„Russische Annexion der Süd- und Ostukraine“ – Versionsunterschied

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Die '''Annexion der ukrainischen Oblaste Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson''' ist eine am 30.&nbsp;September 2022 durch die [[Russland|Russische Föderation]] proklamierte [[Annexion|Eingliederung]] [[Ukraine|südostukraininischer]] Regionen in das russische Staatsgebiet. Teile der Regionen hatte Russland zuvor im Zuge des [[Krieg in der Ukraine 2022|Angriffskrieges auf die Ukraine]] gewaltsam erobert, andere stehen nach wie vor unter ukrainischer Kontrolle. <!--Durch die versuchte illegale Annexion würde eine von Russland angestrebte Landverbindung zwischen dem russischen Festland und der [[Krim]], die Russland [[Annexion der Krim 2014|2014 annektiert hatte]], geschaffen.--> Die genauen Grenzen der neugeschaffenen russischen Gebiete sind somit nicht festgelegt, da Russland nicht das vollständige Gebiet der betreffenden vier Oblaste militärisch unter Kontrolle hat.<ref>[https://www.n-tv.de/politik/Kreml-will-Grenzen-von-Cherson-und-Saporischschja-klaeren-article23622883.html Kreml will Grenzen von Cherson und Saporischschja 'klären'], NTV vom 30. September 2022</ref>
Die '''Annexion der Süd- und Ostukraine''' ist eine am 30.&nbsp;September 2022 durch die [[Russland|Russische Föderation]] proklamierte [[Annexion|Eingliederung]] großer Teile der [[Ukraine|ukrainischen]] Oblaste [[Oblast Luhansk|Luhansk]], [[Oblast Donezk|Donezk]], [[Oblast Saporischschja|Saporischschja]] und [[Oblast Donezk|Donezk]] in das russische Staatsgebiet. In den beiden östlichen [[Oblast]]en hatten bereits im Frühjahr 2014 prorussische Separatisten die „[[Volksrepublik Lugansk|Volksrepublik Luhansk]]“ und die „[[Volksrepublik Donezk]]“ ausgerufen. Im Zuge des [[Russischer Überfall auf die Ukraine 2022|Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022]] eroberte Russland noch weitere Gebiete dieser beiden Oblaste sowie große Teile der südostukrainischen Oblaste [[Oblast Saporischschja|Saporischschja]] und [[Oblast Cherson|Cherson]]. Andere Teile vor allem der Oblaste Donezk und Saporischschja stehen nach wie vor unter ukrainischer Kontrolle. In allen vier russisch besetzten Gebieten wurden Ende September 2022 „Referenden“ über einen Beitritt zur Russischen Föderation durchgeführt; wenige Tage später erfolgte die förmliche Annexion. Die Grenzen der beiden östlichen annektierten Gebiete stimmen nach Aussage der russischen Regierung mit denen der bisherigen „Volksrepubliken“ überein; bei den beiden anderen Gebieten waren sie zum Zeitpunkt der Annexion angeblich noch nicht im Einzelnen festgelegt.<ref name=":5" />


Die Ukraine, die Europäische Union, die Vereinigten Staaten sowie die Vereinten Nationen verurteilten die Annexion als [[völkerrecht]]swidrigen Verstoß gegen das [[Gewaltverbot]] und das Prinzip der [[Territoriale Integrität|territorialen Integrität]].
Die vor der Annexion durchgeführten „Referenden“ gelten völkerrechtlich als nichtig, da sie sich aus einem völkerrechtswidrigen [[Angriffskrieg]] ergaben und unter Organisation der Russischen Föderation auf ukrainischem Staatsgebiet abgehalten wurden. Die Annexion selbst wird von der Ukraine, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten sowie den Vereinten Nationen als [[völkerrecht]]swidriger Verstoß gegen das [[Gewaltverbot]] und das Prinzip der [[Territoriale Integrität|territorialen Integrität]] verurteilt.

Da sich die vor der Annexion durchgeführten Referenden aus einem völkerrechtswidrigen [[Angriffskrieg]] ergaben und von der Russischen Föderation organisiert auf ukrainischem Staatsgebiet abgehalten wurden, sind sie völkerrechtlich nichtig.


== Hintergrund ==
== Hintergrund ==

Version vom 14. Oktober 2022, 23:12 Uhr

  • Annektierte Gebiete
  •              Frontverlauf = Grenze der von Russland kontrollierten Gebiete (Stand: Ende Sep. 2022)

    Die Annexion der Süd- und Ostukraine ist eine am 30. September 2022 durch die Russische Föderation proklamierte Eingliederung großer Teile der ukrainischen Oblaste Luhansk, Donezk, Saporischschja und Donezk in das russische Staatsgebiet. In den beiden östlichen Oblasten hatten bereits im Frühjahr 2014 prorussische Separatisten die „Volksrepublik Luhansk“ und die „Volksrepublik Donezk“ ausgerufen. Im Zuge des Angriffskriegs gegen die Ukraine 2022 eroberte Russland noch weitere Gebiete dieser beiden Oblaste sowie große Teile der südostukrainischen Oblaste Saporischschja und Cherson. Andere Teile vor allem der Oblaste Donezk und Saporischschja stehen nach wie vor unter ukrainischer Kontrolle. In allen vier russisch besetzten Gebieten wurden Ende September 2022 „Referenden“ über einen Beitritt zur Russischen Föderation durchgeführt; wenige Tage später erfolgte die förmliche Annexion. Die Grenzen der beiden östlichen annektierten Gebiete stimmen nach Aussage der russischen Regierung mit denen der bisherigen „Volksrepubliken“ überein; bei den beiden anderen Gebieten waren sie zum Zeitpunkt der Annexion angeblich noch nicht im Einzelnen festgelegt.[1]

    Die vor der Annexion durchgeführten „Referenden“ gelten völkerrechtlich als nichtig, da sie sich aus einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ergaben und unter Organisation der Russischen Föderation auf ukrainischem Staatsgebiet abgehalten wurden. Die Annexion selbst wird von der Ukraine, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten sowie den Vereinten Nationen als völkerrechtswidriger Verstoß gegen das Gewaltverbot und das Prinzip der territorialen Integrität verurteilt.

    Hintergrund

    Im Februar und März 2014 marschierte das russische Militär auf der Krim ein und annektierte sie anschließend, indem es ein völkerrechtswidriges Referendum abhielt, bei dem laut russischen Angaben 96 % der Bevölkerung für einen Anschluss stimmten. Im April 2014 proklamierten von Russland unterstützte Separatisten in der Ostukraine die Gründung der Volksrepublik Donezk in der Oblast Donezk und der Volksrepublik Lugansk in der Oblast Luhansk. Am 21. Februar 2022 erkannte Russland die Volksrepublik Donezk und die Volksrepublik Lugansk offiziell als unabhängige Staaten an und betonte zugleich, keinen Anschluss der Gebiete an Russland zu planen. Drei Tage später begann Russland mit einer umfassenden Invasion in der Ukraine, in deren Zuge weitere Gebiete, vor allem in den Oblasten Saporischschja und Cherson, erobert wurden. In diesen Gebieten setzte Russland ebenfalls Marionettenregimes ein, die es kurz darauf als souveräne Staaten anerkannte und die wenig später formell einen Beitrittsantrag zur Russischen Föderation stellten.

    Referenden

    Ablauf und Umstände

    Am 20. September wurden in den selbsternannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk sowie in allen russisch besetzten Gebieten der Regionen Cherson und Saporischschja für den Zeitraum vom 23. bis 27. September „Referenden“ über den Beitritt zur Russischen Föderation angekündigt.[2][3][4][5] Die Referenden waren in allen Verlautbarungen derselben Personen nur Tage zuvor aus Sicherheits- und prinzipiellen Gründen ausgeschlossen worden – diese Willkür zeige, dass es dem Kreml sehr wenig um die Bevölkerung ginge, so ein Kommentar der Moscow Times.[6] Der Sinn der Annexion bestehe für das russische Regime vielmehr im Versuch einer Sicherung der russischen Kriegsgewinne vor dem Hintergrund der laufenden Befreiung russisch besetzter Gebiete durch die Ukraine, also einer „Neuerfindung von angeblichen roten Linien“, wie es ein Kommentar auf Meduza formulierte.[7]

    Datei:Vladimir Saldo, Yevgeny Balitsky, Vladimir Putin, Denis Pushilin and Leonid Pasechnik (2022-09-30).jpg
    Präsident Putin mit den von Russland eingesetzten Führern der vier Regionen

    Auf einen Wahlkampf oder öffentliche Debatten wurde verzichtet. Wegen der geringen Anzahl freiwilliger Wahlteilnehmer wurden die Abstimmungen teilweise auf der Straße, in improvisierten „Wahllokalen“ (u. a. an Eingängen von Wohnhäusern und Märkten) und bei Hausbesuchen durchgeführt. Dabei wurden vielfach gläserne Wahlurnen verwendet. Aus Russland angereiste „Wahlhelfer“ gingen in Begleitung bewaffneter Soldaten von Tür zu Tür, um die Hausbewohner zur Wahlteilnahme „aufzufordern“. Teilweise wurde dabei versucht, die Stimmabgabe durch Drohung oder Bestechung zugunsten eines Anschlusses zu beeinflussen.[8][9][10] Laut einem Bericht der Deutschen Welle seien Beschäftigte kommunaler Einrichtungen dazu gezwungen worden, mehrmals an unterschiedlichen Orten abzustimmen.[8] In den „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk wurde auf die Öffnung der Wahllokale weitgehend verzichtet. Dort war die Wahlteilnahme mit Ausnahme des letzten Wahltages, an dem Wahllokale geöffnet waren, ausschließlich durch Hausbesuche der pro-russischen Behördenvertreter möglich.[11] Bei den Hausbesuchen und in den improvisierten „Wahllokalen“ auf der Straße und in Gebäudeeingängen hatten die Wähler bei ihrer Stimmabgabe keine Möglichkeit einer geheimen Wahl. In den „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk wurde nach drei Wahltagen eine angebliche Rekordbeteiligung von bis zu 87 Prozent – mit über einer Million Teilnehmer – berichtet.[8] Tatsächlich jedoch waren bereits vor den Referenden viele Menschen aus den russisch besetzten Gebieten „evakuiert“ (deportiert) worden. So meldeten russische Medien im August 2022, dass bis dahin insgesamt 3,4 Millionen Ukrainer in die Russische Föderation „eingereist“ seien.[12] Nach Angaben des ukrainischen Gouverneurs Serhij Hajdaj meldeten die russischen Besatzungsverwaltungen aus komplett zerstörten und fast vollständig verlassenen Städten im Gebiet Luhansk (Lyssytschansk, Sjewjerodonezk und Rubischne) Wahlbeteiligungen von etwa 50 Prozent.[8]

    Während des Scheinreferendums kontrollierte Russland nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA 73 % des Territoriums der Oblast Saporischschja.[13] Nicht unter russischer Besatzung, sondern unter ukrainischer Kontrolle stand die Gebietshauptstadt Saporischschja, weshalb dort nicht abgestimmt werden konnte.[14][15] Nach einer am 29. September 2022 veröffentlichten DPA-Meldung kontrollierten „russischen Truppen und die Separatistenverbände rund 58 Prozent des ostukrainischen Gebiets Donezk“.[16][17] Die Oblast Luhansk stand während des dort stattgefundenen Scheinreferendums größtenteils unter Kontrolle russischer Truppen.[1]

    Stimmzettel

    Die in den ukrainischen Oblasten Saporischschja und Cherson von den russischen Besatzungsverwaltungen ausgehändigten Stimmzettel waren zweisprachig (russisch und ukrainisch) und stellten folgende Frage:[18][19][20]

    «Вы за выход [Запорожской/Херсонской] области из состава Украины, образование [Запорожской/Херсонской] областью самостоятельного государства и вхождение её в состав Российской Федерации на правах субъекта Российской Федерации?»

    „Sind Sie für den Austritt der Oblast [Saporischschja/Cherson] aus der Ukraine, die Umwandlung der Oblast [Saporischschja/Cherson] in einen selbständigen Staat und ihre Eingliederung in die Russische Föderation mit den Rechten eines Subjekts der Russischen Föderation?“

    Die in den Gebieten Donezk und Luhansk ausgehändigten Stimmzettel waren einsprachig (russisch) und stellten folgende Frage:[18]

    «Вы за вхождение [Донецкой/Луганской] Народной Республики в состав Российской Федерации на правах субъекта Российской Федерации?»

    „Sind Sie für die Eingliederung der Volksrepublik [Donezk/Luhansk] in die Russische Föderation mit den Rechten eines Subjekts der Russischen Föderation?“

    Ergebnisse

    Offizielle Ergebnisse, veröffentlicht von der Zentralen Wahlkommission der Russischen Föderation
    Volksrepublik Lugansk
    (Oblast Luhansk)
    Volksrepublik Donezk
    (Oblast Donezk)
    Oblast Saporischschja Oblast Cherson
    Ja-Stimmen 1.636.302 (98,42 %)[21][22][23] 2.116.800 (99,23 %)[21][22][23] 541.093 (93,11 %)[21][24] 497.051 (87,05 %)[23][25]
    Nein-Stimmen 68.832 (12,05 %)[23][25]
    Ungültige Stimmen 0,9 %[23][25]
    Abgegebene Stimmen (Wahlbeteiligung) 1.662.607 (94,15 %)[21][22][23] 2.131.207 (97,51 %)[21][22][23] 85,4 %[26] 571.001 (76,86 %)[21]

    Die Ergebnisse lassen sich nicht objektiv überprüfen und sind als Scheinwahl[27] einzustufen.

    Annexion

    Am 29. September unterzeichnete Präsident Putin Dekrete, nach denen die Russische Föderation die Oblaste Cherson und Saporischschja als „unabhängige Territorien“ anerkennt.[28] Noch am selben Tag kündigte die russische Regierung für den Folgetag (30. September) den „Anschluss“ der ukrainischen Regionen an das russische Staatsgebiet an.[29] Sie gelten dort seither als eigenständige Föderationssubjekte.[30] Eine entsprechende Deklaration wurde in Moskau bei einer offiziellen Zeremonie in Anwesenheit der von Russland eingesetzten Milizführer der vier Regionen (Leonid Passetschnik, Denis Puschilin, Jewhen Balyzkyj und Wolodymyr Saldo) vom russischen Präsidenten Wladimir Putin unterzeichnet.[31] Anschließend fand ein Festival zur Feier des Anschlusses mit Auftritten diverser nationalistischer Stars auf dem Roten Platz statt.

    Wenige Stunden vor der Annexion teilte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow mit, dass noch Klärungsbedarf bezüglich des Grenzverlaufs der Regionen Cherson und Saporischschja bestehe. Die „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk würden laut Peskow „in den Grenzen von 2014“ als russische Gebiete anerkannt.[1][32] Außerdem erklärte Peskow, dass ein Angriff auf das neu annektierte Gebiet als Angriff auf Russland gewertet werde.[33]

    Am 2. Oktober 2022 erklärte das Verfassungsgericht von Russland die Annexion für verfassungsgemäß. Das Gericht verwies auf die angebliche Notwendigkeit, die „willkürlichen Entscheidungen der Sowjetregierung“ zu korrigieren, und behauptete, dass durch die Annexion eine weit verbreitete Unterdrückung von Russen in der Ukraine verhindert würde.[34] Am 3. Oktober 2022 ratifizierte die Duma formal die Annexionsverträge. Insgesamt wurden dabei für den Anschluss der einzelnen Regionen angeblich jeweils 409 bis 413 Ja-Stimmen abgegeben – obwohl nur 408 Abgeordnete anwesend waren. Der Duma-Vorsitzende Wjatscheslaw Wolodin erklärte dies mit einer „technischen Panne“, ohne aber die Abstimmung zu wiederholen: Man solle sich nicht „um eine Stimme mehr oder weniger“ sorgen.[35] Laut Regierungssprecher Dmitri Peskow sei bei den Regionen Cherson und Saporischschja zudem der Grenzverlauf weiter ungeklärt; dies werde man „mit den Einwohnern dieser Regionen diskutieren“.[36] Am 4. Oktober 2022 stimmte der Föderationsrat der Aufnahme der vier Gebiete in die Russische Föderation zu.[37] Einen Tag später unterzeichnete Präsident Putin die Gesetze zur Eingliederung der vier Gebiete.[38]

    Rechtliche Einschätzung und Reaktionen

    Die Annexion erfolgte nach international verurteilten Scheinreferenden; unter den Bedingungen des Krieges und der Besatzungsherrschaft war keine freie und geheime Wahl möglich, zumal nicht alle Einwohner der Regionen überhaupt abstimmen konnten.[27] Da sich die Referenden aus einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ergaben und von der Russischen Föderation organisiert auf ukrainischem Staatsgebiet abgehalten wurden, sind sie aus völkerrechtlicher Sicht rechtswidrig und somit nichtig.[27][39]

    UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete am 29. September den russischen Annexionsplan als „einen illegalen Schritt, einen Verstoß gegen das Völkerrecht, der verurteilt werden sollte“.[40]

    Rosemary DiCarlo, Untergeneralsekretärin der Vereinten Nationen für Politik und Friedenskonsolidierung, erklärte das Referendum für völkerrechtswidrig: „Einseitige Aktionen, die darauf abzielen, der versuchten gewaltsamen Aneignung des Territoriums eines anderen Staates einen Schein der Legitimität zu verleihen, während sie vorgeben, den Willen des Volkes zu repräsentieren, können nach internationalem Recht nicht als legal angesehen werden.“[41] Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen legte Russland als ständiges Mitglied des Rates ein Veto gegen eine Resolution ein, mit der die Annexion als Völkerrechtsbruch verurteilt werden sollte.[42]

    NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte am 30. September 2022 den russischen Annexionsplan als „illegalen und illegitimen Landraub“ und bezeichnete ihn als die „schwerwiegendste Eskalation seit Beginn des Krieges“. Die NATO werde dem „nuklearen Säbelrasseln“ Russlands nicht nachgeben und ein Einsatz von Nuklearwaffen werde für Russland „ernste Konsequenzen“ haben. Die Ukraine habe das Recht, die besetzten Gebiete zurückzuerobern.[43]

    Wenige Stunden nach der Annexionsproklamation der russischen Staatsführung beantragte der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, am 30. September 2022 eine beschleunigte Aufnahme der Ukraine in die NATO.[44][45] Bereits am 7. August 2022 hatte Selenskyj geäußert: „Wenn die Besatzer den Weg der Pseudoreferenden einschlagen, werden sie sich jede Chance auf Gespräche mit der Ukraine und der freien Welt verschließen, die die russische Seite irgendwann eindeutig brauchen wird.“[46]

    Nachdem Selenskyj die russische Staatsführung wiederholt davor gewarnt hatte, dass im Falle von Annexionen der Süd- und Ostukraine Friedensverhandlungen unmöglich würden, erließ er am 4. Oktober ein Dekret, das Verhandlungen mit Russland verbietet, solange es von Wladimir Putin geführt wird.[47] Am 12. Oktober verurteilte die Generalversammlung der Vereinten Nationen in einer Dringlichkeitssitzung und einer Resolution die Annexion mit 143 von 193 Stimmen, lediglich Belarus, Nicaragua, Nordkorea und Syrien stellten sich an Russlands Seite; China, Indien und 33 weitere Staaten, vor allem aus Afrika, enthielten sich, zehn Staaten blieben der Abstimmung fern.[48]

    Einzelnachweise

    1. a b c Kreml will Grenzen von Cherson und Saporischschja „klären“. In: n-tv Nachrichten. 30. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    2. Luhansk und Donezk setzen „Referenden“ an. In: tagesschau.de. 20. September 2022, abgerufen am 20. September 2022.
    3. Cherson und »Volksrepubliken« im Donbass wollen Referenden zu Beitritt zu Russland inszenieren. In: Der Spiegel. 20. September 2022 (spiegel.de [abgerufen am 20. September 2022]).
    4. Guy Faulconbridge, Felix Light: Russia moves to formally annex swathes of Ukraine. In: Reuters. 22. September 2022 (reuters.com [abgerufen am 30. September 2022]).
    5. На оккупированных территориях Украины 23–27 сентября проведут «референдумы о присоединении к России». Главное. Тем временем в России вводят понятие «мобилизация» в Уголовный кодекс. In: Meduza. 20. September 2022, abgerufen am 30. September 2022 (russisch).
    6. Nikolaus von Twickel: Russia’s Rushed Referendums. The Moscow Times, 23. September 2022.
    7. ‘He will continue to choose escalation’. Russia’s strategic options post-annexation – and how far Putin might go. Meduza, 30. September 2022.
    8. a b c d Besetzte ukrainische Gebiete: „Abstimmung“ mit vorgehaltenen Gewehren. Deutsche Welle (dw.com), 28. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    9. „Sie gehen von Tür zu Tür“. In: tagesschau.de. 23. September 2022, abgerufen am 23. September 2022.
    10. Ukraine: «Scheinreferenden» in besetzten Gebieten. Echo der Zeit, 23. September 2022.
    11. „Referenden“ werden fortgesetzt. Liveblog 24. September, 8:15 Uhr. In: tagesschau.de. 24. September 2022, abgerufen am 24. September 2022.
    12. Ukrainer*innen nach Russland verschleppt. In: Human Rights Watch. 1. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    13. В Запорожской области потребовали от Киева вывести войска из региона. RIA Novosti, 22. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (russisch).
    14. Moskau: Putin erkennt Gebiete Cherson und Saporischschja als unabhängig an, 23 Menschen sterben bei Raketenangriff. In: Merkur.de. 30. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    15. Ukraine-News am Dienstag: Putin lobt russische Waffen – und fordert Steigerung der Rüstungsproduktion. In: Der Spiegel. 20. September 2022 (spiegel.de [abgerufen am 20. September 2022]).
    16. Kreml nach Scheinreferenden: Russland will ganzes Gebiet Donezk erobern. RedaktionsNetzwerk Deutschland, 28. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    17. Kreml will ganze Donezk-Region „befreien“. In: n-tv Nachrichten. 29. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    18. a b Что известно о референдумах в ДНР, ЛНР и освобожденных областях Украины о вхождении в РФ. TASS, 23. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    19. Юджель Оздемир: Запад проиграл. Референдумы пройдут, Украина сядет за стол переговоров. In: Inosmi. 23. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (russisch).
    20. В «ДНР», «ЛНР», на Херсонщине и в части Запорожской области начались «референдумы» по вхождению в РФ. In: Новое Издание. 23. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (russisch).
    21. a b c d e f Жители Донбасса, Запорожья и Херсонщины большинством поддержали присоединение к РФ. In: tass.ru. 28. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    22. a b c d За вхождение в Россию проголосовали от 87% до 99% участников четырех референдумов. In: Forbes Global Russians. 27. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (russisch).
    23. a b c d e f g LPR, DPR, Kherson and Zaporozhye vote for reunification with Russia. In: Al Mayadeen English. 27. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (englisch).
    24. Pro-Moscow officials say 4 occupied areas of Ukraine have voted to join Russia. In: PBS News Hour. 27. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (englisch).
    25. a b c Итоги референдумов в ЛНР, ДНР, Запорожской и Херсонской областях. RIA Novosti, 27. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (russisch).
    26. Russian Foreign Ministry’s statement on the referendums in the DPR, LPR, Kherson and Zaporozhye regions. Permanent Mission of the Russian Federation to the European Union, 28. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    27. a b c Oliver Scheel: Ukraine: Darum sind die geplanten „Referenden“ illegal. WDR, 21. September 2022, abgerufen am 21. September 2022.
    28. Selenskyj fordert Russen dazu auf, Putin zu stoppen. In: Der Spiegel. 29. September 2022 (spiegel.de [abgerufen am 29. September 2022]).
    29. Kreml kündigt Annexion am Freitag an. In: tagesschau.de. 29. September 2022, abgerufen am 29. September 2022.
    30. Putin says Russia has ‘four new regions’ as he announces annexation of Ukrainian territory. In: Reuters. 30. September 2022 (reuters.com [abgerufen am 30. September 2022]).
    31. Nach Scheinreferenden: Russisches Parlament entscheidet Anfang der Woche über Annexionen. RedaktionsNetzwerk Deutschland, 28. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    32. Kreml: Grenzen von zwei Regionen noch unklar. Liveblog, 30. September 2022, 12:38 Uhr. In: tagesschau.de. 30. September 2022, abgerufen am 30. September 2022.
    33. Kremlin says any attack on annexed territory will be an attack on Russia. In: Reuters. 30. September 2022 (reuters.com [abgerufen am 30. September 2022]).
    34. Конституционный суд признал договоры с ДНР, ЛНР, Запорожьем и Херсоном. Abgerufen am 2. Oktober 2022 (russisch).
    35. Russia’s State Duma more than unanimous in ratifying annexation treaties, with more votes in favor than deputies present. In: Meduza. Abgerufen am 3. Oktober 2022 (englisch).
    36. Russisches Unterhaus billigt illegale Annexionen. Liveblog, 3. Oktober 2022, 13:56 Uhr. In: tagesschau.de. 3. Oktober 2022, abgerufen am 3. Oktober 2022.
    37. Föderationsrat billigt Annexion ukrainischer Gebiete. In: tagesschau.de. 4. Oktober 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
    38. Russland-Ukraine-News am Mittwoch: Wladimir Putin unterzeichnet Annexion von ukrainischen Gebieten. In: Der Spiegel. 5. Oktober 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Oktober 2022]).
    39. Scheinreferenden – Ohne juristischen Bestand. In: tagesschau.de. 23. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022.
    40. Ukraine: UN Secretary-General condemns Russia annexation plan. In: UN News. United Nations, 27. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (englisch).
    41. So-called referenda in Russian-controlled Ukraine ‘cannot be regarded as legal’: UN political affairs chief. In: UN News. United Nations, 27. September 2022, abgerufen am 30. September 2022 (englisch).
    42. Russland legt Veto gegen „Referenden“-Resolution ein. Liveblog, 30. September 2022, 21:48 Uhr. In: tagesschau.de. 30. September 2022, abgerufen am 30. September 2022.
    43. NATO condemns Russia’s illegal annexation of Ukrainian territories. In: Deutsche Welle. 30. September 2022, abgerufen am 1. Oktober 2022 (englisch).
    44. Ukraine hat NATO-Beitrittsgesuch wohl eingereicht. Liveblog, 30. September 2022, 17:23 Uhr. In: tagesschau.de. 30. September 2022, abgerufen am 30. September 2022.
    45. Ukraine confirms it signed NATO membership bid on Friday. In: Reuters. 30. September 2022 (reuters.com [abgerufen am 30. September 2022]).
    46. Ukraine’s Zelenskiy rules out talks if Russia holds referendums. In: Reuters. 7. August 2022 (reuters.com [abgerufen am 30. September 2022]).
    47. Ukraine verbietet Gespräche mit Putin. Liveblog, 4. Oktober 2022, 12:51 Uhr. In: tagesschau.de. 4. Oktober 2022, abgerufen am 4. Oktober 2022.
    48. UNO-Votum gegen Annexion zeigt Isolation Moskaus, n-tv.de 12. Oktober 2022.