„Simplex (Mathematik)“ – Versionsunterschied

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[[Datei:tetrahedron.png|mini|Ein 3-Simplex oder [[Tetraeder]]]]
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Als '''Simplex''' oder '''''n''-Simplex''', gelegentlich auch ''n''-dimensionales '''Hypertetraeder''', bezeichnet man in der [[Geometrie]] ein spezielles ''n''-dimensionales [[Polytop (Geometrie)|Polytop]].
Als '''Simplex''' (neutr.) oder '''''n''-Simplex''', gelegentlich auch ''n''-dimensionales '''Hypertetraeder''', bezeichnet man in der [[Geometrie]] ein spezielles ''n''-dimensionales [[Polytop (Geometrie)|Polytop]].


Dabei ist ein Simplex die einfachste Form eines [[Polytop (Geometrie)|Polytops]]. Jedes <math>n</math>-dimensionale Simplex besitzt <math>n + 1</math> Ecken. Man erzeugt ein <math>n</math>-Simplex aus einem <math style="white-space:nowrap;">(n-1)</math>-Simplex, indem man einen ''affin unabhängigen'' Punkt (s.&nbsp;u.) hinzunimmt und alle Ecken des niedrigerdimensionalen Simplex mit diesem Punkt in Form einer ''[[Kegel (Geometrie)|Kegelbildung]]'' durch [[Strecke (Geometrie)|Strecken]] verbindet.<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=20 ff}}</ref> Somit ergibt sich mit zunehmender Dimension die Reihe ''[[Punkt (Geometrie)|Punkt]]'', ''Strecke'', ''[[Dreieck]]'', ''[[Tetraeder]]''. Ein <math>n</math>-Simplex <math>(n \in \N)</math> ist die Fortsetzung dieser Reihe auf <math>n</math> Dimensionen.
Dabei ist ein Simplex die einfachste Form eines [[Polytop (Geometrie)|Polytops]]. Jedes <math>n</math>-dimensionale Simplex besitzt <math>n + 1</math> Ecken. Man erzeugt ein <math>n</math>-Simplex aus einem <math style="white-space:nowrap;">(n-1)</math>-Simplex, indem man einen ''affin unabhängigen'' Punkt (s.&nbsp;u.) hinzunimmt und alle Ecken des niedrigerdimensionalen Simplex mit diesem Punkt in Form einer ''[[Kegel (Geometrie)|Kegelbildung]]'' durch [[Strecke (Geometrie)|Strecken]] verbindet.<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=20 ff}}</ref> Somit ergibt sich mit zunehmender Dimension die Reihe ''[[Punkt (Geometrie)|Punkt]]'', ''Strecke'', ''[[Dreieck]]'', ''[[Tetraeder]]''. Ein <math>n</math>-Simplex <math>(n \in \N)</math> ist die Fortsetzung dieser Reihe auf <math>n</math> Dimensionen.
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== Standard-Simplex ==
== Standard-Simplex ==
In der [[Algebraische Topologie|algebraischen Topologie]], insbesondere der Definition der [[Singuläre Homologie|singulären Homologie]], spielen die sogenannten Standard-Simplexe eine wichtige Rolle.
In der [[Algebraische Topologie|algebraischen Topologie]], insbesondere der Definition der [[Singuläre Homologie|singulären Homologie]], spielen die sogenannten Standard-Simplizes eine wichtige Rolle.


Der <math>n</math>-dimensionale Standardsimplex <math>\Delta^n</math> ist der im <math>\R^{n+1}</math> von den [[Einheitsvektor]]en <math>e_1, \dots, e_{n+1}</math>, also von den Ecken
Das <math>n</math>-dimensionale Standardsimplex <math>\Delta^n</math> ist das im <math>\R^{n+1}</math> von den [[Einheitsvektor]]en <math>e_1, \dots, e_{n+1}</math>, also von den Ecken
: <math>v_0=(1,0,0,\ldots,0),v_1=(0,1,0,\ldots,0),v_2=(0,0,1,\ldots,0),\ldots,v_n=(0,0,0,\ldots,1)</math>
: <math>v_0=(1,0,0,\ldots,0),v_1=(0,1,0,\ldots,0),v_2=(0,0,1,\ldots,0),\ldots,v_n=(0,0,0,\ldots,1)</math>
aufgespannte <math>n</math>-Simplex.<ref>{{Literatur |Autor=I. M. James |Titel=Handbook of Algebraic Topology |Verlag=Elsevier Science |Datum=1995 |ISBN=978-0-08-053298-1 |Seiten=3}}</ref>
aufgespannte <math>n</math>-Simplex.<ref>{{Literatur |Autor=I. M. James |Titel=Handbook of Algebraic Topology |Verlag=Elsevier Science |Datum=1995 |ISBN=978-0-08-053298-1 |Seiten=3}}</ref>
Der <math>n</math>-Standardsimplex entspricht damit der größten Seitenfläche eines <math>(n+1)</math>-Einheitssimplex.
Das <math>n</math>-Standardsimplex entspricht damit der größten Seitenfläche eines <math>(n+1)</math>-Einheitssimplex.


Ein ''singulärer <math>n</math>-Simplex'' ist per Definition eine stetige Abbildung des Standard-Simplex <math>\Delta^n</math> in einen topologischen Raum <math>X</math>, siehe [[singuläre Homologie]].
Ein ''singuläres <math>n</math>-Simplex'' ist per Definition eine stetige Abbildung des Standard-Simplex <math>\Delta^n</math> in einen topologischen Raum <math>X</math>, siehe [[singuläre Homologie]].


== Simplexe mit einer rechtwinkligen Ecke ==
== Simplexe mit einer rechtwinkligen Ecke ==
Eine rechtwinklige Ecke bedeutet hier, dass je 2 in dieser Ecke zusammenlaufende Kanten einen [[Rechter Winkel|rechten Winkel]] bilden. Oder anders ausgedrückt, das <math>n</math>-Simplex hat eine Ecke, an der seine an ihr anliegenden <math>n</math>-dimensionalen [[Hyperfläche]]n zueinander orthogonal sind. Ein solches Simplex stellt eine Verallgemeinerung rechtwinkliger Dreiecke dar und in ihm gilt eine <math>n</math>-dimensionale Version des [[Satz des Pythagoras|Satzes von Pythagoras]].<ref>A. K. Austin, R. J. Webster: ''3147. A Note on Pythagoras’ Theorem.'' In: ''The Mathematical Gazette'', Band 50, Nr. 372, 1966, S.&nbsp;171, doi:10.2307/3611958 ([https://www.jstor.org/stable/3611958 JSTOR]).</ref>
Eine rechtwinklige Ecke bedeutet hier, dass je zwei in dieser Ecke zusammenlaufende Kanten einen [[Rechter Winkel|rechten Winkel]] bilden. Anders ausgedrückt, das <math>n</math>-Simplex hat eine Ecke, an der seine an ihr anliegenden <math>n</math>-dimensionalen [[Hyperfläche]]n zueinander orthogonal sind. Ein solches Simplex stellt eine Verallgemeinerung rechtwinkliger Dreiecke dar und in ihm gilt eine <math>n</math>-dimensionale Version des [[Satz des Pythagoras|Satzes von Pythagoras]] wie folgt.<ref>A. K. Austin, R. J. Webster: ''3147. A Note on Pythagoras’ Theorem.'' In: ''The Mathematical Gazette'', Band 50, Nr. 372, 1966, S.&nbsp;171, doi:10.2307/3611958 ([https://www.jstor.org/stable/3611958 JSTOR]).</ref>


Die Summe der quadrierten <math>(n-1)</math>-dimensionalen Volumen der an der rechtwinkligen Ecke anliegenden [[Hyperfläche]]n ist gleich dem quadrierten <math>(n-1)</math>-dimensionalen Volumen der der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegenden Hyperfläche. Es gilt also:
Die Summe der quadrierten <math>(n-1)</math>-dimensionalen Volumen der an der rechtwinkligen Ecke anliegenden [[Hyperfläche]]n ist gleich dem quadrierten <math>(n-1)</math>-dimensionalen Volumen der der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegenden Hyperfläche. Es gilt also:
: <math>\sum_{k=1}^n |A_k|^2 = |A_0|^2.</math>
: <math>\sum_{k=1}^n |A_k|^2 = |A_0|^2.</math>
Hierbei sind die Hyperflächen <math>A_1\ldots A_n</math> paarweise orthogonal zueinander
Hierbei sind die Hyperflächen <math>A_1, \ldots, A_n</math> paarweise orthogonal zueinander, aber nicht orthogonal zu der Hyperfläche <math>A_0</math>, die der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegt.
aber nicht orthogonal zu der Hyperfläche <math>A_0</math>, die der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegt.


Im Falle eines 2-Simplex entspricht dies einem rechtwinkligen Dreieck und dem [[Satz des Pythagoras]] und bei einem 3-Simplex einem Tetraeder mit einer Würfelecke und dem [[Satz von de Gua]].
Im Falle eines 2-Simplex entspricht dies einem rechtwinkligen Dreieck und dem [[Satz des Pythagoras]] und im Falle eines 3-Simplex einem Tetraeder mit einer Würfelecke und dem [[Satz von de Gua]].


== Grundlegende Homöomorphieeigenschaften ==
== Grundlegende Homöomorphieeigenschaften ==
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== Euklidischer simplizialer Komplex ==
== Euklidischer simplizialer Komplex ==
Ein ''euklidischer simplizialer Komplex'' (engl. ''Euclidean simplicial complex''<ref>{{Literatur |Autor=J. M. Lee |Titel=Introduction to Topological Manifolds |Datum=2011 |Seiten=149}}</ref>), in der deutschen Literatur meist ''simplizialer Komplex'' genannt,<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=34}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=H. Schubert |Titel=Topologie |Datum=1975 |Seiten=167}}</ref> ist eine [[Familie (Mathematik)|Familie]] <math>\mathcal{K}</math> von Simplexen im <math> \R^n</math> mit folgenden Eigenschaften:
Ein ''euklidischer simplizialer Komplex'' (engl. ''Euclidean simplicial complex''<ref>{{Literatur |Autor=J. M. Lee |Titel=Introduction to Topological Manifolds |Datum=2011 |Seiten=149}}</ref>), in der deutschen Literatur meist ''simplizialer Komplex'' genannt,<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=34}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=H. Schubert |Titel=Topologie |Datum=1975 |Seiten=167}}</ref> ist eine [[Familie (Mathematik)|Familie]] <math>\mathcal{K}</math> von Simplizes im <math>\R^n</math> mit folgenden Eigenschaften:


# Mit jedem Simplex <math>\Delta \in \mathcal{K}</math> gehört auch jede Seite von <math>\Delta </math> zu <math>\mathcal{K}</math>.
# Mit jedem Simplex <math>\Delta \in \mathcal{K}</math> gehört auch jede Seite von <math>\Delta </math> zu <math>\mathcal{K}</math>.
# Der Schnitt von zwei Simplexen von <math>\mathcal{K}</math> ist leer oder gemeinsame Seite beider Simplexe.
# Der Schnitt von zwei Simplizes von <math>\mathcal{K}</math> ist leer oder gemeinsame Seite beider Simplizes.
# Jeder Punkt eines Simplex aus <math>\mathcal{K}</math> hat (bzgl. der [[Standardtopologie]] des <math> \R^n</math>) eine [[Umgebung (Mathematik)|Umgebung]], welche höchstens endlich viele Simplexe aus <math>\mathcal{K}</math> schneidet (''Lokalendlichkeit'').<ref>Oft, wie etwa bei Harzheim, S. 34, oder bei Schubert, S. 167, wird sogar gefordert, dass nur ''endlich viele'' Simplexe in dem simplizialen Komplex auftreten.</ref>
# Jeder Punkt eines Simplex aus <math>\mathcal{K}</math> hat (bzgl. der [[Standardtopologie]] des <math>\R^n</math>) eine [[Umgebung (Mathematik)|Umgebung]], welche höchstens endlich viele Simplizes aus <math>\mathcal{K}</math> schneidet (''Lokalendlichkeit'').<ref>Oft, wie etwa bei Harzheim, S. 34, oder bei Schubert, S. 167, wird sogar gefordert, dass nur ''endlich viele'' Simplexe in dem simplizialen Komplex auftreten.</ref>


Die Vereinigung <math>\textstyle \Sigma = \bigcup {\mathcal{K}}</math>, gebildet über alle Simplexe von <math>\mathcal{K}</math> und versehen mit der vom <math> \R^n</math> herrührenden [[Unterraumtopologie]], heißt das ''zu <math>\mathcal{K}</math> gehörige [[Polyeder]]''. Die zugehörige Familie <math>\mathcal{K}</math> nennt man dann auch eine ''Triangulation'' oder ''simpliziale Zerlegung''<ref>{{Literatur |Autor=H. Schubert |Titel=Topologie |Datum=1975 |Seiten=167}}</ref> von <math>\Sigma </math>. Falls ein solches <math>\mathcal{K}</math> existiert, heißt <math>\Sigma </math> &nbsp; ''triangulierbar''.<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=26}}</ref>
Die Vereinigung <math>\textstyle \Sigma = \bigcup {\mathcal{K}}</math>, gebildet über alle Simplizes von <math>\mathcal{K}</math> und versehen mit der vom <math>\R^n</math> herrührenden [[Unterraumtopologie]], heißt das ''zu <math>\mathcal{K}</math> gehörige [[Polyeder]]''. Die zugehörige Familie <math>\mathcal{K}</math> nennt man dann auch eine ''Triangulation'' oder ''simpliziale Zerlegung''<ref>{{Literatur |Autor=H. Schubert |Titel=Topologie |Datum=1975 |Seiten=167}}</ref> von <math>\Sigma</math>. Falls ein solches <math>\mathcal{K}</math> existiert, heißt <math>\Sigma</math> ''triangulierbar''.<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=26}}</ref>


Ein ''Polyeder'', welches durch einen endlichen simplizialen Komplex trianguliert wird, ist stets eine [[Kompakter Raum|kompakte Teilmenge]] des <math> \R^n</math>.<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=37}}</ref>
Ein ''Polyeder'', welches durch einen endlichen simplizialen Komplex trianguliert wird, ist stets eine [[Kompakter Raum|kompakte Teilmenge]] des <math>\R^n</math>.<ref>{{Literatur |Autor=E. Harzheim |Titel=Einführung in die Kombinatorische Topologie |Datum=1978 |Seiten=37}}</ref>


== Abstrakter simplizialer Komplex ==
== Abstrakter simplizialer Komplex ==
{{Hauptartikel|Simplizialkomplex}}
{{Hauptartikel|Simplizialkomplex}}


Ein ''abstrakter simplizialer Komplex'' (engl. ''abstract simplicial complex''<ref>{{Literatur |Autor=J. M. Lee |Titel=Introduction to Topological Manifolds |Datum=2011 |Seiten=153}}</ref>) <math>\mathcal{K}</math> ist eine [[Familie (Mathematik)|Familie]] von [[Leere Menge|nichtleeren]], endlichen Mengen, welche ''(abstrakte) Simplexe'' genannt werden, und die folgende Eigenschaft erfüllt:<ref>{{Literatur |Autor=J. M. Lee |Titel=Introduction to Topological Manifolds |Datum=2011 |Seiten=153 ff}}</ref>
Ein ''abstrakter simplizialer Komplex'' (engl. ''abstract simplicial complex''<ref>{{Literatur |Autor=J. M. Lee |Titel=Introduction to Topological Manifolds |Datum=2011 |Seiten=153}}</ref>) <math>\mathcal{K}</math> ist eine [[Familie (Mathematik)|Familie]] von [[Leere Menge|nichtleeren]], endlichen Mengen (welche ''(abstrakte) Simplizes'' genannt werden), die folgende Eigenschaft erfüllt:<ref>{{Literatur |Autor=J. M. Lee |Titel=Introduction to Topological Manifolds |Datum=2011 |Seiten=153 ff}}</ref>
* Mit <math>\Delta \in \mathcal{K}</math> ist stets auch jede nichtleere Teilmenge von <math>\Delta</math> in <math>\mathcal{K}</math> enthalten.<ref>Bei Schubert, S. 169, ist hier die Rede von einem „simplzialen Schema“. Ein abstraktes Simplex nennt Schubert ''ausgezeichnete Menge''. Zudem fordert er noch, dass jedes Element der Grundmenge in einer ausgezeichneten Menge, also einem abstrakten Simplex, enthalten ist.</ref>
* Mit <math>\Delta \in \mathcal{K}</math> ist stets auch jede nichtleere Teilmenge von <math>\Delta</math> in <math>\mathcal{K}</math> enthalten.<ref>Bei Schubert, S. 169, ist hier die Rede von einem „simplzialen Schema“. Ein abstraktes Simplex nennt Schubert ''ausgezeichnete Menge''. Zudem fordert er noch, dass jedes Element der Grundmenge in einer ausgezeichneten Menge, also einem abstrakten Simplex, enthalten ist.</ref>


Jedes Element eines Simplex heißt Ecke und jede nichtleere Teilmenge heißt Seite (oder Facette). Die Dimension eines (abstrakten) Simplex mit <math>k+1</math> Ecken ist definiert als <math>k</math>. Die Dimension eines Simplizialkomplexes ist definiert als das Maximum der Dimensionen aller darin vorkommenden Simplexe, sofern dieses Maximum existiert. In diesem Falle bezeichnet man den Simplizialkomplex als ''endlichdimensional'' und besagtes Maximum als seine ''Dimension''. Falls die Dimensionen der Simplexe des Simplizialkomplexes über alle Grenzen wachsen, so heißt der Simplizialkomplex ''unendlichdimensional''.
Jedes Element eines Simplex heißt Ecke und jede nichtleere Teilmenge heißt Seite (oder Facette). Die Dimension eines (abstrakten) Simplex mit <math>k+1</math> Ecken ist definiert als <math>k</math>. Die Dimension eines Simplizialkomplexes ist definiert als das Maximum der Dimensionen aller darin vorkommenden Simplizes, sofern dieses Maximum existiert. In diesem Falle bezeichnet man den Simplizialkomplex als ''endlichdimensional'' und besagtes Maximum als seine ''Dimension''. Falls die Dimensionen der Simplizes des Simplizialkomplexes nicht nach oben beschränkt sind, so heißt der Simplizialkomplex ''unendlichdimensional''.


== Anwendung ==
== Anwendung ==

Version vom 23. Mai 2022, 09:35 Uhr

Ein 3-Simplex oder Tetraeder

Als Simplex (neutr.) oder n-Simplex, gelegentlich auch n-dimensionales Hypertetraeder, bezeichnet man in der Geometrie ein spezielles n-dimensionales Polytop.

Dabei ist ein Simplex die einfachste Form eines Polytops. Jedes -dimensionale Simplex besitzt Ecken. Man erzeugt ein -Simplex aus einem -Simplex, indem man einen affin unabhängigen Punkt (s. u.) hinzunimmt und alle Ecken des niedrigerdimensionalen Simplex mit diesem Punkt in Form einer Kegelbildung durch Strecken verbindet.[1] Somit ergibt sich mit zunehmender Dimension die Reihe Punkt, Strecke, Dreieck, Tetraeder. Ein -Simplex ist die Fortsetzung dieser Reihe auf Dimensionen.

Definitionen

Affine Unabhängigkeit

Sei und seien endlich viele Punkte eines -Vektorraums . Man nennt diese Punkte affin unabhängig,[2] falls für alle Skalare gilt, dass aus mit folgt, dass .

Anders ausgedrückt, es gibt keinen -dimensionalen affinen Unterraum , in dem die Punkte liegen. Eine äquivalente Formulierung ist: Die Menge ist linear unabhängig.[3] In diesem Falle ist jeder der Punkte () von den übrigen Punkten affin unabhängig und genauso von dem durch aufgespannten affinen Unterraum.

Eine Menge von Punkten eines -dimensionalen Vektorraums über () nennt man in allgemeiner Lage, wenn jede aus höchstens Punkten bestehende Teilmenge affin unabhängig ist.[2]

Simplex

Sei und seien affin unabhängige Punkte des (oder eines n-dimensionalen Vektorraums über ) gegeben, so ist das von aufgespannte (oder erzeugte) Simplex gleich folgender Menge:

.[4]

Die Punkte werden Eckpunkte von und baryzentrische Koordinaten genannt. Die Zahl ist die Dimension des Simplexes. Ein Simplex der Dimension wird auch kurz -Simplex genannt. Ein Simplex ist also nichts weiter als die konvexe Hülle von endlich vielen affin unabhängigen Punkten im ,[5] welche dann die Eckpunkte dieses Simplexes sind.

Seitenflächen und Rand

Es sei ein Simplex. Jedes in enthaltene Simplex, welches durch eine nicht leere Teilmenge der Eckpunkte von aufgespannt wird, heißt Seite (seltener Facette oder Untersimplex) von . Die nulldimensionalen Seiten (Facetten) sind gerade die Eckpunkte oder Ecken, die 1-Seiten (oder 1-Facetten) sind die Kanten und die -Seiten oder -Facetten heißen Seitenflächen. Die Vereinigung der Seitenflächen heißt der Rand des Simplexes :

Die Anzahl der -Seiten (oder -Facetten) des -Simplex ist gleich dem Binomialkoeffizienten .

Das -Simplex ist das einfachste -dimensionale Polytop, gemessen an der Anzahl der Ecken. Nach dem Simplex ist das Simplex-Verfahren aus der linearen Optimierung und genauso das Downhill-Simplex-Verfahren in der nichtlinearen Optimierung benannt.

Beispiel

  • Ein 0-Simplex ist ein Punkt.
  • Ein 1-Simplex ist eine Strecke.
  • Ein 2-Simplex ist ein Dreieck.
  • Ein 3-Simplex ist ein Tetraeder (vier Ecken, vier Seitenflächen aus Dreiecken, sechs Kanten); er wird erzeugt aus einem Dreieck (2-Simplex), zu dem ein Punkt, welcher nicht in der Dreiecksebene liegt, hinzugenommen und mit allen Ecken des Dreiecks verbunden wird.
  • Ein 4-Simplex heißt auch Pentachoron.
  • Ein Beispiel eines -Simplex im (und zwar eines mit rechtwinkliger Ecke im Ursprung) ist durch
gegeben. Dieses Simplex heißt Einheitssimplex. Es wird vom Nullvektor und den Einheitsvektoren der Standardbasis des aufgespannt und hat mit der Länge der Einheitsvektoren das Volumen .

Volumen

Das Volumen des Einheitssimplex des beträgt . Sind Punkte des , so lautet die affine Abbildung, die das Einheitssimplex auf das von aufgespannte Simplex transformiert

und das Volumen des Simplex ist gegeben durch .

Standard-Simplex

In der algebraischen Topologie, insbesondere der Definition der singulären Homologie, spielen die sogenannten Standard-Simplizes eine wichtige Rolle.

Das -dimensionale Standardsimplex ist das im von den Einheitsvektoren , also von den Ecken

aufgespannte -Simplex.[6] Das -Standardsimplex entspricht damit der größten Seitenfläche eines -Einheitssimplex.

Ein singuläres -Simplex ist per Definition eine stetige Abbildung des Standard-Simplex in einen topologischen Raum , siehe singuläre Homologie.

Simplexe mit einer rechtwinkligen Ecke

Eine rechtwinklige Ecke bedeutet hier, dass je zwei in dieser Ecke zusammenlaufende Kanten einen rechten Winkel bilden. Anders ausgedrückt, das -Simplex hat eine Ecke, an der seine an ihr anliegenden -dimensionalen Hyperflächen zueinander orthogonal sind. Ein solches Simplex stellt eine Verallgemeinerung rechtwinkliger Dreiecke dar und in ihm gilt eine -dimensionale Version des Satzes von Pythagoras wie folgt.[7]

Die Summe der quadrierten -dimensionalen Volumen der an der rechtwinkligen Ecke anliegenden Hyperflächen ist gleich dem quadrierten -dimensionalen Volumen der der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegenden Hyperfläche. Es gilt also:

Hierbei sind die Hyperflächen paarweise orthogonal zueinander, aber nicht orthogonal zu der Hyperfläche , die der rechtwinkligen Ecke gegenüberliegt.

Im Falle eines 2-Simplex entspricht dies einem rechtwinkligen Dreieck und dem Satz des Pythagoras und im Falle eines 3-Simplex einem Tetraeder mit einer Würfelecke und dem Satz von de Gua.

Grundlegende Homöomorphieeigenschaften

  1. Zwei Simplexe und gleicher Dimension sind stets homöomorph. Eine solche Homöomorphie liegt also genau dann vor, wenn die Eckpunktmengen beider Simplexe identische Anzahl haben.[8]
  2. Ein -Simplex im ist stets homöomorph zur abgeschlossenen k-dimensionalen Einheitskugel . Folglich ist jedes Simplex eines euklidischen Raumes eine kompakte Menge.[9]

Euklidischer simplizialer Komplex

Ein euklidischer simplizialer Komplex (engl. Euclidean simplicial complex[10]), in der deutschen Literatur meist simplizialer Komplex genannt,[11][12] ist eine Familie von Simplizes im mit folgenden Eigenschaften:

  1. Mit jedem Simplex gehört auch jede Seite von zu .
  2. Der Schnitt von zwei Simplizes von ist leer oder gemeinsame Seite beider Simplizes.
  3. Jeder Punkt eines Simplex aus hat (bzgl. der Standardtopologie des ) eine Umgebung, welche höchstens endlich viele Simplizes aus schneidet (Lokalendlichkeit).[13]

Die Vereinigung , gebildet über alle Simplizes von und versehen mit der vom herrührenden Unterraumtopologie, heißt das zu gehörige Polyeder. Die zugehörige Familie nennt man dann auch eine Triangulation oder simpliziale Zerlegung[14] von . Falls ein solches existiert, heißt triangulierbar.[15]

Ein Polyeder, welches durch einen endlichen simplizialen Komplex trianguliert wird, ist stets eine kompakte Teilmenge des .[16]

Abstrakter simplizialer Komplex

Ein abstrakter simplizialer Komplex (engl. abstract simplicial complex[17]) ist eine Familie von nichtleeren, endlichen Mengen (welche (abstrakte) Simplizes genannt werden), die folgende Eigenschaft erfüllt:[18]

  • Mit ist stets auch jede nichtleere Teilmenge von in enthalten.[19]

Jedes Element eines Simplex heißt Ecke und jede nichtleere Teilmenge heißt Seite (oder Facette). Die Dimension eines (abstrakten) Simplex mit Ecken ist definiert als . Die Dimension eines Simplizialkomplexes ist definiert als das Maximum der Dimensionen aller darin vorkommenden Simplizes, sofern dieses Maximum existiert. In diesem Falle bezeichnet man den Simplizialkomplex als endlichdimensional und besagtes Maximum als seine Dimension. Falls die Dimensionen der Simplizes des Simplizialkomplexes nicht nach oben beschränkt sind, so heißt der Simplizialkomplex unendlichdimensional.

Anwendung

Eine Anwendung findet sich im Downhill-Simplex-Verfahren. Das ist ein Optimierungsverfahren, bei dem man Parameterwerte finden will, indem man sie so lange variiert, bis die Abweichung zwischen Messwerten und einer Theoriefunktion, die von diesen Parametern abhängt, minimal wird. Dazu wird im -dimensionalen Parameterraum ein Simplex aus Parametersätzen aufgespannt, für jeden Punkt des Simplex die Fehlerfunktion berechnet und dann im Laufe des Algorithmus der jeweils „schlechteste“ dieser Punkte durch einen (hoffentlich) „besseren“ (mit kleinerem Fehlerwert) ersetzt, so lange, bis ein Konvergenz- oder sonstiges Abbruchkriterium erfüllt ist. Als Anfangskonfiguration wird meistens ein Simplex mit einer rechtwinkligen Ecke (wie oben erläutert) verwendet.

Simplexe, simpliziale Komplexe und Polyeder finden darüber hinaus eine breite Anwendung in der Topologie. Als eines der herausragenden Anwendungsbeispiele ist hier der Fixpunktsatz von Brouwer zu nennen, von dem Bronisław Knaster, Kazimierz Kuratowski und Stefan Mazurkiewicz im Jahre 1929 gezeigt haben, dass dieser Satz und verwandte Sätze der Topologie im Rahmen der Simplextheorie mit elementaren kombinatorischen Methoden, insbesondere unter Benutzung des Spernerschen Lemmas, ableitbar sind.[20][21]

Literatur

Artikel

Monographien

  • Egbert Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie (= Die Mathematik. Einführungen in Gegenstand und Ergebnisse ihrer Teilgebiete und Nachbarwissenschaften). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978, ISBN 3-534-07016-X (MR0533264).
  • John M. Lee: Introduction to Topological Manifolds (= Graduate Texts in Mathematics, 202). 2. Auflage. Springer-Verlag, New York u. a. 2011, ISBN 978-1-4419-7939-1.
  • Horst Schubert: Topologie. 4. Auflage. B. G. Teubner Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6.
Wiktionary: Simplex – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Simplex – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 20 ff.
  2. a b E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 4.
  3. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 5.
  4. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 26.
  5. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 165.
  6. I. M. James: Handbook of Algebraic Topology. Elsevier Science, 1995, ISBN 978-0-08-053298-1, S. 3.
  7. A. K. Austin, R. J. Webster: 3147. A Note on Pythagoras’ Theorem. In: The Mathematical Gazette, Band 50, Nr. 372, 1966, S. 171, doi:10.2307/3611958 (JSTOR).
  8. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 165.
  9. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 166.
  10. J. M. Lee: Introduction to Topological Manifolds. 2011, S. 149.
  11. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 34.
  12. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 167.
  13. Oft, wie etwa bei Harzheim, S. 34, oder bei Schubert, S. 167, wird sogar gefordert, dass nur endlich viele Simplexe in dem simplizialen Komplex auftreten.
  14. H. Schubert: Topologie. 1975, S. 167.
  15. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 26.
  16. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 37.
  17. J. M. Lee: Introduction to Topological Manifolds. 2011, S. 153.
  18. J. M. Lee: Introduction to Topological Manifolds. 2011, S. 153 ff.
  19. Bei Schubert, S. 169, ist hier die Rede von einem „simplzialen Schema“. Ein abstraktes Simplex nennt Schubert ausgezeichnete Menge. Zudem fordert er noch, dass jedes Element der Grundmenge in einer ausgezeichneten Menge, also einem abstrakten Simplex, enthalten ist.
  20. E. Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie. 1978, S. 56–65, 317.
  21. B. Knaster, C. Kuratowski, S. Mazurkiewicz: Ein Beweis des Fixpunktsatzes für -dimensionale Simplexe. 1929, S. 132 ff.