sowie Baker und Gorbatschow, die geplante gemeinsame Pressekonferenz Baker und Schwardnadse war abgesagt worden, wird weder die Genscher-Formulierung, noch Bakers angebliche Zusage, die NATO nicht nach Osten auszuweiten, thematisiert oder erwähnt.<ref>Sherrill Brown Wells: ''American Foreign Policy Current Documents 1990''. US Department of State, Washington, D.C. 1991, Dokument 203, S. 367–371.</ref>
Am 9. Februar formulierte Baker bei seinem Treffen mit Außenminister Schewardnadse und Gorbatschow inhaltlich fast gleiche Vorschläge wie Genscher.<ref>{{Internetquelle |url=https://nsarchive.gwu.edu/document/16115-document-04-memorandum-conversation-between |titel=Memorandum of Conversation between James Baker and Eduard Shevardnadze in Moscow |hrsg=National Security Archive |abruf=2022-03-28}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://nsarchive.gwu.edu/document/16117-document-06-record-conversation-between |titel=Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow. (Excerpts) |hrsg=National Security Archive |abruf=2022-03-28}}</ref> In der fünfseitigen, schriftlichen ''Gemeinsamen Erklärung'' der Außenminister Baker und Schewardnadse vom 10. Februar 1990 zu den Gesprächen in Moskau zwischen Baker und Schewardnadse sowie Baker und Gorbatschow, die geplante gemeinsame Pressekonferenz Baker und Schwardnadse war abgesagt worden, wird weder die Genscher-Formulierung, noch Bakers angebliche Zusage, die NATO nicht nach Osten auszuweiten, thematisiert oder erwähnt.<ref>Sherrill Brown Wells: ''American Foreign Policy Current Documents 1990''. US Department of State, Washington, D.C. 1991, Dokument 203, S. 367–371.</ref>
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Dass Genschers Äußerungen in Tutzing Ende Januar 1990 selbst für Gorbatschow nicht akzeptabel waren, zeigt sich auch in seinem Brief vom 7. Februar 1990 an Willy Brand, u.&nbsp;a. schreibt Gorbatschow an Brandt:
Dass Genschers Äußerungen in Tutzing Ende Januar 1990 selbst für Gorbatschow nicht akzeptabel waren, zeigt sich auch in seinem Brief vom 7. Februar 1990 an Willy Brand, u.&nbsp;a. schreibt Gorbatschow an Brandt:
{{Zitat
{{Zitat
|Text=Der militärisch-politische Status des künftigen einheitlichen Deutschland ist für uns das Schlüsselproblem. Und es muß so gelöst werden, daß die Sicherheit der Sowjetunion dadurch nicht benachteiligt, daß der Friedensprozeß in Europa dadurch bekräftigt wird. Man sollte wohl kaum die Erörterung der dazu gehörenden Pro- [432] bleme, einschließlich der Möglichkeit für die militärische Neutralität Deutschlands, aufschieben. Mit ihrer Erörterung könnte man schon jetzt im Kreise der vier Mächte und der beiden deutschen Staaten beginnen. Selbstverständlich gibt es auch eine andere Variante, nämlich die Erörterung im Rahmen eines gesamteuropäischen Forums.
|Text=Der militärisch-politische Status des künftigen einheitlichen Deutschland ist für uns das Schlüsselproblem. [...] Man sollte wohl kaum die Erörterung der dazu gehörenden Pro- [432] bleme, einschließlich der Möglichkeit für die militärische Neutralität Deutschlands, aufschieben. [...] Und diejenigen, die sich auf Gedankengänge über die Zugehörigkeit des ganzen künftigen einheitlichen Deutschland bzw. dessen Teile zur NATO und über die weitere Benutzung des Territoriums der BRD zu den Zwecken einlassen, die den Zielen eines militärischen Blocks dienen, sind gegen die Wiedervereinigung, sind für das Fortbestehen der Spaltung. |ref=<ref>Willy Brandt: ''Berliner Ausgabe'', Band 10, S. 432 f.</ref>}}
Wie dem auch sei, aber das Sicherheitsproblem läßt sich, ob es uns gefällt oder nicht, keinesfalls umgehen. Und diejenigen, die sich auf Gedankengänge über die Zugehörigkeit des ganzen künftigen einheitlichen Deutschland bzw. dessen Teile zur NATO und über die weitere Benutzung des Territoriums der BRD zu den Zwecken einlassen, die den Zielen eines militärischen Blocks dienen, sind gegen die Wiedervereinigung, sind für das Fortbestehen der Spaltung. |ref=<ref>Willy Brandt: ''Berliner Ausgabe'', Band 10, S. 432 f.</ref>}}


Im Bericht der 20h-Tagesschau vom 9. Februar 1990 über den Baker-Besuch heißt es wiederum zu den Gesprächen mit Baker lediglich, es gehe zwischen den USA und der Sowjetunion u.&nbsp;a. um Abrüstung und um die Frage, ob ein vereintes Deutschland, wie Baker es wolle, Mitglied der NATO sein könne. Seine Meinung dazu wolle Gorbatschow nicht den Journalisten mitteilen.
Im Bericht der 20h-Tagesschau vom 9. Februar 1990 über den Baker-Besuch heißt es wiederum zu den Gesprächen mit Baker lediglich, es gehe zwischen den USA und der Sowjetunion u.&nbsp;a. um Abrüstung und um die Frage, ob ein vereintes Deutschland, wie Baker es wolle, Mitglied der NATO sein könne. Seine Meinung dazu wolle Gorbatschow nicht den Journalisten mitteilen.
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Nochmals Gorbatschow im Vier-Augen-Gespräch mit Bundeskanzler Kohl am 10.2.90 in Moskau zu Genschers Vorschlag der Nichtausdehnung der NATO-Militärstrukturen auf das DDR-Gebiet in einem geeinten Deutschland:
Nochmals Gorbatschow im Vier-Augen-Gespräch mit Bundeskanzler Kohl am 10.2.90 in Moskau zu Genschers Vorschlag der Nichtausdehnung der NATO-Militärstrukturen auf das DDR-Gebiet in einem geeinten Deutschland:
{{Zitat
{{Zitat
|Text=[…] Trotzdem sehe er ein vereinigtes Deutschland außerhalb des militärischen Gebäudes mit nationalen Streitkräften, die für die nationale Verteidigung ausreichen. Er wisse nicht, wie der Status aussehen solle, wenn nicht neutral, so vielleicht blockfrei […]. Dieser Gedanke müsse weitergedacht und durchgespielt werden. Alle solche Überlegungen, daß ein Teil Deutschlands in der NATO, der andere Teil dem Warschauer Pakt angehöre, seien nicht ernst zu nehmen. Dies gelte auch für den Vorschlag, das bestimmte Truppen bis zu einem bestimmten Fluß, jedoch nicht im anderen Teil Deutschlands stationiert werden sollten. Dies sei auch nicht ernst zu nehmen. Sie sollten diese Gedanken einmal miteinander durchspielen. […]
|Text=[…] Trotzdem sehe er ein vereinigtes Deutschland außerhalb des militärischen Gebäudes mit nationalen Streitkräften, die für die nationale Verteidigung ausreichen. Er wisse nicht, wie der Status aussehen solle, wenn nicht neutral, so vielleicht blockfrei […]. [...] Alle solche Überlegungen, daß ein Teil Deutschlands in der NATO, der andere Teil dem Warschauer Pakt angehöre, seien nicht ernst zu nehmen. Dies gelte auch für den Vorschlag, das bestimmte Truppen bis zu einem bestimmten Fluß, jedoch nicht im anderen Teil Deutschlands stationiert werden sollten. Dies sei auch nicht ernst zu nehmen. Sie sollten diese Gedanken einmal miteinander durchspielen. […]
|ref=<ref>''Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990.'' Oldenbourg, München 1998. Nr. 174, S. 804.</ref>}}
|ref=<ref>''Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990.'' Oldenbourg, München 1998. Nr. 174, S. 804.</ref>}}


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|ref=<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nato.int/docu/comm/49-95/c900608a.htm |titel=Turnberry, United Kingdom, 7-8 June 1990, Final Communiqué |hrsg=NATO North Atlantic Council |abruf=2023-04-27}}</ref><ref name="nato-aussenministertagung-in-turnberry">{{Internetquelle |url=https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/nato-aussenministertagung-in-turnberry-430056 |titel=Nato-Außenministertagung in Turnberry |hrsg=Deutsche Bundesregierung |abruf=2023-04-25}}</ref>}}
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Am 6. Juli 1990 verabschiedete der NATO-Gipfel in [[London]] eine Erklärung, wonach der [[Warschauer Pakt]] „nicht mehr als Gegner“ angesehen werde; die versammelten Staats- und Regierungschefs kündigten eine Reduzierung ihrer [[Kernwaffe]]n und eine Abkehr von der Strategie der [[Flexible Response]] und der [[Vorneverteidigung]] an; auch sollte die NATO von einer militärischen in eine politische Allianz umgeformt und die KSZE aufgewertet werden.<ref name="nato-gipfelkonferenz-in-london">{{Internetquelle |url=https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/nato-gipfelkonferenz-in-london-tagung-der-staats-und-regierungschefs-des-nordatlantikrats-am-5-und-6-juli-1990-788478 |titel=Nato-Gipfelkonferenz in London – Tagung der Staats- und Regierungschefs des Nordatlantikrats am 5. und 6. Juli 1990 |hrsg=Deutsche Bundesregierung |datum=1990-07-10 |abruf=2023-04-25}}</ref> Am 17. Juli 1990 trug Bush Gorbatschow die Idee einer erweiterten und stärkeren KSZE mit neuen Institutionen vor, an der die UdSSR teilnehmen und ein Teil des neuen Europa sein könne.
Am 6. Juli 1990 verabschiedete der NATO-Gipfel in [[London]] eine Erklärung, wonach der [[Warschauer Pakt]] „nicht mehr als Gegner“ angesehen werde; die versammelten Staats- und Regierungschefs kündigten eine Reduzierung ihrer [[Kernwaffe]]n und eine Abkehr von der Strategie der [[Flexible Response]] und der [[Vorneverteidigung]] an; auch sollte die NATO von einer militärischen in eine politische Allianz umgeformt und die KSZE aufgewertet werden.<ref name="nato-gipfelkonferenz-in-london">{{Internetquelle |url=https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/nato-gipfelkonferenz-in-london-tagung-der-staats-und-regierungschefs-des-nordatlantikrats-am-5-und-6-juli-1990-788478 |titel=Nato-Gipfelkonferenz in London – Tagung der Staats- und Regierungschefs des Nordatlantikrats am 5. und 6. Juli 1990 |hrsg=Deutsche Bundesregierung |datum=1990-07-10 |abruf=2023-04-25}}</ref>

Am 12. September 1990 wurde der [[Zwei-plus-Vier-Vertrag]] zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier alliierten Siegermächten unterzeichnet. Nach der Protokollnotiz, die in der Nacht vor Vertragsunterzeichnung beigefügt und von allen sechs Parteien unterschrieben wurde, dürfen keine Truppen der drei [[Westalliierte|Westmächte]] auf dem Gebiet der DDR dauerhaft stationiert werden; mit Zustimmung der [[Bundesregierung (Deutschland)|gesamtdeutschen Bundesregierung]] können allerdings kleine (NATO-)Truppenkontingente der Westalliierten nach dem Abzug der sowjetischen Truppen in dieses Gebiet verlegt werden. Seitz führte in der Unterrichtung des [[Nordatlantikrat|NATO-Rats]] in Brüssel am 14. September 1990 zur Protokollnotiz u.&nbsp;a. sinngemäß aus, ein völliger Ausschluss aller militärischen Tätigkeiten der Alliierten auf DDR-Gebiet, wie von der Sowjetunion gewünscht, wäre nicht akzeptabel gewesen, und die freie Bündniswahl Deutschlands wäre ausgehebelt worden.<ref>Heike Amos und Tim Geiger (Hrsg.): ''Die Einheit. Das Auswärtige Amt, das DDR-Außenministerium und der Zwei-plus-Vier-Prozess''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, Dokument 157, hier S. 718 f.</ref> James Bakers damaliger Berater [[Robert Zoellick]] charakterisierte Ende September 1990 vor dem [[United States Senate Committee on Foreign Relations|US-Senatsausschuss für Auswärtige Beziehungen]] die Idee zur Protokollnotiz u.&nbsp;a. damit, dass so die Möglichkeit zu Aufklärungsmissionen oder wenigstens für kleine Militärübungen erhalten geblieben wären.<ref>TREATY ON THE FINAL SETTLEMENT WITH RESPECT TO GERMANY. Hearing before the Committee on Foreign Relations, United States Senate, one hundred first Congress, Second Session, September 28, 1990. U.S. GOVERNMENT PRINTING OFFICE, WASHINGTON : 1991. S. 41; Befragung durch Senator Biden.</ref> Der Friedens- und Konfliktforscher [[Ulrich Albrecht]] notierte 1992 sinngemäß zu den damaligen Diskussionen und Auseinandersetzungen, die zur Protokollnotiz führten, im Kern sei es um die Einräumung der vollen Bewegungsfreiheit der NATO auf DDR-Gebiet, nach vollständigem Abzug der sowjetischen Truppen, im Konflikt- und Spannungsfall gegangen, die US-amerikanische und britische Delegation hätten jede Einschränkung vehement abgelehnt.<ref>Ulrich Albrecht: ''Die Abwicklung der DDR''. Westdeutscher Verlag, Opladen 1992, ISBN 978-3-531-12322-6, S. 134.</ref> Zoellick bemerkte 30 Jahre später, 2020, zur Protokollnotiz: „Wir mussten diese Möglichkeit sicherstellen, denn wenn Polen in einem zweiten Schritt der NATO beitreten sollte, wollten wir, dass die amerikanischen Streitkräfte auf ihrem Weg zur Stationierung in Polen Ostdeutschland durchqueren können.“<ref>{{Literatur |Autor=Mary Elise Sarotte |Titel=Not One Inch. America, Russia, and the Making of Post-Cold War Stalemate |Verlag=Yale University Press |Ort=New Haven |Datum=2021 |ISBN=978-0-300-25993-3 |Seiten=102–104 |Sprache=en |Online={{Google Buch |BuchID=4ghMEAAAQBAJ |Seite=102}}}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sergey Radchenko |Titel=Putin’s Histories |Sammelwerk=Contemporary European History |Band=32 |Nummer=1 |Datum=2023-02 |Seiten=57–60 |Fundstelle=hier S.&nbsp;59 |DOI=10.1017/S0960777322000777}}</ref>

Der 1991 amtierende Politische Direktor des Auswärtigen Amtes in Bonn, [[Jürgen Chrobog]], wird zum Zwei-plus-Vier-Vertrag in einer britischen Zusammenfassung der Positionen aus einem Teil der Gespräche mit den Politischen Direktoren des Außenministerien der Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs in Bonn am 6. März 1991, bei welchem es u.&nbsp;a. um die Sicherheit Polens und anderer osteuropäischer Staaten ging, u.&nbsp;a. damit referiert, sie hätten in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen deutlich gemacht, dass sie die NATO nicht über die Elbe hinaus ausdehnen würden. Sie könnten daher Polen und den anderen keine NATO-Mitgliedschaft anbieten.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19910307.pdf |titel=Quadripartite Meeting of Political Directors, Bonn, 6. March. Security in Central and Eastern Europe |werk=[[University of California, Los Angeles]] |datum=1991-03-06 |format=PDF |abruf=2022-05-22}}</ref> Alle vier Politischen Direktoren fanden sinngemäß eine NATO-Mitgliedschaft der Osteuropäer als inakzeptabel. Raymond Seitz, der anwesende Politischer Direktor des [[Außenministerium der Vereinigten Staaten|US-Außenministeriums]], führte u.&nbsp;a. aus, sie hätten gegenüber der Sowjetunion bei Zwei-plus-Vier- wie auch anderen Gesprächen klargemacht, dass sie den Rückzug sowjetischer Truppen aus Osteuropa nicht ausnutzen würden.<ref>{{Internetquelle |autor=Klaus Wiegrefe |url=https://www.spiegel.de/ausland/nato-osterweiterung-aktenfund-stuetzt-russische-version-a-1613d467-bd72-4f02-8e16-2cd6d3285295 |titel=Nato-Osterweiterung: Aktenfund von 1991 stützt russische Version |werk=Der Spiegel |datum=2022-02-18 |abruf=2022-03-23}}</ref> Sie dürften den Hardlinern in der Sowjetunion keinen Vorwand liefern, um antiwestliche Gefühle zu schüren, so die wichtige Ergänzung von Seitz zur innenpolitischen Lage in der Sowjetunion. Die Aktennotiz, eine „nachträgliche Deutung des Vertrags“, sei „historisch völlig irrelevant“, so [[Ignaz Lozo]], der Begriff ''NATO'' komme in dem Vertrag überhaupt nicht vor.<ref>[https://www.welt.de/geschichte/article237082635/Streitfall-Nato-Erweiterung-Gorbatschow-bestreitet-energisch-betrogen-worden-zu-sein.html ''Gorbatschow bestreitet energisch, betrogen worden zu sein.''] Die Welt, 26. Februar 2022.</ref>

[[Klaus Wiegrefe]] hält es für gesichert, dass keine völkerrechtlichen Vereinbarungen aus der Zeit nach dem Mauerfall bezüglich der NATO-Osterweiterung getroffen wurden.<ref>Klaus Wiegrefe: [https://www.spiegel.de/ausland/nato-osterweiterung-aktenfund-stuetzt-russische-version-a-1613d467-bd72-4f02-8e16-2cd6d3285295 ''Nato-Osterweiterung: Aktenfund von 1991 stützt russische Version.''] Spiegel Online, 18. Februar 2022.</ref> Der russische Außenminister [[Sergei Wiktorowitsch Lawrow|Sergei Lawrow]] verwies dagegen auf die [[Europäische Sicherheitscharta]], die Vereinbarungen von 1990 aufgreift, laut denen jeder Staat das Recht habe, sein Bündnis selbst zu wählen – aber zugleich die Sicherheit aller Staaten „untrennbar verbunden“ sei. Mit der Charta verpflichteten sich alle beteiligten Staaten, ihre „Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten zu festigen“.<ref name=":0" /> Als Antwort auf eine ''Spiegel''-Anfrage bestätigte das Auswärtige Amt Anfang Juni 2022, so Wiegrefe, „dass es zu keinem Zeitpunkt eine bindende Erklärung der NATO oder ihrer Mitgliedstaaten gegeben hat, keine Staaten aus dem Osten Europas aufzunehmen“.<ref>{{Internetquelle |autor=Klaus Wiegrefe |url=https://www.spiegel.de/politik/deutschland/auswaertiges-amt-zu-vereinbarungen-mit-der-sowjetunion-kein-nato-verzicht-auf-osterweiterung-a-22ae37ed-fe2e-45c1-88e4-9acba1302a95 |titel=Auswärtiges Amt zu Vereinbarungen mit der Sowjetunion: Einen Nato-Verzicht auf Osterweiterung hat es „zu keinem Zeitpunkt gegeben“ |werk=spiegel.de |datum=2022-06-03 |abruf=2022-06-05}}</ref>

Russlands Präsident [[Boris Jelzin]] schrieb im Jahr 1993 – als Polen, Ungarn und Tschechien auf eine Aufnahme in die NATO drängten – an US-Präsident Clinton, dass der „Geist“ des Zwei-plus-Vier-Vertrages die Möglichkeit ausschließe, die NATO nach Osten auszudehnen.<ref name=":0" />


Michail Gorbatschow äußerte sich bei verschiedenen Anlässen unterschiedlich zu der Frage, ob westliche Politiker Zusicherungen tätigten.<ref>Klaus Wiegrefe: [https://www.spiegel.de/politik/held-des-rueckzugs-a-b1b4d434-0002-0001-0000-000130458614 ''Zeitgeschichte: Held des Rückzugs.''] Spiegel, 23. November 2014.</ref><ref name=":0" /> In einem Interview mit dem ZDF erklärte er, dass es sich bei den Zusagen an die Sowjetunion um einen „Mythos“ handle.<ref>{{Internetquelle |autor=Florian Neuhann |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/putin-russland-nato-osterweiterung-luege-100.html |titel=Wie Putin mit falschem Mythos Politik macht |titelerg=Faktencheck† |werk=[[ZDF.de]]<!--Schrbw. lt. Impressum--> |hrsg=Zweites Deutsches Fernsehen |datum=2021-12-03 |offline=1 |abruf=2023-07-11}}{{Absatz}}†&nbsp;Zur Bezeichnung als „Faktencheck“ siehe Bezugnahme in {{Internetquelle |autor=Florian Neuhann |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/putin-russland-nato-osterweiterung-luege-100.html |titel=Der Westen darf sich nicht erpressen lassen |titelerg=Kommentar |werk=[[ZDF.de]]<!--Schrbw. lt. Impressum--> |hrsg=Zweites Deutsches Fernsehen |datum=2021-12-03 |abruf=2023-07-11 |zitat=''<nowiki>[</nowiki>vgl. den Faktencheck dazu: Wie Putin mit falschem Mythos Politik macht<nowiki>]</nowiki>''<!--Kursivsetzung und fehlendes End-Satzzeichen wie im Original.-->}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Deutsche Presse-Agentur<!--angegeben als "Von dpa"--> |url=http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/nato-osterweiterung-gorbatschow |titel=Russland: Gorbatschow sieht in Nato-Osterweiterung keinen Wortbruch |werk=[[ZEIT ONLINE]] |hrsg=ZEIT ONLINE, dpa, mhi<!--angegeben als "Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, mhi"--> |datum=2014-11-09 |abruf=2023-07-11 |zitat=Auf die Frage, ob es also ein Mythos ist, dass er vom Westen betrogen worden sei, antwortet Gorbatschow: ‚Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. Da hat die Presse ihre Hand im Spiel gehabt.‘}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/228#/beitrag/video/2279118/ZDF-heute-journal-vom-08-November-2014 |titel=heute-journal |titelerg=Ausschnitt |hrsg=[[Zweites Deutsches Fernsehen]] |datum=2014-11-08 |offline=1 |archiv-url=https://www.youtube.com/watch?v=vzkszMavbiE |archiv-datum=2014-11-09 |abruf=2023-07-11}}{{Absatz}}Zitat: Gorbatschow: „Heute fragt man mich, warum es nicht vertraglich fixiert wurde, dass die NATO sich nicht nach Osten ausdehnen darf. Dazu sollte man Folgendes berücksichtigen: Damals existierte die NATO und der Warschauer Pakt. Was sollte man da vertraglich fixieren? Die Frage stellte sich gar nicht.“ [[Ignaz Lozo]]: „Das heißt, es ist ein Mythos, dass Sie vom Westen bzgl. der NATO-Osterweiterung betrogen wurden?“ Gorbatschow: „Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. [Миф, действительно.] Da hat die Presse, die liebe Presse, ihre Hand im Spiel gehabt.“</ref>
Michail Gorbatschow äußerte sich bei verschiedenen Anlässen unterschiedlich zu der Frage, ob westliche Politiker Zusicherungen tätigten.<ref>Klaus Wiegrefe: [https://www.spiegel.de/politik/held-des-rueckzugs-a-b1b4d434-0002-0001-0000-000130458614 ''Zeitgeschichte: Held des Rückzugs.''] Spiegel, 23. November 2014.</ref><ref name=":0" /> In einem Interview mit dem ZDF erklärte er, dass es sich bei den Zusagen an die Sowjetunion um einen „Mythos“ handle.<ref>{{Internetquelle |autor=Florian Neuhann |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/putin-russland-nato-osterweiterung-luege-100.html |titel=Wie Putin mit falschem Mythos Politik macht |titelerg=Faktencheck† |werk=[[ZDF.de]]<!--Schrbw. lt. Impressum--> |hrsg=Zweites Deutsches Fernsehen |datum=2021-12-03 |offline=1 |abruf=2023-07-11}}{{Absatz}}†&nbsp;Zur Bezeichnung als „Faktencheck“ siehe Bezugnahme in {{Internetquelle |autor=Florian Neuhann |url=https://www.zdf.de/nachrichten/politik/putin-russland-nato-osterweiterung-luege-100.html |titel=Der Westen darf sich nicht erpressen lassen |titelerg=Kommentar |werk=[[ZDF.de]]<!--Schrbw. lt. Impressum--> |hrsg=Zweites Deutsches Fernsehen |datum=2021-12-03 |abruf=2023-07-11 |zitat=''<nowiki>[</nowiki>vgl. den Faktencheck dazu: Wie Putin mit falschem Mythos Politik macht<nowiki>]</nowiki>''<!--Kursivsetzung und fehlendes End-Satzzeichen wie im Original.-->}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Deutsche Presse-Agentur<!--angegeben als "Von dpa"--> |url=http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/nato-osterweiterung-gorbatschow |titel=Russland: Gorbatschow sieht in Nato-Osterweiterung keinen Wortbruch |werk=[[ZEIT ONLINE]] |hrsg=ZEIT ONLINE, dpa, mhi<!--angegeben als "Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, mhi"--> |datum=2014-11-09 |abruf=2023-07-11 |zitat=Auf die Frage, ob es also ein Mythos ist, dass er vom Westen betrogen worden sei, antwortet Gorbatschow: ‚Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. Da hat die Presse ihre Hand im Spiel gehabt.‘}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/228#/beitrag/video/2279118/ZDF-heute-journal-vom-08-November-2014 |titel=heute-journal |titelerg=Ausschnitt |hrsg=[[Zweites Deutsches Fernsehen]] |datum=2014-11-08 |offline=1 |archiv-url=https://www.youtube.com/watch?v=vzkszMavbiE |archiv-datum=2014-11-09 |abruf=2023-07-11}}{{Absatz}}Zitat: Gorbatschow: „Heute fragt man mich, warum es nicht vertraglich fixiert wurde, dass die NATO sich nicht nach Osten ausdehnen darf. Dazu sollte man Folgendes berücksichtigen: Damals existierte die NATO und der Warschauer Pakt. Was sollte man da vertraglich fixieren? Die Frage stellte sich gar nicht.“ [[Ignaz Lozo]]: „Das heißt, es ist ein Mythos, dass Sie vom Westen bzgl. der NATO-Osterweiterung betrogen wurden?“ Gorbatschow: „Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. [Миф, действительно.] Da hat die Presse, die liebe Presse, ihre Hand im Spiel gehabt.“</ref>


Ein Gutachten des [[Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages|Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages]] bewertete 2016 die Frage negativ, ob mündliche Absprachen während der Verhandlung des Zwei-plus-Vier-Vertrages grundsätzlich von Relevanz für die Bewertung des Vertragstextes wären. Einerseits seien mündliche Absprachen nur dann einzubeziehen, wenn darauf im Vertragstext Bezug genommen würde. Zweitens hätten die Absprachen zwischen allen Vertragsparteien erfolgen müssen, anstatt (wie hier vorgegeben) nur bilateral. Verschiedene westliche Spitzenpolitiker haben nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes mit ihren Aussagen nur unterstrichen, dass russische Sicherheitsinteressen bei der Bündnisexpansion berücksichtigt werden müssten.<ref>[https://www.bundestag.de/resource/blob/416610/331cde1a675291e8aca94f5aebac50aa/wd-2-031-16-pdf-data.pdf ''Zur öffentlichen Diskussion über Anfang der 1990er Jahre möglicherweise getroffene Zusagen westlicher Spitzenpolitiker zu einem Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung.''] Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, WD 2 – 3000 – 031/16 (PDF)</ref>
Ein Gutachten des [[Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages|Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages]] bewertete 2016 die Frage negativ, ob mündliche Absprachen während der Verhandlung des Zwei-plus-Vier-Vertrages grundsätzlich von Relevanz für die Bewertung des Vertragstextes wären. Einerseits seien mündliche Absprachen nur dann einzubeziehen, wenn darauf im Vertragstext Bezug genommen würde. Zweitens hätten die Absprachen zwischen allen Vertragsparteien erfolgen müssen, anstatt (wie hier vorgegeben) nur bilateral. Verschiedene westliche Spitzenpolitiker haben nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes mit ihren Aussagen nur unterstrichen, dass russische Sicherheitsinteressen bei der Bündnisexpansion berücksichtigt werden müssten.<ref>[https://www.bundestag.de/resource/blob/416610/331cde1a675291e8aca94f5aebac50aa/wd-2-031-16-pdf-data.pdf ''Zur öffentlichen Diskussion über Anfang der 1990er Jahre möglicherweise getroffene Zusagen westlicher Spitzenpolitiker zu einem Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung.''] Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, WD 2 – 3000 – 031/16 (PDF)</ref>

Der damalige Bundesfinanzminister [[Theo Waigel]] sagte im März 2022 über die Gespräche zur deutschen Wiedervereinigung: {{" |Es wurde damals kein einziges Wort über eine Erweiterung der NATO gesprochen. Wir haben 1990 ausschließlich die Frage diskutiert, was auf dem Gebiet der DDR passiert. |ref=<ref>[https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/konflikte-waigel-nato-osterweiterung-war-bei-verhandlungen-kein-thema-id62002336.html ''Waigel: Nato-Osterweiterung war bei Verhandlungen kein Thema.''] Augsburger Allgemeine, 9. März 2022.</ref>}}


==== Georgien ====
==== Georgien ====

Version vom 3. August 2023, 22:43 Uhr

Die NATO-Osterweiterung bezeichnet den Beitritt von Staaten des ehemaligen militärischen Beistandsbündnisses Warschauer Pakt (1955–1991) – beziehungsweise deren Nachfolgestaaten sowie von Nachfolgestaaten des damals blockfreien Jugoslawiens zur NATO. Sie vollzog sich bisher in fünf Schritten zwischen 1999 und 2020. Ein Beitritt zur NATO geschieht auf Antrag des jeweiligen Staates, dem nach Prüfung durch die NATO und Zustimmung aller NATO-Mitgliedstaaten die offizielle Einladung folgt. Die von der NATO schließlich angefertigten Beitrittsprotokolle der nachfolgenden Verhandlungen müssen, nach Zusage der Erfüllung von Vorgaben und Pflichten durch den beitrittswilligen Staat, wiederum von allen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Begleitet wird der geplante NATO-Beitritt von verschiedenen Maßnahmen, die unter anderem Programme und Instrumente wie die Partnerschaft für den Frieden, den „Individuellen Partnerschaftsaktionsplan“ (engl. Individual Partnership Action, IPAP) und darauf aufbauend einen „Aktionsplans für die Mitgliedschaft“ (engl. Membership Action Plan, MAP) umfassen können, um Beitrittskandidaten durch Beratung und Unterstützung auf den Beitritt zum Verteidigungsbündnis vorzubereiten.

Losgelöst davon, dass auch schon von sowjetischer bzw. russländischer Seite mehrfach der eigene NATO-Beitritt thematisiert worden war, sahen die russländischen Administrationen die von Russland unabhängigen Beitrittsbestrebungen der ehemaligen Paktstaaten wie jene der Visegrád-Gruppe oder der Länder des Balkans latent bzw. oft als Herausforderung. In ihrer Argumentation gegen die Osterweiterung beziehen sich die Vertreter Russlands meist auf ein angebliches mündliches Versprechen des Westens, die NATO nicht dorthin auszudehnen (siehe unten) und auf Sicherheitsinteressen Russlands. Über Gründe, Zielsetzungen und Auswirkungen der Beitritte ostmitteleuropäischer und osteuropäischer Staaten ist (auch in einem breiten gesellschaftlichen Kontext) kontrovers diskutiert worden.

An animation showing the year and location of counties as they joined the alliance.
Animation mit der Darstellung der schrittweisen Erweiterung der NATO

Erweiterungsrunden

Erste NATO-Osterweiterung 1999

Beitrittsrunde vom 12. März 1999
Polen, Tschechien und Ungarn

Im Februar 1991 gründeten Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei die Visegrád-Gruppe (nach Auflösung der Tschechoslowakei Anfang 1993 wurden die neuen Staaten Slowakei und Tschechien unabhängige Mitglieder der Gruppe, die nun auch kurz V4-Staaten genannt wird), um nach dem Ende von Ostblock und Kaltem Krieg die großteils gemeinsamen Herausforderungen möglichst kooperativ zu lösen und gemeinsam größeres politisches Gewicht zu erreichen, u. a. auch gegenüber der anfangs noch bestehenden Sowjetunion. Neben den gemeinsamen Interessen in Richtung EU- und NATO-Beitritt, im Herbst 1991 erklärten sie offiziell, der NATO beitreten zu wollen, und verstärkter Zusammenarbeit auf den Gebieten Kultur und Wirtschaft ging es der Visegrád-Gruppe zudem um technische Kooperation und einige Fragen nationaler Minderheiten, die europäische Integration im Rahmen der Europäischen Union und der NATO voranzutreiben und Militärreformen im Einklang mit NATO-Standards durchzuführen. Die anfängliche Reaktion der Regierungen der NATO-Länder auf diese Annäherung von ehemaligen Ländern des Warschauer Paktes war zunächst von Skepsis bis Ablehnung geprägt, u. a., da man auf die innenpolitisch sehr schwierige Situation der sowjetischen Regierung zwischen sowjetisch-konservativen Bewahrern und vielfältigen separatistischen oder renationalisierenden Strömungen Rücksicht nehmen wollte. Auf dem Gipfeltreffen in Rom im November 1991 einigten sich die V4-Mitglieder jedoch auf eine Reihe von Zielen wie Marktreformen und demokratische Liberalisierungen, die zum Beitritt führen könnten.

In den folgenden Jahren wurden weitere Foren für die regionale Zusammenarbeit zwischen der NATO und ihren östlichen Nachbarn eingerichtet, darunter der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat und die Partnerschaft für den Frieden.[1]

Wenige Monate nach der Auflösung der Sowjetunion und Entmachtung von Präsident Gorbatschow Ende 1991 wurde erstmals im Sommer 1992 in den gewaltsamen und militärischen Auseinandersetzungen im Transnistrienkrieg zwischen den russo-sowjetisch orientierten Sezessionisten der Region Transnistrien der Republik Moldau mit der moldauischen Regierung die Sezessionsbewegung teils von russischem Militär, wie auch von russischen Freiwilligen und sowjetischen Waffen- und Munitionsbeständen als Teil des postsowjetischen GUS-Raums mit Zentrum in Moskau gestützt, womit nachfolgend eine Veränderung der Außenpolitik der Russischen Föderation im sogenannten 'Nahen Ausland', dem postsowjetischen GUS-Raum sichtbar wurde und ihren erkennbaren Anfang nahm, wie die anschließenden Militäraktionen im Krieg in Abchasien (1992/1993) belegen. Im Januar 1993 war die Erarbeitung der Hauptleitsätze der Konzeption der Außenpolitik der Russischen Föderation erfolgt, die im April/Frühsommer angenommen wurden und in welchen u. a. Osteuropa als historisch zur russischen Interessensphäre gehörig bezeichnet wurde.[2][3] Die unmittelbar anschließende russische Verfassungskrise (1993) und neue russische Militäraktionen, darunter der Erste Tschetschenienkrieg (1994–1996), veranlassten die mittel- und osteuropäischen Länder, insbesondere diejenigen mit eigenen Erinnerungen an ähnliche sowjetische Offensiven, auf eine NATO-Beitrittserklärung zu drängen, um ihre langfristige Sicherheit zu gewährleisten.[4] Politische Parteien, die eine NATO-Mitgliedschaft ablehnten, wurden abgewählt, darunter die Bulgarische Sozialistische Partei im Jahr 1996 und die slowakische HZDS im Jahre 1998.[5] In einem Referendum sprachen sich 1997 85,3 % der Ungarn für eine NATO-Mitgliedschaft ihres Landes aus.[6]

Auf dem NATO-Gipfel in Madrid 1997 wurden Polen, Tschechien und Ungarn erstmals Beitrittsverhandlungen angeboten, später auch weiteren osteuropäischen Staaten. Die Beitrittsverhandlungen mit Tschechien wurden von tschechischer Seite von Otto Pick geführt.[7] Am 12. März 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei, die Slowakei folgte im Jahr 2004. Trotz Mitgliedschaft in der NATO ist die kollektive Sicherheit weiterhin eines der Kernanliegen der Visegrád-Gruppe, insbesondere das teils angespannte Verhältnis zu Russland ist ein Themenfeld. Auch Probleme wie der islamistische Terrorismus und die Regelung des Grenzverkehrs werden diskutiert.

Zweite NATO-Osterweiterung 2004

Beitrittsrunde vom 29. März 2004
Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien

Beim NATO-Gipfeltreffen in Washington 1999, bei dem Ungarn, Polen und Tschechien offiziell beitraten, beschloss die NATO neue Richtlinien für zukünftige Mitglieder mit individualisierten „Aktionsplänen zur Mitgliedschaft“ für Albanien, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Nordmazedonien, Rumänien, die Slowakei und Slowenien.[8] Im Mai 2000 schlossen sich diese Länder mit Kroatien zur Vilnius-Gruppe zusammen, um zusammenzuarbeiten und sich für eine gemeinsame NATO-Mitgliedschaft einzusetzen.

Beim Gipfeltreffen in Prag im November 2002 lud die NATO die Länder Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien zu Beitrittsgesprächen ein.[9] Auf dem Istanbuler Gipfel im März 2004 traten diese sieben Länder der NATO bei, Slowenien hatte im Vorjahr ein Referendum über den Beitritt zur NATO abgehalten, bei dem 66 % die Mitgliedschaft befürworteten.[10]

Insbesondere die drei baltischen Staaten trieben ihre NATO-Ambitionen mit hoher Intensität voran, da sie davon ausgingen, das historische Fenster für einen Beitritt könnte sich schnell wieder schließen. Dabei mussten auch auf westlicher Seite viele Vorbehalte ausgeräumt werden. Neben der Unterstützung für die Beitrittsbemühungen der drei baltischen Staaten gab es anfangs auch das Bestreben zu „bremsen“. So hatte Bundeskanzler Kohl mit Rücksicht auf Russland seinen Verteidigungsminister Volker Rühe, der ihren Beitritt befürwortete, vor dessen Reise in die baltischen Staaten 1995 angewiesen, ihnen kein Beitrittsperspektive zu eröffnen.[11] Die russische Reaktion war gemäßigt ablehnend. So bemerkte der russische Präsident Wladimir Putin im Jahre 2001, die Frage einer Ablehnung der Mitgliedschaft der baltischen Staaten in der NATO könne man nicht mit Ja oder Nein beantworten.[12] Im April 2004, wenige Tage nach dem Beitritt der baltischen Staaten, erklärte Putin während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Gerhard Schröder: „Hinsichtlich der Nato-Erweiterung haben wir keine Sorgen mit Blick auf die Sicherheit der Russischen Föderation.“ Bei einem Besuch des NATO-Generalsekretärs sechs Tage später sagte Putin, jedes Land habe das Recht, seine eigene Form der Sicherheit zu wählen.[13] Eine Studie aus dem Jahr 2006 in der Zeitschrift Security Studies argumentiert, die NATO-Erweiterungen 1999 und 2004 hätten zur demokratischen Konsolidierung in Mittel- und Osteuropa beigetragen.[14]

Dritte NATO-Osterweiterung 2009

Beitrittsrunde vom 1. April 2009
Albanien und Kroatien

Beim NATO-Gipfel in Bukarest im April 2008 wurde der Beitritt Albaniens und Kroatiens offiziell beschlossen. Ihr Beitritt wurde für den NATO-Gipfel im April 2009 in Kehl und Straßburg geplant,[15] von allen NATO-Mitgliedern ratifiziert[16] und am 1. April 2009 vollzogen.[17]

Vierte NATO-Osterweiterung 2017

Beitrittsrunde vom 5. Juni 2017
Montenegro

Bei ihrem Treffen in Brüssel am 3. Dezember 2009 erklärten die Außenminister der 28 NATO-Mitgliedstaaten Montenegro zum Beitrittskandidaten; sie nannten dabei noch kein mögliches Beitrittsdatum.[18] Am 2. Dezember 2015 wurde auf einem Treffen der Außenminister der NATO-Staaten in Brüssel eine offizielle Einladung an Montenegro ausgesprochen, sich dem Bündnis anzuschließen.[19] Der Beitritt als 29. Mitgliedsland wurde schließlich am 5. Juni 2017 vollzogen.[20]

Fünfte NATO-Osterweiterung 2020

Beitrittsrunde vom 27. März 2020
Nordmazedonien

2008 teilte die NATO mit, dass Nordmazedonien der Militärallianz beitreten dürfe, sobald der Namenskonflikt mit Griechenland beigelegt sei. Moskau befürchtete, dass ein NATO-Beitritt Nordmazedoniens den russischen Einfluss im Westbalkan schwächen könnte. Am 7. April 2017, noch bevor der westorientierte Zoran Zaev zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, sagte Moskaus Botschafter Oleg Schtscherbak in Skopje, Moskau wolle auf dem Balkan „einen Streifen militärisch neutraler Länder“ aus Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Serbien und Nordmazedonien schaffen, und drohte Nordmazedonien mit wirtschaftlichen und diplomatischen Strafen. Laut dem mazedonischen Geheimdienst UBK versuchten der russische Auslandsgeheimdienst SWR und der Militärgeheimdienst GRU, Soldaten, Polizisten und Geheimdienstler anzuwerben, um ein Netzwerk militärisch trainierter Personen aufzubauen, die bei Bedarf eingesetzt werden könnten, um russische Interessen durchzusetzen. Darüber hinaus habe Russland versucht, über Wirtschaftsprojekte wie den Bau einer Pipeline in Nordmazedonien durch die Firma Strojtransgas, die Gründung mehrerer „Freundschaftsvereinigungen“ und in lokalen Medien platzierte Desinformation Einfluss zu nehmen.[21]

Im Juni 2018 einigten sich Griechenland und Nordmazedonien, und das Land führte ein Referendum durch. Beide Länder beschuldigten Russland, Widerstand und Demonstrationen gegen das Namensabkommen geschürt zu haben. Russische Diplomaten sollen zudem griechische Staatsfunktionäre und Gegner des Namensabkommens bestochen haben. Im Juli 2018 verwies Griechenland in diesem Zusammenhang zwei russische Diplomaten und zwei weitere Russen des Landes. Während des NATO-Gipfels in Brüssel 2018 sagte der nordmazedonische Ministerpräsident Zaev, dass er zwar wisse, dass Russland hinter einigen Protesten gegen die Einigung mit Griechenland stecke, dass sein Land jedoch Freundschaft mit allen anstrebe und keinen Konflikt suche.[22] In der NATO wurde ebenfalls befürchtet, dass Moskau vor dem Namensreferendum in Nordmazedonien versuchen könnte, die Gegner der Lösung im Namensstreit zu unterstützen.[23]

Im Juli 2018 lud die NATO Nordmazedonien offiziell zu Beitrittsgesprächen ein.[24] Am 6. Februar 2019 wurde das Beitrittsprotokoll Nordmazedoniens unterzeichnet. Nach der Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten trat Nordmazedonien am 27. März 2020 der NATO als 30. Mitglied bei.[25]

2022/23

Am 24. Februar 2022 begannen Streitkräfte der Russischen Föderation auf Befehl von Staatspräsident Putin völkerrechtswidrig den russischen Überfall auf die Ukraine. Am 17. Mai 2022 beantragten Finnland und Schweden die Aufnahme in die NATO (siehe hier). Finnland hat eine etwa 1340 km lange Grenze zu Russland, mehr als jedes andere NATO-Mitglied (zum Vergleich: Polen hat eine 232 km lange Grenze zur Oblast Kaliningrad, Estland 294 km, Lettland 284 km, Litauen 266 km).

Am 4. April 2023 trat Finnland der NATO bei.[26]

Kandidaten und Interessenten

  • Mitgliedstaaten
  • Staaten, die sich im Beitrittsprozess befinden
  • Beitrittskandidaten (MAP)
  • Zugesagte Einladung
  • Kein Beitritt geplant
  • Haltung zum Beitritt unbekannt
  • Bosnien und Herzegowina

    Bosnien und Herzegowina ist ebenfalls an einer Mitgliedschaft interessiert: Auf dem Gipfel in Bukarest im April 2008 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedstaaten, mit dem Balkanstaat Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.[27] Bei ihrem Treffen am 3. Dezember 2009 erklärten die Außenminister, Bosnien-Herzegowina sei noch nicht weit genug für den Status eines Beitrittskandidaten und benötige weitere Reformen zur Demokratisierung.[28] Am 18. Dezember 2018 beschlossen die Außenminister der beteiligten NATO-Staaten, Bosnien und Herzegowina in den Aktionsplan für Beitrittskandidaten („Membership Action Plan“ – MAP) aufzunehmen.[29]

    Serbien

    Die NATO stufte Serbien 2007 ebenfalls als möglichen Beitrittskandidaten ein.[30] Das Parlament Serbiens verabschiedete 2007 eine Resolution über militärische Neutralität. Der damalige Verteidigungsminister Dragan Šutanovac (Regierung Cvetković) erklärte im Februar 2009, Serbien werde wahrscheinlich die Vollmitgliedschaft in der NATO nicht beantragen, aber es beabsichtige, die Partnerschaft mit der Allianz durch eine intensivere Teilnahme an internationalen Operationen zu stärken.[31] Der Kosovo wollte 2008 so schnell wie möglich der NATO beitreten.[32] Seit 2015 nimmt Serbien am „Individuellen Partnerschaftsaktionsplan“ („Individual Partnership Action Plan“) der NATO teil. Dieser bietet „interessierten Partnerländern, die Bedarf an einer konkreteren Unterstützung bei ihren innenpolitischen Reformen, insbesondere im Verteidigungs- und Sicherheitssektor, signalisieren, eine auf die jeweiligen Erfordernisse und Gegebenheiten zugeschnittene Unterstützung an.“

    Georgien

    Georgien möchte – wie die Ukraine – ebenfalls so bald wie möglich der NATO beitreten; Russland lehnt auch dies ab. Die westeuropäischen NATO-Staaten lehnten Verhandlungen mit Rücksicht auf Russland ab, wogegen die osteuropäischen NATO-Staaten möglichst schnell mit Georgien und der Ukraine Beitrittsverhandlungen aufnehmen möchten und dabei auf den Kaukasuskrieg 2008 verweisen. Deutschland und Frankreich betonten 2008, dass Georgien mit seinen abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien, die sich für unabhängig erklärt hatten, die NATO destabilisieren würde und die Mehrheit der Ukrainer einen Beitritt zur NATO ablehne.[33] Einen Membership Action Plan (MAP) auf dem Weg zum vollwertigen Mitglied, der Georgien unter den Schutzschirm des Artikels 5 der NATO bringen würde, unterbreitete die NATO nicht.[34] Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 wachsen in Georgien die Befürchtungen einer Ausweitung auf das eigene Territorium.[35][36]

    Ukraine

    Die Beziehungen zwischen der Ukraine und der NATO begannen – wie die Staaten der Visegrad-Gruppe – 1992 und sind unter anderem in der NATO-Ukraine-Charta (1997) geregelt. Der von Russland geführte Krieg in der Ukraine seit 2014 (völkerrechtswidrige Annexion der Krim 2014) sowie die Unterstützung Russlands von bewaffneten Separatisten im Donbass belastet sowohl die Beziehungen zur Ukraine sowie zu den NATO-Mitgliedstaaten zusätzlich. Am 7. Februar 2019 verankerte die Werchowna Rada in der Verfassung der Ukraine die strategische Orientierung des Staates zum vollständigen Beitritt zur NATO sowie zur Europäischen Union.[37] Dies war für Russland einer der offiziell vertretenen Kriegsgründe für den Überfall auf die Ukraine im Februar 2022.

    A map of Europe with countries in six different colors based on their affiliation with NATO.
    Karte der NATO in Europa
  • Mitgliedstaaten
  • Membership Action Plan
  • Intensified Dialogue
  • Individual Partnership Action Plan
  • Partnerschaft für den Frieden
  • Aspiring PfP members
  • Aserbaidschan, Armenien, Kasachstan, Moldau

    Aserbaidschan (2005), Armenien (2005), Kasachstan (2006), Moldau (2006) sowie Georgien (2004), Bosnien und Herzegowina (2008), Serbien (2015) und seit 2021 auch die Ukraine nehmen am „Individuellen Partnerschaftsaktionsplan“ der NATO teil.

    Aserbaidschan, Armenien, Kasachstan, Moldau sowie Georgien, Serbien und die Ukraine beteiligen sich zudem am NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“, an dem aktuell 19 Staaten teilnehmen, unter anderem auch Staaten wie Irland, Malta, die Schweiz sowie Österreich, Belarus und Russland.[38]

    Kontroversen

    Die jeweiligen einzelstaatlichen Bestrebungen der Mitgliedschaft an einem anderen kollektiven Verteidigungsbündnis wurden nach der Auflösung des Warschauer Paktes 1991 von Teilen der Russischen Föderation – beginnend ab 1991 mit der Gründung der Visegrád-Gruppe – teils kritisch beurteilt. Diese Kritiker nahmen stets auf ein angebliches Versprechen „des Westens“ Bezug, die NATO nicht auszudehnen, welches gebrochen worden sei, außerdem auf Sicherheitsinteressen Russlands als Folge des Zerfalls der Sowjetunion. Noch im Jahr 2004 gratulierte Präsident Putin den baltischen Staaten zum Beitritt. Er sagte am 2. April 2004 „Hinsichtlich der Nato-Erweiterung haben wir keine Sorgen mit Blick auf die Sicherheit der Russischen Föderation.“[39] Mit Unterzeichnung durch denselben Präsidenten Putin trat am 31. Dezember 2015 Ukas 683 und damit eine neue Militärdoktrin in Kraft, welche erstmals die USA sowie deren Alliierte, die NATO und die EU als Bedrohung für Russland und seine Nachbarn benannte. Gleichzeitig habe Putin die OSZE als Verkörperung der Friedensordnung in Europa marginalisiert, so Pälvi Pulli.[40]

    • Von einigen westlichen Politikern und Wissenschaftlern wird die Erweiterung als Reaktion auf den Wandel der russischen Außenpolitik, vor allem unter den Präsidenten Boris Jelzin und Wladimir Putin interpretiert. Ursprünglich sei neben und oberhalb der NATO eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands beabsichtigt worden. Die wachsende Unsicherheit und Bedrohungslage durch Russland habe aber mehr und mehr Staaten dazu veranlasst, sich dem westlichen Militärbündnis anschließen zu wollen. Diese Aufnahmewünsche seien ab 1997 angenommen worden.
    • Vertreter des Realismus in internationalen Beziehungen, besonders John Mearsheimer, interpretieren die russische Ablehnung der Erweiterung der NATO als allgemeines rationales und erwartbares Verhalten zur Sicherung der Interessensphäre eines Landes.

    Der Begriff NATO-Osterweiterung wird inzwischen von spezialisierten Historikern und Politikwissenschaftlern als russische Propaganda und als ein russisches Narrativ gesehen. Nicht die NATO habe sich von sich aus erweitert, so die Militärexpertin Claudia Major (Stiftung Wissenschaft und Politik) und die Sicherheitsexpertinnen Ulrike Franke, Jana Puglierin, Margarete Klein und Florence Gaub, sondern die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes – beziehungsweise deren Nachfolgestaaten–, die baltischen Staaten sowie die Nachfolgestaaten des blockfreien Jugoslawiens hätten um Aufnahme gebeten. Daher sei es falsch, von NATO-Osterweiterung zu sprechen.[41]

    Position der Sowjetunion und Russlands

    Michail Gorbatschow, der von März 1990 bis Dezember 1991 Staatspräsident der Sowjetunion gewesen war bzw. die sowjetische Regierung, stimmten mit dem 2+4-Vertrag, Art. 6, dem Recht des vereinten Deutschland auf freie Bündniswahl zu, wenngleich Art. 5, Absatz 3 für das Gebiet der DDR festschreibt, dass dort künftig deutsche Streitkräfteverbände, die einem Bündnis angehören, stationiert werden dürfen, aber keine ausländischen. Einerseits war für Gorbatschow eine Vergrößerung der NATO-Zone auf Ostblock-Staaten „inakzeptabel“.[42][43] In einem Telegramm an den französischen Präsidenten vom April 1990 schlug Gorbatschow wiederum eine paneuropäische Sicherheitsarchitektur unter Führung der NATO vor. Im Mai 1990 erwog er sogar eine Mitgliedschaft der Sowjetunion in der NATO.[44] Die Ablehnung einer NATO-Erweiterung auf die mittelosteuropäischen Staaten bzw. vor allem die Ablehnung einer von der Sowjetunion bzw. dann Russland gänzlich unabhängigen freien Bündniswahl dieser Mitgliedsstaaten des sich zum 1. Juli 1991 auflösenden Warschauer Paktes blieb eine Konstante der Außenpolitik der sowjetischen Regierung und Politik bis zum von Hardlinern und Reaktionären versuchten Moskauer Augustputsch 1991.[45]

    Nach der Auflösung der Sowjetunion Ende Dezember 1991 übernahm die Russische Föderation defacto die Rechtsnachfolge der Sowjetunion. Bei der Frage eines frei und selbst bestimmten NATO-Beitritts ehemaliger Warschauer-Pakt-Mitglieder agierte der russländische Außenminister Kosyrew anfangs anscheinen hinhaltend und versuchte eine Integration der ehemaligen Mitgliedsstaaten in eine unbestimmte Zukunft zu verzögern, verbunden mit Anspruch, diese Staaten sollten einen möglichen Beitrittsprozess mit der Moskauer Administration 'koordinieren'. Zugleich bestand anfangs von Seiten der NATO und der NATO-Mitglieder zudem weit überwiegend kein Interesse am Beitritt ehemaliger Warschauer-Pakt-Staaten bestand. Doch bis Ende 1992 geriet Außenminister Kosyrew mit seinem vergleichsweise moderaten außenpolitischen Kurs wohl unter massiven Druck von Konservativen und russländischen Nationalisten, vor ihrer möglichen Machtübernahme warnte er spektakulär Mitte Dezember 1992. Nachfolgend wurden ab Januar 1993 neue außenpolitische Richtlinien erarbeitet, die im April genehmigt wurden, in welchen sowjetisch-russländische Großmacht-Führungs- und Sicherheitsansprüche z. B. gegenüber den ehemaligen anderen sowjetischen Gebieten und Republiken, den GUS-Staaten als 'Nahes Ausland', deutlicher wurden. Sowohl die öffentliche Meinung wie auch die hohe Politik veränderten sich analog, was Fragen eines möglichen NATO-Beitritts mittelost- und vor allem osteuropäischer Staaten betraf, blieb aber dennoch immer wieder ambivalent.[46][47]

    Ende August 1993 formulierte die russländische Politik in Person von Präsident Boris Jelzin beim Besuch in Warschau erstmals öffentlich in einer gemeinsamen Erklärung mit dem polnischen Staatspräsidenten Lech Walesa explizit eine Art Billigung der Bemühungen verschiedener mittelosteuropäischer Regierungen für einen Beitritt zur NATO, hier für entsprechende Absichten der polnischen Regierung. Allerdings erfuhr Jelzin mit dieser öffentlichen Erklärung umgehend massiven und breiten innenpolitischen Widerstand, welcher zu einer nachhaltigen, von Ambivalenzen geprägten Veränderung der russländischen Politik in dieser Frage führte.[48]

    Diese Veränderung aufgrund der massiven Kritik an Jelzins Warschauer Erklärung, wie auch aufgrund einer seit Anfang 1993 einsetzenden und im April fixierten Erneuerung der Hauptleitsätze der Konzeption russländischer Außenpolitik, wird erstmals im Brief des russischen Präsident Boris Jelzin vom 15. September an US-Präsident Bill Clinton erkennbar, in welchem Jelzin u. a. schreibt, die öffentliche Meinung könnte eine NATO-Osterweiterung gewiss als eine Art „Neo-Isolation“ Russlands wahrnehmen.[49][42] Mit der NATO-Russland-Grundakte von 1997 wurde der Versuch unternommen, Russlands Vorbehalte gegenüber der NATO-Osterweiterung abzuschwächen. Darin erklärten NATO und Russland ihre Absicht, eine starke, stabile, dauerhafte und gleichberechtigte Partnerschaft aufzubauen. Ziel sei es, die Sicherheit und Stabilität im euro-atlantischen Raum zu stärken. Jelzin stimmte schließlich der NATO-Osterweiterung im Jahr 1997 offiziell zu,[50] habe aber erklärt, er „tue das nur, weil der Westen“ ihn „dazu zwinge“.[42]

    Nach Angaben des früheren NATO-Generalsekretärs George Robertson soll Wladimir Putin schon kurz nach seinem Amtsantritt Interesse an einem Beitritt Russlands zum Verteidigungsbündnis bekundet haben. Als Robertson ihm erklärte, dass Mitgliedsstaaten üblicherweise einen Beitrittsantrag stellen, soll Putin mit den Worten reagiert haben „Well, we’re not standing in line with a lot of countries that don’t matter.“ (Nun, wir stehen nicht in einer Warteschlange mit vielen anderen Ländern, die nicht von Bedeutung sind). Diese Darstellung sieht Jennifer Rankin (The Guardian) in Übereinstimmung mit dem, was Putin David Frost kurz nach seinem Amtsantritt Mitte 2000 mitteilte. Er schließe einen Beitritt zur NATO nicht aus, „wenn und sobald Russlands Ansichten als gleichberechtigter Partner berücksichtigt werden“. Dabei falle es ihm schwer, sich die NATO als Feind vorzustellen: „Russland ist ein Teil der europäischen Kultur. Und ich kann mir mein eigenes Land nicht isoliert von Europa und dem, was wir oft die zivilisierte Welt nennen, vorstellen.“[51]

    In einem am 2. Januar 2005 veröffentlichten Interview mit dem Handelsblatt räumte der russische Außenminister Sergei Lawrow der Ukraine und Georgien das Recht auf einen möglichen NATO-Beitritt ein. Er erklärte: „Das ist deren Wahl. Wir achten das Recht jedes Staates, – unsere Nachbarn eingeschlossen –, sich seine Partner selbst zu wählen, selbst zu entscheiden, welcher Organisation sie beitreten wollen.“[52]

    Putin kritisierte allerdings die NATO-Osterweiterung auf der 43. Münchner Sicherheitskonferenz 2007 und beklagte: „Die Garantien, die uns gegeben wurden, wurden nicht eingehalten. Ist das normal?“ Mit „Garantien“ verwies Putin auf die angeblich an Michail Gorbatschow 1990 mündlich gegebenen Zusagen, auf eine weitergehende Verlegung der NATO-Grenzen nach Osten zu verzichten.[53]

    Sowjetische Rezeption von NATO-Nichtausweitungsaussagen

    Einer der umstrittenen Punkte ist, ob während der Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages von 1990 schriftliche oder mündliche Zusagen an die Sowjetunion gegeben wurden, die NATO nicht nach Osten zu erweitern. Ein Bruch dieser Versprechen wurde im Rahmen des im März 2014 von Russland begonnenen Ukraine-Kriegs und völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und der damit verbundenen außenpolitischen Krise als mögliche Ursache des Konfliktes verstärkt diskutiert, erneut nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022. Wenig Beachtung fand in diesem großen Diskussionsfeld um vermeintliche Zusagen der Unterschied zwischen einem Angebot, das entsprechend angenommen oder nicht angenommen wurde und einer Zusage.

    Am 31. Januar 1990 erklärte Hans-Dietrich Genscher, als Teilnehmer eines zweitägigen Treffens von bedeutenden Persönlichkeiten aus Politik und Kirchen, Kultur und Wirtschaft zur Frage der Zukunft der beiden deutschen Staaten, in einer langen Rede in der Akademie Tutzing u. a.:

    „Sache der NATO ist es, eindeutig zu erklären: Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des Nato-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben. […] Der Westen muss auch der Einsicht Rechnung tragen, dass der Wandel in Osteuropa und der deutsche Vereinigungsprozess nicht zu einer Beeinträchtigung der sowjetischen Sicherheitsinteressen führen dürfen.“[54]

    Im Interview mit einem Korrespondenten der Tagesschau am gleichen Tag äußert sich Genscher zu dessen Fragen über Genschers Tutzinger Vortrag:

    „Interviewer:
    Herr Minister, keine militärische Ausdehnung der NATO auf das Gebiet der DDR, aber auch kein neutralisiertes Gesamtdeutschland, wie soll das Ihrer Meinung nach zusammen gehen?
    Genscher:
    Deutschland wird Mitglied sein in der NATO, aber die Streitkräfte der NATO werden in dem Raum bleiben, in dem sie heute stehen; d. h., auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
    Interviewer:
    Haben Sie denn diese Vorstellungen mit Ihren Kollegen in der NATO abgesprochen?
    Genscher:
    Nein, das ist ein deutscher Beitrag zu kooperativen Sicherheitsstrukturen in Europa und der NATO geht ja dabei nichts verloren, […]“

    Am 2. Februar 1990 gaben der deutsche und der US-amerikanische Außenminister Genscher und Baker in Washington nach einem zweistündigen Treffen zwischen beiden Politikern kurze Statements und beantworteten einige wenige Fragen der anwesenden Pressevertreter, Genscher bemerkte u. a.:[55]

    „Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell.“

    Eine ähnliche Aussage fiel im Gespräch Genschers mit Douglas Hurd bei ihrem Treffen am 6. Februar 1990 in Bonn, in welchem Genscher Hurd gegenüber u. a. bemerkte, „Der Westen könne vieles tun, um die derzeitigen Entwicklungen für die SU zu erleichtern. Wichtig sei insbesondere die Erklärung, daß die NATO nicht beabsichtige, ihr Territorium nach Osten auszudehnen. Eine solche Erklärung dürfe sich nicht nur auf die DDR beziehen, sondern müsse genereller Art sein. Beispielsweise brauche die SU auch die Sicherheit, daß Ungarn bei einem Regierungswechsel nicht Teil des westlichen Bündnisses werde.“ Worauf Hurd erwiderte, dass er die Auffassung teile, allerdings erneut hervorhebe, diese Fragen würden eine rechtzeitige Diskussion im Bündnis erfordern.[56]

    Genscher hat bei Hurd erkennbar nicht für die NATO gesprochen, sondern erneut die Forderung aufgestellt, die NATO sollte sich entsprechend erklären, wie auch die Erwiderung von Hurd auf Genscher zeigt, mit dessen Hinweis auf die erforderliche rechtzeitige Diskussion im 'Bündnis' (NATO). Unabhängig von den schriftlichen Belegen aus den Dokumenten-Editionen positioniert sich Frank Elbe, der dies als Zusage für eine Erklärung der NATO verstanden haben will.[57]

    Von Baker existieren verschiedene handschriftliche, stichwortartige Notizen vom 8. Februar zu seinen Gesprächen mit Schewardnadse bei seinem Moskau-Besuch im Februar 1990. Darunter eine, die nach Sarottes 1989, 2014 erschienen, als eine der Kernaussagen Bakers – gegenüber Schewardnadse – bezeichnet wird, in ihrem Titel Not one Inch von 2022 andererseits als Zusammenfassung dieser Diskussionspunkte mit Schewardnadse: in einem vereinten Deutschland die NATO-Zuständigkeit oder die NATO-Militärstruktur nicht östlich auf das DDR-Gebiet auszuweiten.[58][59]End result: Unified Ger. anchored* in a changed (polit.) NATO –* whose jurisd. would not move* eastwards!

    Genscher erneuerte bei seiner Rede auf der SIPRI-IPW-Konferenz am 9. Februar in Potsdam seine in Tutzing formulierte Aufgabe an die NATO, diese könne gerade angesichts jener Entwicklungen einen wichtigen Stabilitätsbeitrag leisten, wenn sie unmissverständlich erkläre, was immer im Warschauer Pakt geschehe, eine Erweiterung der NATO nach Osten näher an die Sowjetunion heran werde es nicht geben.[60]

    Am 9. Februar formulierte Baker bei seinem Treffen mit Außenminister Schewardnadse und Gorbatschow inhaltlich fast gleiche Vorschläge wie Genscher.[61][62] In der fünfseitigen, schriftlichen Gemeinsamen Erklärung der Außenminister Baker und Schewardnadse vom 10. Februar 1990 zu den Gesprächen in Moskau zwischen Baker und Schewardnadse sowie Baker und Gorbatschow, die geplante gemeinsame Pressekonferenz Baker und Schwardnadse war abgesagt worden, wird weder die Genscher-Formulierung, noch Bakers angebliche Zusage, die NATO nicht nach Osten auszuweiten, thematisiert oder erwähnt.[63]

    Am 10. Februar wiederholte Kohl im Gespräch mit Gorbatschow die Tutzing-Formel.[64] Und Horst Teltschik schrieb dazu, am 10. Februar 1990 seien keine Zusagen gemacht worden.[65]

    Dass zumindest keine von sowjetischer Seite als „Zusagen“ eingeschätzte bzw. wahrgenommene Äußerungen von Kohl und Genscher bei ihrem kurzfristigen Arbeitsbesuch in Moskau am 10. Februar 1990 getätigt wurden, verdeutlicht das zweite, resümierende Gespräch von Kohl und Gorbatschow am 10. Februar, nun in großer Runde mit Genscher und Schewardnadse und ihren Beratern, in welchem die angebliche Zusage einer generellen Nichtausweitung der NATO nach Osten mit keinem Wort erwähnt oder vorgestellt wird.[66] Dies gilt ebenso für das offizielle Kommuniqué der sowjetischen Administration vom gleichen Tag zum Treffen Gorbatschows und Kohls[67] und für die Erklärung von Bundeskanzler Kohl abends vor der Presse in Moskau.[68]

    Schon im Gespräch von US-Außenminister Baker mit Gorbatschow in Moskau am 9. Februar referierte Gorbatschow recht ausführlich die Tutzinger Tagung vom 31. Januar und die Positionen der verschiedenen Diskussions- und Redebeiträge der vielfach bekannten Teilnehmer, beim Thema künftiger militärischer Status Gesamtdeutschlands fast ausnahmslos jene, welche den damals dominierenden sowjetischen Vorstellungen zum künftigen militärischen Status eines geeinten Deutschland entsprachen, wie der Neutralität oder Mitgliedschaft in beiden Verteidigungsorganisationen NATO und Warschauer Pakt. Die Rede Genschers erwähnt Gorbatschow gegenüber Baker mit keinen Wort, keiner Andeutung, dafür offenkundig kritisch einige Aussagen Willy Brandts in Tutzing, die Genschers Vorstellungen deutlich ähnelten.[69]

    Auf der Open-Skies-Konferenz der Außenminister von NATO und Warschauer Pakt im kanadischen Ottawa vom 12.–14. Februar 1990 wird keine entsprechende Vereinbarung, Idee oder Zusage formuliert, verhandelt und besprochen, als Aufgabe bzw. Erklärung gemeinsam abgegeben bzw. veröffentlicht.

    Die breite Zurückhaltung, Skepsis bis Ablehnung bei den sowjetischen Akteuren und Entscheidern schon gegenüber Genschers Tutzinger Positionen

    • einer Ablehnung der Neutralisierung Deutschlands,
    • einer Befürwortung der Mitgliedschaft eines Gesamtdeutschland in der NATO
    • bei Beibehaltung der NATO-Militärstruktur auf dem Gebiet der Bundesrepublik,
    • verbunden mit dem Vorschlag, die NATO-Militärstruktur nicht auf das DDR-Gebiet auszuweiten,

    kann vielfach und breit belegt werden, wobei ebenso sichtbar wird, dass Genschers Idee, die NATO möge allgemeine Aussagen treffen, das NATO-Gebiet generell nicht in Richtung Grenzen der Sowjetunion auszuweiten, bei den Moskauer Entscheidern und Akteuren praktisch völlig ignoriert wurde, bis auf den sowjetischen Außenminister Schewardnadse als einer der seltenen sowjetischen Politiker, die überhaupt auf den Genscher-Plan mit einer Bemerkung reagierten, und der einzige, der sich nicht sofort dagegen positionierte.[70] Nikolai Pawlow, sowjetisch-russischer Zeithistoriker, vermerkt 1996 ganz ähnlich den entschiedenen sowjetischen Widerstand im Februar 1990 gegen den 'Genscher-Plan', öffentlich wie vertraulich selbst beim damaligen sowjetischen Außenminister Schewardnadse, inklusive der zusätzlichen Idee Genschers, sich gegen eine Ausweitung eines unter Kontrolle der NATO stehenden Gebiets nach Osten zu wenden, egal, wie sich der Warschauer Pakt verändern werde.[71] Der Politikwissenschaftler Rafael Biermann resümiert als Fazit in Zwischen Kreml und dem Kanzleramt (1997) u. a., eine zweite verpasste Chance für Gorbatschow sei dessen undifferenzierte Ablehnung des Genscher-Planes im Februar 1990 gewesen.[72] Dass Genschers Äußerungen in Tutzing Ende Januar 1990 selbst für Gorbatschow nicht akzeptabel waren, zeigt sich auch in seinem Brief vom 7. Februar 1990 an Willy Brand, u. a. schreibt Gorbatschow an Brandt:

    „Der militärisch-politische Status des künftigen einheitlichen Deutschland ist für uns das Schlüsselproblem. [...] Man sollte wohl kaum die Erörterung der dazu gehörenden Pro- [432] bleme, einschließlich der Möglichkeit für die militärische Neutralität Deutschlands, aufschieben. [...] Und diejenigen, die sich auf Gedankengänge über die Zugehörigkeit des ganzen künftigen einheitlichen Deutschland bzw. dessen Teile zur NATO und über die weitere Benutzung des Territoriums der BRD zu den Zwecken einlassen, die den Zielen eines militärischen Blocks dienen, sind gegen die Wiedervereinigung, sind für das Fortbestehen der Spaltung.“[73]

    Im Bericht der 20h-Tagesschau vom 9. Februar 1990 über den Baker-Besuch heißt es wiederum zu den Gesprächen mit Baker lediglich, es gehe zwischen den USA und der Sowjetunion u. a. um Abrüstung und um die Frage, ob ein vereintes Deutschland, wie Baker es wolle, Mitglied der NATO sein könne. Seine Meinung dazu wolle Gorbatschow nicht den Journalisten mitteilen. Der nachfolgende Einspieler zeigt den ARD-Korrespondenten in Moskau, Albrecht Reinhardt, der einen Kommentator der offiziösen sowjetischen Nachrichtenagentur TASS u. a. damit anführt, Genschers Vorschlag eines vereinten Deutschland innerhalb der NATO, aber ohne westliche Truppen auf dem Gebiet der heutigen DDR, sei weder realistisch noch konstruktiv.

    Nochmals Gorbatschow im Vier-Augen-Gespräch mit Bundeskanzler Kohl am 10.2.90 in Moskau zu Genschers Vorschlag der Nichtausdehnung der NATO-Militärstrukturen auf das DDR-Gebiet in einem geeinten Deutschland:

    „[…] Trotzdem sehe er ein vereinigtes Deutschland außerhalb des militärischen Gebäudes mit nationalen Streitkräften, die für die nationale Verteidigung ausreichen. Er wisse nicht, wie der Status aussehen solle, wenn nicht neutral, so vielleicht blockfrei […]. [...] Alle solche Überlegungen, daß ein Teil Deutschlands in der NATO, der andere Teil dem Warschauer Pakt angehöre, seien nicht ernst zu nehmen. Dies gelte auch für den Vorschlag, das bestimmte Truppen bis zu einem bestimmten Fluß, jedoch nicht im anderen Teil Deutschlands stationiert werden sollten. Dies sei auch nicht ernst zu nehmen. Sie sollten diese Gedanken einmal miteinander durchspielen. […]“[74]

    Die konservative sowjetische Position wird weiterhin beispielsweise prominent von Valentin Falin, dem deutschlandpolitischen Berater und Begleiter Gorbatschows in den meisten Treffen mit Baker, Kohl usw. und in den 2+4-Gesprächen, im Interview mit dem SPIEGEL vom 18. Februar 1990 mit Aussagen demonstriert u. a.:

    „SPIEGEL: Sie sie auch unvereinbar mit der von Herrn Genscher entwickelten These, das halbe Deutschland solle in der NATO bleiben? FALIN: Wären diese Varianten akzeptabel, die Herr Genscher und Herr Bush formulierten, könnten wir uns vice versa die Entwicklung auch so vorstellen: Ein ganzes Deutschland oder die eine Hälfte ist ein Teil des sowjetischen Sicherheitssystems. Das wäre auch ein Versuch, Deutschland zu binden und es daran zu hindern, einen Alleingang zu riskieren. Da würden sie uns sicher sagen: nein, das geht nicht. Wenn sie dem anderen aber zumuten gutzuheißen, was sie selbst nicht zu akzeptieren bereit sind, ist das keine korrekte Haltung. […] SPIEGEL: Denken sie denn, daß eine Gefahr von deutschem Boden ausgeht, wenn ein Teil Deutschlands in der Nato bleibt? FALIN: […] Wenn heute in einem Teil Deutschlands die militärische Institution – egal, wie sie genannt wird – weiterexistiert und die im anderen Teil verschwindet, wird das Gleichgewicht der Interessen verletzt. Dann, bitte sehr, sind die Folgerungen klar. […]“

    So äußerte der sowjetische Außenminister Schewardnadse im Gespräch mit dem Vorsitzenden der DDR-SPD, Ibrahim Böhme, am 2. März 1990 u. a.:

    „Genosse Schewardnadse erklärte, daß die Variante, das vereinigte Deutschland in die NATO aufzunehmen, oder auch das 'Geschenk' Genschers, keine Truppen der NATO auf dem Territorium der DDR zu stationieren, nicht durchkommen wird. Bei allem Respekt für Herrn Genscher, der klug und listig sei, irre er aber, wenn er annehme, alle anderen im Osten seien naiv. […]“[75]

    Weiterhin verdeutlichen entsprechende Bemerkungen Schewardnadses im Gespräch mit Genscher in Windhoek, Namibia, am 22. März 1990, zumindest die Bedeutungslosigkeit von Genschers damals bekannten, mehrfach formulieren und teils öffentlich gemachten Wunsch an die NATO, hinsichtlich einer generellen „Zusage“ der NATO gegenüber der sowjetischen Regierung zu einer NATO-Nichtausdehnung „nach Osten“, für den sowjetischen Außenminister bzw. die Ablehnung dieser Idee:

    „[…] Dann gebe es noch die Idee des BM [Bundesminister; = Genscher], daß die NATO ihr Gebiet nicht ausdehne. Er halte diesen Gedanken gegenwärtig nicht für eine aussichtsreiche Überlegung. Unter Umständen sei es vielleicht auch angezeigt völlig neue, unkonventionelle Lösungen in Erwägung zu ziehen. […]“[76]

    Am 7./8. Juni 1990 erklärten die NATO-Außenminister bei ihrem Treffen im schottischen Turnberry in einem Endkommuniqué unter Punkt 15, Deutsche Einheit, lediglich ohne weitergehende Zusagen u. a.

    „The security guarantee provided by Articles 5 and 6 of the North Atlantic Treaty will extend to all the territory of a united Germany. We seek no unilateral advantage from German unity and are prepared to demonstrate this, taking into account legitimate Soviet security interests. A free and democratic Germany will be an essential element of a peaceful order in Europe in which no state need harbour fears for its security against its neighbours. […]“[77][78]

    Am 6. Juli 1990 verabschiedete der NATO-Gipfel in London eine Erklärung, wonach der Warschauer Pakt „nicht mehr als Gegner“ angesehen werde; die versammelten Staats- und Regierungschefs kündigten eine Reduzierung ihrer Kernwaffen und eine Abkehr von der Strategie der Flexible Response und der Vorneverteidigung an; auch sollte die NATO von einer militärischen in eine politische Allianz umgeformt und die KSZE aufgewertet werden.[79]

    Michail Gorbatschow äußerte sich bei verschiedenen Anlässen unterschiedlich zu der Frage, ob westliche Politiker Zusicherungen tätigten.[80][42] In einem Interview mit dem ZDF erklärte er, dass es sich bei den Zusagen an die Sowjetunion um einen „Mythos“ handle.[81][82][83]

    Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages bewertete 2016 die Frage negativ, ob mündliche Absprachen während der Verhandlung des Zwei-plus-Vier-Vertrages grundsätzlich von Relevanz für die Bewertung des Vertragstextes wären. Einerseits seien mündliche Absprachen nur dann einzubeziehen, wenn darauf im Vertragstext Bezug genommen würde. Zweitens hätten die Absprachen zwischen allen Vertragsparteien erfolgen müssen, anstatt (wie hier vorgegeben) nur bilateral. Verschiedene westliche Spitzenpolitiker haben nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes mit ihren Aussagen nur unterstrichen, dass russische Sicherheitsinteressen bei der Bündnisexpansion berücksichtigt werden müssten.[84]

    Georgien

    Einem Bericht der BBC zufolge drohte Russland dem georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili mit einer „Spirale der Konfrontation“ sollte sein Land einen Beitritt zur NATO anstreben.[85][86] Wenige Wochen danach folgte im Rahmen des Kaukasuskrieges 2008 die Intervention russischer Streitkräfte in Südossetien und Abchasien.

    Ukraine

    Wie bereits zuvor in Georgien intervenierte Russland in der Ukraine hier in Form eines hybriden Krieges ab dem Zeitpunkt, als der Einfluss auf das Land vollends zu schwinden drohte. Durch die von Russland im Russisch-Ukrainischen Krieg 2014 auf ukrainischem Gebiet geschaffenen Vasallenstaaten war eine NATO-Mitgliedschaft ohnehin und wie in Georgien ausgeschlossen. Gleichsam sprachen sich in einer Umfrage im Dezember 2021 58 Prozent der Ukrainer für einen Beitritt in die EU und 54 Prozent für einen Beitritt in die NATO aus.[87]

    Am 24. Februar 2022 befahl Putin russischen Truppen den Überfall auf die Ukraine.

    Spätere Entwicklung der US-Positionen und Reaktion Russlands

    George Bush sen. – Michail Gorbatschow, 1989–1991

    Im März 1989 forderte George H.W. Bush eine Neuorientierung der NATO aufgrund der Außenpolitik Gorbatschows und seines Vorschlags eines „Europäischen Hauses“. General Brent Scowcroft und Philip Zelikof arbeiteten ein neues Konzept aus.[88]

    Am 2./3. Dezember 1989 versicherte Präsident George H. W. Bush Gorbatschow auf dem Gipfeltreffen in Malta, dass die USA die Revolutionen in Osteuropa nicht ausnutzen würden, um sowjetischen Interessen zu schaden. Nach der Darstellung von 2016 von Svetlana Savranskaya, Direktorin der Russlandprogramme des NSA und Thomas Blanton, Direktor des NSA, relativiert sich diese Absichtserklärung jedoch dadurch, dass weder Bush, Gorbatschow oder Kohl zu diesem Zeitpunkt mit dem baldigen Zusammenbruch Ostdeutschlands oder der Geschwindigkeit der deutschen Wiedervereinigung rechnen konnten.[89][90]

    Am 2. Februar 1990 gaben der bundesdeutsche und der US-amerikanische Außenminister Genscher und Baker in Washington nach einem zweistündigen Treffen zwischen beiden Politikern kurze Statements und beantworteten einige wenige Fragen der anwesenden Pressevertreter, Genscher bemerkte u. a.:[91]

    „Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell.“

    Am 9. Februar formulierte Baker bei seinem Treffen mit Außenminister Schewardnadse und Gorbatschow inhaltlich fast gleiche Vorschläge wie Genscher in dessen Tutzinger Rede am 31.1.1990.[92][93] In der fünfseitigen, schriftlichen Gemeinsamen Erklärung der Außenminister Baker und Schewardnadse vom 10. Februar 1990 zu den Gesprächen in Moskau zwischen Baker und Schewardnadse sowie Baker und Gorbatschow, die geplante gemeinsame Pressekonferenz Baker und Schwardnadse war abgesagt worden, wird weder die Genscher-Formulierung, noch Bakers angebliche Zusage, die NATO nicht nach Osten auszuweiten, thematisiert oder erwähnt.[94]

    Von Baker existieren verschiedene handschriftliche, stichwortartige Notizen vom 8. Februar zu seinen Gesprächen mit Schewardnadse bei seinem Moskau-Besuch im Februar 1990. Darunter eine, die nach Sarottes 1989, 2014 erschienen, als eine der Kernaussagen Bakers – gegenüber Schewardnadse – bezeichnet wird, in ihrem Titel Not one Inch von 2022 andererseits als Zusammenfassung dieser Diskussionspunkte mit Schewardnadse: in einem vereinten Deutschland die NATO-Zuständigkeit oder die NATO-Militärstruktur nicht östlich auf das DDR-Gebiet auszuweiten.[95][59]End result: Unified Ger. anchored* in a changed (polit.) NATO –* whose jurisd. would not move* eastwards!

    Am 18. Mai 1990 in Moskau versicherte James Baker beim Treffen mit Gorbatschow:

    Bevor ich einige Worte zur deutschen Angelegenheit sage, möchte ich noch einmal betonen, dass unsere Politik nicht darauf aus ist, Osteuropa von der Sowjetunion zu trennen. Dies war unsere Politik früher einmal. Aber heute sind wir daran interessiert, ein stabiles Europa zu bilden und dies mit Ihnen zusammen zu tun.[96]

    Am 31. Mai 1990 trafen sich Bush und Baker mit Gorbatschow und Schewardnadse im Weißen Haus. Bush äußerte:

    Manchmal werde ich mit einem Augenzwinkern gefragt, wer denn der Feind der USA in dem neuen Europa sei, das sich bis zur Unkenntlichkeit verändert hat. Und ich antworte mit Überzeugung: Verwirrung, Instabilität, Unberechenbarkeit. So schwierig es auch sein mag, ich möchte Ihnen versichern, dass die amerikanische Präsenz in Europa die Interessen der Sowjetunion in keiner Weise bedroht. Mehr noch, unsere Anwesenheit in Europa ist derzeit eine Garantie für Stabilität.[97]

    Am 7./8. Juni 1990 erklärten die NATO-Außenminister bei ihrem Treffen im schottischen Turnberry in einem Endkommuniqué unter Punkt 15, Deutsche Einheit, lediglich ohne weitergehende Zusagen u. a.

    „The security guarantee provided by Articles 5 and 6 of the North Atlantic Treaty will extend to all the territory of a united Germany. We seek no unilateral advantage from German unity and are prepared to demonstrate this, taking into account legitimate Soviet security interests. A free and democratic Germany will be an essential element of a peaceful order in Europe in which no state need harbour fears for its security against its neighbours. […]“[98][78]

    Am 6. Juli 1990 verabschiedete der NATO-Gipfel in London eine Erklärung, wonach der Warschauer Pakt „nicht mehr als Gegner“ angesehen werde; die versammelten Staats- und Regierungschefs kündigten eine Reduzierung ihrer Kernwaffen und eine Abkehr von der Strategie der Flexible Response und der Vorneverteidigung an; auch sollte die NATO von einer militärischen in eine politische Allianz umgeformt und die KSZE aufgewertet werden.[79]

    Am 17. Juli 1990 trug Bush dem innenpolitisch angeschlagenen Gorbatschow nach einem Gespräch mit Kohl telefonisch die Idee einer erweiterten und stärkeren KSZE mit neuen Institutionen vor, an der die UdSSR teilnehmen und ein Teil des neuen Europa sein könne.[99]

    Innerhalb der US-Regierung gab es aber auch gegenläufige Standpunkte. Das Verteidigungsministerium war für die Öffnung der NATO für ehemalige Länder des Warschauer Pakts. Das State Department stellt dies dagegen nicht in den Vordergrund.

    Der SPIEGEL-Autor Wiegrefe folgert im Spiegel-Artikel Eiserne Garantien vom Februar 2022 aus den ihm vorliegenden Gesprächsvermerken, Verhandlungsprotokollen und Berichten, dass Spitzenpolitiker der USA, des Vereinigten Königreichs und Westdeutschlands Gorbatschow signalisiert hätten, dass eine NATO-Mitgliedschaft von osteuropäischen Staaten ausgeschlossen sei. So hätten beispielsweise der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher und US-Außenminister Baker jeweils bei getrennten Besuchen im Kreml im Februar 1990 versichert, dass sich die NATO nicht nach Osten ausdehnen werde. Der britische Premier John Major habe im März 1991 bei einem Besuch bei der sowjetischen Führung einen NATO-Beitritt mittel- und osteuropäischer Staaten abgelehnt.[42]

    Der Schweizer Politikwissenschaftler Christian Nünlist stellte fest: „Konkrete westliche Garantien bezogen sich 1990 nur auf die DDR; aber der Westen täuschte die Sowjetunion gleichzeitig mit vagen Versprechen einer kooperativen, inklusiven europäischen Sicherheitsordnung, während die Bush-Regierung bewusst die exklusive NATO (ohne die UdSSR) ins Zentrum der neuen Sicherheitsarchitektur in Europa rückte.“[100]

    Noch weitergehend argumentiert der amerikanische Politikwissenschaftler Marc Trachtenberg, dass Genscher und Baker sich im Januar und Februar 1990 durchaus auf Osteuropa bezogen hätten und nicht nur auf die DDR. Dies werde durch weitere Äußerungen, etwa gegenüber der Presse und den Kontext der Gespräche deutlich.[101] Auch wenn diese Zusicherungen nicht in Vertragsform aufgeschrieben wurden, seien sie doch politisch und moralisch bindend gewesen. Auch wenn kein expliziter Deal geschlossen wurde, hätten sie es der sowjetischen Führung erleichtert, die entscheidenden Konzessionen zu machen.[102]

    Frank Elbes Fazit ist, 1990 hätten die USA unter George Bush sen. eine kluge und zurückhaltende Politik verfolgt, die auch die Interessen Moskaus im Blick hatte. Zehn Jahre später unter George W. Bush und der Bush-Doktrin sei es darum gegangen, alleinige Supermacht zu sein. „Das war von jenem Amerika, das ich mit Genscher 1990 erlebt habe, weit entfernt.“[103]

    George H.W. Bush – Boris Jelzin, 1991/1992

    In Folge des Moskauer August-Putsches 1991 von sowjetischen Hardlinern und Konservativen, welcher die Dringlichkeit neuer kooperativer Sicherheitsstrukturen unter Einschluss der mittelost- und osteuropäischen Staaten, solange Gorbatschow noch an der Macht war, sowohl bei ihren Regierungschefs wie auch der NATO selbst verdeutlichte und ein ein breites Umdenken auslöste, wurde nach der gemeinsamen Erklärung von US-Außenminister Baker und Hans-Dietrich Genscher vom 2. Oktober auf dem NATO-Gipfel von Rom im November 1991 die Gründung des NACC beschlossen.[104] Die versammelten Regierungschefs der NATO beschlossen dort auch eine Erklärung für Kooperation und Frieden, mit der Absicht, eine Sicherheitsarchitektur in Europa zu entwerfen. NATO-Generalsekretär Manfred Wörner hatte im Oktober gegenüber US-Präsident Bush bemerkt, man brauche ein neues Bild der NATO, nicht als eine Militärallianz, welche der Sowjetunion gegenüberstehe, sondern als ein Verteidigungsbündnis, welches sich mit Instabilität und Ungewissheit auseinandersetze, und als ein politischer Zusammenschluss, welcher für die Schaffung und Verwirklichung jener neuen europäischen und weltweiten Ordnung an Bedeutung gewönne.

    Im Februar 1992 fand das erste Gipfeltreffen zwischen Bush und Jelzin statt. Hauptpunkte waren die innenpolitische und wirtschaftliche Lage Russlands. Diese Themen überschatten den Wunsch osteuropäischer Staaten nach Aufnahme in die NATO.

    Im März 1992 befürwortete John Weston die Erklärung, dass die NATO „bereit ist, zu gegebener Zeit die Erweiterung durch jeden neuen Mitgliedstaat zu akzeptieren.“ Im Mai 1992 erklärten Havel, Wałęsa and Antall für die Visegrad-Staaten das Ziel einer Vollmitgliedschaft in der NATO.[105]

    Bill Clinton – Boris Jelzin, 1993–1997

    Entlang dem SPIEGEL-Artikel Eiserne Garantien (7/2022) soll der seit dem 20. Januar 1993 amtierende US-amerikanische Präsident Bill Clinton nach dem Fall des Eisernen Vorhangs eine NATO-Mitgliedschaft osteuropäischer Staaten jahrelang abgelehnt haben, unter anderem weil der Ausbau in Osteuropa zu teuer, die jungen Demokratien zu instabil und die osteuropäischen Streitkräfte zu reaktionär erschienen. Als jedoch der Reformprozess in Russland erlahmt und das gegenseitige Misstrauen gewachsen sei, habe sich Clintons Haltung allmählich gewandelt. Clinton habe schließlich beschlossen, das Bündnis zu erweitern, da die in der Opposition befindliche Republikanische Partei für Kritik an Clintons abwartender Haltung Zustimmungsgewinne verzeichnete und weil mit Blick auf die Wahl zum Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten 1998 in den wahlentscheidenden Swing States Wähler mit osteuropäischen Wurzeln lebten, so Autor Wiegrefe.[42]

    Unabhängig von den entsprechenden Behauptungen im SPIEGEL-Artikel hatte sich Präsident Clinton bereits sowohl im Januar wie im Juli 1994 öffentlich für eine NATO-Erweiterung ausgesprochen, allerdings allgemein gehalten und ohne konkrete Ziele oder Pläne, doch schließlich unterzeichnete er im November das Kongress-Gesetz NATO Participation Act of 1994, der ihn ermächtigte, Staaten wie Polen und Ungarn, die am seit Januar 1994 bestehenden NATO-Programm Partnership for Peace teilnahmen, auf dem Weg zum NATO-Beitritt zu unterstützen. In privaten Gesprächen der Clinton-Administration mit Regierungsvertretern der Russischen Föderation wurde ebenfalls seit 1994 eine kommende NATO-Erweiterung formuliert, so anscheinend auch beim US-Staatsbesuch von Boris Jelzin im September 1994.[106] Der US-Präsident nannte in einer weit beachteten Wahlkampfrede im Oktober 1996 erstmals mit dem April 1999 ein konkretes Datum für die nächsten NATO-Beitritte.[107]

    Wie 2017 frei gegebene Dokumente zeigen, war Anfang September 1993 im Auftrag der Leiterin der Abteilung Rüstungskontrolle und Sicherheitsangelegenheiten im US-Außenministerium, Unterstaatssekretärin Dr. Lynn Davis, ein Memorandum zur Osterweiterung der Nato ausgearbeitet worden, nachdem im April die in Washington wegen einer Gedenkfeier anwesenden Staats- und Regierungschefs aus Mittel- und Osteuropa erneut zur Aufnahme von NATO-Beitrittsverhandlungen gedrängt hatten, und Boris Jelzin zuvor am 25. August in Warschau in einer gemeinsamen Erklärung mit dem polnischen Staatspräsidenten Lech Walesa für den polnischen NATO-Beitrittswunsch Verständnis formulierte, die Basis für im Memo vorgeschlagene informelle Konsultationen der US-Administration mit Russland zur Frage der NATO-Erweiterung, wie Davis' Memo anmerkt. Darin schlug sie vor, mit Mittel- und Osteuropa sowie den baltischen Staaten zu beginnen und 2005 die Ukraine, Belarus und auch Russland einbeziehen.[108] Vor und nach dem Protestbrief Jelzins an Clinton vom 15. September 1993[109] gab es jedoch auch Gegenbewegungen, die das Risiko einer Gefährdung der neuen Friedensordnung in den Vordergrund stellten.[110][111]

    Jelzin verdeutlichte in seinem Brief seine entschiedene Haltung gegen eine rasche Expansion und seine Besorgnis über den offensichtlichen Weg der NATO, den er eher in einer geografischen und zahlenmäßigen Erweiterung als in einer Umwandlung in eine politische Organisation sah. Jelzin erwähnt die Sicherheitsgarantien, die die russische Seite seiner Auffassung nach während der Verhandlungen über die deutsche Einheit erhalten hatte.[112]

    Am 5. Dezember 1994 kritisierte Jelzin die Pläne der Osterweiterung der NATO, diese Kritik wurde am 6. Dezember 1994 auf der Titelseite der New York Times veröffentlicht, als zur selben Zeit das Gipfeltreffen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa stattfand. Jelzin warf der „herrschsüchtigen“ USA vor, sie würden durch die NATO-Erweiterung versuchen, den Kontinent erneut zu spalten. Diverse Dokumente zeigen gemäß den Herausgebern des National Security Archive dass Clinton Jelzin immer wieder versicherte „dass jede NATO-Erweiterung langsam und ohne Überraschungen vonstattengehen und ein Europa aufbauen würde, das alle einbezieht und nicht ausschließt, und zwar in ‚Partnerschaft‘ mit Russland.“[113]

    US-Stimmen zu veränderten Positionen der US-Regierungen der 1990er-Jahren

    In einem offenen[114] Brief an den damaligen Präsidenten der USA, Bill Clinton vom 26. Juni 1997 äußerten 50 ehemalige Senatoren, Regierungsmitglieder, Botschafter, Abrüstungs- und Militärexperten ihre Bedenken gegenüber der von ihm geplanten Osterweiterung der NATO und forderten ihre Aussetzung. Zu den Unterzeichnern gehörten der Verteidigungsexperte des Senats Sam Nunn, Gary Hart, Bennett Johnston, Mark Hatfield, Gordon J. Humphrey, sowie die Botschafter in Moskau Jack Matlock und Arthur A. Hartman, außerdem Paul Nitze, Reagans Abrüstungsunterhändler, Robert McNamara, Verteidigungsminister a. D., Admiral James D. Watkins, ehemals Direktor des CIA, Admiral Stansfield Turner, Philip Merrill und die Wissenschaftler Richard Pipes und Marshall D. Shulman. Der Brief bezeichnet die Beitrittsangebote der NATO 1997 als „politischen Irrtum von historischen Ausmaßen“.

    Die Unterzeichner befürchteten, dass die Sicherheit und Stabilität Europas in Gefahr sei, und begründeten dies mit vier Argumenten:

    1. In Russland werde die NATO-Osterweiterung, die von allen politischen Kräften abgelehnt wird, die undemokratische Opposition stärken und die Reformkräfte schwächen. Russland werde dazu gebracht, die Vereinbarungen nach dem Ende des Kalten Krieges infrage zu stellen und Widerstand gegen die Abrüstungsverträge zu mobilisieren.
    2. Es werde eine neue Grenze zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern gezogen. Dies verstärke die Instabilität und führe zu einem geschwächten Sicherheitsempfinden bei den Nicht-Mitgliedern.
    3. Die Osterweiterung vermindere das Potenzial der NATO, indem sie Garantien an Länder mit ernsthaften Grenz- und Minderheitsproblemen sowie uneinheitlich entwickelten demokratischen Systemen gebe.
    4. In den USA werde eine Kostendebatte ausgelöst, die das Engagement der USA für die NATO infrage stellen werde.

    Als Alternative zur Osterweiterung forderten die Unterzeichner eine ökonomische Öffnung im Sinne einer Osterweiterung der EU, eine Verstärkung des Partnerschaft-für-den-Frieden-Programms, eine engere Kooperation zwischen Russland und NATO und eine Fortsetzung der Abrüstungsbemühungen.

    Madeleine Albright vermerkt zum Jahr 1997 in ihrer Autobiografie Madame Secretary: „Der russische Präsident Boris Jelzin und seine Landsleute lehnten die Erweiterung strikt ab, da sie darin eine Strategie sahen, die ihre Verwundbarkeit ausnutzen und die europäische Trennlinie nach Osten verschieben würde, wodurch sie isoliert blieben.“[115]

    Weitere US-amerikanische Positionen

    Die Entscheidung der Regierung Clinton, die NATO bis zu den Grenzen Russlands zu erweitern, wurde von dem Historiker und Diplomaten George F. Kennan 1997 als „verhängnisvollster Fehler der amerikanischen Politik in der Ära nach dem Kalten Krieg“ beurteilt, weil „diese Entscheidung erwarten lasse, dass die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in der Meinung Russlands entzündet werden; dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Entwicklung der Demokratie in Russland haben, dass sie die Atmosphäre des Kalten Krieges in den Beziehungen zwischen Osten und Westen wiederherstellen und die russische Außenpolitik in Richtungen zwingen, die uns entschieden missfallen werden.“[116]

    Der US-Politiker Pat Buchanan schrieb 1999 in A Republic, Not an Empire: „Indem wir die NATO in den Vorgarten Russlands verschieben, treten wir die Konfrontation des 21. Jahrhunderts los. […] Wenn der wachsende Unmut in Russland dazu führt, dass Jelzin durch einen antiamerikanischen Nationalisten ersetzt wird, dann liegt die volle Schuld bei einer hochmütigen US-Elite, die ihr Bestes getan hat, um Russland zu demütigen.“[117]

    Der ehemalige Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten Robert Gates veröffentlichte 2014 in Duty, seinen Memoiren eine ähnliche Ansicht. Man habe Gorbatschow und andere nur „glauben lassen“, dass die NATO nicht nach Osten erweitert werde. Die Beziehungen zu Russland nach dem Ausscheiden von George Bush aus dem Amt im Jahr 1993 seien schlecht verwaltet worden. Die Vereinbarungen mit der rumänischen und bulgarischen Regierung über die Rotation von Truppen durch Stützpunkte in diesen Ländern sei eine unnötige Provokation gewesen. In einer impliziten Rüge an den jüngeren Bush behauptete Robert Gates, dass „der Versuch, Georgien und die Ukraine in die Nato zu holen, wirklich zu weit ging“. Dieser Schritt sei ein Fall von „rücksichtsloser Missachtung dessen, was die Russen als ihre eigenen vitalen nationalen Interessen betrachten“.[118][119]

    Zbigniew Brzeziński wies in The Great Chessboard darauf hin, dass Moskau, wenn die Ukraine dem Einflussbereich Russlands entrissen würde, gezwungen wäre, einen Großteil seiner Aktivitäten nach Süden und Osten zu verlagern, etwa in Richtung der zentralasiatischen Staaten. Russland würde nicht nur einen wichtigen Verbündeten verlieren, sondern könnte auch um Investitionen in die reiche industrielle und landwirtschaftliche Basis der Ukraine gebracht werden.

    Wandel der Positionen in Westeuropa in den 1990er-Jahren

    Mary Elise Sarotte notierte 2010, NATO-Generalsekretär Manfred Wörner habe bereits in einer Rede in Hamburg am 8. Februar 1990 u. a. die Idee eines Sonderstatus für die neuen Bundesländer in Umlauf gebracht. Bundeskanzler Helmut Kohl und US-Präsident George Bush hätten sich in Camp David im Februar 1990 auf diesen Ansatz geeinigt, welcher sich in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen schließlich durchgesetzt habe.[120]

    In seiner Rede The Atlantic Alliance and European Security in the 1990s an das Bremer Tabak-Kollegium, gehalten in Brüssel am 17. Mai 1990, versicherte Wörner: „Gerade die Tatsache, dass wir bereit sind NATO-Truppen nicht jenseits des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland zu stationieren, gibt der Sowjetunion verbindliche Sicherheitsgarantien.“[121] Diese Aussage stand indes im Kontext eines „vereinten Deutschlands in der NATO“ im vorigen Satz und dem Umgang mit sowjetischen Truppen in der „gegenwärtigen DDR“ im folgenden Satz.[122]

    Beim Besuch des russischen parlamentarischen Sicherheitsausschusses bei der NATO vom 29. Juni bis zum 2. Juli 1991 betonte Wörner am 1. Juli 1991, der NATO-Rat und er seien gegen die Erweiterung der NATO, 13 von 16 NATO-Mitgliedern würden diesen Standpunkt unterstützen. „In naher Zukunft werde er sich bei seinem Treffen mit L. Walesa und dem rumänischen Staatschef A. Iliescu gegen einen NATO-Beitritt Polens und Rumäniens aussprechen, was er zuvor bereits gegenüber Ungarn und der Tschechoslowakei erklärt habe. Wir sollten (…) nicht zulassen, dass die UdSSR von der Europäischen Gemeinschaft isoliert wird.“[123]

    Willy Brandt sah in einer Rede vor luxemburgischen Sozialdemokraten am 4. Mai 1992 sinngemäß u. a. die NATO in der entscheidenderen Rolle im Vergleich zu EG und KSZE bei der Garantierung von europäischer Sicherheit, sie müsse die früheren Staaten des Warschauer Paktes weitgehend einbinden, um ein Sicherheitsvakuum in Mitteleuropa zu vermeiden. Mit einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur verbundene offene Fragen würden sich wohl eher im neu konstituierten Nordatlantischen Kooperationsrat (der NATO) beraten lassen, als in der KSZE.[124]

    US-Außenminister Warren Christopher und NATO-Generalsekretär Manfred Wörner erörterten mit Bundesaußenminister Klaus Kinkel und dessen Mitarbeitern im Oktober 1993 die Äußerungen des russischen Präsidenten Boris Yeltzin im Brief an US-Präsident Bill Clinton vom September 1993, in welchem Yeltzin seine Akzeptanz revidierte, die er beim Polen-Besuch im August 1993 gegeben habe, dass Polen souverän über seine Bündniszugehörigkeit entscheiden könne, und in welchem Yeltzin sich auch zum 2+4-Vertrag äußerte. Kinkels leitender Mitarbeiter Dieter Kastrup bemerkte dabei, die von Yeltzin im Brief hergestellte Beziehung von NATO-Osterweiterung mit dem 2+4-Vertrag sei formal falsch, da Yeltzin sie mit dem Vertrag in Verbindung bringe, doch Yeltzin Position hätte ernstzunehmende politische und psychologische Substanz. Wörner widersprach dem und meinte, der Westen solle jeglichen Zusammenhang zwischen den Vertragsregelungen und NATO-Erweiterung ablehnen. Kinkel fragte nun Christopher, ob die US-Regierung irgendwelche Erweiterungsentscheidungen getroffen habe, was Christopher verneinte. Wörner drängte nun, der Westen könnte sonst eine seltene Chance verpassen, einige dieser Nationen für immer im Westen zu verankern.[4]

    Frankreichs Präsident François Mitterrand (1981–1995) erklärte am 25. Mai 1990 gegenüber Gorbatschow: „Ich möchte daran erinnern, dass ich persönlich es begrüßen würde, beide Militärblöcke schrittweise aufzulösen.“[42][89]

    Auch laut dem französischen Außenminister von 1990 Roland Dumas, sei „selbstverständlich“ versprochen worden, die NATO nicht „näher an das Territorium der ehemaligen Sowjetunion“ heranzurücken.[125]

    1995 kritisierte der deutsche Politiker Peter Glotz in einem Kommentar im Magazin Der Spiegel scharf die Pläne zur NATO-Osterweiterung, die er als unnötig und als „Förderprogramm für großrussische Nationalisten“ bezeichnete, es werde „die Russen neurotisieren“ und „das demokratische Experiment in Russland abwürgen“.[126]

    Haltung Chinas

    Anfang Februar 2022 forderte das Staatsoberhaupt Chinas, Xi Jinping, in einer gemeinsamen Erklärung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Stopp der NATO-Osterweiterung.[127]

    Verteidigung der Osterweiterung der NATO

    NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg lehnt die Vorstellung ab, es handele sich bei der Osterweiterung um eine aggressive Handlung gegen Russland. In einem Interview während der Münchner Sicherheitskonferenz 2019 mit dem Journalisten und Youtuber Mirko Drotschmann verteidigte er die Osterweiterung. Stoltenberg wies darauf hin, dass sich die NATO nicht ihren Mitgliedern aufdränge, sondern diese als souveräne Nationen in einem demokratischen Prozess über einen Antrag zur Mitgliedschaft selbst entscheiden. Die NATO respektiere diese souveränen demokratischen Entscheidungen und entscheide dann über eine Aufnahme.[128]

    Laut einer Anfang 2020 veröffentlichten Umfrage wurde die NATO-Mitgliedschaft von den Bürgern der betreffenden osteuropäischen Länder überwiegend positiv gesehen. In Polen waren es 82 % der Menschen (8 % negativ). Das war der höchste Wert aller Mitgliedsländer. In Litauen, ebenfalls ein Nachbarland Russlands, waren es 77 % (12 % negativ) und in der Tschechischen Republik 54 %. In der Slowakei, in Ungarn und in Bulgarien sah zumindest eine relative Mehrheit die NATO-Mitgliedschaft positiv.[129]

    Im Dokument von Istanbul 1999, der Gipfelerklärung der OSZE-Konferenz, heißt es:

    „Jeder Teilnehmerstaat hat dasselbe Recht auf Sicherheit. Wir bekräftigen das jedem Teilnehmerstaat innewohnende Recht, seine Sicherheitsvereinbarungen einschließlich von Bündnisverträgen frei zu wählen oder diese im Laufe ihrer Entwicklung zu verändern. Jeder Staat hat auch das Recht auf Neutralität. Jeder Teilnehmerstaat wird diesbezüglich die Rechte aller anderen achten. Sie werden ihre Sicherheit nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Staaten festigen. Innerhalb der OSZE kommt keinem Staat, keiner Staatengruppe oder Organisation mehr Verantwortung für die Erhaltung von Frieden und Stabilität im OSZE-Gebiet zu als anderen, noch kann einer/eine von ihnen irgendeinen Teil des OSZE-Gebiets als seinen/ihren Einflussbereich betrachten.“[130]

    Wegen unterschiedlicher Positionen der NATO und Russlands zum von der Ukraine beabsichtigten Beitritt zum Nordatlantikvertrag und damit in Zusammenhang stehenden Fragen wurde der NATO-Russland-Rat wieder reaktiviert. Die Sitzung des Rates hatte der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 12. Januar 2022 auf Vorschlag Russlands einberufen, um in direkten Dialog über die Ukraine-Frage zu treten. Russland stellte im Rahmen der Gespräche seine Abkommensentwürfe der für die Sicherheit in Europa notwendigen NATO-Garantien vor, die sowohl eine weitere Osterweiterung des Bündnisses als auch die Stationierung von NATO-Waffen in unmittelbarer Nähe der russischen Grenzen ausschließen.[131] Ungeachtet der zunehmenden Spannungen und des militärischen Aufmarsches russischer Streitkräfte an der Grenze zur Ukraine hielt die NATO weiterhin an einer Beitrittsperspektive für das an Russland grenzende unabhängige Land fest. Der NATO-Generalsekretär stellte in Brüssel klar, dass die Allianz das Recht auf Selbstbestimmung der Staaten Europas nicht antasten werde. Ein NATO-Beitritt sei allein die Entscheidung der Ukraine und der Mitgliedsstaaten des Bündnisses, so Stoltenberg. Moskau hingegen ist strikt gegen eine Osterweiterung der NATO.[132][133]

    Eine „infantile Behauptung“ nannte Lettlands Präsident Egils Levits die angebliche Mitverantwortung der NATO-Osterweiterung am Kriegsausbruch des Russisch-Ukrainischen Krieges. Die NATO habe niemals erwogen, Russland anzugreifen und die behauptete Mitverantwortung sei „lächerlich und absurd“.[134]

    Siehe auch

    Literatur

    Einzelnachweise

    1. Charles-Philippe David, Jacques Levesque: Future of NATO: Enlargement, Russia, and European Security. McGill-Queen’s Press, 1999, ISBN 0-7735-1872-X, S. 200 f.
    2. Franz Walter: Rußland und die NATO-Osterweiterung. In: Osteuropa, Nr. 8, August 1996, S. 741-757, hier S. 742 f.
    3. Olga Alexandrova: Rußland und sein 'nahes Ausland': Integrationsvorstellungen und Ansätze der russischen Integrationspolitik In: Berichte/BiOst, 20-1994 (1995), S. 8–10.
    4. a b Mary Elise Sarotte: How to Enlarge NATO: The Debate inside the Clinton Administration, 1993–95. In: International Security, Band 44, Nr. 1, Sommer 2019, S. 7–41, doi:10.1162/isec_a_00353 (englisch).
    5. Zoltan Barany: The Future of NATO Expansion: Four Case Studies. Cambridge University Press, 2003, ISBN 0-521-82169-X, S. 48–50.
    6. Jane Perlez: Hungarians Approve NATO Membership. The New York Times (NYT), 17. November 1997.
    7. Cornelia Frank: NATOisierung polnischer und tschechischer Sicherheitspolitik im Bereich der zivil-militärischen Beziehungen. Universität Trier, Trier 2010, S. 339.
    8. Sharon L. Wolchik, Jane L. Curry: Central and East European Politics: From Communism to Democracy. Rowman & Littlefield, Lanham 2011, ISBN 978-0-7425-6734-4, S. 148.
    9. Johannes Varwick: Die NATO. München 2008, S. 190.
    10. Peter S. Green: Slovenia Votes for Membership in European Union and NATO. NYT, 24. März 2003 (kostenpflichtig)
    11. Hans-Dieter Wichter: Wie Kohl die Balten enttäuschte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 24. Februar 2023, S. 27.
    12. Andris Banka: The Breakaways: A Retrospective on the Baltic Road to NATO. In: War on the Rocks. The Texas National Security Review, 4. Oktober 2019.
    13. Michael Thumann: Revanche. Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat. C.H. Beck, München 2023, ISBN 978-3-406-79935-8, S. 166–167.
      Michael Thumann: Der Geschichtsvollzieher. In: Die Zeit. Nr. 9, 24. Februar 2022, S. 4 (zeit.de).
    14. Rachel Epstein: Nato Enlargement and the Spread of Democracy: Evidence and Expectations. Security Studies 14, 2006, S. 63–105, doi:10.1080/09636410591002509 (kostenpflichtig)
    15. Albanien und Kroatien: NATO-Mitglieder ab 2009? Deutsche Welle, 10. Juli 2008.
    16. Weg frei für NATO-Beitritt Kroatiens und Albaniens (Memento vom 15. Oktober 2009 im Internet Archive).
    17. Vor Jubiläumsgipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden. NATO nimmt Albanien und Kroatien auf. Tagesschau.de, 1. April 2009.
    18. Montenegro näher an Nato (Memento vom 19. Juli 2011 im Internet Archive). Auf: sueddeutsche.de.
    19. Montenegro zum Beitritt eingeladen: Russland reagiert mit Drohungen auf NATO-Vorstoß. Spiegel Online, 2. Dezember 2015.
    20. Montenegro tritt offiziell der Nato bei. Tagesspiegel, 5. Juni 2017.
    21. Mazedonien: Flucht nach vorne. SZ, 6. Juni 2017.
    22. Greece to expel Russian diplomats over alleged Macedonia interference. The Guardian, 11. Juli 2018.
    23. Beim Gipfel in Brüssel: Nato lädt Mazedonien zu Beitrittsgesprächen ein. RP Online, 11. Juli 2018.
    24. NATO formally invites Macedonia to join alliance. Reuters, 11. Juli 2018; Griechisch-mazedonische Einigung: Sieg des Westens, Debakel für Russland. Spiegel Online, 13. Juni 2018.
    25. Offizielle Aufnahme: Nordmazedonien ist 30. NATO-Mitglied. Tagesschau.de, 27. März 2020.
    26. Felix Keßler: Finnland ist jetzt Nato-Mitglied. Der Spiegel (online), 4. April 2023, abgerufen am 4. April 2023.
    27. NATO-Gipfel beschließt nur kleine neue Erweiterungsrunde. Deutsche Welle, 3. April 2008.
    28. Elke Windisch: Bosnien-Herzegowina: Reif für die Mitgliedschaft? ND, 5. Dezember 2018.
    29. Die NATO: Mitglieder – Osterweiterung – Ausbau – Gipfeltreffen. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württmeberg, Infoportal östliches Europa
    30. Kosovo-Frage: Bush winkt Serbien mit Nato-Mitgliedschaft. Rheinische Post, 11. Juni 2007.
    31. Die Euro-Atlantischen Integrationen Serbiens (Memento vom 26. Juli 2011 im Internet Archive), 12. Februar 2009.
    32. WDR Europa Forum: Thaci bekräftigt, dass das Kosovo die Mitgliedschaft in der Europäischen Union wie auch der NATO anstrebt. Finanznachrichten.de, 9. Mai 2008.
    33. Ukraine und Georgien dürfen vorerst nicht in NATO. Welt Online, 1. Dezember 2008.
    34. Shalva Dzidziguri: Georgien: Der Streber darf einfach nicht rein. In: Die Zeit. 9. Juni 2016, abgerufen am 2. Juni 2022.
    35. Russland-Ukraine-Krieg: Was Georgien nun fürchtet. ZDF, abgerufen am 2. Juni 2022.
    36. Krieg in Europa: Ist Georgien das nächste Ziel Russlands? Abgerufen am 2. Juni 2022.
    37. Verfassungsänderung: Ukraine strebt weiter nach Westen. Deutsche Welle, 7. Februar 2019.
    38. NATO: Partnership for Peace programme. Abgerufen am 1. Mai 2022 (englisch).
    39. Michael Thumann: Der Geschichtsvollzieher. In: Die Zeit. Nr. 9, 24. Februar 2022 (zeit.de).
    40. Auf diese Frau hört der Bundesrat, wenn es ernst wird TA-Magazin, 20. August 2022.
    41. Es sind vor allem Frauen, die im deutschen Fernsehen den Krieg erklären. In: nzz.ch, abgerufen am 8. April 2022.
    42. a b c d e f g Klaus Wiegrefe: Eiserne Garantien. In: Der Spiegel. Nr. 7, 12. Februar 2022 (spiegel.de).
    43. Maxim Kórshunov: Mikhail Gorbachev: I am against all walls. RBTH, 16. Oktober 2014; Manfred Wörner: The Atlantic Alliance and European Security in the 1990s. nato.int, 19. Mai 1990.
    44. Stefan Kornelius: Wurde die Sowjetunion vom Westen verraten? Süddeutsche Zeitung (SZ), 23. Dezember 2021.
    45. Frank Umbach, Das rote Bündnis. Entwicklung und Zerfall des Warschauer Paktes 1995-1991. Berlin 2005, S. 570–572.
    46. Vgl. Frank Umbach, Rußland und NATO-Osterweiterung - Integration, Kooperation oder Isolation?, in Osteuropa, April/Mai 2001 Nr. 4/5, S. 423-440, hier S. 428 f.
    47. vgl. Olga Alexandrova, Rußland und sein 'nahes Ausland': Integrationsvorstellungen und Ansätze der russischen Integrationspolitik. (Berichte / BIOst, 20-1994). Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Köln 1995, S. 10 f.
    48. Vgl. Andreas Wenger und Jeronim Perovic, Russland und die Osterweiterung der Nato. Herausforderung für die russische Aussen- und Sicherheitspolitik. Forschungsstelle für Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse, Eidgenössische Technische Hochschule 8092 Zürich, Zürich 1997, S. 4.
    49. Franz Walter, Rußland und die NATO-Osterweiterung, in Osteuropa, August 1996, Vol. 46, No. 8 (August 1996), S. 741-757, hier S. 742.
    50. SWR2: 27.5.1997 – Russland stimmt NATO-Osterweiterung zu. In: SWR2 Archivradio. Abgerufen am 27. März 2022.
    51. Jennifer Rankin: Ex-Nato head says Putin wanted to join alliance early on in his rule The Guardian, 4. November 2021.
    52. Russland öffnet Ukraine den Weg in die Nato Handelsblatt, 2. Januar 2005.
    53. Jochen Bittner: Sicherheitskonferenz: Kein Grund zur Beruhigung. Zeit Online, 12. Februar 2007.
    54. Karl Kaiser: Deutschlands Vereinigung. Die internationalen Aspekte. Mit den wichtigen Dokumenten Lübbe, Bergisch Gladbach 1991, ISBN 3-404-65088-3, S. 191.
    55. Vergleiche Jim Anderson: German reunification creates allied unease. In: UPI Archives. 2. Februar 1990, abgerufen am 18. Mai 2023.
    56. Heike Amos und Tim Geiger (Hrsg.): Die Einheit Das Auswärtige Amt, das DDR-Außenministerium und der Zwei-plus-Vier-Prozess. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, Dokument 45, hier S. 232.
    57. Klaus Wiegrefe: Nato-Osterweiterung: Genscher-Vertrauter Frank Elbe widerspricht Wladimir Putin. In: Spiegel Online. 25. Februar 2022, abgerufen am 27. März 2022.
    58. Mary Elise Sarotte: 1989. The Struggle to Create Post-Cold War Europe. Princeton University Press, Princeton 2014, ISBN 978-0-691-16371-0, S. 110 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    59. a b Mary Elise Sarotte: Not One Inch. America, Russia, and the Making of Post-Cold War Stalemate. Yale University Press, New Haven 2021, ISBN 978-0-300-25993-3, S. 55 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    60. Hans-Dietrich Genscher: Unterwegs zur Einheit. Reden und Dokumente aus bewegter Zeit. Siedler, Berlin 1991, ISBN 3-88680-408-9, S. 246.
    61. Memorandum of Conversation between James Baker and Eduard Shevardnadze in Moscow. National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    62. Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow. (Excerpts). National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    63. Sherrill Brown Wells: American Foreign Policy Current Documents 1990. US Department of State, Washington, D.C. 1991, Dokument 203, S. 367–371.
    64. Memorandum of conversation between Mikhail Gorbachev and Helmut Kohl. National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    65. Horst Teltschik: Russisches Roulette. S. 111.
    66. Galkin/Tschernjajew (Hrsg.),Michail Gorbatschow und die deutsche Frage. Sowjetische Dokumente 1986–1991. Oldenbourg, München 2011, Dokument Nr. 73.
    67. Europa-Archiv. Zeitschrift für internationale Politik. Fünfundvierzigster Jahrgang: 1990. Dokumente. Bonn 1990, D 192.
    68. Europa-Archiv. Zeitschrift für internationale Politik. Fünfundvierzigster Jahrgang: 1990. Dokumente. Bonn 1990, D 193.
    69. Galkin/Tschernjajew (Hrsg.),Michail Gorbatschow und die deutsche Frage. Sowjetische Dokumente 1986–1991. Oldenbourg, München 2011, Dokument Nr. 71, S. 314 f.
    70. Rafael Biermann: Zwischen Kreml und dem Kanzleramt. Wie Moskau mit der deutschen Einheit rang. Ferdinand Schöningh, Paderborn 1997, S. 524, 558.
    71. Nikolai Pawlow: Die deutsche Vereinigung aus sowjetisch-russischer Perspektive. Peter Lang Verlag, Frankfurt/Main 1996, S. 152.
    72. Rafael Biermann: Zwischen Kreml und dem Kanzleramt. Wie Moskau mit der deutschen Einheit rang. Ferdinand Schöningh, Paderborn 1997, S. 783.
    73. Willy Brandt: Berliner Ausgabe, Band 10, S. 432 f.
    74. Dokumente zur Deutschlandpolitik. Deutsche Einheit. Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/1990. Oldenbourg, München 1998. Nr. 174, S. 804.
    75. Ines Lehmann: Die Außenpolitik der DDR 1989/1990. Eine dokumentierte Rekonstruktion. Nomos, Baden-Baden 2010, Dokument 56, S. 486.
    76. Andreas Hilger (Hrsg.): Diplomatie für die deutsche Einheit: Dokumente des Auswärtigen Amts zu den deutsch-sowjetischen Beziehungen 1989/90. Oldenbourg, München 2011, S. 116.
    77. Turnberry, United Kingdom, 7-8 June 1990, Final Communiqué. NATO North Atlantic Council, abgerufen am 27. April 2023.
    78. a b Nato-Außenministertagung in Turnberry. Deutsche Bundesregierung, abgerufen am 25. April 2023.
    79. a b Nato-Gipfelkonferenz in London – Tagung der Staats- und Regierungschefs des Nordatlantikrats am 5. und 6. Juli 1990. Deutsche Bundesregierung, 10. Juli 1990, abgerufen am 25. April 2023.
    80. Klaus Wiegrefe: Zeitgeschichte: Held des Rückzugs. Spiegel, 23. November 2014.
    81. Florian Neuhann: Wie Putin mit falschem Mythos Politik macht. Faktencheck†. In: ZDF.de. Zweites Deutsches Fernsehen, 3. Dezember 2021, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. Juli 2023.@1@2Vorlage:Toter Link/www.zdf.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
      † Zur Bezeichnung als „Faktencheck“ siehe Bezugnahme in Florian Neuhann: Der Westen darf sich nicht erpressen lassen. Kommentar. In: ZDF.de. Zweites Deutsches Fernsehen, 3. Dezember 2021, abgerufen am 11. Juli 2023: „[vgl. den Faktencheck dazu: Wie Putin mit falschem Mythos Politik macht]
    82. Deutsche Presse-Agentur: Russland: Gorbatschow sieht in Nato-Osterweiterung keinen Wortbruch. In: ZEIT ONLINE. ZEIT ONLINE, dpa, mhi, 9. November 2014, abgerufen am 11. Juli 2023: „Auf die Frage, ob es also ein Mythos ist, dass er vom Westen betrogen worden sei, antwortet Gorbatschow: ‚Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. Da hat die Presse ihre Hand im Spiel gehabt.‘“
    83. heute-journal. Ausschnitt. Zweites Deutsches Fernsehen, 8. November 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. November 2014; abgerufen am 11. Juli 2023.
      Zitat: Gorbatschow: „Heute fragt man mich, warum es nicht vertraglich fixiert wurde, dass die NATO sich nicht nach Osten ausdehnen darf. Dazu sollte man Folgendes berücksichtigen: Damals existierte die NATO und der Warschauer Pakt. Was sollte man da vertraglich fixieren? Die Frage stellte sich gar nicht.“ Ignaz Lozo: „Das heißt, es ist ein Mythos, dass Sie vom Westen bzgl. der NATO-Osterweiterung betrogen wurden?“ Gorbatschow: „Ja, das ist tatsächlich ein Mythos. [Миф, действительно.] Da hat die Presse, die liebe Presse, ihre Hand im Spiel gehabt.“
    84. Zur öffentlichen Diskussion über Anfang der 1990er Jahre möglicherweise getroffene Zusagen westlicher Spitzenpolitiker zu einem Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung. Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, WD 2 – 3000 – 031/16 (PDF)
    85. Hannes Adomeit: Russische Militär- und Sicherheitspolitik. In: Heiko Pleines, Hans-Henning Schröder (Hrsg.): Länderbericht Russland. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2010, ISBN 978-3-8389-0066-7, S. 268 f.
    86. Medvedev warns against NATO entry. BBC News, 6. Juni 2008.
    87. IRI Ukraine Poll Shows Support for EU/NATO Membership, Concerns over Economy and Vaccines for COVID-19. iri.org, 17. Dezember 2021.
    88. Bernd Florath: Das Revolutionsjahr 1989: die demokratische Revolution in Osteuropa als transnationale Zäsur. Vandenhoeck & Ruprecht, 2011, ISBN 978-3-525-35045-4 (com.ph [abgerufen am 30. März 2022]).
    89. a b NATO Expansion: What Gorbachev Heard. National Security Archive, 12. Dezember 2017, abgerufen am 26. April 2023.
    90. The Malta Summit 1989, Kapitel 6 in Svetlana Savranskaya and Thomas Blanton: The Last Superpower Summits (CEU Press, 2016), S. 481–569.
    91. Vergleiche Jim Anderson: German reunification creates allied unease. In: UPI Archives. 2. Februar 1990, abgerufen am 18. Mai 2023.
    92. Memorandum of Conversation between James Baker and Eduard Shevardnadze in Moscow. National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    93. Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow. (Excerpts). National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    94. Sherrill Brown Wells: American Foreign Policy Current Documents 1990. US Department of State, Washington, D.C. 1991, Dokument 203, S. 367–371.
    95. Mary Elise Sarotte: 1989. The Struggle to Create Post-Cold War Europe. Princeton University Press, Princeton 2014, ISBN 978-0-691-16371-0, S. 110 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
    96. Record of conversation between Mikhail Gorbachev and James Baker in Moscow. National Security Archive, abgerufen am 29. März 2022.
    97. Record of conversation between Mikhail Gorbachev and George Bush. White House, Washington D.C. National Security Archive, abgerufen am 29. März 2022.
    98. Turnberry, United Kingdom, 7-8 June 1990, Final Communiqué. NATO North Atlantic Council, abgerufen am 27. April 2023.
    99. Memorandum of Telephone Conversation between Mikhail Gorbachev and George Bush. National Security Archive, abgerufen am 29. März 2022.
    100. Christian Nünlist: Krieg der Narrative – Das Jahr 1990 und die NATO-Osterweiterung. In: Sirius. Zeitschrift für Strategische Analysen 2, Heft 4 (2018), S. 389–397, Zitat S. 396 (online).
    101. Marc Trachtenberg: The United States and the NATO Non-extension Assurances of 1990: New Light on an Old Problem? In: International Security 45, Heft 3, Winter 2020/21, S. 162–203, hier S. 174–183; Abmachung 1990: Keine Osterweiterung der NATO – Außenminister: Genscher (FDP) & James Baker (USA) (ab 0:02:38) auf YouTube, abgerufen am 4. Januar 2022 (Trachtenberg zitiert Genschers Statement).
    102. Marc Trachtenberg: The United States and the NATO Non-extension Assurances of 1990: New Light on an Old Problem? In: International Security 45, Heft 3, Winter 2020/21, S. 162–203, hier S. 184–193.
    103. Klaus Wiegrefe: Nato-Osterweiterung: Genscher-Vertrauter Frank Elbe widerspricht Wladimir Putin. In: Spiegel Online. 25. Februar 2022, abgerufen am 27. März 2022.
    104. Stephan Kieninger: Opening NATO and Engaging Russia: NATO’s Two Tracks and the Establishment of the North Atlantic Cooperation Council. In: Daniel S. Hamilton, Kristina Spohr (Hrsg.): Open Door. NATO and Euro-Atlantic Security After the Cold War. Brookings Institution Press, Washington, D.C. 2019, ISBN 978-1-73373-392-2, S. 57–69, hier S. 61 (englisch, transatlanticrelations.org [PDF; 128 kB]).
    105. Stephan Kieninger: Opening NATO and Engaging Russia: NATO’s Two Tracks and the Establishment of the North Atlantic Cooperation Council. In: Daniel S. Hamilton, Kristina Spohr (Hrsg.): Open Door. NATO and Euro-Atlantic Security After the Cold War. Brookings Institution Press, Washington, D.C. 2019, ISBN 978-1-73373-392-2, S. 57–69 (englisch, transatlanticrelations.org [PDF; 128 kB]).
    106. Vgl. Tobias Hecht, Die Haltung der USA zur NATO-Erweiterung. Universitätsverlag Halle-Wittenberg, Halle an der Saale 2014, S. 115, S. 124 f., S. 114.
    107. Ulf Terlinden, Die Erweiterung der NATO und ihr Verhältnis zu Rußland. Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS), Berlin 1999, S. 2.
    108. Strategy for NATO’s Expansion and Transformation. National Security Archive, abgerufen am 27. März 2022.
    109. Retranslation of Yeltsin letter on NATO expansion. National Security Archive, abgerufen am 27. März 2022.
    110. Your Deputies Committee Meeting on the NATO Summit. National Security Archive, abgerufen am 27. März 2022.
    111. NATO Expansion: What Yeltsin Heard. National Security Archive, abgerufen am 27. März 2022.
    112. Retranslation of Yeltsin letter on NATO expansion. National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    113. NATO Expansion – The Budapest Blow Up 1994. National Security Archive, abgerufen am 28. März 2022.
    114. Opposition to NATO Expansion. Arms Control Association, abgerufen am 17. April 2022.
    115. Madam Secretary: A Memoir. Miramax. 2003, ISBN 1-4013-5962-0, S. 286. "Russian President Boris Yeltsin and his countrymen were strongly opposed to enlargement, seeing it as a strategy for exploiting their vulnerability and moving Europe’s dividing line to the east, leaving them isolated. Moscow’s anxiety mattered because Russia had become something die world had never before seen: a weak and potentially unstable country with thousands of nuclear arms. Yeltsin understood Russia’s need for good relations with the West, but if resentment at NATO enlargement caused control in Moscow to shift to extreme nationalist forces, an even more dangerous Cold War might ensue." https://archive.org/details/madamsecretary00albr_0/page/252/mode/1up?q=yeltsin&view=theater
    116. Tim Weiner, Barbara Crossette: George F. Kennan Dies at 101; Leading Strategist of Cold War. NYT, 18. März 2005 (kostenpflichtig)
    117. Patrick J. Buchanan: A Republic, not an Empire: Reclaiming America's Destiny. Regnery Pub., Washington, D.C. 1999, ISBN 0-89526-272-X, S. 36 (archive.org [abgerufen am 23. März 2022]).
    118. Robert Gates: Duty. Memoirs of a Secretary at War. Knopf, New York 2014, S. 137.
    119. Ted Galen Carpenter: Many predicted Nato expansion would lead to war. Those warnings were ignored. 28. Februar 2022, abgerufen am 24. März 2022 (englisch).
    120. Mary Elise Sarotte: Not One Inch Eastward? Bush, Baker, Kohl, Genscher, Gorbachev, and the Origin of Russian Resentment toward NATO Enlargement in February 1990. In: Diplomatic History. Band 34, Nr. 1, Januar 2010, S. 119–140, doi:10.1111/j.1467-7709.2009.00835.x (englisch).
    121. NATO Speech: The Atlantic Alliance and European Security. Abgerufen am 23. März 2022: „The very fact that we are ready not to deploy NATO troops beyond the territory of the Federal Republic gives the Soviet Union firm security guarantees.“
    122. NATO Speech: The Atlantic Alliance and European Security. Abgerufen am 20. November 2022: „This will also be true of a united Germany in NATO. The very fact that we are ready not to deploy NATO troops beyond the territory of the Federal Republic gives the Soviet Union firm security guarantees. Moreover we could conceive of a transitional period during which a reduced number of Soviet forces could remain stationed in the present-day GDR.“
    123. Memorandum to Boris Yeltsin about Russian Supreme Soviet delegation to NATO HQs. National Security Archive, abgerufen am 27. März 2022.
    124. Bernd Rother, Wolfgang Schmidt: Einleitung. Gemeinsame Sicherheit. Internationale Beziehungen und die deutsche Frage 1982–1992, in: Willy Brand, Berliner Ausgabe, Band 10. Gemeinsame Sicherheit. Internationale Beziehungen und die deutsche Frage 1982–1992. Dietz, Bonn 2009, S. 100 und Dokument Nr. 84, dort S. 544.
    125. Klaus Wiegrefe: NATO’s Eastward Expansion: Is Vladimir Putin Right? In: Der Spiegel. 15. Februar 2022, abgerufen am 27. März 2022.
    126. Peter Glotz: Saftige Dummheit. In: Der Spiegel. Nr. 38, 17. September 1995 (spiegel.de).
    127. Putin bei Xi: Russland und China fordern gemeinsam Stopp der Nato-Erweiterung. Spiegel Online, 4. Februar 2022.
    128. Jens Stoltenberg: “I believe in world peace”. MrWissen2go, 16. Februar 2019.
    129. Moira Fagan, Jacob Poushter: NATO Seen Favorably Across Member States. Pew Research Center, 9. Februar 2020.
    130. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE): Dokument von Istanbul 1999.
    131. NATO invites Russia to call Russia-NATO Council meeting on January 12. TASS, 26. Dezember 2021.
    132. NATO trotzt russischer Forderung. In: ORF.at. 10. Januar 2022, abgerufen am 10. Januar 2022 (Ungeachtet der zunehmenden Spannungen mit Russland hält die NATO an der Beitrittsperspektive für die Ukraine fest).
    133. Nato-Generalsekretär Stoltenberg – „Wir sehen ein aggressiveres Russland“. In: ZDFheute. Abgerufen am 15. Januar 2022: „Russland sei bereit, militärische Gewalt einzusetzen, macht Nato-Generalsekretär Stoltenberg im ZDF klar. Die Nato stehe nach ihrem Grundsatz zusammen, für die Sicherheit Europas.“
    134. Interview mit Lettlands Präsident – «Ich weiss, wozu Russland fähig ist», Tages-Anzeiger, 13. April 2022.
    135. Rezensionen: Andreas Hilger: M. Sarotte: Not One Inch. In: H-Soz-Kult, 17. Mai 2022; Fred Kaplan: “A Bridge Too Far”. In: The New York Review of Books. Band 69, Nr. 6, 7. April 2022 (englisch).